Der Staat auf des Bürgers Pelle: Das Ende der Politik in Corona-Zeiten

Im Ruf nach der Impfpflicht und der Sündenbockjagd auf die Ungeimpften zeigt sich eine Lust auf einen Staat, der den Bürgern buchstäblich ganz nah auf die Pelle rückt. Umso erstaunlicher ist das, als derselbe Staat seine eigentlichen, ursprünglichen Aufgaben immer weniger wahrnimmt.

Die wachsende Lust am Maßnahmenregime, an Strafexpeditionen, am Sündenbockjagen zeigt nicht nur eine geballte Ladung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit – wie beispielsweise im Kommentar der MDR-Redakteurin Sarah Frühauf in den Tagesthemen zu hören. Es offenbart sich ebenso, dass viele Impfapologeten offenbar bedingungslos davon ausgehen, dass der Staat für die Gesundheit jedes einzelnen zuständig ist und nicht der mündige Bürger vor allem selbst.

Gerade auf der linken Seite des Meinungsspektrums war das Misstrauen gegen staatliche Einmischung früher überaus ausgeprägt, man denke an die feurige Kampagne gegen die Volkszählung 1987. Damals misstraute man harten Fakten und kalten Zahlen, heute nimmt man die tägliche Meldung „explodierender Zahlen“ mit wohligem Schauder als heilige Verkündigung. „Man muss doch etwas tun“, lautet das Mantra, und wer könnte das besser als der Staat, dem man einst so tapfer alle Zahlen verweigern wollte? 

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Vorbei die Zeit, als der mündige Bürger der festen Überzeugung war, der Staat sei für die Gleichheit vor dem Recht und für die Gewährleistung äußerer Sicherheit zuständig und habe sich ansonsten in die Privatsphäre der Bürger nicht einzumischen. Im Ruf nach Freiheit für Abtreibung schwingt das noch mit: „My body, my choice“ heißt, dass nur der Einzelne bestimmen darf, was seinem Körper widerfährt. Das müsste konsequenterweise auch für das Impfen gelten – sie ist ja ebenfalls ein Eingriff in die körperliche Autonomie.

Doch das alles gilt offenbar nicht mehr. Äußere Sicherheit? Dafür zu sorgen überlassen wir anderen, wenn wir überhaupt noch ein Interesse daran erkennen lassen. Nationale Souveränität ist delegiert. Und unerwünschte Einwanderung kennen wir hierzulande nicht, selbst wenn sie, wie wir soeben erleben, ein probates Mittel der Kriegsführung geworden ist. Welcome! 

Landesgrenzen kann man ja nicht schützen. Dafür ist der angeblich schützende Staat immer näher gerückt – bis an die, ja, bis unter die Haut.

Denn heute soll der Staat jeden einzelnen vor gesundheitlichen Risiken schützen, insbesondere vor einem Virus, das er, im Gegensatz zu Menschen, tatsächlich nicht an der Zirkulation hindern kann. Auch nicht, wie wir erkennen müssen, durch einen Impfstoff, zumindest nicht durch einen der derzeit verfügbaren. Erwachsene Menschen verlangen wie Kinder nach einem safe space, in den nichts eindringen darf, was auch nur im geringsten gefährlich sein könnte. Nach Vater Staat ruft, wer eigentlich die bergende Mutter meint.

Es herrscht das weibliche Prinzip, nicht das Abwägen von widerstreitenden Interessen, die kühle Rationalität, über die mittlerweile auch viele Männer nicht mehr verfügen. Unter der zarten Frauenhand von Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer ist selbst die Bundeswehr mittlerweile dem Primat des Weiblichen unterworfen. Uniformen und Schützenpanzer sollen den Bedürfnissen von schwangeren Soldatinnen angepasst werden. Warum? Möchten die Verteidigungsministerinnen ernstlich Schwangere in eine militärische Auseinandersetzung schicken? Oder haben sie längst aufgehört, den Notfall auch nur in Erwägung zu ziehen? 

Doch nach soetwas fragt das weibliche Prinzip nicht. Nicht, dass nicht auch männliche Politiker Moralinsaures von sich geben können, das haben sie mittlerweile gelernt. Doch dass das Private politisch sei, ist eine Erkenntnis aus der Frauenbewegung – und daraus folgt mittlerweile eine Politik, die nach Art privater Moral betrieben wird.

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Mit Politik sui generis hat das nichts mehr zu tun, also etwa mit dem Abwägen unterschiedlicher Interessen. Seit Angela Merkel dieses oder jenes als „alternativlos“ bezeichnet hat, leben wir in einer Konsensdemokratie, in der das Parlament im Grunde nichts mehr zu sagen hat. Stattdessen regiert mittlerweile – „die Wissenschaft“, eine absolute Wahrheit, die nun der Politik vorgibt, was sie zu tun und wie sie zu entscheiden hat. 

Wenn „die Wissenschaft“ die Wahrheit gepachtet hat, gibt es nichts mehr zu verhandeln. Zwar gibt es „die“ Wissenschaft nicht, auch Wissenschaftler streiten sich wie die Kesselflicker – doch willig dienen jene der Politik, deren Wissenschaftlern dringend auf Staatsknete angewiesen sind. 

Wozu da noch ein Parlament, eines der größten der Welt?

Wer so fragt, hat die Botschaft der Grünen Sandra Detzer noch nicht vernommen: „Wo wir Grünen an die Schalthebel der Macht kommen, werden wir nicht mehr verhandeln.“ Nichts wird sie mehr aufhalten können: „Wir werden mit aller uns dann zur Verfügung stehenden Macht gestalten und vorangehen, wie wir das im Wahlkampf versprochen haben. Der Klimawandel lässt schließlich keine Zeit mehr.“

Das ist das totalitäre Ende von Politik. 


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Kommentare ( 34 )

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moorwald
2 Jahre her

Der Staat übernimmt sich – und wird eben daran zugrunde gehen. „Corona“ bietet ihm noch einmal die Gelegenheit, Stärke und Tatkraft zu simulieren.
Man kann es ganz schlicht am neuen Regierungspersonal festmachen. Das sind alles nur noch Darsteller in einem bereits abgesetzten Stück.
Wir erleben eine Politik (die kaum noch diese Bezeichnung verdient) des „als ob“.
Hilflosigkeit, Planlosigkeit, Herumspielen…
Nie war der Staat so schwach.

Joerg Gerhard
2 Jahre her

Norbert Bolz hat das neulich auf achgut treffend ausgefuehrt: die Linken/Gruenen, aka selbsternannten Progressiven/Liberalen, glauben zutiefst dass der Mensch gut ist. Er muss deshalb nur in ihrem Sinne komplett umerzogen werden, und/denn nur sie wissen was gut und richtig ist- und das ganz genau.
Deshalb gehen sie dafuer auch mit Vorliebe autoritaer, und sogar durchaus faschistisch, vor.
Sie sind die Inkarnation und wahre Definition von Hypokriten.

Oblongfitzoblong
2 Jahre her

Man muss es wohl anders sehen. Es ist nicht das totalitäre Ende von Politik. Es ist der Anfang des totalitären Staates, bzw. der Politik! Es ist unglaublich, wie schnell es vonstatten geht, und das Erschreckende, dass es offenbar die Mehrheit der Deutschen gar nicht stört!

Spicebar
2 Jahre her

Zitat: „Im Ruf nach Freiheit für Abtreibung schwingt das noch mit: „My body, my choice“ heißt, dass nur der Einzelne bestimmen darf, was seinem Körper widerfährt.“
Das Baby im Mutterleib ist eine eigenständige menschliche Person mit Körper, Geist und Seele und gehört nicht zum Körper der Mutter. Insofern ist es ein gravierender Unterschied, ob sich eine Mutter den Blinddarm entfernen lässt, oder ihr Kind abtreibt.
Ansonsten sehr gut im Artikel erkannt, welcher Wind woher weht.

Ben Goldstein
2 Jahre her

Ich weiß gar nicht, ob Sie diesen Kommentar wirklich veröffentlichen wollen, aber ich will ihn loswerden, egal wer ihn liest. Wir kommen langsam doch wieder an einem Konsens an, einem völlig neuen „agree to disagree“. Wenn ich die ganzen geifernden Wortmeldungen zur Impfpflicht vernehme, mit der „Strenge tut Not“-Allüre, dann weiß ich nicht mehr, ob alle beteiligten überhaupt wollen, dass es noch gut ausgeht. Das umklammert aber auch viele anderen Themen: Klima, Energiewende, Einwanderung, Islam, Zensur, Pseudo-Homo-Getue, Überwachung, Deindustrialisierung und so weiter. Ich glaube, dass sich einige sehr darin gefallen, anderen weh zu tun. Manche haben Jahrzehnte an wirren Feindbildern… Mehr

Franz Schroeder
2 Jahre her

Hat hier irgendjemand das Geschehen von Friedrichroda mitbekommen und ob es dort wirklich so ist, dass fast nur geimifte eingeliefert werden und als Ungeimpfte erfasst werden, da sie keine Antikörper mehr haben….??

Hier bei uns im Süden Baden Württemberg wird es genau so gehandhabt.

Aus „Ungeschützten“ werden „Ungeimpfte“ in der Statistik Liste eingetragen.

Julius Schulze-Heggenbrecht
2 Jahre her

Ein schönes Beispiel für das „Maßnahmeregime“ ist die Stadt Lübeck. Dort wohnen Verwandte von mir, und die ließen mich wissen, was man auf der offiziellen Homepage der Stadtverwaltung lesen kann: Die Hansestadt Lübeck verfügt aufgrund des Infektionsschutzgesetzes in Verbindung mit der Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Corona-Bekämpfungsverordnung – Corona-BekämpfVO) vom 20. November 2021 das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für folgende Bereiche der Lübecker Innenstadt an allen Wochentagen von 10 bis 21 Uhr folgende Bereiche: (…)Diese Allgemeinverfügung gilt ab Montag, 22. November 2021 bis einschließlich 15. Dezember 2021. Eine Verlängerung ist möglich. Also wieder der Zwang, im Freien eine Maske tragen… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Julius Schulze-Heggenbrecht
Rudi Huschke
2 Jahre her

Da ist sie nun, die spätrömische Dekadenz, von der ein ehemaliger Aussenminister mal sprach. Traurig. Dazu fällt mir glatt der Spruch von Otto Früst von Bismark ein. Der sagte mal: „Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte, und die vierte verkommt.“

Paul Brusselmans
2 Jahre her

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_20_2390 zur «bedingten» Zulassung: «fortlaufende Überprüfungen» – damit sind langfristige Nebenwirkungen naturgemäss nicht feststelbar. Ist eine Impfpflicht unter diesen Bedingungen nicht staatlich verordnete Körpervrletzung? Und weshalb werden die Hersteller über die missbräuchliche Verwendung der Haftungsrichtlinie widerrechtlich aus der Haftung entlassen???? «Angesichts der Dringlichkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie hat die EMA Schnellverfahren für die Überprüfung eingeführt, um Anträge so rasch wie möglich begutachten zu können und gleichzeitig fundierte wissenschaftliche Gutachten zu gewährleisten. Entscheidend für eine Beschleunigung des Verfahrens sind fortlaufende Überprüfungen, die es der EMA in Notfällen ermöglichen, für vielversprechende Arzneimittel oder Impfstoffe Daten zu bewerten, sobald sie verfügbar werden, anstatt abzuwarten,… Mehr

Proll27
2 Jahre her

Für Deutschland beginnt die Endzeit. Korrupte, unfähige PolitikerINNEN, eine massenhaft verblödete, infantilisierte Bevölkerung. Die wirtschaftlich tragende Schicht wird das Land verlassen, solange es noch geht. Mit dieser Bevölkerung und ihren Polikaspern ist kein Staat zu machen.

thinkSelf
2 Jahre her
Antworten an  Proll27

Nur ist das eben kein deutsches Problem, sondern das hat den gesamten sogenannten „Westen“ befallen. Die Ausprägungen sind z.T. unterschiedlich, laufen im Großen und Ganzen aber in die selbe Richtung.
Ich gehe daher davon aus das wir uns tatsächlich in einem Zivilisationsbruch befinden an dessen Ende das, was einst in Griechenland und dem Nahen Osten begann nun in den finalen Verfall übergegangen ist.
Für Europa gilt das mit Sicherheit. Da die Demographie die kulturtragende Schicht bis spätestens Ende dieses Jahrhunderts eliminiert haben wird und die Kulturübertragung auf die Zuwanderer nicht mehr ausreichend funktioniert ist das Thema eh durch.