Wie der Staat eine legale Partei bekämpft

Deutschlands Inlandsgeheimdienst darf die AfD als „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ einstufen. Die Klage der Partei dagegen wurde zurückgewiesen. Kurzfristig dürfte das Urteil Weidel & Co. nicht schaden – mittelfristig aber durchaus.

picture alliance/dpa | Guido Kirchner

Thomas Haldenwang hat gewonnen. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz darf die AfD weiter bespitzeln. Bei seiner Dienstherrin Nancy Faeser hört man zwischen den Zeilen ihrer Presseerklärung förmlich die Champagnerkorken knallen: „Unser Rechtsstaat hat Instrumente, die unsere Demokratie vor Bedrohungen von innen schützen. Genau diese Instrumente werden auch eingesetzt – und sind jetzt erneut von einem unabhängigen Gericht bestätigt worden.“ So lässt sich Deutschlands sozialdemokratische Innenministerin zitieren.

Montagfrüh hat das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster die Berufungsklage der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz zurückgewiesen. Der Inlandsgeheimdienst darf die Partei nun weiter als rechtsextremen „Verdachtsfall“ führen.

Das Urteil des – als wokes Herz der deutschen Rechtsprechung berüchtigten – OVG Münster kommt pünktlich mitten im EU-Wahlkampf. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

„Es besteht der begründete Verdacht, dass es den politischen Zielsetzungen jedenfalls eines maßgeblichen Teils der AfD entspricht, deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund nur einen rechtlich abgewerteten Status zuzuerkennen. Dies stellt eine nach dem Grundgesetz unzulässige Diskriminierung aufgrund der Abstammung dar, die mit der Menschenwürdegarantie nicht zu vereinbaren ist.“ Das ist der Kernsatz der Urteilsbegründung.

Die Partei hat angekündigt, auch dieses Urteil anzufechten. Doch egal, wie die Richter in der nächsten Instanz dann auch entscheiden mögen: Der Schaden für die Blauen ist schon da.

Dabei geht es weniger um die Möglichkeiten zur Bespitzelung, die Haldenwang jetzt weiterhin formal völlig legal gegen die AfD einsetzen kann. Sein Inlandsgeheimdienst darf wegen der Einstufung ganz offiziell nachrichtendienstliche Mittel gegen die Partei einsetzen. Dass Deutschlands Verfassungsschutz inzwischen ein veritabler Staat im Staate geworden ist – mit Befugnissen, wie sie auf deutschem Boden zuletzt nur die Stasi hatte – ist dabei eine Randbeobachtung und Thema für einen eigenen Text.

Viel wichtiger ist die politische Wirkung.

Die AfD wird jetzt – noch viel mehr als bisher schon – als Gefahr für die Demokratie dargestellt werden. Man kann sich zwar nur sehr schwer vorstellen, wie vor allem der von allen Bürgern zwangsfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk noch AfD-feindlicher werden sollte als bisher schon – aber es wird passieren, irgendwie.

Kurzfristig dürfte das Weidel, Chrupalla & Co. bei ihren Wählern nicht schaden. Eher im Gegenteil, da kann man mit einer Trotzreaktion rechnen. Mittelfristig wird es für die Partei aber vermutlich deutlich schwerer, neue Anhängermilieus zu erschließen.

Beamte und sonstige Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst werden sich zweimal überlegen, ob sie ihre Sympathie für die Partei öffentlich machen. Seit 1. April (leider kein Scherz) gilt eine neue Disziplinarordnung. Die macht es erheblich leichter, Mitarbeiter wegen angeblicher „verfassungsfeindlicher Bestrebungen“ aus dem Dienst zu entfernen.

Faeser wird auch weiter versuchen, Geldströme an die AfD und an deren Umfeld zu kriminalisieren – also an alles, was irgendwie „rechts“ ist, d. h. nicht zur herrschenden grün-linken Klasse gehört. All dies dient erkennbar dem Ziel, der Partei den Zugang zu Ressourcen – personellen wie finanziellen – sukzessive zu erschweren.

Der nächste Schritt wird sein, dass der Verfassungsschutz und sein fürchterlicher, willfähriger Chef Haldenwang die gesamte AfD bundesweit für „gesichert rechtsextremistisch“ erklären wird. Das könnte noch am Montag passieren. Und natürlich hat das alles mit dem EU-Wahlkampf aber auch rein gar nichts zu tun.

All dies fährt das Ampel-Kartell gegen eine Partei auf, von der es selbst nicht glaubt, sie verbieten zu können: Weil man ahnt, dass da sogar das ja nun wirklich regierungstreue Bundesverfassungsgericht nicht mitspielen würde.

Es ist ein bisher beispielloser Feldzug von Regierungsparteien gegen einen politischen Konkurrenten unter missbräuchlicher Instrumentalisierung von staatlichen Einrichtungen. In der politischen Theorie gilt das als eines der wichtigen Wesensmerkmale autoritärer Regime.

Wer wissen will, wie man eine Demokratie wirklich ruiniert, der muss dieser Tage nur nach Berlin schauen.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 175 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

175 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Querdenker73
5 Monate her

„Bei seiner Dienstherrin Nancy Faeser (SPD) hört man zwischen den Zeilen ihrer Presseerklärung förmlich die Champagnerkorken knallen..“. Auch wenn das nur eine Metapher ist: Diese beschreibt doch die geistige Reife dieser Person und die vieler ihrer Genossen. Mir liegt ein Bild vor, auf dem sie sich mit der deutschen Botschafterin in der Ukraine, Frau Anka Feldhusen, dem Bürgermeister Vitali Klitschko und dem Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit Sekt auf einem Balkon amüsiert, sozusagen über den Schlachtfeldern, auf denen gleichzeitig gestorben wird (Compact, Ausgabe 5/24, S.12)! Tolle Frau! Ich frage mich, warum dieses Bild nicht im Großformat zur Wahlwerbung für die… Mehr

tichoz
5 Monate her

Mitnichten hat die AfD verloren; sie hat sogar gewonnen. Laut dem Urteil darf der Verfassungsschutz gar nicht als extremistisch einschätzen, äh, einordnen.
Besorgen Sie sich die Einlassung eines Herrn Brodkorb auf das Urteil: Hier verschluckt sich der Verfassungsschutz.

Cethegus
5 Monate her

Hmm, was wohl passiert, wenn die Blockparteien den in der Verfassung garantierten Machtwechsel durch solche Urteile weiter verunmöglichen?
Wie war das doch gleich in der DDR, UDSSR, Rumänien usw.????
Wehe, wehe wenn ich auf das Ende sehe….

Ceterum censeo Berolinem esse delendam
5 Monate her

Wer wissen will, wie man eine Demokratie wirklich ruiniert, der muss dieser Tage nur nach Berlin schauen. Dieser Tage? Mit Verlaub, aber wer Augen hat zum Sehen, Ohren hat zum Hören und einen Kopf zum Denken, der muss schon seit mindestens zehn Jahren festgestellt haben, dass dieser Parteienstaat nichts als eine Demokratie-Simulation ist. Die „Deutsche Demokratische Republik“ oder die „Koreanische Demokratische Volksrepublik“ (Nordkorea) bezeichneten/bezeichnen sich selbst nicht minder als „Demokratie“, und ihre Herrscher hielten/halten sich ebenso wie unsere Altparteien-Kartellbonzen für die einzig lupenreinen Demokraten. Unter einem anderen TE-Artikel habe ich heute einen Leserkommentar von „Verblichene Rose“ gelesen, dem ich mich… Mehr

Last edited 5 Monate her by Ceterum censeo Berolinem esse delendam
DELO
5 Monate her

Dieses Urteil zeugt nicht von Souveränität eines Gerichtes, sondern von der Verwahrlosung des Rechtsstaates im Gerichtssaal. Verursacherin ist eindeutig Faeser mit ihrem Büttel Haldenwang. Faeser zeigt STASI-Methoden, die ihr offensichtlich sehr liegen. Schlimm, daß es in der Bundesrepublik Personen gab, die heute in höchsten Ämtern sitzen und die dieses DDR-Verbrecherregime sich gern als Vorbild nehmen. Das alles hat mit AfD überhaupt nichts zu tun (die AfD ist nur gerade im Fokus, weil sie große Teile der Bevölkerung ansprechen), sondern ist ein frontaler Angriff auf eine demokratische Grundordnung mit freier Meinungsbildung des Individuums. Ziel ist die Formung eines unterwürfigen Mitbürgers, dem… Mehr

Peter Schewe
5 Monate her

Das ist nicht die DDR 2.0, sondern mindestens schon DDR 4.0. Nicht die Demokratie ist in Gefahr, sondern die Vorherrschaft der etablierten Parteien. Diese missbrauchen den Rechtsstaat in nie gekannter Weise, um ihreen Einfluss nicht zu verlieren. Es ist nichts als Panik, was sie dabei antreibt.

DeppvomDienst
5 Monate her

Vor dem Hintergrund dieses Urteils dürfte klar sein, wie die Anzeigen gegen den Diakoniepräsidenten enden werden. In der runden Ablage.

Warte nicht auf bessre zeiten
5 Monate her

Wir sind in einer gesellschaftlichen Umbruchsituation, da spielen weniger Gerichtsurteile oder Gesetze eine Rolle, als das, was sich im Land real tut und sich auf die wirtschaftliche Lage der Menschen und ihr Sicherheitsgefühl auswirkt. Solche offenkundig politischen Urteile befördern dabei nur den Zerfall von Autoritäten und staatlichen Institutionen.

Gerhard-66
5 Monate her

Einfach nur die Sicht Halewangs.. di Sicht des sozialistischen Kibbuz.. soll ich mich jetzt darüber aufregen..? ..Das ein eingefleischter Sozialist.. Leiter des Verfassungsschutzes ist.. halt einfach nur Schild und Schwert.. der Blockparteien.. irgendwo so ein armes Würstchen wie Erich.. ich habe euch doch alle lieb..:-)

.. einfach nur ein Haldewang.. ich beleidige Würstchen ungern..:-)

Sonny
5 Monate her

Ein rabenschwarzer Tag für die Demokratie und das Rechtswesen Deutschlands, dass gefühlt nur noch der Erfüllungsgehilfe von Politikern der Altparteien geworden ist.
Die wirkliche Gefahr für Deutschlands Demokratie sind solche Stasi-Methoden, um einen erfolgreichen Konkurrenten auszuschalten, der allmählich und stetig immer größeren Zuspruch in der Bevölkerung erfährt.
Das bringt Pfründe der Altparteien in Gefahr und ihre willkürlichen Machtspielchen.