Deutschland gibt die Digitalisierung auf

Die Ampel wäre so gerne die „Zukunftskoalition“. Doch bei der Digitalisierung zeigt das Team von Olaf Scholz wie bei keinem anderen Thema, dass es die Zukunft nicht im Blick hat. Hier streichen sie die Gelder zusammen.

IMAGO / Chris Emil Janßen
„Digitalminister“ Volker Wissing (FDP), 25.04.2023

Wie wenig die Ampel Deutschland für die Zukunft aufstellt, zeigt sich in keinem anderen Thema so wie in der Digitalisierung. Während Länder der zweiten und dritten Welt in diesem Bereich an uns vorbeiziehen, streichen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Finanzminister Christian Lindner (FDP) in diesem Bereich die Gelder zusammen. Was unter Angela Merkel (CDU) schon wenig ambitioniert war, gibt die „Zukunftskoalition“ jetzt restlos auf.

So löst die Ampel den Fonds „Digitale Infrastruktur“ auf. Die Große Koalition hatte diesen 2018 angelegt. Das Geld aus der Vergabe von Mobilfunkfrequenzen sollte nicht im allgemeinen Haushalt verschwinden, sondern dem Ausbau der Digitalisierung dienen. Ursprünglich. Genau diese Idee gibt „Digitalminister“ Volker Wissing (FDP) aber jetzt auf. Die 4,7 Milliarden Euro aus dem Fonds fließen in den allgemeinen Haushalt.

Dieser allgemeine Haushalt ist geprägt von Kürzungen der Posten für Digitalisierung:

  • 905,7 Millionen Euro statt wie bisher 1210 Millionen Euro für den Ausbau der digitalen Infrastruktur insgesamt;
  • 490,7 Millionen statt wie bisher 732,05 Millionen Euro für den Breitbandausbau;
  • 79,92 Millionen statt 88,98 Millionen Euro für die Entwicklung und Erprobung softwaregestützter Netztechnologien;
  • 40,83 Millionen statt 90,83 Millionen Euro für die Umsetzung der „5X5G“-Strategie;
  • 58,14 Millionen statt 63,5 Millionen Euro für „Innovative Anwendungen von künstlicher Intelligenz“.

Wobei die Kürzungen auf zwei Weisen gedeutet werden können: Die „Zukunftskoalition“ kapituliert in der Digitalisierung oder sie macht sich ehrlich. Beide Sichtweisen sind richtig. Denn bisher sind die vorhandenen Etats für Projekte der Digitalisierung auch nicht abgerufen worden. So bleiben aus bisherigen Haushalten 358,15 Millionen Euro übrig, die für den Ausbau des Breitbands vorgesehen waren, aber nicht abgerufen worden sind. Irgendwo zwischen den Interessen der großen Netzbetreiber und der Schläfrigkeit der Bundesregierung hat jemand versäumt, das Breitband besser auszubauen – während der Netzempfang Deutschlands längst drittklassig ist.

Aber es gibt auch Fortschritte: Für die Förderung vom „automatisierten, autonomen und vernetzten Fahren“ will die Ampel künftig 90,56 statt 67,56 Millionen Euro ausgeben. In Deutschland gibt es zwar in vielen Städten und Dörfern keinen Netzempfang, man kann seinen Führerschein nicht digital verlängern lassen – ja man kann nicht einmal Formulare im Netz herunterladen … aber dass Busse ferngesteuert fahren, klappt bestimmt. Über „Digitalminister“ Volker Wissing ließe sich da sagen, dass er halt ein Optimist ist oder, dass er für sein Lieblingsprojekt die eigentlichen Kernaufgaben zusammenstreicht. Hier ist aber nur eine Sichtweise richtig.

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Kommentare ( 36 )

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Ulric Viebahn
8 Monate her

Herr Thurnes, Sie empören sich täglich mehrfach über die mangelnden geistigen Fähigkeiten der politischen Klasse und der Behörden (ja: Wer sucht sich dort einen Job?). Es ist doch absehbar, wie erbärmlich diese Leute am Computer scheitern werden. Und was dann für ein Durcheinander geschaffen wird. Also: Gescheiterte Digitalisierung muß bei Ihnen Erleichterung auslösen.

merlin999
8 Monate her

Es läuft alles nach Plan. Für eine Deindustriealisierung wird keine moderne Netzinfrastruktur benötigt. Ein Fischfangnetz reicht um das neue Mittelalter zu durchleben. Und für die Überwachung sorgen schon die Amis, die können das ohnehin besser.

Budgie
8 Monate her

Bei der C40 Strategie von Bund und Städten, also ohne Fleisch, Wurst, Milch, Käse, Auto, Flugreisen, mit rationierter Kleidung und Wohnraum etc. für die Bürger brauchen wir gar keinen Ausbau der digitalen Infrastruktur. Die Buschtrommel oder Rauchzeichen tun es ab 2030 auch noch. Und das haben die Politiker der 5 grünen Blockparteien erkannt und streichen jetzt alles zusammen. Es ist keine fehlerhafte Politik, es ist volle Absicht um das Land zu ruinieren, besser können sie es dem Bürger gar nicht demonstrieren.

Waldorf
8 Monate her

Wozu braucht ein deindustrialisiertes aka Zero-Carbon Deutschland Breitband, G5 etc?
Pferdekarren und Lastenräder bzw Plattfüße gehen auch ganz analog, insbesondere auch ohne Strom, dem nächsten Todeskandidaten dieser Voodoo-Regierung.
Reaktionäre Steinzeitmenschen brauchen weder Strom noch irgendwas Digitales, eine Regenbogen-Keule und ein paar transfeministische Einhörner sollten fürs nötigste reichen.
Außerdem weiß unsere Außendingens Bescheid, wo man am besten Toiletten aufstellt, also wenn man nach dem Geruch geht, also nicht nach Farbe oder Form – LOL
Erwartet noch irgendjemand ernsthaft von dieser Comedytruppe irgendwas, was man seriöse Politik nennen könnte? Ich jedenfalls nicht, womit ich mich auf Sarkasmus beschränken kann – LOL

Johann Thiel
8 Monate her

Herrn Thurnes Beiträge über die nicht funktionierende Digitalisierung erinnern mich ein wenig an die seinerzeit von Herrn Tichy und Herr Mai verfassten Artikel, in denen sie die nicht funktionierende Impfstoffbeschaffung in Sachen Corona beklagt hatten um die Unfähigkeit der Regierung herauszustellen. Dazu kann ich nur sagen, dass man für jedes Nichtgelingen eines Vorhabens dieser Regierung unbedingt dankbar sein sollte. Gerade auch für die nicht funktionierende Digitalisierung, die sich, wenn sie gelänge, ausschließlich und ganz und gar gegen den Bürger richten würde. Durch Überwachung, Gängelung, Gläsernheit, Bürokratie und leichtere Bestrafung und Erziehung. Deswegen kann ich nur dringend, wie bei der Impfstoffbeschaffung,… Mehr

Paul Brusselmans
8 Monate her

Wunderbar, Wobei die Muster:Inneneuropaeer (danke anmalen) bis Ende 2023 die Verwaltung soweit digitalisiert haben muessen, dass es einen grenzueberschreitenden onlj.e Srrvicd geben muss. Bonn Hopfen und Weber im EP und Schland im Rat entschieden…

haqus b.
8 Monate her

Warum sollen die Regierenden etwas finanzieren, von dem sie keine Ahnung haben?
Ich war erst heute in Hannover auf dem Bürgeramt „Schützenplatz“.
Ein neuer Bau, aber die Leute müssen fragen, wo sie hingehen sollen. Original Deutsche wie Zugereiste.
Kalt und unübersichtlich. Das einzig „digitale“ war das Wartenummerngerät.
Das dieses Land so viele Menschen mehr haben will, bekommt man in dieser Grün regierten Stadt nicht mit.
In diesem Millionenbau gibt es noch nicht einmal englische Hinweisschilder.

DerHerbert
8 Monate her

Ein Agrarland braucht keine Digitalisierung und Bauern mit satellitengestützter Maschinensteuerung schon gar nicht. Im Sozialismus packt jeder mit an. Da stehen dann wie zu Omas Zeiten 20 Leute den ganzen Tag auf einem Hektar und kratzen das Heu zusammen.

MisterX
8 Monate her

„kaputt gespart“ trifft es für Deutschland immer mehr. Konsum ja, Investitionen nein.
Man scheint wohl Geld für den nächsten „Impfstoff“-Kauf zusammenzukratzen, womit wieder öffentliche Gelder für nichts und wieder nichts über den Altlantik in private Hände fließen.

Karl Schmidt
8 Monate her

Die Koalition rund um die Grünen ist reaktionär. Die Linke hat generell Gefallen an überkommenen Strukturen von Macht und Wirtschaft; Innovation hat sie nicht zu bieten. Der Rückschritt, die Verarmung und Perspektivlosigkeit gehören ebenso zu ihrem Programm wie der Bildungsabbau, der Verfall der Infrastruktur insgesamt. Der Ausbau der Unsicherheit gelingt dagegen vortrefflich: Stromversorgung, Funkverbindung, freie Fahrt oder Termine beim Arzt sind Glückssache geworden. Explodierenden Kosten für einen unfinanzierbaren Sozialstaat, der seine Bürger – einschließlich der noch nicht geborenen – nur noch ausnimmt: Leistung und Gegenleistung sind auch hier aus der Balance geraten. „Nachhaltigkeit“ oder die Endlichkeit der Ressourcen werden instrumentalisiert,… Mehr