Deutschland wird ärmer – darunter leidet auch die Gesundheit

Arznei wird knapp, Krankenhäuser müssen schließen. Im Bereich der Gesundheitsversorgung zeigt sich schon heute, was auf die Deutschen zukommt, wenn sie weiter an Wohlstand verlieren.

IMAGO / Wolfgang Maria Weber

Die Wirtschaft schwächelt, wir verlieren an Wohlstand. Zu lesen ist das oft. TE berichtet seit langem offen und ausführlich darüber. Andere Medien tun sich damit nicht so leicht, kommen an dem Thema aber auch immer schwerer vorbei. Nur: Was bedeutet das denn? Wenn die Wirtschaft schwächelt, wir Wohlstand verlieren – wie zeigt sich das? Nun: In kaum einem anderen Bereich so gut wie in der Gesundheitsversorgung.

Zum Beispiel Arzneimittel. Da haben wir diesen Winter bereits einen Engpass erlebt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte räumt derzeit 483 Meldungen zu Lieferengpässen ein, wie die Berliner Morgenpost berichtete. Vor allem die Versorgung mit Antibiotika sei „derzeit katastrophal“. Das Bundesinstitut macht eine „übertriebene Kostendämpfungspolitik“ für die Engpässe verantwortlich.

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Nur: Ist denn die Sparpolitik wirklich „übertrieben“? Die Kassen haben zum Jahresbeginn die Beiträge angehoben. Das Szenario droht sich am Jahresende zu wiederholen. Der Dachverband der Innungskrankenkassen spricht von strukturellen Problemen, für die eine Lösung nicht in Sicht sei. Für Kinderlose steigt zum Jahreswechsel die Pflegeversicherung um 0,7 Prozentpunkte an. Angesichts der ohnehin schon hohen Steuern und Abgaben stellt sich für Geringverdiener immer drängender die Frage, ob sie nicht mehr Geld hätten, wenn sie statt arbeiten zu gehen, vom Bürgergeld leben würden. Ist angesichts dieser Situation rund um das Gesundheitswesen die „Kostendämpfungspolitik“ wirklich „übertrieben“, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte meint?

Es müsse gespart werden, sagt Ralf Hermes. Er ist Vorstand der „IKK-Innovationskasse“ und sein innovativer Sparvorschlag lautet: Der Leistungskatalog der Krankenkassen müsse verkleinert werden. Sprich: Manche Behandlungen müssten die Versicherten selbst bezahlen. Die Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung ist in Deutschland gesetzliche Pflicht. Arbeitnehmer sollen also mehr bezahlen und weniger dafür bekommen. So etwas ist damit gemeint, wenn es heißt, dass ein Land an Wohlstand verliert. Hermes selbst geht es dabei übrigens ganz gut. Der Chef der IKK-Innovationskasse verdient nach deren Angaben rund 230.000 Euro im Jahr – dass er auch diese Leistung kürzen will, ist bisher nicht bekannt.

Der Blick auf Hermes‘ Gehalt ist kein Sozialneid. Vielmehr zeigt der Blick, dass das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ mit seiner Kritik am Sparen nicht komplett falsch liegt. Nur die USA und die Schweiz wenden pro Kopf mehr Geld für die Gesundheit auf als die Deutschen. Wenn dann nicht mal mehr genug Geld dafür bleibt, um ausreichend Arznei zu bezahlen, ist die Sparpolitik zwar vielleicht nicht übertrieben – aber definitiv fehlgeleitet.

Zugegeben. Zwar wäre es angemessen, wenn Kassen-Chefs, die von Sparzwängen reden, ihr Gehalt gekürzt bekämen. Aber angesichts der Größenordnungen im Gesundheitswesen wäre das bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. 474 Milliarden Euro betrugen laut Statistischem Bundesamt die Gesundheitsausgaben der Deutschen im Jahr 2021. Tendenz steigend.

Trotzdem reicht das Geld scheinbar nicht. 1700 Krankenhäuser gibt es in Deutschland. Davon droht einem Viertel die Schließung, sagt Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der Bild. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft spricht von einem Fünftel für die zweite Hälfte des Jahres. Gemeint ist 2023. Das Jahr, das noch als Pandemiejahr mit Einschränkungen der Freiheitsrechte begann. Das ist bemerkenswert.

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Kommt es in einer Stadt zu einem Marathon, boomen die Abschleppdienste, weil Autos im vorläufigen Halteverbot parken. Gibt es ein kleineres Erdbeben, verdienen die Heizungsmonteure an den Reparaturen, die notwendig werden. Aber unmittelbar nach der Pandemie stehen 20 bis 25 Prozent der Krankenhäuser vor dem wirtschaftlichen Aus. Wie passt das? Von „übertriebener Kostendämpfungspolitik“ kann im Zusammenhang mit Corona nun wirklich nicht die Rede sein. Der Staat hat mit dem Geld seiner Bürger während der Pandemie nur so um sich geworfen – mittelständische Unternehmen zu weltweit agierenden und milliardenschweren Playern gemacht. Nur die Krankenhäuser sollen finanziell unter der Zeit gelitten haben, in der so viele Menschen krank wurden, dass Grundrechte außer Kraft gesetzt wurden?

Lauterbach will eine „Revolution“ der Krankenhäuser. Die föderale Ordnung der Krankenhaus-Landschaft will er abschaffen. Stattdessen möchte er sie von Berlin aus zentral regieren. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger nennt das „realitätsfremde Planwirtschaft“. Lauterbach will die Krankenhäuser in drei Klassen einteilen. Wobei die unterste Klasse kaum noch mehr böte als Pflegeheime mit Notaufnahmen. Davon betroffen wäre gut ein Drittel aller Krankenhäuser. Da bedient sich Lauterbach der Philosophie seines Kabinettskollegen Robert Habeck (Grüne): Die Krankenhäuser müssen nicht in die Insolvenz – sie müssen nur rechtzeitig aufhören, Krankenhäuser zu sein. Der Minister begründet diesen Schritt damit, dass dieser die Qualität der verbleibenden Krankenhäuser der obersten Klasse verbessern würde.

Dem Arbeitnehmer auf dem Land droht damit ein Gesamtpaket. Er darf mehr für seine Gesundheit bezahlen, bekommt aber weniger Leistungen, die Arznei bleibt knapp und das nächste richtige Krankenhaus ist weiter weg. Schuften darf er weiterhin, nur bleibt ihm davon weniger Geld. Aber wenn er dabei einen Herzinfarkt bekommt, soll die Behandlung besser sein – vorausgesetzt er überlebt den deutlich längeren Weg ins Krankenhaus.

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474 Milliarden Euro im Jahr. Mutmaßlich mittlerweile schon 500 Milliarden Euro. Dass im Gesundheitswesen übertrieben viel gespart werde, ist Quatsch. Richtig ist, dass zu viele Geld abgreifen, die nichts zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung beitragen. Die fürstlichen Gehälter der Kassenchefs sind da nur ein kleiner Teil – die Ausgabenorgie während der Pandemie schon ein schon deutlich größerer.

Doch ist es mit dem Gesundheitswesen letztlich, wie mit allen anderen Bereichen des Sozialwesens: Den Arbeitnehmern bürdet der Staat in der Bezahlung immer mehr Lasten auf – doch genau diese Arbeitnehmer haben immer weniger davon. Zehn Milliarden Euro fehle der gesetzlichen Krankenkasse, klagte deren Dachverband, weil der Staat nicht genug für die Versorgung seiner Transferempfänger an die Kassen zahle. Auf der Rechnung sitzen bleiben die Arbeitnehmer mit ihren Kassenbeiträgen.

Die Zahl zehn Milliarden Euro stammt aus dem vergangenen Jahr. Zwischenzeitlich haben Olaf Scholz und Nancy Faeser (beide SPD) die Einwanderung forciert. Ob diese Einwanderer die Arbeitskräfte von morgen oder die Rentenzahler von übermorgen sind, bleibt abzuwarten. Erst einmal sind sie die Bürgergeld-Empfänger von heute. In einem reichen Land war das eine ethische Ungerechtigkeit, aber machbar. In einem Land, das seinen Wohlstand verliert, muss ein solches System kollabieren. Dass diejenigen, die es finanzieren, immer mehr zahlen müssen und dafür immer weniger bekommen, ist dafür nur ein Vorbote.

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Kommentare ( 44 )

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rolf
10 Monate her

Für Familienhaushalte gilt das Gleiche, wie für Unternehmen und Staaten, d.h., man darf nicht mehr ausgeben, wie man einnimmt! Trivial sollte man denken, dennoch wird diese Regel seit Jahrzehnten missachtet! In den USA verliert der Dollar seine Tripple A Bewertung, wenn die Schuldengrenze nicht angehoben wird…hääh?! Im Bund, in den Ländern und bis in den Kommunen wird Geld verschwendet, was wir nicht mehr haben. FRAGE: WANN WOLLEN WIR UNS ZURÜCKBESINNEN? Wie könnte der Weg aussehen? 1. Weg mit der Bürokratie und der Vetternwirtschaft! 2. Weg mit den Subventionen, die die Marktwirtschaft aushebeln. 3. Weg mit den Lobbyisten, die nur individuelle… Mehr

Michael Palusch
10 Monate her
Antworten an  rolf

„Familienhaushalte…Unternehmen und Staaten gilt,…man darf nicht mehr ausgeben, wie man einnimmt! Trivial sollte man denken,“
Das mag so manchen auf den ersten Blick logisch erscheinen, ist aber dennoch ein fataler Fehlschluß! Das ist der Unsinn von der schwäbischen Hausfrau und der verschuldeten Welt.
In einer Welt in der es Sparer gibt, muß es auch Schuldner geben. Wenn Sie z.B. 10% ihres Einkommens sparen, muß ein anderer genau diese 10% mehr ausgeben als er einnimmt, sich also verschulden, damit Sie auch kommenden Monat das gleiche Einkommen haben können wie bisher.

murphy
10 Monate her
Antworten an  rolf

Kleine Korrektur:

NGOs können bleiben – nur nicht aus dem Bundeshaushalt überfüttert.

Auch Parteien können bleiben, – sofern sie sich nur aus Mitgliedsbeiträgen finanzieren.

Und die GG-widrige „Haushaltsabgabe“ muß weg. Schrieb ich schon hier: https://polpro.de/solution.php#sol2.

Der Verfassungsschutz und das BVerfG darf auch nicht weiter ein Schutzbalken der Regierung vor den Bürgern sein. Beide Institutionen haben den Bürger vor der Regierung zu schützen!

Cethegus
10 Monate her

Ist halt verdammt schwer einen Zusammenhang zwischen Massenmigration und explodierenden Kosten im Gesundheitssystem zu erkennen, wenn einem die Haltungsmedien die Sinne vernebeln…

Montesquieu
10 Monate her

Die medizinische Regelversorgung, sowohl allgemein- als auch fachärztlich, erfolgt durch niedergelassene Ärzte. Das wird nur leider auch hier nicht thematisiert. SPD und GRÜNE wollen dieses hocheffiziente Versorgungselement aus ideologischen Gründen schon lange abschaffen. Die Fixierung auf die Kliniken geht an der Realität der medizinischen Regelversorgung völlig vorbei. Im Gegensatz zu Kliniken bekommen niedergelassene Ärzte keine Subventionierung durch Steuergelder. Die Honorarzahlungen stagnieren seit langem, die Personal- und Infrastrukturkosten steigen exponentiell. Ärztlicher Nachwuchs ist Mangelware, da das Argument höherer Einkommen (bei deutlich höherer Arbeitszeit und -intensität) weitgehend weggefallen ist und junge Ärzte deshalb lieber ohne unternehmerische Verantwortung einer 38 Stundenwoche in der… Mehr

Endlich Frei
10 Monate her

„Bunt“ kostet eben.

Mehr als die Öffentlich-Ideologischen Sender uns erzählen wollen. Und die Wahrheit bahnt sich eben zwangsläufig ihren Weg. Doch solange die Unwahrheit den Verantwortlichen bei Sendern und in der Politik mehr bringt als kostet, wird es mit der Propaganda so weitergehen.

Julischka
10 Monate her
Antworten an  Endlich Frei

„Bunt kostet eben“ und man nennt sie nicht umsonst „Goldschätze“!

Endlich Frei
10 Monate her

Und wie schnell Deutschland ärmer wird !
Heute gelten ordinäre Reihenhäuser aus den 60er oder 70ern für Akademiker als nahezu unerschwinglich, für die in meinen jungen Jahren noch ein großer Bungalow mit Schwimmingpool in einer feinen Wohngegend quasi „Standard“ war.

Aber jeder Euro kann nur einmal verteilt werden. Und Deutschland verteilt seine Euros überall – nur nicht dort, wo sie eingetrieben werden. Und nun auch für „heiße Luft“.

Flaneur
10 Monate her

Volle Zustimmung.
Wer behauptet, dass Millionen von über Jahren Hereingeschneiten, die nie in die Kassen eingezahlt haben, aber normale Gesundheitsversorgung bekommen, nicht das Gesamtniveau senken, der ist ein Träumer oder ein Lügner.
Ich kann es echt nicht mehr hören.

Carrera73
10 Monate her

Danke CDU / CSU
Danke SPD
Danke FDP
Danke Linke
Danke Grüne

bkkopp
10 Monate her

Es gibt keinen plausiblen Grund warum ein Krankenkassenchef mehr als ein Staatssekretär verdienen sollte. Fast alles ist gesetzlich vorgegeben, der unternehmerische Gestaltungsspielraum ist minimal, und ohnedies mehr eine Spielwiese als eine seriöse Krankenkassenfunktion. Es ist ein Verwaltungsamt. Außerdem braucht es in der GKV nicht mehr als 17 Landeskassen und dazu vielleicht eine kleine Zahl von bundesweiten Traditionskassen. Die GKV hat ca. 20 Millionen mehr Leistungsberechtigte als Beitragszahler, und dazu noch eine große Zahl von Kleinrentnern, die, entsprechend ihrer Rente nur kleine Beiträge bezahlen, aber naturgemäß viel kosten. Für jeden der beitragslos versichert ist, müßte aus dem Bundeshaushalt mindestens die mittlere… Mehr

Norbert Gerth
10 Monate her

…. alles in bester Ordnung im besten Deutschland aller Zeiten… noch immer wählen 90% der Deppen zwischen Rhein und Oder genau diese Verhältnisse ….. weiter so Deutschland.

HDieckmann
10 Monate her

Weniger ist oft mehr! Die dritthäufigste Todesursache in Deutschland ist der Arztbesuch: Über-/Falschmedikation, überflüssige Operationen, Krankenhauskeime, Blutvergiftungen, …
Hinzu kommen die Opfer der modRNA-Injektionen. Die sollen allerdings lt. Stiko-Mertens ihre Krankheitsursache dem Arzt gegenüber besser verschweigen (weil Post-Vac keine anerkannte Krankheit ist und die Kassen sonst nicht zahlen).
Warum braucht Deutschland 8 Krankenhausbetten pro 100 Tsd. Einw., während fast alle europäischen Länder mit weniger als der Hälfte auskommen?
Jeder Mensch ist für seine Gesundheit zunächst selbst verantwortlich!

murphy
10 Monate her
Antworten an  HDieckmann

Was Politiker sich an Eigenverantwortung der Bürger wünschen, erzählen uns deren Medien: am besten regelt alles der Staat. Was bei dieser Dressur rauskommt sehen wir ja auf allen Sektoren. Wir liefern absolut alles was wir erarbeiten ab. An Hände die es dann veruntreuen und in kranker Machtgier immer mehr wollen. Der gezielt desorganisierte Gesundheitssektor ist nur ein Beispiel.