»Mini-Bürgerkriege«: In Lyon droht Macrons Reconquista zu scheitern

Auch wenn das in deutschen Medien so gut wie nicht vorkommt: In der Metropolregion Lyon ist derzeit die Hölle los. Die tieferen Gründe könnten im Vorgehen der Sicherheitspolizei gegen Drogenhandel und Kriminalität liegen. Innenminister Darmanin glaubt an einen Sieg der Republik.

Screenprint via Twitter

Lyon, die Stadt des guten Geschmacks und bis heute für ihre Gastronomie bekannt, scheint derzeit eher das Chaos für sich reserviert zu haben. Die Stadt und die sie umgebende Metropolregion, nach Paris die zweitgrößte Agglomeration Frankreichs, befinden sich in einem Belagerungszustand. Nach drei Nächten der Unruhen, die sich über verschiedene Außenbezirke und Vororte in der Metropolregion fortpflanzten, wurden schon am Sonntag verstärkende Polizeieinheiten aus Paris hierher verlegt. 200 Beamte erreichten Lyon, um – so Innenminister Gérald Darmanin – das »Gesetz der Republik« durchzusetzen. Der Sprecher der Polizeigewerkschaft UPNI, Jean-Pierre Colombiès, sprach aber sogar von »Mini-Bürgerkriegen«.

Erster Anlass der neuerlichen Unruhen war der Unfall eines dreizehnjährigen Rollerfahrers, der angeblich bei einer Verfolgungsjagd mit einem zivilen Polizeiwagen schwer verletzt wurde. Das geschah im westlichen Außenbezirk La Duchère. Doch die Präfektur hat diesen Ablauf ganz offiziell dementiert. Laut der FAZ berichtet einer der beteiligten Polizisten, man habe versucht, den Rettungskräften den Zugang zu dem Jungen zu ermöglichen. Die angeblichen Freunde des schwer am Kopf Verletzten zeigten sich feindselig nicht nur gegenüber der Polizei, sondern auch im Verhältnis zu den Rettungskräften, warfen mit Steinen und leeren Flaschen. Später am Abend brannten in La Duchère Autos und Mülltonnen.

Am Freitag wanderten die Unruhen in den nördlichen Vorort Rilleux-la-Pape, wo ebenfalls Autos brannten und öffentliches Gut vandalisiert wurde. Rilleux ist ein sogenanntes »quartier de reconquête républicaine« (QRR), also ein Viertel, in dem das Innenministerium mithilfe der Sicherheitspolizei dauerhaft gegen Delinquenz und Drogenhandel vorgehen will. Hier war es schon im vergangenen Oktober zu Unruhen gekommen. Damals hatten Vermummte unter anderem versucht, eine Kirche anzuzünden, und die anrückende Feuerwehr mit Steinen empfangen.

Am Morgen des Freitags hatte es zudem Stress an einem Gymnasium im 8. Arrondissement von Lyon (ebenfalls ein QRR) gegeben. Hier hatten sich Jugendliche – oder doch einfach nur Kriminelle? – versammelt, die vom allgemeinen Chaos zu profitieren suchten.

Am Samstag griffen die Unruhen auf eine triste Hochhaussiedlung im östlichen Vorort Bron über. Zum Brennmaterial wurden erneut – Autos. Insgesamt gingen sechs Polizeiwagen in Flammen auf. Drei Polizeibeamte in Bron gerieten in eine schwierige Situation, als ihnen plötzlich 30 feindlich gesonnene Jugendliche gegenüberstanden. Sie mussten ihren Wagen zurücklassen und sich in dem Wohnheim in Sicherheit bringen, das sie eigentlich kontrollieren wollten. Das Polizeiauto wurde von einem guten Dutzend junger Männer angegriffen und schwer beschädigt.

Diese ›Infektionszentren‹ sind zwar nicht immer direkt benachbart, aber sie teilen gewisse Charakteristika. L’Express spricht vom »sensiblen« La Duchère, das vielleicht ja auch bald ein Kandidat für die Reconquista der Republik sein könnte. Blickt man auf den Lyoner Außenbezirk zwischen zwei großen Ausfallstraßen, fällt sogleich die Moschee At- Tawba ins Auge.

Polizeiarbeit als Auslöser der Gewalt?

Der konservative Bürgermeister von Bron, Jérémie Bréaud (LR), glaubt, dass das vermehrte Vorgehen der Polizei gegen den Drogenhandel der Grund für die ausgedehnten Unruhen sei. Dem stimmte Innenminister Darmanin zu und gibt sich siegessicher: »Je mehr wir die Drogenumschlagplätze bedrängen, desto mehr wird es zu manifesten Reaktionen der Dealer kommen. Aber am Ende wird die Polizei gewinnen.« Auch in Bron wird der Unfall eines Jugendlichen in einem Treppenhaus als Auslöser angeführt – doch ob er dabei überhaupt verletzt wurde, ist unklar. Bürgermeister Bréaud hat nach Drohungen gegen ihn Polizeischutz bekommen.

Konservative Bürgermeister in der Metropolregion zögern nicht, die »Zeit der Nachlässigkeit« für beendet zu erklären. Auch Marine Le Pen hat natürlich sogleich die »Schwäche und Laxheit« der Regierung kritisiert. Diese Regierung inspiriere »Scham und Schrecken«, als Bilanz Emmanuel Macrons sieht Le Pen »nur Gewalt und Chaos«. Doch damit tut sie dem jungen Präsidenten wohl Unrecht. Denn diese Gewalt und dieses Chaos sind das Vermächtnis einer Politik, die seit langem von »Schwäche und Laxheit« geprägt war. Macron will dem ein Ende machen. Er hat erst begonnen.

Arbeit kommt auch auf die Grünen von Lyon zu, die erst im letzten Jahr das Rathaus erobern konnten. Ob sie eine Lösung für das Problem dieser so »sensiblen« und so gewaltbereiten Viertel haben, müsste eigentlich von besonderem Interesse sein. Die grüne Stadträtin im 8. Arrondissement, Marine Chastan, hat bereits Prioritäten gesetzt: Sie glaubt, dass eine Kultur der Vergewaltigung (culture du viol) bei der Polizei im Schwange sei. Hat man die erst ausgerottet, dann werden sicher auch die Querulanten des 8. Bezirks zu Lämmern.

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Kommentare ( 112 )

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pantau
3 Jahre her

Keine Info zur religiösen Zusammensetzung dieser Leute?

martin ruehle
3 Jahre her

„…als Bilanz Emmanuel Macrons sieht Le Pen »nur Gewalt und Chaos«. Doch damit tut sie dem jungen Präsidenten wohl Unrecht.(…)  Macron will dem ein Ende machen. Er hat erst begonnen.“
Ich kann den außerordentlich gut versteckten Sarkasmus des Autors nur bewundern, darauf muss man erst einmal kommen.
Gratulation für diese lustigen Aussagen und der damit verbundenen politischen Bewertung …!

Rick Sanchez
3 Jahre her

Schickt da einfach unsere 3 Elite Polizisten hin…

LadyGrilka55
3 Jahre her

Warum die Franzosen so freigebig ihre Staatsangehörigkeit an die Einwanderer verschenkt haben, weiß ich nicht. In Deutschland geschah dies ja in der irrigen Annahme, die Migranten würden sich mit deutschem Pass plötzlich dem deutschen Staat zugehörig führen und vor lauter Dankbarkeit lupenreine Demokraten werden. War schon immer eine Illusion, aber Linke sind ja die Guten und wissen deshalb alles besser, wie weit auch ihre Ideen von der Realität entfernt sein mögen. Wer – wie ich – mehrfach mitbekommen hat, dass muslimische Jugendliche direkt von der „Eindeutschung“ beim Amt kommen und anschließend lauthals über „Scheiß-Deutschland“ schimpfen, dachte sich schon damals sein… Mehr

Last edited 3 Jahre her by LadyGrilka55
Lena M.
3 Jahre her
Antworten an  LadyGrilka55

Ich kann Ihnen nur zustimmen; ich habe ähnliche Erfahrungen in meinem Berufsleben gemacht: Auf meine Frage an junge Migranten mit doppelter Staatsangehörigkeit (was generell schon ein Unding ist), als was sie sich fühlen, als Deutscher oder als Türke, bekam ich immer die Antwort, natürlich als Türke? Den deutschen Paß habe ich nur, damit man mich nicht ausweisen kann. Meist folgte noch ein kurzer Lacher… Inzwischen wird in den Medien bei Kriminalität auch ganz schnell aus einem Hassan ein Roland gemacht, mit dem diskreten Hinweis „Name durch die Redaktion geändert“. Das ändert natürlich auch die Statistik und man zählt diese Fälle… Mehr

giesemann
3 Jahre her

Wir werden das nicht mehr los kriegen. Was bleibt, ist die kriminelle Islam-Ideologie zu entnazifizieren und auf die jungen Leute in Iran, in der arabischen Welt hoffen und zu setzen – denn die haben auch zunehmend die Schnauze voll von ihrem größten Feind: Dem Islam. Denn der sorgt dafür, dass sie keiner leiden mag, wie auch, wenn er uns ständig bedroht mit Mord, Raub und Totschlag. Und er hält sie dumm wie seit mehr als tausend Jahren. Schließlich hat man die wildgewordenen Deutschen seinerzeit auch klein gekriegt, durch Anstrengung fast der ganzen Welt. Derartiges wird bei Islam wohl auch nötig… Mehr

LadyGrilka55
3 Jahre her
Antworten an  giesemann

Offenbar stimmen Sie mit Mustafa Kemal Atatürk überein. Denn auch der sagte: „Der Islam gehört auf den Müllhaufen der Geschichte!“ Jacques Bernoist-Mechin, Mustafa Kemal. La mort d’un Empire.“, 1954

Leider folgt mehr als die Hälfte der Türken nicht mehr dem „Vater der Türken“ Atatürk, sondern läuft dem Rattenfänger Erdogan hinterher.

Last edited 3 Jahre her by LadyGrilka55
giesemann
3 Jahre her
Antworten an  LadyGrilka55

Diesen Satz hat Atatürk nie gesagt und ich meine eher den Iran als die Türkei. Trotzdem ist der Satz richtig und meine einzige Hoffnung: Die sollen selbst merken müssen, was sie sich da antun – nicht anders als die Katholen etwa, die sind derzeit verstärkt mitten drin. Und die treibende Kraft sind die Frauen, hier wie dort. Schließlich ist die Hauptfunktion der Männerreligionen auch klar, Stichwort Kinderehen. Das ist ein starkes Politikum, demographische Eroberung, Faschismus pur. Wir müssen da gegen halten, wollen wir nicht untergehen. Die stärkste biologische Waffe ist der Mensch. Erstens in seinem Wahn und zweitens in seiner… Mehr

Genco Steins
3 Jahre her

So wie man hier neuerdings Jugendliche mit Streifenwagen durch den Park hetzt, weil sie keine Maske tragen, verfolgt man Gras-Raucher und Kleinst-Dealer bereits seit Jahren. Die Kriminalisierung von „Drogen“ und die damit begründete Aufrüstung der Überwachungs- u. Strafverfolgungs-Organe, Justizvollzugsanstalten / Gefängnisse (in den USA sogar privatisiert, weil es so schön einträglich ist) gehen Hand in Hand. Der „Kampf gegen Drogen“ (USA 1914) stand Pate für alle anderen „Kämpfe gegen irgendwas“. Kampf gegen Terror, Kampf gegen Kommunismus, Kampf gegen Klimaerwärmung, Kampf gegen das Virus, Kampf gegen Intoleranz u. Hass-Rede, etc. Alles „gute Gründe“ für den Staat gegen den Bürger aufzurüsten, damit… Mehr

nomsm
3 Jahre her
Antworten an  Genco Steins

Ihr Kommentar ist ein einzigartiger Widerspruch. Auf der einen Seite ist es zu teuer, auf der anderen Seite so günstig wie Wein.
Birne zugenebelt?

bfwied
3 Jahre her
Antworten an  Genco Steins

Wer Drogen gut findet, hat offensichtlich schon so viel davon genommen, dass er nicht klar denken kann. Wo Drogen zu nehmen üblich ist, funktioniert nichts, das ist einer der Gründe, weshalb diese Länder so arm sind. In allen diesen Ländern, in denen der Drogenkonsum normal ist, vegetieren die Leute eben so dahin. Von Leistung keine Spur. Einen Drogensüchtigen oder -abhängigen kann niemand einstellen, weil er nicht zuverlässig arbeiten kann, präzise schon gar nicht. Jeder, der so schreibt, möge sich mit dem Cheminsmus beschäftgien, der aus den Drogen resultiert.

Evero
3 Jahre her
Antworten an  bfwied

Da muss ich zustimmen. Sogar China war im 19. Jahrhundert im Würgegriff der europäischen Kolonialstaaten. Der Opiumkrieg zeugt davon, dass Drogen ein Problem an sich sind.

pantau
3 Jahre her
Antworten an  Genco Steins

In Berlin gilt Hehlerei als Kleingewerbe und es werden den Dealern neben spielenden Kindern Service-Points eingerichtet.

Vox critica
3 Jahre her

Die Reconquista der Iberischen Halbinsel hat mehr als 700 Jahre gedauert.

Der fränkische Adelige Karl Martel, der Großvater Karls d. Gr., hatte das Problem in der Schlacht von Poitiers für das spätere Frankreich eigentlich schon gelöst, so dass keine jahrhundertelange reconquête nötig war.

Naive und gleichgültige Politiker des 20. Jahrhunderts haben dann leider eine conquête durch Migration zugelassen. Eine reconquête ist wohl nur mit Gewalt möglich, wie das Beispiel Lyon zeigt.

bfwied
3 Jahre her
Antworten an  Vox critica

Sie wird kommen, weil wir, D., Franzosen, Briten, Norditaliener (v. a.) etc., leistungsfähig sind, was – oh, Rassismus(!!) – die meisten Länder aus jenen Einwandererregionen nicht sind. Nicht sie haben die Technik/Wissenschaft entwickelt, ihre Intellektuellen kamen nicht aus den Startlöchern, weil die Umgebungsmasse dies nicht zulässt – bis heute. Diese Masse überprägt uns alle, s. GB, F., und irgendwann ist der Punkt erreicht, ein tatsächlicher „Kipppunkt“, ab dem man sich daran erinnert, dass wir vormals ein sinnvolleres System und sinnvolle Strukturen hatten und uns frei äußern und frei bewegen konnten. Im Übrigen ist die Natur „kalt“, sie kennt keine Sympathien,… Mehr

Ralf Poehling
3 Jahre her

Das Problem lässt sich in den Griff kriegen.
Allerdings lässt sich dies nur schwerlich öffentlich diskutieren.

pantau
3 Jahre her
Antworten an  Ralf Poehling

Ja, Ausbürgerung u. Abschiebung bei auch durch Taten diagnostizierter Verfassungsfeindlichkeit. Proteste der Herkunftsländer könnte man mit einem In-Aussicht-Stellen der Streichung von Entwicklungshilfe beantworten.

Last edited 3 Jahre her by pantau
drnikon
3 Jahre her

Die Grünen wieder. Dumm wie Bohnenstroh. Wann endlich prallen die auf due Wand der Realität?

martin ruehle
3 Jahre her
Antworten an  drnikon

Nach der ersten Legislatur in der Bundesregierung, bei den Wahlen in 4 Jahren (regulär) oder früher wenn sie es „besonders gut“ machen.

maru
3 Jahre her
Antworten an  drnikon

Das ist keine Dummheit, sondern ABSICHT.

GrossFinn
3 Jahre her

Eine Kultur der Vergewaltigung von Seiten der Polizei sagt die grüne Stadträtin!
Es ist schon dreist der Polizei die Schuld anhängen zu wollen und eine Frechheit obendrein!! Aber anscheinend sind nicht nur in Deutschland die Grünen total verblendet!! Für die sind immer die Einheimischen Schuld und die Sozialmigranten wahre Engel.

der_chinese
3 Jahre her
Antworten an  GrossFinn

Und zu der Verblendheit, das glaube ich nicht, die halten sich einfach an den Leitfaden der ihnen vorgelegt wird. Das Ziel vor Augen, wird auch der größte Dünn… verbreitet, wenn er denn zum Erreichen des Ziels hilfreich ist.
Weil, so blöd kann wirklich keiner sein.