Covid-Unruhen: China ist überall

Chinas Regierung ist trotz des Widerstands einer kleinen Minderheit seiner 1,4 Milliarden Bürger fest entschlossen, an ihrer Zero-Covid-Strategie festzuhalten. Einen Wertewettbewerb zwischen China und dem Westen kann ich bei den Covid-Politiken nicht erkennen, die Ähnlichkeiten autoritären Herrschens aber sehr wohl.

IMAGO / ZUMA Wire

Auslöser der Proteste, so dringt aus China heraus, war ein Wohnungsbrand in der nordwestchinesischen Stadt Ürümqi mit mindestens zehn Toten und weiteren Verletzten wegen der Behinderung der Löscharbeiten durch abgesperrte Viertel aufgrund der üblichen Covid-Maßnahmen.

Chinas Regierung ist trotz des Widerstands einer kleinen Minderheit seiner 1,4 Milliarden Bürger fest entschlossen, an ihrer Zero-Covid-Strategie festzuhalten. Xi und seine KPCh bleiben bei ihrem Narrativ, damit das Leben der Leute zu schützen und das Gesundheitssystem vor einem Zusammenbruch zu bewahren. Das hört sich an wie Lauterbach und alle maßgeblichen Politiker in Westeuropa während der Covid-Jahre. Der Illusion, das wäre bei uns ein für allemal vorbei, gebe ich mich nicht hin.

Videos aus Wuhan, Peking, Schanghai
Landesweite Proteste in China gegen Corona-Maßnahmen und Xi Jinping
Hatte die KPCh keine anderen als die offiziell genannten Gründe für ihre von Anfang an rücksichtslose Zero-Covid-Strategie, die nicht bekannt wurden, dürften sich die Gründe für die Covid-Maßnahmen-Katastrophen in China und den meisten Ländern des Westens gleichen wie ein Ei dem anderen. Populistisch überstürzt in Gang gesetzt und immer weiter verschärft richteten die Covid-Politiken menschliche Opfer in großer Zahl an, ideell und materiell, wirtschaftlich und sozial, kulturell und gesellschaftlich.

Den Unterschied zwischen chinesischer und westlicher autoritärer Politik macht im Moment aus, dass sich das westliche Covid-Regime lautlos und feige verflüchtigt – ohne jede offene und kritische Aufarbeitung der verheerenden Fehler oder gar die Benennung der Verantwortlichen. Ich mache mir nichts vor, eine Wiederholung aus anderem Anlass als Covid ist im Westen jederzeit möglich.

Xi und die KPCh bleiben stur bei ihrer Zero-Covid-Strategie, weil der wie Mao unumschränkt herrschende Diktator keinen Fehler eingestehen kann, ohne nicht seine persönliche Herrschaft oder gar die der KPCh zu riskieren.

Gegenwärtig sind nur drei der hundert größten Städte Chinas ohne – meist äußerst rigide – Lockdown-Maßnahmen. Dass es nun offenen Protest von Chinesen in Peking und anderen Millionenstädten wie Schanghai, Chengdu, Chongqing, Wuhan, Nanjing und Guangzhou gegen ihre Diktatur gibt, überrascht mich weniger als das Erlebnis, dass Bilder und Töne der Proteste aus China in die Welt gelangen und in Einzelfällen sogar Bildberichte von westlichen Journalisten die Protestierenden filmen können.

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Noch erstaunlicher: Nicht nur Protest gegen das Zero-Covid-Regime ist zu hören: «Hebt den Lockdown auf» – «Wir wollen keine PCR-Tests, wir wollen Freiheit». In Schanghai skandierten in der Nacht zum Sonntag hunderte junger Leute: «Nieder mit der kommunistischen Partei! Nieder mit Xi Jinping!». Erzürnte Bürger sangen nach Videoberichten auf einem öffentlichen Platz die chinesische Nationalhymne: «Erhebt euch, die ihr euch weigert, Sklaven zu sein».

Und spätestens da kommt China zu uns in den Westen. Die Anchorfrau im ORF ordnete die Berichte aus China als Kampf für die westlichen Werte von Freiheit und Demokratie ein, die bis zum Erfolg leider noch lange dauern müssten. Ähnliches findet sich in vielen westlichen Medien. Aufbegehren gegen Corona-Maßnahmen in China ist gut, in westlichen Ländern schlecht.

Wie groß oder klein ist der Unterschied zwischen Hausarrest erzwungen durch verschlossene Häuser, Wohnviertel und Städte in China und Hausarrest durch Quarantäne-Vorschriften, Ausgangssperren und verbotene öffentliche Einrichtungen im Westen? Wie Medien im Westen mit dem autoritären Corona-Regime im fernen Osten und nahen Westen umgingen, beleuchtet der Beitrag eines Kollegen.

Einen Wertewettbewerb zwischen China und Westen kann ich bei den Covid-Politiken nicht erkennen, die Ähnlichkeiten autoritären Herrschens aber sehr wohl.


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Kommentare ( 51 )

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Zensierter Troll
1 Jahr her

Augenscheinlich hat selbst die KPCh Schwierigkeiten, sich von dem von ihr maßgeblich initiierten Corona-Wahnsinn wieder freizuschwimmen. Der exterritoriale Zuschauer hat mithin die Wahl, ob er eher an Goethes „Zauberlehrling“ denkt, der bekanntlich die Geister nicht mehr los wurde, die er rief oder er Schillers „Wallenstein“ den Vorzug gibt, in dem es heißt, der Fluch der bösen Tat bestehe darin, fortzeugend immer Böses gebären zu müssen.

Thomas
1 Jahr her

Der Kampf um die Freiheit im Westen wird in den USA entschieden. Europa wird folgen, egal in welche Richtung. Meine Frage ist, welche Rolle spielt Elon Musk (und die Kräfte die hinter ihm stehen) mit Twitter? Die Auseinandersetzung Twitter mit Apple (China). Musks neuester Tweet: This is a battle for the future of civilization. If free speech is lost even in America, tyranny is all that lies ahead. Spielt er nur den „good cop“ oder ist er wirklich auf der Seite der Freiheit. Gibt es in den USA einen internen Kampf von dem wir kaum etwas wahrnehmen? Und wie sind… Mehr

Rolfo
1 Jahr her

Für absolut friedliche Demonstranten mit einem Grundgesetz in der Hand oder auch völlig ohne was wurde die „verfassungsschutzrelevante Deligitimierung des Staates“ erfunden.
Leute, die den Berufsverkehr inclusive Rettungswagen und neuerdings Flugplätze blockieren sind die Guten, voll förderungsfähig im Rahmen der Demokratie.
Ich bin im falschen Film.

Johann Thiel
1 Jahr her

Unsere Gesellschaft hat dem christlichen Menschenbild den Rücken gekehrt, ohne das eine echte Demokratie nicht möglich ist. Längst haben wir daher eine gelenkte Demokratie die uns als Tyrannei der „Mehrheit“ immer weiter in die Diktatur führt. Covid hat uns überdeutlich die politische Unreife, Manipulierbarkeit und Verführbarkeit unseres Volkes, dass sich selbst nicht mehr als Bürger wahrnimmt, vorgeführt. Insofern hat Herr Goergen hier vollkommen recht, dass die verderblichen Auswirkungen dieser autoritären, oder besser totalitären Politik jederzeit wieder greifen können. Die Begeisterung für jede Art von Kollektivismus, Zwangsmaßnahmen und auch Kriegbegeisterung sind latent vorhanden. Das dieser Artikel die Ähnlichkeiten zur offen autoritären… Mehr

Sabine K.
1 Jahr her

Danke, Herr Goergen, für die treffende Überschrift „China ist überall“!
Die Heuchelei hierzulande ist kaum noch zu ertragen.

littlepaullittle
1 Jahr her

Perfekt Herr Goergen. Danke.
Dazu passt dann auch, dass Hr. Steinmeier sich verstaendnisvoll um die Demonstranten sorgt.
Um die CHINESISCHEN.

fatherted
1 Jahr her

Ich kann mich an einen „Bericht“ der ÖR-Medien aus dem Januar 2022 erinnern. Damals eine junge Reporterin beim filmen von friedlichen „Spaziergängern“ neben dem Einsatzleiter der Polizei. Die Reporterin hatte Schnappatmung….“Warum greifen Sie nicht ein…die tragen alle keine Maske und gehen viel zu eng nebeneinander….Sie müssen etwas tun….das ist Rechtsbruch…..die Demo ist nicht angemeldet….usw. usw. “ – Der Polizist (in diesem Fall) ließ sich nicht aus der Ruhe bringen….und die Leute weiter „spazieren gehen“. Rückblickend könnte die Dame derzeit auch ein Karriere beim chinesischen Staats-TV anstreben…

MIR1970
1 Jahr her

Vor allem – wo war denn TE als bei uns die Juntapolizei auf die Bevölkerung wie tollwütige Hunde einschlug?

MIR1970
1 Jahr her
Antworten an  Fritz Goergen

Herzlichen Dank für die Info- ich werde mich um bessere Recherche bemühen!

Michael M.
1 Jahr her
Antworten an  MIR1970

Der Vorwurf ist für die MSM berechtigt, für TE ganz sicher nicht, denn hier wurde regelmäßig über die Sonntags- und Montagsspaziergänge/-demos hierzulande und auch außerhalb Deutschlands berichtet.
Ich konnte es live und in Farbe bei der örtlichen Tageszeitung (Donau Kurier in Ingolstadt) erleben. Egal wie viele (ich war auch öfters dabei und es waren häufig deutlich über 1000!) Demonstranten unterwegs waren, es wurde absolut nichts darüber berichtet. Darauf habe ich eine gute Antwort gefunden, Abokündigung/Geldentzug, das ist das einzige was hilft.

Teiresias
1 Jahr her

Die politischen Klassen in China und dem Westen haben dieselben Probleme – riesige Schulden/Immobilienblasen, deren Platzen ihr politisches Überleben in Frage stellt.

Das macht ihnen Angst, und Angst macht aggressiv. Sie fürchten den Bürger, deshalb bekämpfen sie ihn. Sie wollen mehr Kontrolle.

Corona, Klima oder Migration – es geht um die Festigung der Macht der Wenigen gegenüber den Vielen.

Last edited 1 Jahr her by Teiresias
Thomas
1 Jahr her
Antworten an  Teiresias

Im Herbst 2019 ist der Repo Markt kollabiert. Die einzige Möglichkeit das Spiel noch etwas weiter zu spielen war zu dem Zeitpunkt Geld ohne Ende zu drucken. Mit Corona kam dann die Möglichkeit dazu. Kann man glauben das Nichts mit Nichts zusammenhängt. Muss man nicht.

alter weisser Mann
1 Jahr her

Kein Wertewettbewerb … richtig, deshalb ist die moralisierende Empörung über die Polizeigewalt auch relativ gering. Man weiß, dass man selbst nicht anders reagiert bei ähnlicher Gelegenheit. Auch dämmert es langsam, dass man ein instabiles China so gar nicht vertragen würde.