Politiker müssten bei der Umverteilung bei sich selbst beginnen

Umverteiler und Enteigner aus allen linken Parteien: Wenn ihr „Reiche“ sucht, denen man etwas nehmen soll, schaut in den Spiegel – und fangt bei euch an. Abgeordnete zählen zu den oberen 2 bis 3 Prozent der Einkommenssteuer.

Frühsommer in Berlin, Zeit der Empfänge und Feste, Gelegenheit zu zwangslosen Gesprächen. Neulich – über den Dächern der Hauptstadt – unterhielt ich mich lange mit einer Politikerin aus dem linken Spektrum. Es ging um Gleichheit und Gerechtigkeit. Dass sie für mehr Umverteilung und höhere Steuern eintrat, hat mich nicht überrascht.

Als es um die Besserverdienenden ging, erklärte ich der Dame, dass sie als Bundestagsabgeordnete bei den Einkommensbeziehern zu den oberen 10 Prozent gehöre. So besehen müsse die Umverteilung eigentlich bei der politischen Klasse beginne. Sie bestritt das energisch, verwies darauf, dass sie von ihren Diäten in Höhe von mehr als 9.000 Euro im Monat etwa 1.500 Euro an Partei und Fraktion abführe oder abführen müsse. Es war die übliche Reaktion aller gut und sehr gut Verdienenden: man/frau rechnet sich gerne arm.

Vorurteile und Fakten

Halten wir uns deshalb an die Zahlen. Unsere Bundestagsabgeordneten verdienen im Monat 9.082 Euro, macht im Jahr knapp 109.000 Euro. (Damit kein Missverständnis aufkommt: Ich halte das keineswegs für zu viel.) Beim Blick in die „Datensammlung zur Steuerpolitik“ des Bundesfinanzministeriums zeigt sich: Die oberen 5 Prozent aller Steuerpflichtigen hatten 2015 Einkünfte in Höhe von 107,431 Euro und mehr. Diese 5 Prozent zahlten allein auch 41,1 Prozent des Gesamtaufkommens der Einkommensteuer. Ich hatte die Abgeordnete und ihre 630 Kolleginnen und Kollegen also „ärmer“ gemacht, als sie sind: Sie zählen nicht nur zu den oberen 10 Prozent, sondern zu den oberen 5 Prozent.

Bei den „Einkünften“ handelt es sich um die Bruttoeinnahmen abzüglich von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben. Die 1.500 Euro, die unsere Volksvertreterin an Partei und Fraktion abführt, fallen in diese Kategorie. Doch bekommen alle Mitglieder des Bundestags eine monatliche „Aufwandspauschale“ von 4305,46 Euro, im Jahr also fast 52.000 – und zwar steuerfrei. Ein Freiberufler – Architekt, Arzt oder Journalist, muss sich „Werbungskosten“ beziehungsweise „Betriebsausgaben“ in dieser Höhe erst einmal erwirtschaften, ehe er sie steuerlich geltend machen kann. So besehen kommt ein Abgeordneter im Monat auf Einkünfte von 13.387 Euro, macht 160.650 Euro im Jahr. Damit klettert ein Mitglied des Bundetags in der Rangliste der Steuerpflichtigen unter die oberen zwei oder drei Prozent: Ab Einkünften von 216.386 Euro gehört man jedenfalls zum obersten Prozent der Einkommensteuerzahler.

Die Begegnung mit der Umverteilungs-Politikerin hat bestätigt, dass Politiker aus den Spitzen der Parteien und Fraktionen im Bundestag, auf Parteiversammlungen oder in Talkshows sich sehr eloquent über Gleichheit, Gerechtigkeit und die Notwendigkeit von noch mehr steuerlicher Umverteilung auslassen können. Auch fordern sie gerne einen „fairen“ Beitrag „von denen da oben“, Nur sind sie sich offenbar nicht bewusst, dass sie – jedenfalls mit ihren Einkommen – selbst zur privilegierten Klasse gehören.

Pensionsmillionär MdB

Meine Gesprächspartnerin ist selbstverständlich auch für eine Vermögenssteuer, um Millionäre und Milliardäre zur Kasse zu bitten. Nun, zu den Milliardären zählen Berufspolitiker nicht, zu den Millionären schon eher. Wer dem Bundestag lange genug angehört, kann mit einer „Altersentschädigung“ von bis zu 6.100 Euro im Monat rechnen. Ein Handwerker oder selbständiger Ingenieur müsste etwa 1,5 Millionen Euro gespart haben, wenn er im Ruhestand bei normaler Lebenserwartung davon Monat für Monat 6.100 Euro verbrauchen wollte. Diesen „Reichen“ aber drohen die Umverteilungspolitiker von Linken, Grünen und Sozialdemokraten mit einer Vermögenssteuer, im Klartext: mit Enteignung in Raten. Dass sie selber „Pensionsmillionäre“ sind, obwohl sie – im Gegensatz zu Freiberuflern und Selbständigen – für ihre “Altersentschädigung“ keinen Euro gezahlt haben, ist den meisten aber nicht einmal bewusst.

Also, ihr Umverteiler und Enteigner aus allen linken Parteien: Wenn ihr „Reiche“ sucht, denen man etwas nehmen soll, schaut in den Spiegel – und fangt bei euch an.

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