Lauterbach im ZDF zerpflückt: Der ÖRR entdeckt den kritischen Journalismus

Im Morgenmagazin des ZDF muss sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ungewöhnlich kritischen Fragen stellen. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass sich der Wind in Sachen Corona-Berichterstattung dreht.

Screenshot: ZDF/moma

Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist jüngst etwas Überraschendes geschehen: kritischer Journalismus. Möglicherweise war es ein Fehler der Redaktion. Vielleicht war es aber auch der Beginn einer neuen Linie, die das Unvermeidliche vorbereiten soll, nämlich das Ende des bisherigen Corona-Narratives.

Der Vorfall ereignete sich im Morgenmagazin. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der nicht zuletzt wegen medialer Schützenhilfe durch ungezählte Talkshow-Auftritte in genau dem Amt sitzt, wo ihn viele Journalisten, Moderatoren und Meinungsmacher sehen wollten, sieht sich einer Kanonade von Vorwürfen ausgesetzt. Statt Hofberichterstattung muss sich der SPD-Politiker anhören, dass er als „Mahner und Warner“ über das Ziel hinausschieße: bei der Erkrankung von Kindern, bei Geschichten von Mittvierzigern auf Intensivstationen und der Gefährlichkeit von Omikron.

— Benedikt Brechtken (@ben_brechtken) February 22, 2022

Warum also diese „Ungenauigkeiten“ und „Übertreibungen“, so die Frage an Lauterbach, der nur mit einem Gegenangriff antworten kann: Das seien keine Übertreibungen, man übernehme die Kampagne der Bild-Zeitung. Doch der Konter auf den Konter sitzt. Das Morgenmagazin hat nachfragt, woher Lauterbach seine hypothetischen Toten im Falle von Öffnungen hernehme. Antwort? Keine! Lauterbach versucht den Kopf aus der Schlinge zu ziehen: Es seien eigene Berechnungen, die er mit dem RKI angestellt habe. Diese Modellberechnungen, sagt Lauterbach, seien „keine Raketenwissenschaft“.

Wann hat man derlei zuletzt im Gebührenfernsehen gesehen? Ein Moderator bringt einen Regierungspolitiker nicht nur ins Schlingern, sondern auch in akute Bedrängnis – und das mit einer Aggressivität, als hätte Lauterbach ein blaues und kein rotes Parteibuch. Der Star der Talksendungen wird auf einem heißen Stuhl gegrillt. Sehen wir hier bereits die Abwicklung des einstigen Gesundheitspolitikers der öffentlich-rechtlichen Herzen – und damit das sich abzeichnende Ende der bisherigen Panikberichterstattung über das Coronavirus?

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