Frankreich: Linke und Rechte erteilen „Gesundheitspass“ für Kinder eine Absage

In Frankreich zeigen sich erste Folgen des neuen Regierens mit wechselnden Mehrheiten. Ein Gesetzentwurf zum „Gesundheitspass“ wurde aus einer Allianz von linker NUPES, Konservativen und Rassemblement National modifiziert. Die Regierungschefin läutet den Alarm.

IMAGO / PanoramiC

Wechselnde Mehrheiten – das ist nicht nur für die Regierungsfraktionen das neue Spiel in der französischen Nationalversammlung. Auch die Opposition spielt mit und hat nun einen Gesetzentwurf der Macronisten in Teilen ausgebremst.

Tatsächlich kam der größere Teil eines neuen Gesetzes der „Wachsamkeit und Gesundheitssicherheit“ durch, nur für einen Artikel fand sich bezeichnenderweise keine Mehrheit. Er sah die Verpflichtung, einen „Gesundheitspass“ („passe sanitaire“) vorzulegen, auch für Kinder ab zwölf Jahren vor. Kurz nach Mitternacht wurde der betreffende zweite Artikel des Entwurfs von den vereinten Stimmen der linken NUPES-Gruppe, des Rassemblement National (RN) und der konservativen Républicains (LR) niedergestimmt.

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Zu Beginn der großen Sommerferien schürt die französische Regierung im Verein mit einigen Medien die Angst vor der „siebten Welle“, obwohl Frankreich zur selben Zeit von einer Hitzewelle heimgesucht wird – bekanntlich keine günstigen Umstände für Viren aller Art. Doch das Prinzip der immerwährenden Covid-Abwehr musste gewahrt werden. Ein Vorratsbeschluss der Nationalversammlung sollte also her.

Die Regierung von Elisabeth Borne legte einen Gesetzentwurf vor, der die Wiedereinführung des „passe sanitaire“ schon ab dem 1. August ermöglichen soll. Darin sind auch Grenzkontrollen vorgesehen, bei denen ein „Gesundheitspass“ obligatorisch werden kann. Das würde bedeuten, dass für die Einreise nach Frankreich erneut eine Behandlung mit Gentherapeutika („Covid-Impfung“) oder ein negativer Test notwendig wäre.

Von der möglichen Wiedereinführung des „Impfpasses“ („passe vaccinal“), also ein ähnliches Modell, nur ohne Möglichkeit der „Freitestung“, hatte vor zwei Wochen der Bürgermeister von Nice, Christian Estrosi, berichtet. Diese Variante kam dann doch nicht. Allerdings wurden die übrigen Artikel des aktuellen Gesetzentwurfs, die eine Rückkehr des „passe sanitaire“ für Erwachsene ab August ermöglichen, angenommen.

Elisabeth Borne: Jegliche Kontrolle an den Grenzen verhindert

Große Aufregung im Regierungslager – oder doch mehr gespielte Empörung als echte Erregung? „Die Lage ist ernst“, schrieb Premierministerin Borne in einem Tweet. Die verbündeten Oppositionsfraktionen hätten „jegliche Kontrolle an den Grenzen“ verhindert, und das „im Angesicht des Virus“. Nachdem sie ihre eigene „Ungläubigkeit über diese Abstimmung“ überwunden habe, werde sie „dafür kämpfen, dass der Geist der Verantwortung im Senat siegt“. Einige antworteten, dass man sich an den Grenzen zunächst einmal den Schutz vor illegaler Migration wünsche, nicht vor dem „größeren Schnupfen“, der Covid inzwischen geworden ist.

Im Regierungslager ist man besonders entsetzt darüber, dass die linke NUPES-Fraktion keine Hemmungen zeigte, mit Républicains und Rassemblement National zu stimmen. Die macronistische Minderheit ist damit potenziell eingekesselt.

Der RN-Abgeordnete und stellvertretende Parlamentspräsident Sébastien Chenu stellte fest: „Das Parlament hat seinen Job gemacht, und die Regierung scheint darüber erstaunt zu sein.“ Jeder Abgeordnete müsse für seine Überzeugungen abstimmen, ohne darüber nachzudenken, was sein „Nachbar“ tut. Dass eine Regierung nicht alle ihre Gesetzesentwürfe durchkriegt, das sei eben Demokratie. Dem stimmte auch der NUPES-Abgeordnete Adrien Quatennens zu.

Es war also keine Absprache zwischen den drei Fraktionsgruppen, nur die natürliche Konvergenz der Ansichten. Als Chaos und naturwidriger Zustand erscheint solches nur aus Sicht der Regierenden. Sogar der Fraktionsvorsitzende der Républicains, Olivier Marleix wies darauf hin, dass die Franzosen „die Nase voll haben“ von den diversen „Pässen“ der Regierung. Einige Konservative stimmten aber auch für den zweiten Artikel, der die Gesundheitspasspflicht auf Minderjährige ausdehnt. Die Républicains haben derzeit noch die Mehrheit im Senat, auf den Premierministerin Borne nun setzen will, um die mangelnde Stromlinienförmigkeit der neuen französischen Nationalversammlung auszugleichen.

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Kommentare ( 15 )

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tyr777
1 Jahr her

„Linke und Rechte erteilen „Gesundheitspass“ für Kinder eine Absage“ –
das soll jetzt ein Erfolg sein!? Wenn die Linke und die Rechte wirklich eine richtige Opposition wären, hätten sie gegen den Gesundheitspass gestimmt und zwar komplett, kein Gesundheitspass für niemanden (also auch alle >=18 Jahre). Mir kommt es immer mehr so vor, als würde hier nur noch ein einziges großes Theaterstück aufgeführt, unterm Strich sind sich die ganzen Politdarsteller doch einig.

Kraichgau
1 Jahr her

Sieh an,in Frankreich kriegt der FN nach der Wahl,was Ihm als grösster Oppositionspartei zusteht…einen Stellvertretenden Parlamentspräsidenten…in D unvorstellbar

Roland Mueller
1 Jahr her

Die Lage ist in der Tat ernst. Das ist aber bei einer Regierung, die man wie auch in Deutschland für nichts Vernünftiges gebrauchen kann, kein Wunder,

hoho
1 Jahr her

Ich bin schockiert. Mir fehlen die Worte. Da hat einer oder mehrere sogar mit FN gestimmt? Das ist doch, wie war das Wort noch, alle benutzen es ganze Zeit und mir fehlt es in dem Kontext weil sie nur plappern und mich ärgert das nur. Ach ich habs: Demokratie! Das kann doch nicht so weiter gehen? Hat Merkel schon befohlen das rückgängig zu machen? SPD hatte schon mal eine Idee mit Kavalerie die das Problem ev. lösen konnte.

Last edited 1 Jahr her by hoho
thinkSelf
1 Jahr her

Tatsächlich kam der größere Teil eines neuen Gesetzes der „Wachsamkeit und Gesundheitssicherheit“ durch“
Der Great Reset ist also weiterhin völlig in Takt. Macron kann den Davos Plan weiter widerstandslos vorantreiben. Die Wahl hat daran bisher also nichts geändert.

teanopos
1 Jahr her

Die Covid-Pandemie diente in allen Demokratien dieser Welt zur Etablierung von Notstandsgesetzen um im willkürlich ausgerufenen Katastrophenfall gegen die eigene Bevölkerung durchgreifen zu können, sprich um jeden Bürger, zu jeder Zeit quasi grundlos von der Straße weg sofort ein-/wegsperren zu können.
Das heißt entsprechend auch Demonstrationen werden damit verunmöglicht.
Ein Schelm wer böses dabei denkt.

phiwein
1 Jahr her

Es geht um den Pass – der soll durchgedrückt werden. Das wird auch in allen anderen Ländern – ink. Schweden, Dänemark, Ungarn etc. – passieren. Die Impfung ist quasi nur ein Nebenschauplatz, und die Toten werden von denen, die meinen, dass die Erde überbevölkert ist, gerne hingenommen.

Richard28
1 Jahr her

Wie ich verstand, wollen also die Regierenden in Frankreich Grenzkontrollen unter dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes.
Ich bin kein Freund davon.
Aber:
Immerhin scheinen die Franzosen etwas von einer Landesgrenze gehört zu haben- nicht wie bei uns.

littlepaullittle
1 Jahr her

Alarm ?
Wir kommen gerade von einer 3-monatigen Tour durch Frankreich, Spanien und Portugal.
Ungeimpft.
Nirgendwo Kontrollen oder Nachfragen nach Impfpass oder Test.
Auesserst selten jemand mit Maske gesichtet (Geschaetzt ca. 1 von 200).
Abstandshaltung (Einkauf, Strand, Restaurant/Bars, Sehenswuerdigkeiten, Feste, Fasching in Cadiz, etc) ueberhaupt nicht existent.
Auch, wenn man eine abgeschwaechte Form der COVID-Propaganda im TV sieht, scheinen die Menschen Zweifel an den nutzlosen Inzidenzen zu haben.
…… und das Leben zu geniessen.

alter weisser Mann
1 Jahr her

Immer wenn eine Regierung was durchziehen will, schlägt die Regierung Alarm. Das ist hierzulande nicht anders, um den Konsensdruck unter den Altparteien herzustellen.