Aus Schwerin keine Lehre für Berlin

Im Ostteil der Stadt könnte die AfD Nummer 2 nach der Linkspartei werden. Für die Fortsetzung der Groko wird es nicht reichen, sondern nur für Rot-Rot-Grün.

© Axel Schmidt/Getty Images
Sellering, SPD und Caffier, CDU

Was in Bonn der Generalanzeiger war, ist in Berlin der Tagesspiegel. Er führt die Tradition fort, sich für die wichtigste Zeitung der Bundeshauptstadt zu halten. Als Zentralorgan der Politikberatung in der Bundespolitik hat sich der „General-Anstreicher“ – so der Bonner Volksmund – nicht etabliert. So hat er sich allerdings auch nicht verstanden. Aber in der Lokal- und Regionalpolitik sprach er schon ein gewichtiges Wort.

Auf einen Rat des Tagesspiegels für die Berliner Lokalpolitik würde ich nicht hören, wäre ich einer von ihnen. Doch ich kann mir vorstellen, dass sie tun, was Gerd Nowakowski gegen die AfD für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus am 18. September empfiehlt:

„Ein Weg könnte deshalb sein, im großen Schulterschluss von SPD, CDU, Linke und Grüne bis zum Wahltag deutlich zu machen, welche Folgen es für das liberale und weltoffene Berlin haben würde, wenn die AfD-Forderungen an der Spree Realität würden.“

Der Tagesspiegel wird nicht der einzige bleiben, der solches für das hält, was seine Überschrift sagt: „Was aus Schwerin für Berlin zu lernen ist“. „Schulterschluss von SPD, CDU, Linke und Grüne“ – das klingt für den gelernten Ossi wie „Nationale Front“: die ideale Feindbild-Formation für die AfD. Wenn Journalisten und Medien so etwas schreiben, werden sie das auch meinen. Da sind sogar etliche Politiker weiter. Gabriel und Co. setzen sich nicht von ungefähr von ihrem Koalitionspartner CDU und den anderen ab. Was ihnen allerdings in MeckPomm keine Punkte brachte. Zu lange haben sie getan, was der Tagesspiegel unbeeindruckt weiter als Rezept verschreibt. Es ist also davon auszugehen, dass die Berliner Wahlergebnisse die Fortschreibung derer von MeckPomm werden.

Neue Umfragen kriegen wir sicher demnächst, hier die Ziffern – noch vor MeckPomm erhoben (Quelle: wahlrecht.de):

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Dass die AfD am 18. September mehr kriegen wird als in diesen Umfragen, davon ist wohl auszugehen. Wie sich Ost und West unterscheiden könnten, zeigt nur Infratest:

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Im Ostteil der Stadt könnte die AfD Nummer 2 nach der Linkspartei werden. Für die Fortsetzung der Groko wird es nicht reichen, sondern nur für Rot-Rot-Grün. Das käme dann nahe an den Tagesspiegel hin. Im Ergebnis. Fast die „Nationale Front“. Bringt mich zu einem meiner Lieblingszitate: Die natürliche Entwicklung eines baufälligen Gebäudes ist sein Einsturz. Vorher noch eingezogene Stützpfeiler bewirken nur, dass der Krach am Ende plötzlich und groß ausfällt.

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