ABC von Energiewende und Grünsprech 108 – Kurzfristenergie-versorgungssicherungs-maßnahmenverordnung

In nur wenigen Sprachen gibt es so lange zusammengesetzte Substantive wie im Deutschen. Verbunden mit exzessiver Administration ergeben sich rekordverdächtig lange Bezeichnungen für Gesetze und Verordnungen. Ohne diese geht es nicht. Mit ihnen werden allerdings keine Probleme mehr gelöst, sondern neue geschaffen.

Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

K wie

Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung, die

Die lange Bezeichnung täuscht darüber hinweg, dass sie bereits eine Zusammenfassung ist. Sie meint die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“. Diese Perle deutschen Verordnungswesens hat in der Tat einen unpraktisch langen Titel. Deshalb sei hier der Einfachheit halber die stark eingedampfte, aber durchaus charmante Abkürzung „EnSikuMaV“ verwendet.

Was steht drin in der EnSikuMaV? Ein Verbot der Beheizung innen- oder außenliegender privater Schwimm- und Badebecken. Wie groß die Anzahl solcher Anlagen ist und wie groß damit ein Spareffekt, bleibt unklar. Vermutlich gibt es mehr davon in Miesbach und Königstein im Taunus, eher weniger in Gelsenkirchen und Dessau. Zudem mangelt es an der Festschreibung von Kontrollen in der Verordnung, mithin dem Verfolgungsdruck. Wenigstens hätte man bei den Ordnungsämtern eine Brigade für Wärmepolitessen begründen können. Die hätten gegen vorschriftswidrig sich verhaltende Reiche eine satte Strafgebühr aussprechen können. Natürlich gäbe es auch einen gewissen Korruptionsanreiz. Mit einem Gläschen Sekt im warmen Pool ist im Winter auch das Ordnungsamtsmitarbeitende (m/w/d) möglicherweise bestechlich und vom Ausstellen eines Strafmandats abzubringen.

Die Bürotemperatur wird nach oben auf 19 Grad begrenzt. Das kann bei alten weißen Frauen, auch bei den Grünen, zu Unmut führen:

Bereits die Kanzlerin gab damals den helfenden Hinweis, dass Kniebeugen und Händeklatschen helfen. Zudem empfiehlt sich regelmäßiges Querlüften gegen Corona, wie an den Schulen seinerzeit als Prophylaxe. Eine FFP2-Maske hilft dabei, warm zu bleiben. Freiwillig darf natürlich weiter reduziert werden, aber so viel Zeichensetzung ist bei eigener Betroffenheit vom politischen Personal eher nicht zu erwarten.
Der vorgeschriebene Maximalwert sinkt stufenweise unter die 19 Grad, wenn körperlich leichte, mittlere oder schwere Arbeit verrichtet wird. Damit ist in Parlamenten und Staatsapparat eher nicht zu rechnen. Zudem soll die Warmwasserbereitung abgeschaltet werden, wenn sie überwiegend nur dem Händewaschen dient.

Weiterhin wird die Beleuchtung öffentlicher Nichtwohngebäude und von Baudenkmälern eingeschränkt. Wurde der Berliner Palast der Republik wegen seiner üppigen Innenbeleuchtung im Volksmund auch „Erichs Lampenladen“ genannt, so ist beim weniger hellen Kanzleramt (Volksmund: Waschmaschine) durchaus das Potenzial für mehr Dunkelheit gegeben. Zumal einiger Strom bald für die Baustelle des dringend nötigen Kanzleramtsanbaus nötig wird.
Verboten sind dauerhaft offenstehende Ladentüren beheizter Geschäfte sowie beleuchtete Werbetafeln zwischen 22 und 6 Uhr. Auf erstere Idee ist der sieche Einzelhandel vermutlich schon selbst gekommen und die Werbetafeln werden bei aufkommender Mangelwirtschaft ohnehin entbehrlich sein. Oder man braucht sie nur für den Anschein (wie seinerzeit über den DDR-Autobahnen: „Plaste und Elaste aus Schkopau“).

Die mittelfristige Rettung

Die EnSikuMaV ergibt zusammen mit der „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen“,
kurz Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmeverordnung (EnSimiMaV)
genannt, eine schöne Komposition staatlich administrativen Schriftwerks.

Die in der EnSimiMaV festgelegten Maßnahmen zur Heizungsprüfung und –optimierung sind ohne Zweifel sinnvoll. Ob die gesetzten Termine erreichbar sind, steht auf einem anderen Blatt. Der hydraulische Abgleich inklusive der Heizlastberechnung nach DIN in Gebäuden mit mehr als sechs Wohneinheiten bedeutet einen erheblichen Aufwand für die entsprechenden Fachkräfte. Diese stehen dann nicht für Neubau und Modernisierung zur Verfügung. Sie sollten helfen, 500.000 Wärmepumpen pro Jahr zu installieren, mithin ganze Heizungsanlagen um- und neu zu bauen. Nicht nur die Beschaffung so vieler Aggregate ist fraglich, sie machen auch nur bei verbesserter Dämmung im Altbaubestand Sinn.
Unternehmen werden verpflichtet, innerhalb von 18 Monaten Energieaudits durchzuführen. Bei der Energiepreisentwicklung der letzten Jahre und dem ohnehin vorhandenen Druck auf die Unternehmen, Energie zu sparen, dürfte der Effekt sehr schmal ausfallen. Es ist eine weitere Bürokratie- und Kostenposition als Nachteil im internationalen Wettbewerb.

Bei aller Unsicherheit vor dem nächsten, vor allem aber vor den darauf folgenden Wintern, ist eines sicher: Es werden weitere Verordnungen, Gesetze und Richtlinien nötig sein. Der freie Markt regelt nichts mehr.
So wird es nicht gelingen, Putin in die Knie zu zwingen.


Hier zum Vertiefen:
https://www.gesetze-im-internet.de/ensikumav/BJNR144600022.html
https://www.gesetze-im-internet.de/ensimimav/BJNR153000022.html

Unterstützung
oder

Kommentare ( 9 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

9 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
AnSi
2 Jahre her

Ich beobachte das ganze Treiben von außerhalb aus dem gut geheizten Homeoffice. Kollegen berichten, dass sie im Büro mit Jacken bei knappen 19°C sitzen und frieren. Die Fußbodenheizung schafft es kaum bis dahin, da sehr knapp eingestellt. Heute wurde mir zudem noch berichtet, dass man abends (nach Büroschluss >17 Uhr) nicht mehr durch die Innenstadt gehen möchte, da diese nicht beleuchtet wird. Schaufenster sind dunkle, Lampen aus, keine Weihnachtsbeleuchtung. Das Büro liegt am Bahnhof und man muss durch eine Unterführung gehen, wo sich die Neuzugereisten mit „Stoff“ versorgen. Wenn das so weiter geht, kann meine 56jährige Kollegin demnächst am olympischen… Mehr

Michael Palusch
2 Jahre her
Antworten an  AnSi

Nach 17:00 Uhr die Schaufenster dunkel, keine Strassenbeleuchtung in der Innenstadt mehr?
Übertreiben Sie da nicht ein wenig?
Das ist ja nicht mal in der ostdeutschen Provinz so.

Mulle67
2 Jahre her

Und immer noch hängt Heizverbrauch maßgeblich von den herrschenden Außentemperaturen ab! Fasse nur ich mir an den Kopf ob der ganzen irren Diskussion um einen Grad mehr oder weniger drinnen, wenn die Heizleistung doch davon abhängt ob draußen plus 10° oder minus °10 grad vorherrschen? Senke ich die Temperatur drinnen um 1° und das Wetter draußen senkt die Temperatur um 20°, heize ich immer noch für 19° mehr. Analog gilt für den Stromverbrauch: ju weniger Sonnen- und Tageslicht, ju mehr Stromverbrauch, nur nicht ganz so exakt korrelierend. Dann könnte man noch erwähnen, dass wir diesen Winter 1 Million mehr Menschen… Mehr

JamesBond
2 Jahre her

Und unsere Steuern werden in Afrika versenkt: „Deutschland hat als Teil seiner Nationalen Wasserstoffstrategie Partnerschaften mit mehreren Ländern geschlossen – neben Namibia sind das die Demokratische Republik Kongo, Südafrika, Angola und Marokko.“

89-erlebt
2 Jahre her

Was hilft all dieses unsinnige Bürokraten Getue ? Die Nachbarn (Schweden, Norwegen, Polen, Dänemark und Frankreich) können nicht mehr Strom liefern, ins BindenLand, das laut seinem grünen Minister kein Strom Problem hat … weil der Winter EU Europa runterkühlt. Der Börsen Strom Preis ist heute sprunghaft über die 500 € / MW gesprungen. Im BindenLand werden die kommenden Tage die Temperaturen sinken und Michel steckt den E Heizer an, was dann …

andreas.gei
2 Jahre her

Neulich hat einer der deutschen Starphilosophen einen bahnbrechenden Vorschlag gemacht, um den Begeisterungsgrad der Bevölkerung zu erhöhen.
Er telefonierte unserem Olav zu, dass analog der Preisauszeichnung in den Märkten- bei der Temperatur, aber invers analog, nicht 19,9°, sondern 20,1 °C als Wohlfühlklima besser zu vermitteln wären. Der Mann hat recht! Er erfüllte seine Pflicht, dass Philosophen den Thermostatgriff nicht nur zu betrachten, sondern nach links zu drehen haben.

Harry Charles
2 Jahre her

Eine GrüRüVo,

eine „Grünenrücktrittsverordnung“. Das ist es, was wir bräuchten. Oder eine „KiBuAuWiMiVbVo“, eine „Kinderbuchautor-als-Wirtschaftsminister-Verbotsverordnung“. Damit wir die „BuFraNeÖp“, die „Bullerbü-Fraktion nerviger Ökopharisäer“ möglichst flott wieder los werden.

Werner Geiselhart
2 Jahre her

Man fühlt sich in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg versetzt, als die Schüler zum Unterricht einen Eimer Kohle mitbringen mussten für die Heizung. Damals ging’s nicht anders, heute ist das alles von langer grüner Hand vorbereitet und politisch gewollt, wie jeder in grünen Parteiprogrammen oder beim WEF hätte nachlesen können. Schon vor 2000 wurde dort ein Benzinpreis von 5DM und eine gewaltige Verteuerung von fossilen Energien gefordert sowie das Verbot von deren Förderung, genauso wie die Zerschlagung der Kernkraft, die man am besten gleich in die Luft sprengen sollte, von Kretschmann vorbildlich durchexerziert. Und ja, wer diese Staatsterroristen gewählt… Mehr

Werner Geiselhart
2 Jahre her
Antworten an  Werner Geiselhart

Hier ein Auszug aus dem Wahlprogramm von 1998:
„Um die Verkehrswende einzuleiten, ist eine Erhöhung der Mineralölsteuer
als Teil einer auf 10 Jahre angelegten Ökologisch-sozialen
Steuerreform ein sozialverträgliches Mittel. Wir wollen die einmalige
Erhöhung der Mineralölsteuer im ersten Jahr um 50 Pfennig
und schrittweise in den Folgejahren um jeweils 30 Pfennig.
Nach unserem Konzept würde 1 Liter Benzin nach 10 Jahren rund
5 DM kosten.“