100-Milliarden-Bundeswehr-Paket wird zur Mogelpackung

Die Bundeswehr sollte wieder aufgerüstet werden. Dafür wurden 100 Mrd. Euro Sondervermögen angelegt - aber jetzt wird das Geld für den Unterhalt der Truppe ausgegeben. Von einer Neuausrüstung ist keine Rede mehr.

IMAGO / Björn Trotzki

Gerade eben zwei Monate liegen zwischen diesen beiden Nachrichten: 

Am 16. Juni 2023 besucht Kanzler Scholz (SPD) das Taktische Luftwaffengeschwader 51 „Immelmann“ in Jagel nahe der Stadt Schleswig. Er setzt sich in einen „Tornado“ und posiert mit Scholzomat-Grinsen aus dem Tornado-Schleudersitz heraus. Scholz gibt den Bundeswehrkanzler. Vergessen wir, was er der Bundeswehr mehr als ein Jahr lang mit einer vom ersten Tag an überforderten und zumal desinteressierten 13-Monate-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) angetan hat. Noch am 4. Januar 2023, nach Lambrechts schrägen Silvester-Video und wenige Tag vor ihrem längst überfälligen Rücktritt vom 19. Januar, hatte Scholz gemeint, Lambrecht sei eine „erstklassige“ Verteidigungsministerin, mit der er „gut und vertrauensvoll“ zusammenarbeite. 13 Monate „vertrauensvoll“ vergeudete Zeit, wie sich mehr und mehr herausstellt.

Am 16. August 2023 können wir lesen: „Die Ampel wollte sich per Gesetz dazu verpflichten, jährlich zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung zu investieren. Das Signal an die Nato wäre klar gewesen. Doch daraus wird nun nichts.“

Verweilen wir nur ganz kurz bei den gesetzlich fixierten und dann doch nicht fixierten „2 Prozent“. Eine gesetzliche Festlegung wäre imagepolitisch ja schön, aber auch Irrsinn. Denn: In 3 bis 4 Jahren ist das 100-Mrd-Sondervermögen aufgebraucht. Solange könnte man die 2 Prozent einhalten. Derzeit haben wir knapp 1,6 Prozent. Ab spätestens 2026 aber ist der Ofen aus, weil die 100 Mrd. obendrein wegen Schuldentilgung und Inflation auf 70 bis 80 zusammengeschmolzen sind. Danach müsste der reguläre Bw-Etat auf wohl 80 Milliarden jährlich erhöht werden, um die 2 Prozent zu stemmen. Derzeit gibt es regulär 51 Mrd.

Und nun das: Die 100 Milliarden sollen nicht nur für Waffen ausgegeben werden, sondern auch für Infrastrukturprojekte und den Betrieb der Truppe. Businessinsider schreibt denn auch bereits im Titel der entsprechenden Nachricht: „Erinnerungslücken bei Scholz – Kanzler will Sondervermögen der Bundeswehr aufweichen und gefährdet damit Kauf neuer moderner Waffen.“

Aber da war doch was? Drei Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine hatte Scholz in seiner „Zeitenwenderede“ vom 27. Februar 2022 ein 100 Milliarden-„Sondervermögen“ für die Aufrüstung bzw. Modernisierung der Bundeswehr ankündigte. Wobei die Begrifflichkeit schon damals Vernebelung war, denn es ging um Sonderschulden. Aber man freut sich auf neue Hubschrauber, Flugzeuge, Schiffe, Panzer, Waffen, Munition. Denn Scholz wollte eine „leistungsfähige und fortschrittliche Bundeswehr, eine Bundeswehr, die ihren Kernauftrag, die Landes- und Bündnisverteidigung, erfüllen kann, weil sie ausreichend ausgestattet ist.“

Und heute: Es stockt. Die „Ampel“ will es so. Finanzminister Lindner (FDP) hat eine Änderung der rechtlichen Vorgaben für das Sondervermögen in der Kabinettssitzung vom 16. August vorgestellt. So heißt es bisher in dem entsprechenden Gesetz: „Die Mittel des Sondervermögens sollen der Finanzierung bedeutsamer Ausrüstungsvorhaben der Bundeswehr, insbesondere komplexer überjähriger Maßnahmen, dienen.“ Dieser Satz soll nun an entscheidenden Stellen aufgeweicht werden: So ist nicht mehr von „bedeutsamen“ Ausrüstungsvorhaben die Rede, sondern nur noch von Ausrüstungsvorhaben. Auch der Nachsatz wird gestrichen.

Aha! Man will Löcher stopfen. Weil hinten und vorn‘ das Geld angesichts einer populistisch ausgabenfreudigen und planwirtschaftlich agierenden „Ampel“ fehlt. Hintergrund dürfte aber auch sein, dass die Truppe ohnehin das Geld nicht rechtzeitig für neues Gerät abfließen lassen konnte. 13 vergeudete Monate Lambrecht lassen grüßen. Nachfolger Pistorius (SPD) kann da nicht zaubern.

Hoffen wir immerhin, dass mit „Infrastrukturprojekten“ nicht wieder Dinge gemeint sind, die eine gewisse Ursula von der Leyen (CDU) als Verteidigungsministerin (2013 – 2018) angekündigt hatte: Schwangerenuniformen, Kitas in Kasernen, schwangerengerechte Panzer ….

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Kommentare ( 48 )

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November Man
8 Monate her

Man kann sich nur wundern wie widerspruchslos sich die Deutschen mittlerweile ausnehmen lassen. Und sie wählen immer wieder Parteien aus Reihen der Altparteien als Regierung.
Obwohl die meisten wissen, dass diese Parteien und ihre Politiker nur für sich selbst regieren, aber niemals für das Volk. Mancher von denen kennt nicht mal das Volk. Und so was wird auch noch gewählt. Man kann nur hoffen, dass dieses Volk noch rechtzeitig aufwacht. Und zwar bevor es komplett zu spät ist.  

Siggi
8 Monate her

Tarnen, Täuscher, Manipulieren, das sind die Hauptzutaten dieser Regierung. Ich hoffe, die kommenden drei Landtagswahlen werden den Verantwortlichen um die Ohren fliegen. Verdient haben die das allemal.

Oneiroi
8 Monate her

Wen wunderts. Jeder halbwegs rationale politische Beobachter hat von Anfang an gesagt, dass die 100 Mrd so wie jedes andere Sondervermögen auch, in entsprechende Günstlingskanäle umgeleitet werden. Die regelmäßigen Umformulierung des Verwendungszwecks dienen dabei der Legalisierung des Vorgangs. Bei der Bundeswehr bedeutet das, dass mehr Gleichstellungs/Frauenbeauftragte/Beraterposten/NGOs/Strategiepapiere zum Einsatz kommen werden. Wenn am Ende noch was übrig bleibt, werden vielleicht ein bisschen Munition, paar Pistolen und Gewehre noch gekauft.

Britsch
8 Monate her

100 Mrd. Euro Sondervermögen angelegt
Also nichts für ungut aber die Benutzung des Begriffes Sondervermögen suggeriert der Masse doch etwas vollkommen Falsches.
Vermögen ist normalerweise etwas das man hat, ein Guthaben.
Hier geht es aber um 100 Mrd. Schulden für die die Allgemeinheit / Bürger aufkommen müssen, die das erarbeiten und bezahlen müssen.
Wenn man den Begriff diesbezüglich (bewußt so Irreführend dafür eingeführt) benutzt unterstützt man damit die vera….. der Bürger

Hans E.
8 Monate her

Wieso, die 100 Mrd sind doch schon weg oder verplant. Direkt oder indirekt (Ukraine, EU) in die USA. Wenn noch etwas übrig sein sollte für Klimaziele Bundeswehr, d.h. umgelabelt für Wasserstoff (RWE, Thyssen) und China (Solarzellen und Windenergietechnik).
Dem dt. Michel gefällt es wohl, sonst würde er ja anders wählen.

Waldorf
8 Monate her

Schildbürger machen Schildbürgerdinge! Man kann es heute als Faustregel ansehen, dass jede Überschrift, die die Regierung einem Vorhaben oder Gesetz gibt, eine Lüge, Verschleierung, Täuschung ist. Sondervermögen sind einfach in einen Schattenhaushalt ausgelagerte Schulden, womit nur das Überschreiten der Schuldenbremse vernebelt werden soll. Von diesen Sondertöpfen gibt’s ja genug weitere, Corona, Klima, Dürre, Weltrettung etc Das Bunte-Wehr-Sondervermögen ist natürlich auch eine Mogelpackung, wie u.a. alle Klimavesetze, die nur schnöde Steuererhöhungen oder Verbote enthalten, aber dem globalen Klima ziemlich genau zu 100% egal sind – wie alle „Klima-Maßnahmen“ aus Deutschland. Alles Betrug aus den Federn irgendwelcher parteinaher PR-Agenturen, die zwar medial… Mehr

Zum alten Fritz
8 Monate her

Für was braucht es heut zu Tage diese Bundeswehr? Dem Laden (was anderes ist es nicht) auflösen. Halt stop nicht alle nach Hause rennen.
Die Marine wird zur erweiterten Küstenwache, es gilt Infrastruktur und Verkehrswege vor Deutschland zu beschützen.
Die Bundespolizei wird verstärkt, für den Heimatschutz wird eine Nationalgarde aufgestellt (inkl. Pflichtjahr für den gesamten Nachwuchs ab 18).
Zur Luftwaffe kommt die Luftabwehr und Luftaufklärung dazu.
Was das geht nicht wegen der NATO. Klar, der Generalstab der BW übernimmt dort die Geschicke.
Von wem habe ich es mehr oder weniger geklaut?

jwe
8 Monate her

Mit Geld und Waffen allein wird die Ukraine irgend wann nicht mehr klar kommen. Es werden sicher schon in Kürze die Kämpfer und Waffenbediener fehlen. Wer kämpft dann dort bzw. vielleicht sind heute schon Streitkräfte der Nato in ukrainischer Uniform im Einsatz.Was sind die Ziele dieses Krieges (die Ukraine wird ihn nicht gewinnen)? Der ganz große Konflikt, der dann einen Neubeginn für Währung, Staatenbildung, Wirtschaft etc. ermöglicht? Die Geschichte kennt genung regionale KOnflikte, die zum Flächenbrand ausarteten. Die Bereitschaft zur diplomatischen Lösung des Ukraine-Krieges ist von westlicher Seite nicht vorhanden.

Kaltverformer
8 Monate her

Das war doch klar, dass das nichts wird.
Dieses politische Personal bekommt außer grüner Ideologie, Dogmatik und Weltrettungsphantasien absolut nichts mehr auf die Reihe.

Ich muss mich korrigieren: Steuergeld sinnlos verprassen, das können sie gut, das funktioniert ausgezeichnet.

Helfried Petersen
8 Monate her

Hauptsache die Bundeswehr erreicht die von ihr erwarteten Klimaziele….

Julischka
8 Monate her
Antworten an  Helfried Petersen

Freu mich schon auf die Bilder, wenn sie dann „klimaneutral“ mit Pfeil und Bogen üben, das was hier noch vom einstigen „Vaterland“ übrig ist, zu verteidigen!