Dutschke, Robin Hood, Camus: Robert Habecks Vorbilder

Beim Brigitte-Talk zählt Robert Habeck seine Vorbilder auf. Bezeichnend ist, dass darunter weder ein Demokrat noch ein Marktwirtschaftler ist. Und alle drei hatten, vorsichtig ausgedrückt, zumindest ein problematisches Verhältnis zum Rechtsstaat.

Sean Gallup/Getty Images

Ansgar Graw berichtet in der „Welt“ von einer Veranstaltung der Zeitschrift „Brigitte“ mit dem Grünen-Chef Robert Habeck. In dem Bericht heißt es:

„Die Fragen sind freundlich, sehr freundlich. Habeck bekommt Raum, um sich sympathisch zu präsentieren, nachgebohrt wird nicht. Etwa als er anbietet, drei Vorbilder zu benennen, und dann zählt er auf: Erstens Robin Hood (auf der Basis eines Disney-Films, den Habeck mit sechs Jahren sah). Zweitens: Albert Camus, dessen ‚Mythos des Sisyphos’ (den wir uns bekanntlich ‚als einen glücklichen Menschen vorstellen’ müssen) er mit ungefähr 16 Jahren las und der ihn dazu brachte, Philosophie zu studieren: ‚Aber als Philosophen würde ich mich deshalb nicht betrachten.’ Und drittens mit Blick auf die 68er: ‚Den Mut von Rudi Dutschke, der war prägend für mich in einer Zeit, in der ich Mut gesucht habe – aber ohne diesen ganzen Mao-Quatsch!’ Und dann erschrickt Habeck vor seinem Mut und bittet: ‚Aber jetzt nicht daraus machen, Dutschke wäre mein Vorbild!’ Nanu, hatte er das nicht gerade gesagt? Nachgefasst wird leider nicht.“

Offenbar kam niemand auf der Veranstaltung auf die Idee zu fragen, warum ihm keine Vorbilder eingefallen seien, die für Rechtsstaat, Demokratie und Marktwirtschaft sind. Kritisiert wurde lediglich, dass keine Frau unter seinen Vorbildern sei. Vermutlich wären alle zufrieden gewesen, wenn er beispielsweise Rosa Luxemburg angeführt hätte.

Auffallend ist:

  • Keiner der drei Genannten war Anhänger der Marktwirtschaft.
  • Keiner der drei Genannten steht für die parlamentarische Demokratie
  • Alle hatten zumindest, um es vorsichtig zu sagen, ein schwieriges Verhältnis zum Rechtsstaat.

Albert Camus war zunächst Mitglied der Kommunistischen Partei, wurde aber später ein Kritiker des Stalinismus und Anarchosyndikalist. Er war gegen die parlamentarische Demokratie. Wirtschaftlich gesehen trat er für ein System ein, in dem die Produktionsmittel in den Händen der Gewerkschaften liegen. Er wünschte sich eine „internationalistische Ökonomie, in der die Rohstoffe verstaatlicht werden, der Handel kooperativ organisiert und die kolonialen Absatzmärkte allen zugänglich gemacht werden und das Geld selbst Kollektivstatus erhält.“

Rudi Dutschke, Anführer der Studentenbewegung, war Marxist und als Anhänger einer revolutionären Rätedemokratie Gegner der parlamentarischen Demokratie. Die soziale Marktwirtschaft bekämpfte er und trat für den Sozialismus ein, der sich allerdings von dem russischen Modell unterscheiden sollte. Mit Gaston Salvatore übersetzte er Che Guevaras Schrift Schaffen wir zwei, drei, viele Vietnams ins Deutsche und schrieb ein Vorwort dazu. Der Revolutionär Che Guevara, der nach einer Reise nach Nordkorea das dort herrschende kommunistische System als Vorbild für Lateinamerika bezeichnete, ist für die Ermordung von Hunderten politischen Gegnern und die Einrichtung von Arbeitslagern verantwortlich.

Robin Hood war im 13. Jahrhundert ein in England gebräuchlicher Spitz- oder Beiname, der synonym für „Gesetzesbrecher“ benutzt wurde. Teilweise wird Robin Hood in der Überlieferung als Wegelagerer dargestellt, der vorzugsweise Geistliche und Adlige ausraubt. Später steht er für den Sozialrevolutionär. In dem Film, auf den sich Habeck bezieht, ist Robin Hood ein Räuber, der das geraubte Geld an die Armen verteilt.

Zu Habecks Einschränkung: Klar, bei Vorbildern muss man nicht alles teilen. Aber auch der mutige Revolutionär Dutschke („ohne Mao“) bleibt ein Marxist, ein Gegner von Marktwirtschaft, parlamentarischer Demokratie und Rechtsstaat.

Ich denke, am ehesten kann Habeck sich mit der Figur aus dem Kinderfilm identifizieren, den er mit sechs Jahren gesehen hat. Habeck würde sich wohl auch in dieser Rollen gefallen: Die Kapitalisten enteignen und das Geld im Namen der „sozialen Gerechtigkeit“ an die Arbeiter, an die Armen und vor allem natürlich an die eigene Klientel verteilen. Viele Deutsche können sich Habeck laut Umfragen als Bundeskanzler vorstellen. Und das muss nicht so weit entfernt sein. Grüne, SPD und Linke kämen derzeit laut Umfragen auf 45 bis 46 Prozent. Noch zwei oder drei Prozent mehr – und dann würde es für eine Rot-rot-grüne Regierung reichen. Und ich denke, Habeck wäre lieber Bundeskanzler mit einer Vizekanzlerin Andrea Nahles als selbst Vizekanzler unter AKK.

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Kommentare ( 60 )

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luther
4 Jahre her

mit Camus sollte der Grükaz vorsichtig sein, von dem stammt auch, “ ab einem bestimmten Alter ist der Mensch für sein Gesicht verantwortlich“

hassoxyz
4 Jahre her

Wenn Habeck ehrlich gewesen wäre, dann hätte er Stalin und Ho-Chi-Minh zu seinen Vorbildern erklärt. Auch Mao war eine Leitfigur für die kommunistischen 68er. Aber das wäre manchen linken Gutmenschen etwas zu viel gewesen. Oder vielleicht doch nicht ? Bei den vielen Ultra-Linken in unserer Gesellschaft weiß man nie. Fakt ist, daß die meisten Medienvertreter und Journalisten sich am liebsten Habeck als Kanzler wünschten.

Fragen hilft
4 Jahre her

Mit der Bitte um Weiterleitung an Herrn Habeck.
Albert Camus: Wer die Dinge nicht mit richtigem Namen nennt, trägt bei zum Unglück dieser Welt.

Lichtenberg
4 Jahre her
Antworten an  Fragen hilft

Dito:
«Wenn die Zuhälter und Diebe immer und überall verurteilt würden, hielten sich ja alle rechtschaffenen Leute ständig für unschuldig! Und meiner Meinung nach muss gerade das verhindert werden.»
In einer atemberaubenden Beichte bekennt ein im Amsterdamer Hafenviertel untergetauchter Staranwalt Selbstgefälligkeit und Opportunismus als Triebfedern seines einstigen Rechtsbewusstseins. Für diesen Roman erhielt Albert Camus den Nobelpreis.
So inseriert der Verlag die deutsche Sonderausgabe des Romans „Der Fall“ (s. Rowohlt.de)

Lavinia
4 Jahre her

Die Linken haben es seit 68 geschafft, beim Publikum jegliche Assoziation des Totalitarismus, der mit linken Ideen und deren Protagonisten verbunden ist, vergessen zu machen. Und deshalb kann ein Herr Habeck sagen, Dutschke sei sein Vorbild – also irgendwie, anscheinend aber nicht so richtig -, ohne dass dies irgendjemandem negativ aufstößt. Wenn diese drei Figuren überhaupt ein Bild erzeugen, dann das des Herrn Habeck als Rebell gegen das Establishment; schließlich hat er ja auch ständig diesen Dreitagebart, da muss er doch Rebell sein, was denn auch sonst – als Vorsitzender einer Verbotspartei, die am liebsten alle Bürger wie Kindergartenkinder behandeln… Mehr

Wolfgang M
4 Jahre her

Hr. Jörges vom Stern wünscht sich einen Kanzler Habeck in einer grün/rot/roten Regierung. Macht er sich eigentlich keine Gedanken über die Risiken und Nebenwirkungen. Dann fährt Deutschland endgültig gegen die Wand.

Bauernbursch
4 Jahre her

Seine heimlichen Vorbilder sind:
Mao
Karl Marx
Che Guevara
Die passen perfekt zu seinen Äußerungen in der Vergangenheit

Lichtenberg
4 Jahre her

Der geniale Ironiker Habeck wird notorisch unterschätzt. Sein heimliches Vorbild heißt Monty Python. Das verstehen BRIGITTE-Follower aber nicht auf Anhieb. Als Bundeskanzler wird er Frau Merkels Verfallsdatum souverän übertreffen. In dunklem Anzug ähnelt er Monsieur le Président; auf den Antrittsbesuch im Elysée freuen sich die BRIGITTES beider Nationen.

Lavinia
4 Jahre her
Antworten an  Lichtenberg

Malen Sie das bitte, bitte nicht an die Wand!

Achso
4 Jahre her

Was seine philosophischen Fähigkeiten betrifft fällt mir ein japanisches Sprichwort ein.
„Auch wenn man einen Esel auf eine lange Reise schickt,wird er nicht als Pferd zurückkehren!“

Waehler 21
4 Jahre her

Sie haben vergessen ein weitereVorbilder aufzuzählen! Rattenfänger von Hameln , Göbels. …..Klimawandel für ne Appel und ein Ei, Umweltverbrauch für die Urbanisierung ( Wohnungsbau) völlig ausblenden. ….. wie man ohne technische Überlegenheit den Lebensstandard sichert? , Multi Kulti ( nur die Negativbeispiele) und und ..
Aus welchen Grund man lügt ist mir egal !

Th.F.Brommelcamp
4 Jahre her

Es liegt an der Intelligenz der Wähler ob sie einen Infantil Romantiker in seiner Endlospubertät aus einer Apokalyptischen Partei als Kanzler haben wollen oder eine ehemalige FDP Karrieristin, oder Studienabbrecher …
Der Passende Präsident ist schon da.