CDU: Die Macht reibt den auf, der sonst nichts mehr im Sinn hat

Die italienische Democrazia Cristiana (DC) ging den deutschen Christdemokraten nur voran: weg von den christlichen Wurzeln hin zum reinen Machtverein.

GIANNI FOGGIA/AFP via Getty Images
Picture taken 26 September 1995 in Palermo of former Italian Premier Giulio Andreotti. A prosecutot requested a 15-year prison term against Andreotti, 80, accused of collusion with the mafia, as well as the withdrawal of his civic rights for life, 08 April 1999.

Für diese Folge hatte ich die Geschichte angekündigt: Wie die Macht aus den Parteien in die Fraktionen gewandert ist und wie die CDU, ohne es zu merken, den Grünen ihren Weg in die Macht gebahnt hat. Heute konzentriere ich mich auf die Rolle der CDU, den Grünen zur Macht zu verhelfen. Über die Entmachtung der Parteien durch die Fraktionsführungen demnächst.

Die einstmalige Schwesterpartei der CDU, die Democrazia Cristiana (DC), schritt den deutschen Christdemokraten nur voran: weg von den christlichen Wurzeln hin zum reinen Machtverein. Mit einem System von schwarzen Kassen, undurchsichtigen Begünstigungen und Personennetzwerken hatte die DC den italienischen Staat überwuchert und in Besitz genommen. Mitte der 1990er Jahre löste sich die DC auf: moralisch erledigt, politisch korrupt und finanziell am Ende. Die DC hatte den Parteienstaat Italiens geschaffen und ging an ihm zugrunde. Partitocrazia nannten Kritiker die nicht mehr entflechtbare Durchdringung von Staat und Partei.

In der Bonner Republik vollzog sich die durchaus vergleichbare Entwicklung nur langsamer, war aber beim späten Helmut Kohl auch schon weit geraten. Doch die aufkommende Kritik in der alten Bundesrepublik wurde vom Beitritt der DDR zur Westrepublik übertüncht. Ohne den Wiedervereinigung genannten Vorgang wären Kohl und die CDU 1990 abgewählt worden (die FDP aus dem Bundestag geflogen).

Teil 2: Selbstergänzung statt Wettbewerb
Berufspolitiker: Ergebnis und Garant des Parteienstaats zugleich
Die DC ging genau daran zugrunde, was auch der CDU das Ende bereitet: Sie opferte dem Machterhalt schließlich bedenkenlos alles. Giulio Andreotti ist das Gesicht der Democrazia Cristiana im Niedergang wie kein anderer (seine Verbindung zur Mafia eingeschlossen). Andreotti hat 33 Regierungen angehört und war sieben mal Ministerpräsident. Er hat Talleyrand so oft mit einem Satz zitiert, bis er für einen von Andreotti gehalten wurde: „Die Macht reibt nur den auf, der sie nicht hat“. Zitierter und Zitierer irrten gleichermaßen. Die absolute Macht der Partitocrazia zerstörte die DC. Angela Merkel hat die deutsche Partitocrazia nicht geschaffen, aber ihren Vorgänger Kohl mit ihrer Ignoranz jeder politischen Herkunft der CDU weit hinter sich gelassen, Sie vollendet den Parteienstaat bis zu seinem Kollaps wie ein Andreotti einst die Partitocrazia.

Die DC und die CDU wurden am Neubeginn nach 1945 als Bollwerke gegen den Kommunismus installiert, beide Parteien standen für eine erkennbar konservative politische Haltung, die DC als Partei der Katholiken, die CDU als christliche Partei. Davon blieb bei der DC durch ihre Verkommung in der selbst geschaffenen Partitocrazia ebenso wenig übrig wie von der christlichen Partei CDU im Parteienstaat.

Für den Parteienstaat ist die CDU (CSU eingeschlossen) mehr verantwortlich als alle anderen Parteien. Dass er am Ende die Grünen an die Macht bringt, statt die CDU an dieser zu halten, ist Thema meiner nächsten Folge über die Entmachtung der Parteien durch die Fraktionsführungen.

Fußnote: Die italienische Justiz hat Politiker immer wieder verfolgt und verurteilt, wo diese sich nicht an Recht und Gesetz hielten. In Italien, anders als in Deutschland, ist der Rechtsstaat weitgehend intakt.

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Kommentare ( 21 )

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Johann Thiel
4 Jahre her

Wann geht‘s weiter lieber Herr Goergen? Bin schon ganz gespannt. LG

Johann Thiel
4 Jahre her
Antworten an  Fritz Goergen

Prima, freue mich.

Wolfgang Schuckmann
4 Jahre her

Der Verlust des Engagements für das Allgemeinwohl im Staat ist der erste Stein, der aus dem Fundament eben jenes Staates bricht. Und wenn im Grundgesetz festgelegt wurde, dass die Parteien zur Meinungsbildung, sozusagen als die Grundlage des daraus abzuleitenden Willens des Volkes eben die Dinge eben jenes Staates besorgen sollen, und statt dessen zu Selbstversorgungsapparaten werden, ist diese Art der Politik wohl hinreichend konterkarriert und nicht mehr glaubwürdig. Immer mehr Leute haben bemerkt, dass dies nur so sein kann und ziehen daraus ihre Konsequenzen, bzw. wenden sich von dieser Art der Organisation von Politik ab. Die Rechnung am Ende bezahlt… Mehr

Johann Thiel
4 Jahre her

Sehr schönes Format lieber Herr Goergen, spannend wie ein Fortsetzungskrimi. Bin neugierig wie es weitergeht und „wer“ oder besser „was“ am Ende der „Mörder“ ist.

Alfonso
4 Jahre her

CDU – Türöffner für die GRÜNEN.

Nicht zu vernachlässigen ist, dass A. Merkel, sozialisiert und politisch fest geprägt durch ihre kommunistischen DDR-Herkunft, gerne und aktiv mitgeholfen hat, diese Tür hin zum Sozialismus/Kommunismus zu öffnen. Denn diese Tür öffnet ihr den Eingang zurück nach Hause, dahin wo sich wohlfühlt, denn Daheim ist da wo man sich wohlfühlt. Helmut Kohl hat ihr hierfür (vermutlich gerne) den Weg bereitet.

Altchemnitzer
4 Jahre her

Nun ja, die Justiz ist schon teilweise recht agil zum Beispiel im Familienrecht , sprich bei Scheidungen. Aber da braucht man sie nicht wirklich, genau so wie bei Eheschließungen. Womit sollten sich Richter und Anwälte aber sonst beschäftigen?

Thomas
4 Jahre her

Ich glaube das was Willy Wimmer sagt entspricht den Tatsachen: https://www.youtube.com/watch?v=aSQycHMwaDI

Denis Diderot 2018
4 Jahre her

Den Links-Grünen ist es gelungen, durch puren Quatsch dem Begriff „konservativ“ etwas Angseinflößendes einzuhauchen. Ein Beispiel: Angeblich durfte eine Ehefrau bis 1977 nur mit Zustimmung ihres Mannes berufstätig sein. Dieses „Narrativ“ findet sich sogar in der BBC-Reportage „Make Me A German“ wieder – dort wird dies sogar als geltendes Recht in Deutschland beschrieben. Genau auf solche Lügen begründen die Grünen (die SPD zählt ja nicht mehr) einen Teil ihrer Macht, weil sie damit das Märchen von KKK glaubhaft machen, Männer wollten für Frauen nur „Kinder, Küche, Kirche“. Richtig ist, dass diese Rechtslage bereits seit 1949 verfassungswidrig war. Richtig ist, dass… Mehr

Harald Kampffmeyer
4 Jahre her

„Die DC und die CDU wurden am Neubeginn nach 1945 als Bollwerke gegen den Kommunismus installiert, beide Parteien standen für eine erkennbar konservative politische Haltung, …“

Sehr geehrter Herr Goergen, sind Sie da so sicher?
Wenn ich mir das Ahlener Programm der CDU von 1947 – das erste – durchlese, habe ich mehr den Eindruck, die CDU wurde als sozialistische Partei gegründet. Somit wäre heute zu konstatieren, die Merkel-CDU ist nur zu ihren Wurzeln zurückgekehrt.

andreashofer
4 Jahre her

Ach wissen Sie: Ich bin zwar Pessimist aus Überzeugung, glaube aber nicht an eine ökosozialistische Phase. Dafür ist einfach kein Geld da und die Überzeugung derjenigen, die die Kohle dafür ranschaffen, fehlt auch.
16jährige kann man vielleicht verblenden, aber die Leistungsträger nicht. Und man sieht ja an den Wahlergebnissen, dass viele Leute auf Opposition setzen.

von Kullmann
4 Jahre her

Der Rechtsstaat als Fußnote! Der Verfassungsschutz des Parteienstaates inklusive. Ab wann kann man von Mafia sprechen. Wenn politische Entscheidungen zur verschleierten Selbstbegünstigung werden? Oder erst dann, wenn die Bürger die nicht „Familie“ sind, aus finanzieller und moralischer Selbstbegünstigung mit Kriminalität mafiöser Strukturen überzogen werden? Der Pate ist weiblich.