Das ABC von Energiewende und Grünsprech 104 – Wärmepumpengipfel

In Deutschland wird besonders gern gegipfelt und gewendet. Jetzt soll auch die Wärmewende kommen – also eine Abkehr von Wärme zu Kälte? Man gipfelt zur Wärmepumpe, es soll wieder einen Königsweg mit nur einer Technologie als Erlösung geben. Die Lernfähigkeit unseres führenden Personals ist überschaubar.

IMAGO / argum
Geothermische Bohrung für eine Wärmepumpenheizung in einem Einfamilienhaus in einem Regensburger Wohnviertel

Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

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Wärmepumpengipfel, der

Im Zuge der Sektorenkopplung soll künftig auch der Wärmemarkt zunehmend auf Elektrizität basieren. Das hilft als Begründung für immer weiteren, ambitionierten, ehrgeizigen und ähnlich propagandistisch bezeichneten extremen Ausbau von Wind und Fotovoltaik.

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Auch hier will man wieder alle Eier in einen Korb legen, auch hier werden Ziele verkündet, die einer Plausibilitätsprüfung nicht standhalten. 2021 wurden 154.000 Wärmepumpenanlagen installiert, ab 2024 sollen es 500.000 pro Jahr sein. Abgesehen von der Frage, ob auf Herstellerseite so viel gebaut werden kann und was dieser Nachfragedruck für die Preise bedeutet, steht vor allem die Installateursseite im Focus. Bereits heute fehlen um die 40.000 Fachkräfte, nun bräuchte man noch 60.000 zusätzlich. Minister Habeck sieht dafür drei Hebel: Die Attraktivität des Berufes herausstellen, die Weiterbildung fördern und die „Hürden“ senken. Insbesondere letzter Punkt ist problematisch, denn Wärmepumpen sind in der Auslegung und Einstellung verglichen mit konventionellen Heizungssystemen sehr sensibel. Eine falsch eingestellte Anlage wird schnell zum Stromfresser.

Erwähnenswert übrigens, dass es über die sehr konkrete Tätigkeit im Heizungsgewerbe keine Quotendiskussion gibt. Die Zahl der jungen Frauen, die sich in der Heizungs-, Klima- und Lüftungsbranche durch Machos am beruflichen Aufstieg gehindert fühlen, dürfte gering sein. Jedenfalls gab es dazu noch keine Diskussion, andernfalls wäre es in einschlägigen Medien verbreitet worden.

Kälte rein, Wärme raus

Die Funktionsweise einer Wärmepumpe kann man sich am besten wie die eines Kühlschranks vorstellen, der anders herum genutzt wird. Der Umwelt wird Wärme auf niedrigem Niveau entzogen, ein Kältemittel verdampft bei niedrigem Druck, wird komprimiert und kondensiert bei hohem Druck und höherer Temperatur. 

Die überwiegende Zahl der Anlagen funktioniert auf diese Weise und benötigt entsprechend Strom für die Verdichter. Am Ende steht ein Wirkungsgrad von über 100 Prozent, aber da dies den Begriff verfälscht, spricht man hier von der „Arbeitszahl“. Bei modernen Anlagen liegt diese bei 4 bis 5, das heißt pro aufgewendeter Energieeinheit (Kilowattstunde Strom) ergeben sich 4 bis 5 Kilowattstunden Wärme.

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Das ABC von Energiewende und Grünsprech 103 – Ersatzkraftwerkebereitstellungsgesetz
Die Arbeitszahl ist umso höher, je geringer die Temperaturdifferenz von Energiequelle (Erdboden, Außenluft) zur Heizungs-Vorlauftemperatur ist. Deshalb machen eigentlich nur Niedertemperaturheizungen Sinn, also Fußboden- oder Wandheizungen. Übliche Heizkörper müssten in größerer Zahl eingebaut werden, um die Räume mit der geringen Vorlauftemperatur von 30 bis reichlich 40 Grad ausreichend temperiert zu bekommen.

Das zeigt, dass nicht jedes Gebäude für eine Umrüstung geeignet ist. Der nachträgliche Einbau einer Fußbodenheizung ist aufwändig und auch eine gute Gebäudedämmung ist Voraussetzung. Deshalb sagte Professorin Messari-Becker, Inhaberin des Lehrstuhls für Gebäudetechnologie und Bauphysik an der Uni Siegen, Wärmepumpen seien gut für den Neubau. Doch die Herausforderungen lägen im Bestand. Hier seien die Gebäude, ihre energetische Qualität oder die Infrastruktur derart unterschiedlich, dass es nicht die eine Lösung geben könne. Die Bundesregierung sollte dringend vielfältige technische Wege zulassen. „Man ist immer noch auf Strom fokussiert.“ Das sei ein fataler Fehler, man müsse mehr etwa auch auf Biogas oder Geothermie setzen und an Quartierslösungen denken.

Weisung statt Markt

Nun widerspricht differenziertes Denken dem grünen Naturell. Hier gibt es kein Grau, nur schwarz und weiß, nur richtig und falsch, nur gut und böse. Hier ist Wettbewerb unter den Technologien unerwünscht, ein selbstregulierender Markt sowieso. Dabei gab es noch nie Erfindungen, technischen Fortschritt und Technologieentwicklung nach politischen Vorgaben. Stets war es der Markt, der für Höherentwicklung sorgte, die besten Technologien für den Masseneinsatz möglich machte.

Dabei trennte sich auch folgerichtig die Spreu vom Weizen, die Windenergie war auf Grund geringer Energiedichte und zufälligem Aufkommens im ausgehenden 19. Jahrhundert folgerichtig am Ende. Nur durch politische Entscheidungen, Begünstigung und finanzieller Zwangsbeatmung wurde sie wieder zur Massenerscheinung. Politiker mit ihrem begrenzten (und offenbar immer begrenzterem) Wissen, maßen sich an, die Weichen der Technologien per Beschluss zu stellen und damit das Leben in den künftigen Jahrzehnten bereits heute bestimmen zu können.

Nun stehen nicht nur Material- und Fachkräftemangel dem überambitionierten Ziel des umfangreichen Wärmepumpenausbaus im Weg, auch die Stromzufuhr für die Masse der Anlagen in der Fläche funktioniert nicht ohne den Ausbau der Verteilnetze, was mit zunehmender E-Mobilität ohnehin nötig würde. Das Gesamtaufkommen an Strom ist nicht gesichert, denn immer noch gelten die Gesetze zum Atom- und Kohleausstieg. 

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Seit dem 1. Juli hilft uns nun die Ukraine. Nach Angaben von Präsident Selenskyi fließt der Strom über Rumänien in die EU, er könne einen bedeutenden Teil russischen Gases ersetzen. Währenddessen behaupten immer noch deutsche Politiker und Wissenschaftlerinnen, Strom- und Wärmesystem hätten nichts miteinander zu tun. Mehr Ahnungslosigkeit war selten, deutsche Gaskraftwerke laufen weiter und produzieren zwischen etwa 5.000 und 18.000  Megawatt Strom.

Der ukrainische Strom verbessert sogar unseren Fußabdruck, er wurde am 1. Juli mit 238 Gramm CO2 pro Kilowattstunde erzeugt, während deutscher Strom mit 377 Gramm zu Buche schlug. Die Kernkraft macht den Unterschied.

Ein Land im Krieg hilft einem Land, das selbst im Frieden seine Infrastruktur nicht in den Griff bekommt.

Luft und Erde

Wärmepumpen wie auch E-Mobil sind nur dann „klimafreundlich“, wenn der Strom zu ihrem Betrieb weitgehend emissionsfrei ist. Durch das Ersatzkraftwerke- bereitstellungsgesetz (EKWG) wird es wieder mehr Kohlestrom geben. Da die E-Fahrzeuge ohnehin mit einem größeren CO2-Rucksack vom Band rollen, wird durch den Fahrstrom mit hohem Kohleanteil der herbei gerechnete „Klimavorteil“ gegenüber einem Verbrenner zunehmend Makulatur. Dennoch bleibt die 9.000-Euro-Förderung erhalten. Warum? Ebenso konterkarieren kohlestrombetriebene Wärmepumpen den Ansatz der Emissionssenkung. 

Nun hängen die Vorteile der Wärmepumpe, eine gute Nutzung der Umweltwärme und  eine möglichst hohe Arbeitszahl, stark von der Art der eingesetzten Umweltwärme ab. Anlagen mit Solekreisläufen, also Erdsonden oder –kollektoren, liefern das ganze Jahr über relativ konstante Vorlauftemperaturen an der Eingangsseite von ungefähr fünf Grad. Das ermöglicht auch im Winter wirtschaftlichen Betrieb. In viel größerer Zahl werden allerdings Luftwärmepumpen verbaut, die die Umgebungsluft nutzen. Sie sind in der Installation wesentlich preiswerter, bei den Betriebskosten dürften sie jedoch deutlich teurer sein. 

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Ich kann hier eigene Erfahrungen einbringen, denn bei uns im Haus laufen zwei Wärmepumpen. Die erste wurde bereits 1995 beim Bau installiert, das Aggregat wurde inzwischen erneuert. Damals war es noch eine Exoten-Technologie. Sie arbeitet mit vier doppelt berohrten Erdspießen, die bis in etwa 25 Meter Tiefe reichen. Das hat auch in kalten Wintern stabile Temperaturen auf der Primärseite zur Folge. Die Warmwasserbereitung läuft über eine Luftwärmepumpe, die im Keller steht und von der Temperatur der Kellerluft „lebt“. Hier gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen Sommer- und Winterbetrieb. Im Sommer bei fast 20 Grad im Keller sind die Laufzeiten kurz, im Winter bei unter 15 Grad läuft sie deutlich länger und bei höherem Warmwasserverbrauch geht es nicht ohne den elektrischen Heizstab. Bezogen auf eine Heizungswärmepumpe auf Basis der Umgebungsluft bedeutet dies, dass im Winter, zu Zeiten des höchsten Wärmebedarfs, die Arbeitszahl stark sinkt und bei Frost der teilweise Einsatz einer weiteren Wärmequelle, vermutlich von Direktstrom, nötig werden kann. 

In diesem Sinne äußerte sich auch Frau Professorin Messari-Becker in der Anhörung im Ausschuss für Klimaschutz und Energie des Bundestages zum Gebäudeenergiegesetz. Sie schlug eine stärkere Förderung Erdwärme-basierter Wärmepumpen vor. Ob die Grünen diesen technisch-physikalischen Unterschied der Wärmepumpentechnologie intellektuell verarbeiten können, darf bezweifelt werden. Bei ihnen schlägt Ideologie das Fachwissen. Dies ist eine Analogie zum verflossenen realsozialistischen System.

Wärmepumpen können und sollten verstärkt genutzt werden. Sie sind aber bei weitem nicht der Königsweg im Gebäudesektor. Wie im Strommarkt und auf der Straße wäre ein sinnvoller Mix verschiedener Technologien volkswirtschaftlich vorteilhaft. Gegen die Wärmepumpen spricht eine unkalkulierbare Strompreisentwicklung, zudem ist aus Sicht der Versorger und des Staates der systemische Vorteil gegeben, die Anlagen fernabschalten zu können. Über die Regelung der Schaltzeiten besteht die Möglichkeit des Zugriffs, das heißt, die Anlagen lassen sich nicht nur vertragsgemäß in Spitzenzeiten, sondern auch in eventuell kritischen Situationen abschalten. Das funktioniert bei den leistungsstärkeren Ladesäulen der E-Mobilität noch nicht, wird aber unausweichlich sein, wie der (vorerst zurückgezogene) Gesetzentwurf zur Spitzenglättung zeigte.

Im Jahr 2020 wurden etwa viermal so viele Gasheizungen wie Wärmepumpen installiert. Das ruft geradezu danach, weiter zu gipfeln und zu wenden.


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Kommentare ( 49 )

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herman32
2 Jahre her

„Und wenn die Wärmepumpe betrieben wird wie vorher eine Gasheizung, dann spart sie eben nicht 60 Prozent Energie, sondern verbraucht im Gegenteil 300 Prozent mehr.“ https://www.welt.de/finanzen/immobilien/article235664290/Waermepumpe-Diese-Fehler-sollten-Hausbesitzer-vermeiden.html?cid=socialmedia.twitter.shared.web Die WP wird zum Elektroheizgerät. Wie soll denn beim Gros der Bestandsimmobilien anders als „wie vorher“ geheizt werden? Die entscheidenden Parameter, Dämmungszustand, Heizkörperfläche, fehlende PV und fehlende Erdwärme mit 100 Meer Bohrungen bei 90 % der Immobilien sind vorgegeben, und sie besagen leider, eine WP ist dann unwirtschaftlich. Grüne Politscharlatane können an diesem Befund nichts ändern. WPs sind sicherlich eine Alternative bei Neubauten, wenn auch der notwendige Grundstücksbedarf für eine gut dimensionierte Erdwärmegewinnung da… Mehr

bfwied
2 Jahre her

Wer sich die Zahlen ansieht, woraus ersichtlich ist, wie viel Strom die Windkraftanlagen leisten, bei welchen Temperaturen wie hoch die Heizleistung der Luftwärmepumpen ist, wer sich anschaut, wie viel Strom man in D. bräuchte, wie die Leitungskapazitäten aussehen, wie viel Kupfer man zum Ausbau bräuchte, wie viel Kupfer und wie viel „seltene Erden“ etc. gefördert werden und wo, und wer sich überlegt, dass man jederzeit fremdgesteuert wird, wie in der Barockzeit, als der Adelige über Wohl und Weh mit einem Kopfnicken bestimmte, der kann nur zu dem Schluss kommen, dass wir eine Rolle rückwärts machen sollen aus absurd-ideologischen Machtgründen, hinein… Mehr

Horst Hauptmann
2 Jahre her

Aber aber Herr Hennig! Haben Sie denn nicht mit Frau Dr. Claudia Kemfert gesprochen, die sich (lt. ZDF) „im Bereich Energie einen Namen gemacht hat“ und zu jedem Senf ihren Quark dazu gibt. Ich schätze mal, dass in deren Märchenstunde alles kein Problem ist. Der Strom kostet dort weiterhin nur eine Kugel Eis pro Familie mehr und Strommangel – Gott bewahre! Strom, das weiß jedes Kind und jeder Bürger im Land, kommt IMMER aus der Steckdose. Der wird ja auch im Netz gespeichert und von den Kobolden ins Haus transportiert. Wir werden es Putin zu verdanken haben, dass der deutsche… Mehr

Denke
2 Jahre her

Zitat: „Bei ihnen schlägt Ideologie das Fachwissen“.
Damit ist schon alles gesagt!

F. Hoffmann
2 Jahre her

„Minister Habeck sieht dafür drei Hebel: Die Attraktivität des Berufes herausstellen, die Weiterbildung fördern und die „Hürden“ senken“… Da sollte er mal bei seinen „Klimakindern“ anfangen. Die wurden kürzlich in einer Wirtschaftssendungdes ÖRR gefragt, was sie werden wollen: „Studiere Soziologie“, „studiere Pädagogik“, „mache Abi und werde Aktivist“!!. Auf die Frage warum keine/r Elektriker oder Installateur werden will, die brauche man doch um die Energiewende umzusetzen, wurde der Interviewer nur ungläubig angeglotzt. “Erwähnenswerte übrigens, dass es über die sehr konkrete Tätigkeit im Heizungsgewerbe keine Quotendiskussion gibt.“ Quoten werden nur für „white collar“ Berufe und dort am besten in der Führungsebene gefordert.… Mehr

alter weisser Mann
2 Jahre her

„aber jetzt könnte ich eigentlich darauf verzichten“
Dann schalten Sie doch den Kühlschrank gleich ab und beantragen den „Habeck-Sparorden am Bande“.

alter weisser Mann
2 Jahre her

Ein Luftpumpengipfel, der nicht verbergen kann, dass die Politik in die Mangelverwaltung eintritt und das mangels Sachverstand gar nicht realisiert und schon gar nicht bewältigt. Wir werden noch Kontigentierungen/Zuteilungen sehen.

MeHere
2 Jahre her

Ich glaube der Habeck ist einer der ERSTEN, die abstürzen – also durch ihre Inkompetenz auffliegen … das ist wichtig auf dem Wege, alle diese aufgeblasenen Dummschwätzer loszuwerden und zurück zur Sachlichkeit zu kommen.

alter weisser Mann
2 Jahre her

Gas- und Ölheizungen dominieren den Bestand noch lange, da können auch geträumte 500000 Wärmepumpen im Jahr nichts dran ändern.
Vor „Putin“ und den Grünen hatte man da ein klares Bild.
https://www.hwwi.org/fileadmin/hwwi/Publikationen/Studien/Shell_BDH_Hauswaerme_Studie_II.pdf
Kein gesunder Verstand wirft eine fünfstellig kostende Heizung vor der Zeit raus, keiner tauscht bewährt laufende Technik im Bestand gegen Luftwärmepumpen , die erhebliche Zusatzinvestitionen für den Bestand (Dämmung, Fussbodenheizung, neue Fenster, Lüftungstechnik) erfordern.
Deshalb ist es ja ein Gottesgeschenk für die Grünen, jetzt massiv in den Gas- und Ölbezug reinbolzen zu können.
Wenn nun gefälligst noch Installateure, Material und zahlungskräftige Auftraggeber von Himmel fallen könnten.

Mausi
2 Jahre her

Nicht nur höhere Stromkosten. Der Strom muss auch produziert werden, also zur Verfügung stehen.