AKK – Alles kalter Kaffee

Gemessenen Schritts in die falsche Richtung geschritten zu sein, ohne zu wissen wohin, ist Merkels Spur. Die Vorsitzende ruft, die Partei folgt ihr: Das ist jetzt kein Modell mehr.

Und wenn sich die Delegierten nicht wieder hingesetzt haben, dann stehen sie noch heute. Die Partei ist auf Wellness programmiert. Sprich: auf Selbstbetrug. Merkel habe die CDU stark gemacht und zusammengehalten, hieß es. Wer das glaubt, wählte AKK. Natürlich war die Seligsprechung Merkels unmittelbar davor nichts anderes als Wahlkampf für die Nachfolgerin. AKK: Ein unübersehbares Weiter so!

I.

Gemessenen Schritts in die falsche Richtung geschritten zu sein, ohne zu wissen wohin, ist Merkels Spur. Die Vorsitzende ruft, die Partei folgt ihr: Das ist jetzt kein Modell mehr. Nie wieder Führerkult wäre eine wichtige Konsequenz aus dem Desaster des „letzten Einhorns in Europa“ (AKK). Die neue Chefin einer 20-Prozent-Partei ist nicht die Herrscherin Deutschlands. Und wird es nie sein, selbst, wenn sie ins Kanzleramt einziehen sollte.

II.

AKKs Rede in Hamburg: Wir haben erfahren, dass sie zur CDU ging, weil gerade keine Lehrer gebraucht wurden. Berufsersatz Funktionärin. Es komme nicht auf die Lautstärke an, sagte sie. AKK war mit Abstand die lauteste Kandidatin in Hamburg. Mit einem angestrengt flehentlichen Ton. Gab sich als mutige Macherin. Aber kein Wort zur Migrationsfrage. Kein Wort über die AfD. Kein Wort zur Bevormundung des Staates. Von Erneuerung keine Spur.

III.

Merz: analytischer. Forderte einen Strategiewechsel. Mit klarer Agenda für die Mitte der Fleißigen. Er rückte den Meinungsstreit wieder dorthin, wo er hingehört. Die Hauptgegner der CDU sind SPD und Grüne. Merkel hat sie mit asymetrischer Demobilisierung nicht bekämpft, sondern umarmt. Merz hat dies offen kritisiert. Die Mehrheit der CDU wollte jedoch nicht den geradlinigeren und intelligenteren Kandidaten. Sie wollte eine Ersatzmutti.

IV.

Eines muss man der CDU lassen: Wie sie aus der selbstverschuldeten Not eine Tugend gemacht hat, macht ihr keine andere notleidende Partei nach. Die Not wurde in Hamburg zur Hymne umkomponiert. Aber Not wird noch immer nicht groß genug geschrieben. Die notwendige Neuwahl sollte die Not abwenden. Statt dessen sonnt sich die CDU im Irrglauben, die letzte europäische Volkspartei zu sein. Der Saurier hat auch nichts von seinem Aussterben gewusst.

V.

Das infamste Argument: Wer etwas anderes wolle als AKK, spalte die Partei. Wenn man Schäuble etwas vorhalten will, dann wäre es Loyalität zur Vorsitzenden bis zur Selbstverleugnung.

VI.

Wird AKK die nächste Kanzlerin? Es läge auf der Hand, dass Merkel ihrer Nachfolgerin ermöglicht, einen Wahlkampf aus dem Kanzleramt heraus zu führen. „Merkel muss weg” wird nun Parteiräson. Wie viel Zeit wird AKK haben? Wenn die Wahlserie 2019 für die CDU keinen Erfolg bringt, ist das Rennen um die Kanzlerkandidatur eröffnet. Dann wird es nicht automatisch AKK.

VII.

Was die Kandidatenkür schon gebracht hat? Die AfD versucht, den eigenen Laden aufzuräumen, weil es schwerer wird, die Anti-Merkel-Wähler zu behalten. Die Wahl von AKK verschafft ihr Luft.

VIII.

Die FDP ist zu Jamaika wieder bereit. Merkel war Lindners einziger Grund abzuspringen. Die CDU muss nur noch liefern.

IX.

Die SPD weiß nun verlässlich, dass sie sich auf die CDU nicht verlassen kann, wenn es ums eigene Überleben geht.

X.

Es ist nicht damit zu rechnen, dass AKK den Parteienstaat reformiert. Das System bleibt faul. Man soll die Hoffnung nicht verspotten, solange sie nicht gestorben ist. Das kann schneller geschehen, als man denkt, obwohl sie angeblich als letzte stirbt.

XI.

„Ich fühle mich wohler, wenn ich für etwas bin, als wenn ich gegen etwas bin. Ich weiß aus Erfahrung, dass es gesünder ist, für etwas zu sein. Und am gesündesten ist es, mit vielen für etwas zu sein.“ Martin Walser, Spätdienst, 2018. Der Aphorismus erklärt das Wahlergebnis am besten. Die Mehrzahl der Delegierten wollte für etwas sein.


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Kommentare ( 75 )

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GUMBACH
5 Jahre her

Die CDU und die Grünen müssen nur abwarten bis die Babyboomer-Generation weggestorben ist. Die nachfolgende Generation scheint in der Mehrheit so entpolitisiert zu sein, dass sie den Schwarzgrünen aus der Hand fressen: Permanent Kriege ‚gegen den Terror‘ führen, Abschaffung der Nation, Multikulti allüberall, Islamisierung des Westens, Genderismus allüberall, Hardcore-Feminismus etc. – all das wird die Zukunft sein. Und die große Mehrheit wird das schlucken und mitmachen.

Rebell
5 Jahre her

„Ich fühle mich wohler, wenn ich für etwas bin, als wenn ich gegen etwas bin. Ich weiß aus Erfahrung, dass es gesünder ist, für etwas zu sein. Und am gesündesten ist es, mit vielen für etwas zu sein.“ Martin Walser, Spätdienst, 2018. Der Aphorismus erklärt das Wahlergebnis am besten. Die Mehrzahl der Delegierten wollte für etwas sein.“

Für ein friedliches Land mit einer angenehmen sozialen Sicherheit in einer Gemeinschaft mit Menschen, welche die gleichen Werte leben und vertreten ist dann also ungesund?

Rebell
5 Jahre her

AKK ist genau so, wie die Masse der CDU Abgeordneten. Unterstes Mittelmaß. Das man mit solch mäßigen Gaben doch noch Karriere machen kann lässt sie hoffen. Deshalb feiern und wählen sie die. Bei Merkel war und ist es nicht anders. Eine Bevölkerung, die sich das bieten lässt dürfte in der Breite noch weiter drunter sein. Sonst würden sie die Herrschaft der Dummheit nicht erlauben.

Demokratius
5 Jahre her

Die CDU-Delegierten hatten mit den drei Bewerbern die Wahl zwischen Pest und Cholera. Allerdings haben sie selber das nicht so gesehen, sondern sind dem Wahn verfallen, zwischen einer Politik fuer „ein Land, in dem wir gut und gerne leben“ und einer neoliberalen Politik waehlen zu koennen. Die Zukunft wird zeigen, ob die Masse der Waehler auch auf diesen Leim geht.

Manfred Gimmler
5 Jahre her

Die Wahrscheinlichkeitstheorie untersucht unter anderem auch Irrfahrtprobleme. Mir persönlich ist kein Modell bekannt, das die Ausgestaltung der Politik durch die Kanzlerin besser beschreiben könnte. Vielleicht ist ihr als Physikerin die „Irrfahrt eines Teilchens ohne Gedächtnis“ (Brownsche Molekularbewegung) ja bekannt. Es wäre durchaus einen Versuch wert, ihr auf diesem Wege ihren Irrsinn womöglich doch noch bewußt zu machen. Ihr 13-jähriger Krieg gegen Deutschland neigt sich allerdings mit dem Aufgebot eines „Volkssturms“ aus salbadernden Alt-68ern, bekehrten Alt-Konservativen und dauergestreßten Schneeflöckchen seinem Ende entgegen; denn der zerstörerische Endkampf unter AKK wird einen ausgeplünderten, ruinierten Staat hinterlassen, der nach seiner bedingungslosen Kapitulation feststellen muß,… Mehr

Wolfgang Schuckmann
5 Jahre her

Unter VIII. Lindners Absprung von Jamaika mit den Worten: besser nicht regieren als falsch regieren. Trefflicher kann man die Politik der Kanzlerin mit wenigen Worten nicht beschreiben. Wohl gemerkt: ich bin kein Lindnerverehrer, aber manchmal hat jeder in seinem Leben für ein paar Sekunden die Erleuchtung. Zu AKK ist nur zu vermerken, dass Sie die Person ist, die von der Kanzlerin zwischen sich und die Wirklichkeit da Draussen geschoben wurde, um sich noch ein bisschen länger halten zu können. Ein durchsichtiger Versuch. So sieht in der Regel der Anfang vom Ende aus. Der Anfang ist gemacht und ich hoffe auf… Mehr

RJacob
5 Jahre her

Ich hatte vor wenigen Tagen hier auf TE ein ganz großes Kino vermutet, Bingo! Voll getroffen. Merkel hatte zu Beginn noch nicht ein Wort gesprochen, da tobte der Saal, die Batterien waren voll geladen. Merz aber auch Schäuble sind die politisch Verbrannten, es bleibt spannend. Phoenix beendete 20 Uhr die Übertragung, dann nur Livestream im Internet, gegen 22 Uhr, also wenige Augen u. Ohrenzeugen,der UN Pakt, AM zieht im Hintergrund die Fäden u. sitzt trotzdem auf der Bühne. Also das muss man schon mal nachmachen. Dieser Sieg wird schnell auf die eignen Füße fallen. Die Live Bilder heute aus Paris,… Mehr

Absalon von Lund
5 Jahre her

Könnte man es so ausdrücken: alle Altparteien sind geistig insolvent und überflüssig. als sie von der Not sprachen, dachte ich spontan an die 14 Nothelfer.

CarolusMagnus
5 Jahre her

Eine Art Handarbeitslehrerin zur Vorsitzenden machen. Das muss man erst einmal hin bekommen.

Ursula Schneider
5 Jahre her
Antworten an  CarolusMagnus

Bitte nicht unterschätzen – sie könnte daneben auch noch Religionsunterricht geben.

Wolfgang M
5 Jahre her

Diese Frau mit dem Zungenbrechernamen wird nur noch AKK genannt, nicht nur beim Schreiben als Kurzform, sondern auch mündlich in Diskussionen. „Akaka“ erinnert mich an die Aufforderung an Kleinkinder, ihr Geschäft auf dem Töpfchen zu machen. Das soll unsere künftige Kanzlerin werden.
Bei der Wahl Akaka oder Nahles als Kanzlerin würde ich Akaka vorziehen. Aber im Grunde sind beide nicht kanzlerfähig.
Lafontaine als SPD-Vorsitzender hat 1998 Schröder als Kanzlerkandidaten vorgeschlagen. Ob Akaka so etwas hinbekommt, weiß ich nicht.