Die Besetzung des Präsidentenpalastes durch Demonstranten ist der Höhepunkt einer Krise, wie sie das Land seit seiner Unabhängigkeitserklärung nicht erlebt hat. Verantwortlich dafür ist auch ein Wunschdenken, das aus dem Westen importiert wurde.
Der Präsident auf der Flucht, der Premierminister mit Rücktrittsforderungen konfrontiert, Demonstranten, die Straßen und zuletzt den Präsidentenpalast stürmen – Sri Lanka versinkt in Anarchie. Die ehemalige britische Kolonie gehörte einst zu den stabilen Systemen der Region, trotz der religiösen Differenzen und Spannungen zwischen den Minderheiten galt das einstige Ceylon als vergleichsweise ruhiger Pol in Südostasien.
— NewsWire ?? (@NewsWireLK) July 9, 2022
Heute dagegen prägen die Bilder von hungernden Demonstranten und unendlich scheinenden Autoschlangen vor Tankstellen ohne Sprit einen Staat, dessen Status innerhalb von wenigen Jahren gewechselt hat: vom Schwellenland zum „failed state“.
Sri Lanka treffen lokale Fehlentscheidungen und globale Lebensmittelkrise
Doch Sri Lankas Probleme sollten sich am Ende nicht an dem Widerspruch zwischen dem tamilischen Norden und der singhalesischen Mehrheitsbevölkerung, dem zunehmend chauvinistischen Gebaren buddhistischer Geistlicher oder dem Nepotismus der Politik entzünden. Es sind importierte westliche Ideen und die weltwirtschaftliche Lage, die zum Niedergang des Inselstaates führten.
In den deutschen Medien liest sich immer wieder das Triplett von fehlenden Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten. Grund sei eine starke Abwertung der Landeswährung und die Verteuerung von Importen. Auch das Abebben der Tourismusströme während der Corona-Krise wird angeführt. Das stimmt, ist jedoch nur ein Teil des Bildes. Bereits im Frühling konnte das Land seine Auslandsschulden nicht mehr bedienen, weil die Devisen fehlten.
Doch einer der Hauptgründe für die Zahlungsunfähigkeit ist auch der Zusammenbruch des lukrativen Tee-Exports. Er machte einst rund 10 Prozent der Exporteinnahmen des Landes aus. Der Kollaps der Teeproduktion ist einer der Gründe für den Einnahmenausfall – und die Massenverarmung. Die Regierung Rajapaksa hatte anvisiert, die eigene Landwirtschaft auf „100 Prozent Öko-Landbau“ umzustellen. Statt chemischen Dünger sollte Kompost aushelfen, die Einfuhr von Glyphosat wurde verboten. Ohne Dünger gingen die Erträge zurück, ohne Glyphosat überwucherte Unkraut die Teeplantagen.
Auszeichnungen für grüne NGOs, die Länder in den Abgrund treiben
Die Ideengeber der Regierung waren dabei grüne NGOs, die ihren Sitz mehrheitlich im Westen hatten. Die indische Agrarökologin Vandana Shiva gilt dabei als prominenteste Gestalt. Sie steht der NGO Navdanya vor, die sich für Biodiversität und biologischen Anbau ausspricht. Unter der Schirmherrschaft von Shasheendra Rajapaksa, dem Neffen von Mahinda Rajapaksa, hielt sie ein Webinar ab, das die Umstellung der sri-lankischen Landwirtschaft propagierte. Auch andere Vertreter von Bio-NGOs, wie etwa Hans Rudolf Herren, Präsident des Millennium Institute und der Schweizer Biovision-Stiftung, hielten Vorträge. Die Einwände von Fachleuten und Landwirten wurden zugunsten eines „neuen Denkens“ geflissentlich ignoriert oder angefeindet.
Shiva ist erst kürzlich wieder ins Rampenlicht getreten. In Deutschland wurde sie trotz ihres für den sri-lankischen Staat verhängnisvollen Einsatzes mit dem Hans-Carl-von-Carlowitz Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Trotz der offenkundigen Probleme, die der Öko-Anbau mit sich bringt, werden die Stichwortgeber im Westen gefördert. Dass Sri Lanka nie die versprochene Höhe an organischem Dünger herstellen konnte, und auch die anvisierten Landwirtschaftserträge deutlich verfehlte, spielt keine Rolle. Befürworter dieser Methode behaupten, die doppelte Bevölkerung Indiens versorgen zu können und scheitern am 22-Millionen-Land Sri Lanka.
Was als vermeintliche Befreiung von der westlich-kolonialistischen Landwirtschaft von Dünger und Pestiziden gefeiert wurde, war in Wirklichkeit die Übernahme westlich-kolonialistischer Landwirtschaftsideen grüner Prägung. Unter der Regierung Rajapaksa wurde Glyphosat verteufelt wie auf einem Parteitag der Grünen. Sri Lanka durfte als Experimentierfeld herhalten in Ermangelung eines europäischen Spielplatzes.
In den mageren Jahren folgt die Abrechnung
Ähnlich, wie die Verfehlungen der Energiewende in Deutschland mit dem Zusammenbruch des Gas-Geschäftes offensichtlich werden, wird auch die Fehlentscheidung, Sri Lankas Landwirtschaft vollständig auf den Öko-Landbau umzustellen, erst aufgrund der globalen Nahrungsmittelkrise offenkundig. In prosperierenden Zeiten hätte die Regierung Nahrungsmittel ohne Not importieren können.
Die eingebrochenen Einnahmen haben den Import von Medikamenten und Treibstoff zu Luxusgütern gemacht. Nun bettelt Sri Lanka bei Russland um Hilfe. Neuerlich offenbart sich das Versagen des Westens: nachdem man einem Schwellenland die eigene Ideologie aufgepfropft hat, überlässt man das Land sich selbst.
… und am Ende steht Putin vor der Türe
Am Ende bleibt nur das Kopfschütteln darüber, wie ein solches Land in die Hände von Moskaus Schergen fallen konnte. Dafür braucht sich Putin nicht einmal als großer Wohltäter inszenieren. Weizen und Öl gibt es für „befreundete Nationen“, die das russische Vorgehen unterstützen, verbilligt zugeschustert. Erst kommt das Fressen, dann die Moral – auch, wenn man das im Westen mittlerweile andersherum sieht.
Die globalen Verwerfungen, in denen Sri Lanka wegen einer verkalkulierten Politik als erster Dominostein fällt, werden weitere Konsequenzen haben. Nicht nur in Asien. Dass die Niederlande ein Unruheherd wegen des von EU-Eliten konzipierten „Green Deal“ geworden sind, der ebenfalls die Landwirtschaft zum Thema hat, ist wohl mehr als nur Ironie der Geschichte. Ob das Ende des westlichen Wunschdenkens an seiner Geburtsstätte glimpflicher verläuft als auf den kolonialen Experimentierfeldern, ist mehr als fraglich.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Schön zu sehen, wie eine grüne Ideologie nach der anderen, oder sollte man besser sagen Idiotie, den Bach runtergeht.
Kommt hier aber auch noch. Im Winter werden einige viel Zeit haben zum Nachdenken. In der kalten Bude, vielleicht sogar hungernd, nachdenken darüber, warum habe ich Idiot die Grünen gewählt?
Vandana Shiva ist wohl denen ihre Claudia Kemfert. Diesen ganzen Öko-Scharlatanen gehört allen der Lyssenko-Preis verliehen und dann ab in die Klapse.
Sehr gut geschrieben. Ich sagte schon zu Beginn der Sanktionen, als es um Gas und andere Energietraeger ging, dass man die 3. Welt und viele Schwellenlaender den Russen und auch Chinesen zuspielt. Man kauft den anderen das Gas und das Erdoel weg und wundert sich, dass da Probleme entstehen. Russland und auch China sind auf Sicht viel bessere Freunde als der Westen, der sich vom Gutmenschentum lenken laesst. NGOs gehoeren die Steuergelder entzogen und die muessen sich als Unternehmen besteuern lassen. Diese Herrschaften geniessen mittlerweile auch nur Businessclass und 5-Sterne-Hotels.
Da kann man sozusagen Deutschlands Zukunft besichtigen. Die NGOs und die Grünen/SPD/FDP arbeiten ja auch hier täglich hart am Untergang und Zusammenbruch unseres Landes. Wünschen wir Ihnen Glück. Vielleicht rettet uns dann Putin 2024 aus Armut, Hunger und Kälte.
Guter Text
ich hatte die Tage in einem Kommentar auf Sri-Lanka und deren „100% organic farming“ Akt aus Juni 2021 hingewiesen, der die Implosion ausgelöst hat. Schon im Juni war die Produktion um 50% eingebrochen und der Notstand wurde ausgerufen, Kunstdünger und Pestizide wieder erlaubt.
Aber da lag dankend schon im Brunnen, hatte das Unheil schon den Point of no return überschritten.
Holland und Deutschland arbeiten noch daran, aber wenn Habeck beim AKW-Aus bleibt, dürften wir ab Januar 23 den gleichen Punkt überschritten haben.
Wird vermutlich ein wilder Ritt und viele werden auf der Strecke bleiben…
„… sprechen die Sprache eines besiegten autoritären Regimes; in Wirklichkeit war jedoch Gotobaya Rajapaksa mit der Mehrheit der Stimmen des Volkes gewählt worden“ Genau darum ist das ja autoritär: eine Mehrheit diktiert allen anderen, was sie zu machen hat. wenn einer meint, es ginge auch ohne Pflanzenschutzmittel, dann soll er doch. Was erdreistet er sich aber, das anderen Leuten vorzuschreiben? Und die Behauptung, dass eine „Mehrheit“ ihn dazu legitimiert habe (von denen natürlich die meisten überhaupt keine Teebauern sind, die die ganze Sache also gar nichts angeht), ändert ja wohl kaum etwas daran, dass hier autoritär eine Minderheit unterdrückt wird.… Mehr
nö. Das Problem liegt tiefer. Demokratie heißt, dass Leute über Dinge mitentscheiden, die sie nichts angehen, und die Bevölkerung gezwungen wird, das zu machen, was eine Mehrheit will.
Die Mehrheit hat in diesem speziellen Fall keine Ahnung vom Teeanbau, bestimmt aber einen, der den Teebauern vorschreibt, wie sie ihr Geschäft zu führen haben.
Das ist doch ein Sturm, nicht so ein Kindergeburtstag wie am Bundestag oder Kapitol.
Schau’n wir mal wann die Grüne Dekadenz bei uns zu ähnlichen Bildern führt, ewig kann der Staatsfunk die Menschen sicher auch nicht mehr an der Leine halten.
Tja, eventuell sollte man künftig auf Menschen hören die tatsächlich eine Ausbildung oder ein Studium im gefragten Fach abgeschlossen haben, die Beratung meist durch Schulabbrecher wird zwangsläufig zum Zusammenbrechen führen. Wir spüren es gerade am eigenen Leib was ein Kinderbuchautor und eine Trampolinspringerin anrichten wenn sie am Hebel der Macht sitzen.
Ich denke, der Hintergrund ist etwas anders. Srie Lanka wurde mit der Pandemie hart getroffen. Der Konkurs des Staates war schon lange vorher absehbar und der Versuch einer Ökolandwirtschaft war aus der Not geboren, um wertvolle Devisen zu sparen. Zudem hätte die Ökolandwirtschaft im Zusammenhang mit dem Tourismus ein Alleinstellungsmerkmal werden können, das besser betuchte Touristen anlocken hätte können. Die Schuld für diese Entwicklung liegt in der Elite, wie richtig beschrieben. Einerseits in der Führung Sri Lankas und andererseits in den ausländischen Einflüsterern. Letztendlich scheitern alle beteiligten an der Realität und am Verrat woker Ideologen, die sich weigern, für ihre… Mehr
In Indien kommen viele andere Dinge zusammen als einfaches „nur nicht mögen“. Zunächst einmal haben sie ein Konkurrenzsystem zu Visa und Mastercard aus dem Boden gestampft mit dem Namen Rupay (von Rupie natürlich). -> höhere wirtschaftliche Unabhängigkeit. Sie haben auch mitbekommen, daß China große Menge an Getreide hortet, während Lieferungen aus der Ukraine und Russland fraglich bleiben. Dazu kommt, daß China bevölkerungstechnisch einen Peak durchläuft: auf Grund der niedrigen Geburtenrate und wachsenden Lebenserwartung werden sie nie wieder ein so günstiges Verhältnis aus arbeitender Bevölkerung und Rentnern bekommen wie jetzt, während dieser Peak Indien noch bevorsteht. Gleichzeitig hat China es geschafft,… Mehr