Hoeneß wechselt sich selbst ein

Jetzt kommt also Uli Hoeneß zurück. Die Mitgliederversammlung wird ihn feiern wie einen, dem bitteres Unrecht geschehen ist. Und die Aufsichtsräte, darunter namhafte Vorstände von DAX-Unternehmen, werden ihn zum Vorsitzenden wählen.

Es war absehbar. Uli Hoeneß wird wieder Präsident seines FC Bayern München, und den Vorsitz im Aufsichtsrat wird er auch wieder übernehmen. Seine Strafe wegen Steuerhinterziehung hat er noch nicht verbüßt, wie allenthalben verbreitet wird. Von den dreieinhalb Jahren Haft hat er die Hälfte abgesessen; der Rest wurde für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Aber mit solchen Petitessen hält man sich in der Bayern-Familie nicht auf. Der Patriarch kommt zurück, und das allein zählt. Schließlich war Hoeneß der beste Fußballmanager, der jemals in Deutschland gearbeitet hat. Und verlernt haben dürfte er nichts.

Nun könnte man angesichts der bevorstehenden Rückkehr des tief Gefallenen ins Grübeln kommen, wie es eigentlich um die Vorbildfunktion von Sportfunktionären steht. Sollten, ja müssten das nicht Persönlichkeiten sein, zu denen das einfache Vereinsmitglied und vor allem die vielen Ehrenamtlichen aufschauen, auf die sie stolz sein können? Doch schon der Gedanke wirkt ziemlich naiv, wenn man an die mafiösen Strukturen bei der FIFA oder beim Internationalen Olympischen Komitee denkt. Zudem: Der Müchner Fußballklub hat, wie Spiegel online schreibt, „eigens für seinen Ex- und Bald-Wieder-Präsidenten die Passage in der Satzung ändern lassen, wonach nur ‚unbescholtene Personen‘ Vereinsmitglieder werden dürfen.“

Im Fall des FC Bayern München sind Kategorien wie Anstand oder Unbescholtenheit ohnehin nicht angebracht. Dieser Verein unterscheidet sich nicht nur durch grandiose sportliche und wirtschaftliche Erfolge von anderen. Bei den Bayern wurde Steuerhinterziehung im Privaten schon immer als Kavaliersdelikt angesehen. Wenn jemand erwischt wurde, dann wurde ihm sofort verziehen nach dem Motto „A Hund is er scho!“.

Schaun mer mal, dann sehn mer scho

Das war schon in den siebziger Jahren so, als der spätere „Kaiser“ Franz Beckenbauer seine Werbeeinnahmen mit Hilfe seines Managers in Schweizer Firmen umleitete und dem deutschen Fiskus seinen Anteil vorenthielt. Der bayerische Staat in Gestalt seines Finanzministers Ludwig Huber zeigte sich jedoch gnädig, Beckenbauer kam mit einer Nachzahlung in Millionenhöhe davon. Der „Franz“ rächte sich auf seine Weise: Er verlegte später seinen Wohnsitz nach Österreich, um dem deutschen Staat so gut wie keine Steuern mehr zahlen zu müssen. Seinem Ansehen bei der deutschen Politikprominenz tat dies keinen Abbruch. Der Steuerflüchtling Beckenbauer wurde von Kanzlern und Ministern hofiert und mit Orden überhäuft – und zwar von denselben Politikern, die „normale“ Steuerflüchtlinge heftig attackieren. Der Clou: Als Chef des Organisationskomitees für die Fußball-WM 2006 vereinbarte der Steuerflüchtling Beckenbauer mit dem damaligen Finanzminister Oskar Lafontaine steuerliche Vergünstigungen für die FIFA – zu Lasten der „Dummen“, die hierzulande ehrlich ihre Steuern zahlen.

Im Vergleich zu Hoeneß und Beckenbauer ist Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende der Fußball AG, ein kleiner Sünder. Wegen der illegalen Einfuhr von Rolex-Uhren wurde er 2013 zu einer Geldstrafe von knapp 250.000 Euro verurteilt. Dass er damit als vorbestraft gilt, hat beim FC Bayern niemanden gestört. Das wäre auch einem Politikwechsel gleichgekommen. Schließlich hatte es schon ein Jahrzehnt vorher den Fall des Verwaltungsbeirat-Mitglieds Boris Becker gegeben. Der wurde 2002 wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt, blieb aber bis 2009 ein gern gesehenes Mitglied dieses Bayern-Gremiums.

Jetzt kommt also Uli Hoeneß zurück. Die Mitgliederversammlung wird ihn feiern wie einen, dem bitteres Unrecht geschehen ist. Und die Aufsichtsräte, darunter namhafte Vorstände von DAX-Unternehmen, werden ihn zum Vorsitzenden wählen. Da fragt man sich schon, ob Konzernlenker wie Herbert Hainer (Adidas), Rupert Stadler (Audi), Werner Zedelius (Allianz) oder Timotheus Höttges (Telekom) im eigenen Unternehmen einen wegen Steuerhinterziehung verurteilten Prokuristen nach der Entlassung aus dem Gefängnis wieder bei sich wieder einstellen würden. Wohl kaum.

Irgendwie erinnert dieser FC Bayern an eine Parallelgesellschaft – oder an eine Resozialisierungsanstalt mit angeschlossener Fußballabteilung.

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