Die „Letzte Generation“ der Evangelischen Kirche in Deutschland

Eine Vertreterin der „Letzten Generation“ erhielt für die 15-minütige Darstellung ihrer wirren Gedanken vor der EKD-Synode in Magdeburg Beifall und Standing Ovations. Die Rednerin forderte von der EKD Unterstützung durch Wortmeldungen und Geld. Beides dürfte sie bekommen. Diese Synode stellt eine Zäsur dar.

IMAGO / epd
Vertreterin der „Letzten Generation“ Aimée van Baalen bei der EKD-Synode in Magdeburg, 8. November 2022
Im Grunde lohnt es sich nicht mehr, über die Synoden einer grünen Vorfeldorganisation wie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu schreiben. Ihre Synoden wirken immer mehr wie die Rüstfahrten eines in die Jahre gekommenen Zirkels der Grünen Jugend, dessen Herz nicht am christlichen Glauben, dafür aber umso mehr an Esoterik und Religions-Kitsch hängt. Doch die 3. Tagung der 13. Synode der EKD, die vom 6. bis 9. November 2022 in Magdeburg stattfand, stellt dennoch eine Zäsur dar. Ein Halten gibt es nicht mehr.

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Zwei Tage vor Beginn der Synode starb eine Frau an den Folgen eines schweren Unfalls. Das dringend benötigte Spezialfahrzeug konnte nicht rechtzeitig am Unfallort eintreffen, weil die Fanatiker der „Letzten Generation“ – denen das einzelne Menschenleben im Vergleich zu ihrer eingebildeten Mission, die Erde, das Klima, ihr Ego oder was auch immer zu retten, zumindest weniger gilt – durch eine ihrer zahllosen Straßensperren einen Stau verursachten, in dem das dringend benötigte Spezialfahrzeug stecken blieb. Interessierte Medien haben zynisch versucht zu framen, dass es keinen Unterschied gemacht hätte, wenn das Spezialfahrzeug rechtzeitig eingetroffen wäre. Dem widerspricht deutlich und klar der Abschlussbericht der Berliner Feuerwehr.

Nach einem Bericht des Tagesspiegel behinderten die Fanatiker der „Letzten Generation“ im Sommer und seit Oktober in 18 Fällen den Einsatz von Rettungskräften. „Für 13 Fälle vermerkte die Feuerwehr ‚verspätetes Eintreffen‘ sowie ‚Einsatzverzögerung aufgrund Klimaaktivisten‘ oder ‚Verzögerung der Anfahrt durch Klimaaktivisten‘. In zwei Fällen konnten die Rettungswagen ‚nicht zeitgerecht‘ bei den Patienten sein, weil sich Aktivisten auf den Straßen festgeklebt hatten, deshalb mussten andere Rettungswagen alarmiert werden.“ Am 26. Oktober blieb auf dem Weg ins Krankenhaus ein Spezialwagen für Schlaganfallpatienten im Stau stecken.

Der CDU-Politiker Alexander J. Herrmann schätzte ein, dass die Statistik deutlich zeige, „dass die Klimakleber mit ihren Blockaden die Lebensretter der Feuerwehr bei ihrer Arbeit behindern … Es ist nur dem Zufall zu verdanken, dass dabei noch niemand zu Schaden gekommen ist.“ Der FDP-Innenexperte der Berliner FDP Björn Jotzo kommentierte: „Solche Blockaden können die Gesundheit von Berlinerinnen und Berlinern gefährden oder sogar Leben kosten. Es handelt sich um Erpressung der Allgemeinheit.“

Die Zwillingsschwester des verstorbenen Unfallopfers äußerte im Interview mit dem Spiegel ihre Erschütterung darüber, mit welcher Nonchalance über den Unfall und den Unfalltod ihrer Schwester hinweggegangen wird: „Aber wie ignorant mit dem Schicksal meiner Schwester umgegangen wird, verletzt mich sehr.“

Doch nicht ihr galt die Anteilnahme der Synode der EKD in Magdeburg, sondern den Klima-Fanatikern. Aimée van Baalen von der „Letzten Generation“ forderte von der EKD Unterstützung durch Wortmeldungen und Geld. Beides dürfte sie bekommen, denn die EKD ist immer an vorderster Front dabei, wenn es in diesem Land gegen die Interessen der Bürger, der Familien, der Väter, Mütter und Kinder, gegen die Christen und das Christentum geht. Starken Beifall und Standing Ovations erhielt die 23-jährige Aimée van Baalen für die 15-minütige Darstellung ihrer wirren Gedanken. Van Baalen beendete ihre Rede mit dem Satz: „Vielen Dank, dass Sie sich solidarisieren.“

„Ein größerer Teil der Delegierten des Kirchenparlaments antwortete der 23-Jährigen mit stehendem Applaus“, berichtet die Evangelische Zeitung und fügt hinzu: „Die Schöpfungsbeauftragte der EKD, die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, bot der Aktivistin Gespräche an. Die Kirche könne die Aktivisten in den Dialog mit Politikern bringen. Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich rief im Anschluss Politikerinnen und Politiker auf, dem Beispiel der Kirche zu folgen und ebenfalls mit den Klimaaktivsten der ‚Letzten Generation‘ ins Gespräch zu kommen. Die Bewegung dürfe nicht in eine kriminelle Ecke gestellt werden … Die Aktivisten stellten ihr eigenes Wohl zurück, um ‚gewaltfreien, zivilen Widerstand‘ zu leisten.“ Tun Sie das? Tun sie das wirklich? Oder sind sie nicht eher auf einem Ego-Trip?

Im Interview äußerte Aimée van Baalen sich über blockierte Auto- und LKW-Fahrer: „Ich verstehe den Unmut absolut, wenn sie zu einem wichtigen Termin müssen und keine Lust auf uns haben.“ Die Frankfurter Rundschau schrieb zum biographischen Hintergrund: „Aimée van Baalen … arbeitet in einem Tattoostudio, entschied sich gegen ein Politikstudium – und für den Aktivismus.“ Ob die Mitarbeiterin in einem Tattoo-Studio, die weder einem Studium noch einer Berufsausbildung nachgeht, sich wirklich in die Lage eines Freiberuflers oder eines Arbeitnehmers hineinversetzen kann und dass sie nur eine annähernde Vorstellung davon hat, was es heißt, Termine einhalten zu müssen, darf zumindest bezweifelt werden. Und wie sich die Verzweiflung von Rettungskräften anfühlt, die nicht zu ihrem Einsatzort oder vom Einsatzort zurück ins Krankenhaus kommen, weil sie eingekeilt in einem Stau stecken, der von der „Letzten Generation“ verursacht wurde, dürfte den Fanatikern ebenfalls vollkommen fremd sein.

Auseinandersetzung mit sich selbst
Wer die woken Fanatiker bezahlt und organisiert
Von der EKD, die sich schon in der Pandemie schäbig verhalten hat, darf man kein Mitgefühl für all die Freiberufler und Arbeitnehmer, die Rettungskräfte und die Patienten im Stau erwarten. Sie hat inzwischen ein hohes, nein ein höheres Ziel, ein Ziel, das weit über dem Glauben, das weit über Gott, das weit über der guten Botschaft steht: Ihr Ziel besteht in der „Großen Transformation“ zu einer Ökodiktatur. So sagte die Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt klar und deutlich: „Die Transformation kann nur gelingen, wenn einzelne Institutionen eine Vorbildrolle übernehmen.“ Und der Sozialethikprofessor Vogt verstieg sich in die Vorstellung: „Es braucht inneren Widerstand gegen die Konsumgewohnheiten in der expansiven Moderne, in die wir alle verstrickt sind. Es braucht eine ‚Große Transformation‘.“

In dem Interview mit der Frankfurter Rundschau äußerte van Baalen: „Ziviler Ungehorsam mag per Gesetz rechtswidrig sein, solange das Gesetz allerdings ein todbringendes System unterstützt, dient ziviler Ungehorsam dazu, auf diese Ungerechtigkeit hinzuweisen und ist derzeit absolut notwendig – so wie das in der Geschichte auch immer wieder der Fall war.“ Wie substantiiert die Berufung auf die Geschichte durch die Mitarbeiterin eines Tattoo-Studios ist, die das Studium wie der Teufel das Weihwasser zu scheuen scheint, sei dahin gestellt. Aber dass sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung, dass sie die Soziale Marktwirtschaft als „todbringendes System“ klassifiziert und ihre politischen Forderungen nicht über demokratische Mechanismen und Wege, sondern durch Zwang und Erpressung unter Inkaufnahme der Gefährdung von Leben durchsetzen will, weil die Mehrheit der Bürger ihre Ideen nicht teilt, ist keine Vorstellung, die Demokraten beklatschen sollten – und Christen übrigens auch nicht.

Kirche der Pharisäer und Apostaten
Hannoverscher Landesbischof fordert "Unterstützung für Klimaaktivisten"
Am Mittwoch fasste die EKD-Synode einen Beschluss zum Tempolimit und twitterte: „Die #EKDSynode beschließt, politische Bemühungen um ein Tempolimit auf deutschen Straßen zu unterstützen. Das Tempolimit soll 120km/h nicht überschreiten.“ Um dem Auftrag der Kirche für die Bewahrung der Schöpfung gerecht zu werden, hält es die Synode für geboten, bei allen Pkw-Fahrten im kirchlichen Kontext ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen einzuhalten, heißt es laut Welt im Beschluss.

Mit Blick auf die Synode der EKD erinnert doch vieles in unseren Tagen wieder an Luthers Zeiten, an eine Kirche, die in weltlichen Geschäften heimischer war als in den Fragen des Seelenheils. Die gesamte Argumentation der Kirche läuft auf einen modernen Ablasshandel hinaus. In der Sprache der damaligen Zeit sah Martin Luther zunehmend in der Kirche nicht mehr die Kirche Christi, sondern die Kirche des Antichrists. Die Synode der EKD hat sich entschieden, die „Letzte Generation“ der Amts-Kirche zu werden.

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Kommentare ( 63 )

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63 Comments
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helmut kassner
1 Jahr her

Die meisten Kommentare und auch der Artikel gehen an der Sache vorbei. Die Kirche ist eine Mitgliederorganisation und nur die Mitglieder haben das Recht, den Kurs ihrer Organisation zu bestimmen, den sie erhalten mit ihren Beiträgen diese am Leben. Allen Nichtmitgliedern steht keinerlei Recht zu über den Kurs, die Aktivitäten der Kirche zu richten, soweit die Rechtsordnung des Staates nicht verletzt wird. Wenn also die Kirche ausschließlich nur noch Karneval betreibt, dann bitte schön. Das Problem liegt woanders. Die Kirche bezieht jahraus jahrein Gelder vom Staat, also auch von Nichtmitgliedern aus dem Steueraufkommen, die mit irgendwelchen Jahrhunderte zurückliegenden Sachverhalten begründet… Mehr

G
1 Jahr her

Wie war das mit den exzessiven Konsumgewohnheiten und dem Umbau des Bischofssitzes in Limburg für 32 Millionen?

Thomas S62
1 Jahr her

„Mit Blick auf die Synode der EKD erinnert doch vieles in unseren Tagen wieder an Luthers Zeiten, an eine Kirche, die in weltlichen Geschäften heimischer war als in den Fragen des Seelenheils“
Also mich erinnert das eher an die Zeiten von vor etwa 85 Jahren.

akimo
1 Jahr her

Sechsköpfige familie. Alle draußen. Plus Tante. Und omma. Dumm nur , dass immer nich MILLIONEN zahlende Mitglieder sind

NordChatte
1 Jahr her

Gott – nicht der der EKD – hatte vor 5 Jahren ein Einsehen mit mir und ließ mich und meine Frau aus dieser Kirche, der Evangelischen austreten. Wenn die EKD auch nur ein geringes Wissen von der Schöpfung hätte, wüsste sie, dass sich das Klima auf dieser Erde ständig – in großen Zyklen – ändert. Gäbe es in dieser EKD auch nur halbwegs gebildete Menschen/Funktionäre, würden diese die Menschen anleiten, wie man sich dem aktuellen Klimawandel anpassen kann, um möglichst viele Menschen dadurch zu schützen. Das Klima – mit allen Klimazonen – bewegt sich aktuell von einer Eiszeit auf eine… Mehr

JuergenR
1 Jahr her

Das bekannte Foto der Bischöfe mit dem ausgestreckten Arm zeigt sehr gut, auf welcher Seite die Mehrzahl der Oberhirten der Amtskirche immer gestanden haben, nämlich auf Seiten des Staates. Das gilt für beide Konfessionen bis heute.

nachgefragt
1 Jahr her

Ein wunderbares Beispiel dafür, mit wie viel Dummheit wir es hierzulande bei diesen Kreisen und unseren Medien zu tun haben. Eine so gängige wie maximal saudämliche Rechtfertigung lautet dort: Die Autofahrer hätten keine Rettungsgasse gebildet. Wie weit man eine Rettungsgasse bilden konnte, evtl. weil hier möglicherweise der Verkehr einspurig war, sei ohnehin dahingestellt. Die Blödheit kann man mit einem Gegenbeispiel verdeutlichen: Verspätung bei der Bahn. Es macht sehr wohl einen Unterschied, nicht im Ergebnis, aber dennoch zweifellos in der Verantwortlichkeit, ob der Passant an einer Haltestelle a) unglücklich gestolpert ist, ob er b) selbst vor einen Zug gesprungen ist, oder… Mehr

Rob Roy
1 Jahr her

Als Katrin Göring-Eckardt 2015 ihre verschwurbelte „Deutschland wird sich ändern“-Rede hielt, sagte sie darin auch: „Unser Land wird religiöser werden“, ohne weiter darauf einzugehen. Mit dem Religiösen wird sie aber ganz sicher nicht das Christentum gemeint haben.

Deutscher
1 Jahr her
Antworten an  Rob Roy

Die wird halt beizeiten konvertieren, wenn es hier so richtig religiös wird. Zusammen mit Kollegin Roth.

Last edited 1 Jahr her by Deutscher
peter sponsel
1 Jahr her

Vor etwa 1 1/2 Jahren wurde auf einem, mit Kirchengeldern finanzierten „Rettungsschiff“, die Flagge der Antifa gehisst.
Medizinisch gesehen, sehe ich in der Flaggenhissung erstmal nur ein Symptom.
Leider beschreibt der Artikel in TE weitere Symptome.

Entenhuegel
1 Jahr her

Synoden einer grünen Vorfeldorganisation“ – das trifft es auf den Punkt. Die EKD ist einfach nur noch völlig daneben.

Und mir ist völlig unbegreiflich, wie viele diese immer noch mit ihrer Kirchensteuer füttern. Aber das sind wohl genau die linksgrünen Wokisten, die Deutschland abgeschafft und als Oberlehrer der Welt sehen wollen – und wohl wenig mit wertschöpfender Arbeit zu tun haben und beim Staat oder dem „staatsnahen“ Umfeld wie Kirchen, Gewerkschaften und/oder bei der Sozialindustrie beschäftig sind.

Die andere Staatskirche und deren Anhängsel sind übrigens um keinen Deut besser.

friedrich - wilhelm
1 Jahr her
Antworten an  Entenhuegel

…….in der marienverehrung kommt der christliche glaube zu seiner kitschigsten variante, bei der einem der menschheit ganzer jammer überkommt! eine inzenierung zum lachen und weinen zugleich! glaube eben….kindlicher aberglauben!

Last edited 1 Jahr her by friedrich - wilhelm
Johann Thiel
1 Jahr her
Antworten an  friedrich - wilhelm

Wegen solcher Kommentare sind unsere Kirchen wie sie sind.

friedrich - wilhelm
1 Jahr her
Antworten an  Johann Thiel

…… kurz: der kirchliche zustand ruft solche kommentare hervor!

Andreas aus E.
1 Jahr her
Antworten an  friedrich - wilhelm

Die Marienverehrung ist ja nicht EKD, sondern katholisch, und kitschig kommt das mitunter tatsächlich daher (wie auch Barockputten), aber das ist Nachhall vorchristlicher „heidnischer“ Zeit.
Dagegen habe ich nichts einzuwenden, wohl aber gegen den an „technischen Realismus“ sozialistischer Prägung gemahnenden Ungeist einer EKD, die tatsächlich nichts ist als Nebenorganisation der „Grünen“.