Gericht verurteilt Björn Höcke zu Geldstrafe

Den ganzen Tag über hatte das Gericht verhandelt – und nun entschieden, dass Björn Höcke (AfD) schuldig ist. Er habe bewusst eine SA-Parole verwendet. Es verhängte eine Geldstrafe von 13.000 Euro über den Thüringer Spitzenkandidaten.

picture alliance / dts-Agentur

Das Landgericht Halle hat den Thüringer AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke zu einer Geldstrafe verurteilt. Sie beläuft sich auf 100 Tagessätzen zu je 130 Euro. Damit geht ein fast einmonatiger Prozess zu Ende. Die Staatsanwaltschaft hatte Höcke vorgeworfen, Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verwendet (Paragraf 86a Strafgesetzbuch) zu haben. Höcke hatte dabei bestritten, den SA-Hintergrund der von ihm verwendeten Parole („Alles für Deutschland“) zu kennen.

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine sechsmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung gefordert. Höcke sollte außerdem 10.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen, etwa an eine NS-Gedenkstätte oder ein Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten. Staatsanwalt Benedikt Bernzen sagte, das sei „zur Einwirkung auf den Angeklagten unerlässlich“, das ergebe sich auch aus dem „Nachtatverhalten des Angeklagten“.

Schon in der Verhandlung vom 23. April hatte das Gericht jedoch deutlich gemacht, dass mit einer Geld- und nicht mit einer Haftstrafe zu rechnen sei. Damit wäre Höckes Kandidatur für die Thüringer Landtagswahl am 1. September nicht gefährdet gewesen. Verteidiger Ralf Hornemann hatte dagegen einen Freispruch für den 52-Jährigen gefordert. Nicht Höcke, sondern die Staatsanwaltschaft habe dafür gesorgt, dass nun zahlreiche Menschen den SA-Spruch kennen würden, der Stein des Anstoßes war. Er sei eigentlich vergessen gewesen. In seiner eigenen Stellungnahme zum Schluss der Verhandlung sagte Höcke in Richtung des Staatsanwalts: „Die haben heute in der Diktion eines politischen Aktivisten gesprochen.“ Er habe das Gefühl, ein politisch Verfolgter zu sein.

Wider Erwarten hatte sich der Urteilsspruch am Dienstag immer weiter verzögert. Höckes Anwalt Ulrich Vosgerau überraschte das Gericht mit einem weiteren Beweisantrag. Das Gericht gab diesem statt. Als Zeuge trat der Göttinger Historiker Karlheinz Weißmann auf. Der Kolumnist der Jungen Freiheit erklärte, die SA-Parole sei „nicht besonders präsent“ gewesen und es zudem eine „wirklichkeitsfremde Vorstellung“, dass ein Geschichtslehrer das wissen müsse. Die Staatsanwaltschaft hielt dagegen, dass jemand, der sich so viel mit der Vergangenheit Deutschlands beschäftigt habe, von der Verwendung des Spruchs wissen müsse. Vosgerau kündigte an, bei einer Verurteilung das Verfahren beim Bundesverfassungsgericht und beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte fortzusetzen.

Zusätzlich wurden Ausschnitte aus dem TV-Duell zwischen Mario Voigt (CDU) und Höcke gezeigt. Damit verzögerten sich auch die Plädoyers.

Zuvor hatte das Gericht mehreren Beweisanträgen der Staatsanwaltschaft stattgegeben. Dazu gehörte ein Video aus dem Jahr 2023. Höcke ermutigte sein Publikum bei einer Veranstaltung in Gera mit den Worten „Alles für …“, worauf die Menge antwortete „Deutschland!“ Dies sei ein Beleg dafür, dass Höcke sehr wohl von der Parole und ihrer Bedeutung wusste.

Der Thüringer AfD-Spitzenkandidat hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Merseburg im Jahr 2021 am Ende seiner Rede gesagt: „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland!“ Höcke erklärte vor Gericht, vom SA-Hintergrund der Losung „Alles für Deutschland!“ nichts gewusst zu haben. Er hätte sie dann „mit Sicherheit nicht verwendet“. Er bezeichnete die Aussage als „Allerweltsspruch“ und sich selbst als „völlig unschuldig“. Bei seinem Plädoyer sagte Staatsanwalt Brenzen hingegen, der „augenscheinlich fundierte NS-Sprachschatz des Angeklagten deutet auf Täterwissen hin“.

Seit dem 18. April verhandelt das Landgericht Halle über den Fall. Für Höcke könnte es nicht der letzte Prozess gewesen sein. Denn die Szene in Gera, die die Staatsanwaltschaft in der Verhandlung anführte, wurde nicht Teil dieses Prozesses. Sie kann in einem eigenen Prozess verhandelt werden. Am Landgericht Mühlhausen steht zusätzlich noch eine Anklage wegen Volksverhetzung aus.

Auch, wenn das Urteil damit weniger hart ausfiel, als es sich manche Gegner Höckes gewünscht hätten, dürften bei Haldenwang und Faeser wieder „die Sonne scheinen“. Es ist bereits die zweite juristische Niederlage für die AfD in nur zwei Tagen – und wenige Wochen vor der Wahl des EU-Parlaments. Und die AfD-Verbotsdebatte, die seit Montag wieder an Fahrt gewonnen hat, erhält neues Futter.

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Kommentare ( 161 )

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Batschka
2 Monate her

Karl Höltermann, Bundesvorsitzender und eigentlicher Initiator von „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ titelt: „Nichts für uns – alles für Deutschland! Heute rufen wir – morgen schlagen wir!“ (vgl. Eiserne Front. Vier Aufrufe; Vlg. Dietz, 1932). Höcke ist einer der Wenigen, der die Große Vertuschung entlarvt. Ihm widerfährt „Der Feind ist unsere eigene Frage als Gestalt“ (C. Schmitt). Schon sein Gesichtseindruck stört die Fort-Schrittlichen. — „Peter Pascht“!: Danke sehr für Ihren Hinweis auf die Proklamation des Königs Ludwig von Bayern, vom 6. März 1848!

Gerro Medicus
2 Monate her

Nun, der Spruch an der Fassade des Gerichts in Halle, der auch über einem bekannten KZ zu lesen war, weist darauf hin: hier werden politische Gegner jenseits von Recht und Gerechtigkeit fertiggemacht!

Last edited 2 Monate her by Gerro Medicus
Britsch
2 Monate her

Es gehört hier doch dazu zu bemerken, daß das Urteil / Urteilsspruch / verhängte Strafmaß bereits Stunden vor Urteilsverkündung durch das Gericht in Medien zu lesen war / veröffentlicht wurde. Da darf man sich fragen, wo und von wem wurde das Urteil „ausgeklüngelt“? Stand das Urteil eventuel bereits vor Prozessbeginn fest? (man muß vom Ergebnis her denken?). Anderer haben den gleichen Spruch auch benutzt, ohne daß Jemand aufhebens gemacht hat. Bei der SPD z.B. wurde der Spruch eine ganze Zeit ganz selbstverständlich benutzt und die These verbreitet

Markus Gerle
2 Monate her

Ein weiterer Justiz -Skandal in einer ganzen Kette, die einmal mehr zeigt, dass Deutschland kein Rechtsstaat mehr ist. Insbesondere die Zahl und Höhe der Tagessätze sind bemerkenswert. Wer hat Justizia eigentlich die Augenbinde geklaut? Und schämen sich die durchpolitisierten Staatsanwälte und Richter eigentlich nicht?

Riffelblech
2 Monate her

Ganz nach amerikanischem Vorbild ( Trump) überzieht die Justiz der Ampel die AfD mit laufenden Klagen und äußerst fragwürdigen Urteilen . Justiziabel heißt immer im Sinne der Machthaber zu urteilen. Von einer unabhängigen Rechtsprechung kann in diesem Lande seit Merkel wirklich nicht mehr ausgegangen werden . Politische Verfolgung der unliebsamen AfD Opposition scheint zur Gewohnheit zuwerden . Was sind das nur für Menschen die als Staatsanwälte sich dermaßen frei von jeglicher moralischer Position hergeben die Anklagen so lange zu drehen und zu wenden bis eine Situation entsteht die der ins Auge gefassten Verurteilung entspricht . Aber glauben denn die politisch… Mehr

Britsch
2 Monate her
Antworten an  Riffelblech

Entschuldigung Sie vergessen die Richter / das Gericht, Staatsanwälte sind Ankläger aber das Gericht ist eigentlich dazu da um Recht zu sprechen und dies im Sinne von Gerechtigkeit und dies OHNE Jegliches Ansehen der Person

Farbauti
2 Monate her
Antworten an  Britsch

Gerichte sprechen im Sinne des Rechts, zumindest sollten sie dies.
Der Anspruch an Richter im Sinn von Gerechtigkeit zu urteilen, ist ein weitverbreiteter Irrtum.

Riffelblech
2 Monate her
Antworten an  Britsch

Sehr richtig !
Wo aber finden sich denn heute noch Richter / Gerichte die wirklich ganz frei und nach Recht und Gesetz urteilen ?
Wie das ausgeht hat man doch beim Thüringer Richter gesehen der in der Coronazeit Urteile zur Einschränkung kindlicher Rechte getätigt hat .
Weg vom Fenster !
Also das Unheil fängt mit dem Staatsanwalt an .

HansKarl70
2 Monate her

Bei dem politischen Umfeld war nichts anderes zu erwarten. Auf den sog. europäischen Gerichtshof würde ich auch nicht wetten.

Steve Acker
2 Monate her

auf Achgut ein hochinteressanter Artikel von Jens Holzapfel.
Besagter Satz wurde in den 20er Jahren von vielen personen und Kreisen,
insbesondere auch von Sozialisten verwendet.

Mausi
2 Monate her

Hier der Gegenpol, der nicht von nationaler Bedeutung ist: https://twitter.com/FranzBranntwe10/status/1790461726913167398?ref_src=twsrc%5Etfw. Bei ntv nur zu finden, wenn man aktiv „Daniel Wolski“ sucht. Bei BR24 erscheint zwar Herr Höcke auf der ersten Seite, aber nichts zu Daniel Wolski. ntv: „Knappe Begründung: Gericht hat Höcke nicht geglaubt“. Das ist eine naive Aussage, die die Verdummung unterstützt, was die Prinzipien des Rechtsstaates angeht. Auf Glauben kommt es nicht an. Selbst dann nicht, wenn von Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit die Rede ist. „Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen und der Glaubhaftigkeit ihre Aussagen muß aber nachvollziehbaren Kriterien entsprechen…“, https://www.jura.uni-frankfurt.de/55029767/Glaubhaftigkeitsbeurteilung.pdf Aber da Juristen gut sein können, wenn… Mehr

Last edited 2 Monate her by Mausi
harald Bernhard
2 Monate her

 Ok, wenn ich das jetzt richtig interpretiere lautet der richtige Satz für die Zukunft: „Nichts mehr für D-Land“. Gar nichts mehr! Keine Ehrenämter mehr , auch nicht in sozialen Einrichtungen. Keine ehrenamtlichen Tätigkeiten in Kirchengemeinden. Keine ehrenamtlichen Tätigkeiten in Krankenhäusern. Keinen Dienst mehr in der abgewirtschafteten Bundeswehr. Übrigens, an dieser Stelle ist der Text der Eidesformel den Soldaten leisten auch ganz interessant: „Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe.“ Der Eid kann auch ohne die Worte „so wahr mir Gott helfe“ geleistet werden.… Mehr

siebenlauter
2 Monate her
Antworten an  harald Bernhard

Man fragt sich, ob das Gerichtsurteile nicht gar ein Aufruf zum Steuerstreik sei …

LM978
2 Monate her

Ich ĥabe da eine differenzierte Meinung. Zunächst mal sage ich auch: Dieser Satz darf nicht zu so einem Urteil führen, da er gerade nicht vergänglich sondern sehr allgemein ist. Und es kann nicht sein, dass man mit einer Erklärung , etwas sei ein Wahlspruch oder eine Parole von Jemandem gewesen, allgemeine Formulierungen unterbindet. Zweitens, egal ob bewusst oder unbewusst, bekannt oder unbekannt, hier steht gar nichts zweifelsfrei fest, und es sollte das Prinzip „im Zweifel für den Angeklagten“ für Alle gleichermaßen gelten. Drittens: es ist offensichtlich, dass es hier um Bekämpfung der AFD vor Wahlkampfes geht, weil man inhaltlich nicht… Mehr