Der Fall Aschaffenburg und Enamullah O. offenbart die ganze Absurdität der deutschen Asylpolitik

Eigentlich hätte der Täter gar nicht in Deutschland sein sollen, eigentlich schon längst abgeschoben werden. Und eigentlich hätte er in Haft sitzen müssen. Nichts davon passierte. Das systematische Versagen der Behörden ist programmiert.

picture alliance/dpa | Daniel Löb
Polizeibeamte begleiten den Täter (M) nach dem tödlichen Angriff in einem Park zur Vorführung beim Haftrichter im Amtsgericht Aschaffenburg

Es ist Bundestagswahlkampf – also bemühen sich vor allem SPD und Grüne darum, den Mordfall von Aschaffenburg gegen die CSU zu wenden. Denn der Tatort liegt in Bayern, und der Täter Enamullah O. hätte sich eigentlich, wäre es nach Gesetz und Regeln gegangen, entweder gar nicht mehr in Bayern aufhalten dürfen – oder in einem bayerischen Gefängnis sitzen müssen. Kanzler Olaf Scholz zeigte deshalb mit dem Finger auf den Freistaat, und sprach anklagend von „Vollzugsdefiziten“.

Der Fall Enamullah O. zeigt die ganze Verworrenheit der Gesetzeslage und die heillose selbsterzeugte Überforderung des deutschen Bürokratiestaates mit einer bisher politisch gewollten schrankenlosen Massenmigration. Der 28-jährige Afghane kam 2022 illegal nach Deutschland, nachdem er schon in Bulgarien als Migrant registriert worden war. Das erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auch – und Bulgarien erklärte sich am 3. Februar 2024 bereit, ihn wieder zurückzunehmen. Trotzdem konnte Enamullah O. im März 2023 einen Asylantrag in Deutschland stellen, den das BAMF erst am 19. Juni 2023 ablehnte. Darüber informierte es allerdings die für die Rückführung zuständigen Behörden in Bayern erst am 26. Juli 2023 – also zu einem Zeitpunkt, als die sechsmonatige Rücküberstellungsfrist nach Bulgarien fast abgelaufen war.

Scholz müsste sich also in erster Linie mit der Arbeit des Bundesamtes beschäftigen, für das seine Regierung die Verantwortung trägt – konkret Innenministerin Nancy Faeser.

Auch die Grünen in Bayern versuchen aus dem Fall Aschaffenburg Wahlkampfprofit zu schlagen. Die bayerische Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze postete auf X eine anklagende Kachel mit dem Spruch: „Der Täter hätte nicht mehr in Bayern sein dürfen“. Was sie vergessen hatte mitzuteilen: Sie persönlich bekämpfte mit ihren Grünen bisher jede Abschiebung von Migranten nach Afghanistan.

Außerdem lehnt ihre Partei strikt ständige Kontrollen und Zurückweisungen an der deutschen Grenze ab. Ohne diese Kontrollen kann ein nach Bulgarien überstellter Migrant problemlos mit dem nächsten Flixbus wieder einreisen.

In Bayern liegt eine andere Verantwortung: Denn eigentlich hätte Enamullah O. zum Tatzeitpunkt wenigstens im Gefängnis sitzen müssen. Wegen einer Gewalttat verurteilte ihn die Justiz 2024 zu einer Geldstrafe, die er allerdings nicht zahlte. Also bekam er die Ladung zum Haftantritt. Auch der folgte er nicht. Trotzdem erließ die Justiz keinen Vollstreckungsbefehl. Der bizarre Grund: Er verübte in der Zwischenzeit eine weitere Straftat, nämlich versuchten Betrug, wofür er vom Amtsgericht Aschaffenburg eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen erhielt. Das Gesetz schreibt allerdings vor, bei mehreren Strafen vor Haftantritt eine Gesamtstrafe zu bilden, die beide Strafen zusammenfasst. Also eine neue bürokratische Mühle, neues Aktenwälzen, Übersetzen, Zustellen. Auf die Idee, den ohnehin schon ausreisepflichtigen abgelehnten und mehrfach straffälligen Migranten in Abschiebehaft zu stecken, kam in Bayern offenbar niemand.

Schon auf einer Konferenz der Denkfabrik R21-Konferenz im Dezember 2024 wies der Rechtsprofessor Daniel Thym darauf hin, dass sich die Regeln rund um die Migration mittlerweile so widersprüchlich und kompliziert darstellen, dass Behörden geradezu planmäßig versagen müssen. Thym, heute Leiter des Forschungszentrums Ausländer- und Asylrecht der Universität Konstanz, gehörte vor sieben Jahren zu den Juristen, die Merkels Entscheidung rechtfertigten, die Grenzkontrolle praktisch aufzugeben, und erst einmal jeden ins Land zu lassen.

Jetzt vertritt er zu diesem Thema Ansichten, die sich von seiner damaligen Haltung fundamental unterscheiden. Das Konglomerat von Regeln und Urteilen zur Einwanderung sei inzwischen viel zu kompliziert und praktisch kaum noch handhabbar, so Thym auf der Konferenz in Berlin: „Wir müssen überlegen, ob es nicht Zeit ist, das Migrationsrecht radikal zu vereinfachen.“ Er nannte ein Beispiel: „Als ich angefangen habe, zum Thema Asylrecht zu forschen, war die Abschiebehaft in 200 Worten geregelt. Heute sind es 2000.“ Jede Gerichtsentscheidung dazu habe die Anforderungen noch weiter nach oben geschraubt. Ganz nebenbei sagt er einen Satz, der die radikale Abkehr von 2015 bedeutet: Man müsse auch überlegen, „ob wirklich weiter jeder in die EU kommen kann, der an der Außengrenze ‚Asyl‘ sagt“.

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Kommentare ( 35 )

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Britsch
20 Tage her

Immerwieder eigentlich die gleichen Verbrechen vpn der gleichen Klientel nach gleichem Muster. Nach unseren Kulturellen Vorstellungenvollkommen unbegründet werden x beliebige Menschen angegriffen und umgebracht. Alle macfhen quasi mehr oder weniger das gleiche, x Beliebig andere umbringen und die sollen Alle dies auf Grund psychischer Krankheit tun? Alle das Gleicghe nach gleichem Muster. Für mich auf grund der Vielzahl abwegig. Die Täter kommen aus einem ganz anderen Kulturkreis mit anderen religiösen Anschauungen und das paßt mit unserer Kultur und Lebensweise nicht zusammen. Das ist der Grund. Die Täter wollen Uns / Andere durch ihre Taten zwingen nach Ihren Vorstellungen zu leben… Mehr

siebenlauter
20 Tage her

Wenn ich dagegen sehe, wie oft und wie lächerlich harmlose Bürger von den Behörden verfolgt werden – natürlich nur die bösen Einheimischen – dann weiß man doch, was in Deutschlands Amtsstuben längst los ist. Aber lieber verzichtet der Deutsche auf Würde, Geld und Freiheit als auf Amtmann und Partei.

taliscas
20 Tage her

Der Söder Maggus😁, nicht mal Bayern im Griff, aber Kanzlerambitionen.
FJS würde ihn ungespitzt in den Boden rammen, aber das waren ja auch andere Zeiten.

Wolf
20 Tage her

Das ist kein Versagen – es ist gewollt. Der Staat weiss jeden deiner Euros, der Bürger ist Gläsern, wer eine Ofen hat, der ggn die Emissionen verstößt, kann nicht geheim bleiben. Aber bei Gewalttäter, Verbrechern etc ist man machtlos? Glaubt das noch einer? Echt?

Rainer Schweitzer
20 Tage her

„Thym, heute Leiter des Forschungszentrums Ausländer- und Asylrecht der Universität Konstanz, gehörte vor sieben Jahren zu den Juristen, die Merkels Entscheidung rechtfertigten, die Grenzkontrolle praktisch aufzugeben, und erst einmal jeden ins Land zu lassen.“„Jetzt vertritt er zu diesem Thema Ansichten, die sich von seiner damaligen Haltung fundamental unterscheiden.“ Sagt ein Jurist, Wissenschaftler und deutlich Besserverdiener zu seinen Nachbarn, die keine Juristen, Wissenschaftler, oft nicht einmal Besserverdiener sind: „Übrigens habe ich Euer Haus angezündet. Ich mußte es einfach tun, weil ich davon überzeugt war, daß das mein Recht sei. Aber jetzt, wo der Dachstuhl so lichterloh brennt, ja, da habe ich… Mehr

Raul Gutmann
20 Tage her

Scholz müßte sich also in erster Linie mit der Arbeit des Bundesamtes beschäftigen, für das seine Regierung die Verantwortung trägt – konkret Innenministerin Nancy Faeser.

Das Innenmisterium ist verständlicherweise mit dem „Kampf gegen rechts“ ausgelastet (»Der ‚Kampf gegen rechts’ ist eine Leerformel, mit dem man dem eigenen Realitätsverlust eine moralisch-politische Note geben kann.« Norbert Bolz).
Die verbleibende Zeit dient der Durchsetzung der Gender-Ideologie.
Glücklicherweise fallen die § 188 StGB-Fälle in das Justizressort.

Dellson
21 Tage her

Grösstes Problem ist nicht der Schutz der Bürger, sondern der Brief von Frau Weidel an Merz, ohne dessen Inhalt bekannt zu geben. Man bietet eine umgehende Zusammenarbeit zum Schutz der Grenzen, der Bürger an. Aber,ein vergifteter Brief wäre es, so die ÖR Qualitätsmedien in ihren Nachrichten. Also wie weiland ein ungelesenes Buch wenig hilfreich sei! ( Merkel über Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“) Das deutsche Strafrecht kennt den Begriff „Begehen durch Unterlassen“. Einfach gesagt, begeht jemand eine Straftat, wenn sein Handeln diese Tat hätte verhindern werden können und der Schuldige in der Sache eine besondere Verantwortung trägt. Wer trägt… Mehr

MartinKienzle
21 Tage her

Die BRD zerstört sich selbst, indem sie – unter anderem mit Blick auf den Aschaffenburger Täter – Recht und Gesetz außer Kraft setzt, wodurch sie über keine Legitimität mehr verfügt, das wiederum mit ihrem zeitnahen Untergang einhergehen wird!

Raul Gutmann
21 Tage her

Das systematische Versagen der Behörden ist programmiert.

Zutreffender: Das systematische Versagen der Behörden ist notorisch.
… und natürlich vor allem: politisch gewollt!

Last edited 21 Tage her by Raul Gutmann
Reinhard Peda
21 Tage her

Das Asylproblem wird wohl erst gelöst, wenn es zu Politikerabschiebungen, per Wahl, aus den Parlamenten kommt.