Nun also ein Gaspreisdeckel – der bald vom Topf fliegen wird

Mit immer neuen Methoden sollen die buchstäblich zerstörerischen Energiepreissteigerungen gedeckelt werden. Das Dumme ist nur: Mehr Energie gibt es nicht, und alle Hilfen werden bald weggesprengt.

IMAGO/Political Moments
Erst war es eine Gasumlage, mit der 35 Milliarden Euro von den Verbrauchern eingesammelt und an die Gashändler weitergeleitet werden sollte, damit die den teuer gewordenen Rohstoff einkaufen könnten. Dieser Plan von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stellte sich schnell als Schnapsidee heraus; denn viele Gashändler hätten das Geld einfach zusätzlich in die Tasche gesteckt. Also jetzt ein Gaspreisdeckel – “Gaspreisbremse” genannt. Die Gasumlage ist indes tot.

Die Idee des Gaspreisdeckels ist simpel: Es wird eine sozialverträgliche Preisobergrenze festgelegt. Ist das Gas auf dem Weltmarkt teurer, subventioniert der Staat den Einkauf, bis wieder die Preisobergrenze erreicht ist. Dafür nimmt der Staat bis zu 200 Milliarden Euro neue Schulden auf und füllt damit vor allem den “Wirtschaftsstabilisierungsfonds” auf. Der war ursprünglich für die Corona-Krise gegründet worden und war zuletzt ausgelaufen.

Bleibt nur die Frage: Wer ist dieser Staat, woher nimmt er das Geld? Die Antwort ist auch klar: vom Steuerzahler, der für die Schulden haftet und meistens auch ein Gasverbraucher ist. Also nehmen wir den Menschen das Geld aus der linken Tasche, leiten es durch die Staatsapparatur und ein Teil geht zurück in die rechte Tasche. Mehr Energie gibt es auf diese Weise aber auch nicht.

Der Staat spielt sich nur als Wohltäter auf. Er drückt optisch die Preise, das klingt sympathisch, aber täuscht in Wirklichkeit nur über die wahre Knappheit und die Höhe der Preise weg. Und er wird teurer. Denn die Gasproduzenten sitzen am längeren Hebel. Sie können verlangen, was sie wollen – die Regierungen zahlen. Und zahlen. Und zahlen. 150 bis 200 Milliarden, so schätzt man jetzt, kostet der Gaspreisdeckel Deutschland. Eine immense Summe, es entspricht etwa einem Drittel des gesamten Bundeshaushalts. Oder drei- bis viermal dem Etat der Bundeswehr. Oder fast so viel, wie die gesamte gesetzliche Krankenversicherung ausgibt; alle Rechnungen Pi mal Daumen. Denn: Es kann auch sehr viel mehr werden.

Aber an das eigentliche Problem geht die Politik nicht ran: An ihre falsche Politik, die in den vergangenen Jahren das Angebot an Energie weltweit verknappt hat. Irgendwie hat sich in den Köpfen nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, der Gedanke festgefressen, dass Energie böse sei. Und das weniger Energie besser sei. Dazu schreibt Peter Heller in einem klarsichtigen Beitrag:

„Die Agenda, nach der Energie immer teurer und immer knapper zu werden hat, ist global verbreitet. Sie leitet supranationale Gremien von den UN bis zur EU, die meisten Regierungen, nahezu alle politischen Strömungen und auch die Verwaltungen bis hinunter zur kommunalen Ebene. Insbesondere in den westlichen Industrieländern verfügt sie über eine hegemoniale Stellung im öffentlichen Diskurs. Und nirgends ist die Idee von der Selbstzerstörung durch Energieverzicht populärer und wirkmächtiger als in Deutschland.”

Was sich in der strategischen Schlüsselstellung ausdrückt, die die Grünen in den letzten drei Jahrzehnten erringen konnten. Wie keine andere Partei verbinden sie kompromisslosen Dogmatismus mit gleichzeitig höchster Flexibilität hinsichtlich möglicher Partner. Deswegen führen mittlerweile fast alle Wege zur Macht über sie, und das induziert hemmungslosen Opportunismus auf Seiten von Union, SPD, FDP und Linken. Man gibt den Grünen, worauf sie zum Erhalt ihrer inneren Integrität bestehen müssen, und bekommt dafür einen Mehrheitsbeschaffer zur Bewahrung der Chance auf Posten und Ämter. Nur überlässt man ihnen dabei ausgerechnet die Kontrolle über das Fundament einer modernen Volkswirtschaft, nämlich über deren Energieversorgung.

Und das ist die bittere Konsequenz: Wir zahlen jetzt für die grünen Dummheiten, also die Abschaffung der Kernenergie, das Verbot der Erdgasförderung in Deutschland und den Abriss der Kohlekraftwerke. Die mühsam und teuer aufgebaute energetische Infrastruktur wurde mutwillig zerstört.

Und nun kommt der nächste Trick. Natürlich hat der Staat nicht genügend Geld für einen Gaspreisdeckel. Es geht ja nicht um Peanuts.

Also wird Geld umgewidmet, das eigentlich für die Folgen der Corona-Pandemie vorgesehen war. Das Geld hat der Staat aber auch nicht herumliegen. Es ist nur eine Ermächtigung, um Schulden zu machen. Die Gaspreisbremse ist also nichts anderes als Schuldenfinanzierung. Wir geben das Geld heute aus für die Fehler von gestern und zahlen dafür morgen. Das nennt man vorausschauende Politik dann, oder ist es „nachhaltige Politik“, auf die die Grünen so stolz sind?

Und das schöne dabei ist: Nicht einmal so weit trägt die Zirkusnummer. Denn mehr Energie entsteht dadurch nicht. Die Preise werden weiter steigen. Der Druck im Topf steigt, bis der Deckel vom Topf fliegt. Dann brauchen wir noch mehr Schulden.

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Kommentare ( 78 )

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Kappes
1 Jahr her

Hinter jedem Windpark muss eine „Backup“ Technologie wie ein konventionelles Gaskraftwerk stehen, welches schnell hochgefahren werden kann, wenn kein Wind weht. Das Gaskraftwerk könnte es sicher auch alleine schaffen, es dient hier aber eben nur als „Ersatz“. Es läuft eben nur dann, wenn zu wenig Wind weht. Ein anderer „Backup“ Weg wären Speicher, die dann Speichern, wenn zu viel Wind weht. Die Speicher gibt es aber noch nicht in bezahlbarem industriellen Maßstab. Und ja, die „Merit Order“ an der Strombörse gibt es. Sie besagt, dass der Preis für alle Strom“arten“ gleich ist. Der am teuersten angebotene Strom bestimmt also den… Mehr

GefanzerterAloholiker
1 Jahr her

Der Autor und auch andere Autoren winden sich um die Wahrheit, die sie gleichzeitig explizit aussprechen. Pleite auf breiter Front ist zwar verstanden. HAT ES DIE REGIERUNG GEWOLLT? WIR SIND OHNE VORMATERIAL. Dieses Land wurde damit beendet. Den Preisschock steht kein Unternehmen. Was hat die Regierung nun vor? Die Antwort ist: die wissen das gar nicht. Die helfen uns also auch nicht. Irgendwann greifen wir ins Nichts. Wann spielt keine Rolle, weil wir auf dieses Ende zusteuern. Es ist sichtbar nahe. Die Unternehmen rechnen das durch. Die Regierung steuert nicht um. Ohne Panik verbreiten zu wollen, ist es jetzt der… Mehr

Alt-Badener
1 Jahr her

Ich hoffe und wünsche, dass diese ganze Wählergeneration, die diese Grünen und die linken Zerstörer gewählt haben, in diese Zeit zurück katapultiert werden, die ich als 1942 Geborener erleben durfte. Bitterste Armut, die fünfköpfige Familie lebte die Woche über nur am Küchentisch, gewaschen wurde sich mit kaltem Wasser am „Schüttstein“ in der Küche. Und nur am Samstagnachmittag und Sonntag wurde der Kohleofen im „Wohnzimmer“ geheizt, Eisblumen im Winter an den Fenstern waren ganz normale Erscheinungen. Und Mutter war nach dem Krieg auch immer mal wieder weg zum „Hamstern“, um uns Kinder einigermaßen über die Runden zu bringen. Oh, welch herrliche… Mehr

humerd
1 Jahr her

Ungarn, Portugal, Spanien, Frankreich und andere EU Länder haben einen Strom- und Gaspreisdeckel. Die Niederlande und Österreich führen diesen ein. Was ist das Problem in Deutschland, dass selbst TE damit hadert? Klar ist dieser nur über Schulden finanzierbar, aber es richtig, dass die Generationen einmal zahlen werden, die Energie als ganz böse ausgemacht haben. Es ist richtigt, dass die Generation, die Freitags ihre Kinder statt zur Schule zum Hüpfen fuhren, deren Kinder sich auf die Straße oder in Museum an Bilderrahmen kleben bezahlen, genauso wie die Freitagshüfper und Pattexkids.

Querdenker_Techn
1 Jahr her

Den Gaspreisdeckel dürfen alle Bürger finanzieren, obwohl nur ca. Die Hälfte der Wohnungen damit geheizt wird. Die, die mit Holz, Strom oder Öl heizen zahlen auch hohe Preise und muss den Gasdeckel mit finanzieren.

Die Wahrheit
1 Jahr her

Es ist das letzte aufbäumen eines zerstörten Riesen. Bleibt nur zu hoffen, das ich nach Abwicklung meiner Existenz und meines Unternehmens bis zur Rente mein Bürgergeld & meine Miete regelmäßig bekomme.

Eberhard
1 Jahr her

Alles was diese realitätsferne und von unfähigen Ideologen geführte Regierung umsetzt um die aus eigenem Verschulden entstandene Energiekrise zu relativieren, ist absoluter Nonsens und zeigt wie wenig Verständnis für Wirtschaft, Technik und Marktwirtschaft dort vorhanden ist. Das viele Geld das da wieder sinnlos verbrannt wird, führt uns nur weiter in eine wirtschaftliche und soziale Krise. Die hohen Preise für Gas auf dem Weltmarkt entstehen doch durch erzeugte Ängste und deren spekulativen Auswirkungen. Es geht doch nicht auf einmal in einem kurzen Moment die Gasfördermenge soweit zurück, ohne das an anderer Stelle dann eben mehr gefördert und verkauft wird. Wer glaubt… Mehr

Aletheia
1 Jahr her

Noch mehr Schulden führen zu noch mehr Inflation.
Scheitert der Euro und gibts dafür nichts mehr zu kaufen, dann gibt es halt wieder Bezugsscheine und Lebensmittelmarken.
Kennen wir doch noch aus den Erzählungen unserer Eltern und Groß-Eltern.
Von der sozialen Marktwirtschaft in die Zuteilungswirtschaft.
So ist das eben, wenn die Märkte versagen!

Johann Thiel
1 Jahr her

Ja, so ist es – was immer die vielgestaltigen „Deckel, Bremsen, Umlagen usw. auch bewirken – mehr Energie bewirken sie nicht. Aber Herr Tichy hat mit seinem Verweis auf Herrn Hellers Artikel völlig recht, es geht um weniger von allem nicht um mehr. Herr Heller stellt übrigens mit seinen Artikeln der grenzenlosen Technikgläubigkeit („Ertüchtigung unseres Immunsystems durch mRNA) einen interessanten Gegenpol zur grenzenlosen Technikfeindlichkeit der Grünen dar. Aber wo er recht hat, hat er recht.

Hummi
1 Jahr her

Dieses Land hat fertig, Aus dem raschen Sturzflug kommen wir nichtmehr raus . Wir werden jetzt Zeitzeuge , wie sich ein Land , das nach vollständiger und selbstverschuldeter Zerstörung sich selber aus dem Dreck zog und einen nie dagewesenen Wohlstand erreichte, sich wieder selbstverschuldet, wirtschaftlich zerstört…… Soviel Dummheit gibt es nur in eben diesem Deutschland…..Man muss sich schähmen