Von der Hybris besiegt

Boliviens zurückgetretener Präsident Morales begann seine Karriere als Volkstribun, der sich für die Rechte der Armen einsetzte. Mit zunehmender Dauer seiner Amtszeit schuf er sich jedoch immer mehr Feinde – und suchte sich falsche Freunde. Sein politischer Übermut brachte ihn schließlich zu Fall.

Hector Vivas/Getty Images

Die antike Warnung vor politischem Übermut hat seit der Antike nichts an ihrem Gehalt verloren. Die Fälle, in denen Politiker den richtigen Moment für ihren Rückzug fanden, sind seit Sullas Zeiten selten geworden. Evo Morales ist nur das jüngste Beispiel.

Bolivien gestaltete er zum „plurinationalen“ Staat um

Dabei hatte der Mann, der die Karriere vom Koka-Bauern zum bolivianischen Präsidenten hinlegte, als Volkstribun begonnen, der sich für die Rechte der Armen und der Indigenen einsetzte. Morales posierte mit dem regenbogenfarbenen Banner der Aymara, das an präkolumbianische Zeiten erinnerte. Bolivien gestaltete er zum „plurinationalen“ Staat um. Sein Einsatz für Natur und Indigene bescherte ihm den Titel eines „World Hero of Mother Earth“ vonseiten der UN. Pachamama-Rituale und ein umfänglicher Krieg gegen die katholische Kirche als kolonialistisches Relikt durften auch nicht fehlen.

Überhaupt legte sich Morales mit allem an, was verdächtig nach US-Intervention, Kapitalismus oder Einmischung von nicht-sozialistischen Nachbarstaaten roch. Freunde fand er in Hugo Chávez, Fidel Castro und Mahmud Ahmadineschad. Seine lange Amtszeit bestätigten ihn in der eigenen Ansicht, unersetzlich zu sein. Bolivien ist immer noch das Armenhaus Lateinamerikas, aber Morales sorgte dafür, dass der Anteil der ärmsten der Armen kontinuierlich zurückging. Er rechnete mit dem Dank der Bolivianer.

Bereits 2016 lehnten die Wähler eine weitere Amtszeit ab

Doch bereits 2016 lehnten die Wähler eine weitere Amtszeit von Morales ab. Das Referendum, das die Verfassung im Sinne einer neuen Kandidatur ändern sollte, scheiterte. Zuletzt musste der Oberste Gerichtshof einspringen. Als der Sozialist einen Lithium-Deal mit Deutschland einfädelte, der den eigenen Staatskonzern bevorteilte, aber die Anwohner vom Wohlstand ausschloss, nahm die Opposition das dankbar als Wahlkampfhilfe auf. Die Manipulation am Wahltag war nur der letzte Tropfen. Anders als in Venezuela setzte sich keine Großmacht für einen Verbleib von Morales ein. Wer nicht weiß, wann seine Zeit zu Ende ist, wird aus dem Amt getragen. Manchmal auch von Militär und Polizei.


Der Beitrag von Marco Gallina ist zuerst bei Die Tagespost erschienen.

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Kommentare ( 25 )

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25 Comments
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alberto el primo
4 Jahre her

Ein bisschen enttäuscht bin ich schon, dass doch etliche Kommentarschreiber von Tichys Einblick in ihrem Denken genau die spiegelbildliche Kehrseite der grünen und linken Fanatiker sind: Von vornherein alles besser wissen, und nur ja keine anderen, neuen Informationen zulassen, denn die könnten ja das gehegte und gepflegte Weltbild beschädigen. Und es kommen die gleichen platten Argumente wie auf der Gegenseite. Beispielsweise wissen manche hinsichtlich des „Referendums“ haarklein Bescheid, dass hier „das Volk“ gesprochen habe, haben aber keine Ahnung, mit welcher Begründung das Referendum durch das Verfassungsgericht für ungültig erklärt worden ist. Ich denke, man muss beide Seiten anhören, und sich… Mehr

intelligence-watchdog
4 Jahre her

sehr korrekt. ich kenne Bolivia und Latin AMerica seit 1969 sehr gut. Bolivia ist nicht Cuba oder die Soviet Union !

StefanH
4 Jahre her

Stehen Sie auf der Gehaltsliste des Größten Busfahrers aller Zeiten?

intelligence-watchdog
4 Jahre her

Ein dummer Article, denn er zeigt die eigentliche Situation in Bolivien ueberhaupt nicht auf. Es ist einfach, aber falsch, Evo Morales als Marionette von Cuba, RU, Ven, etc abzustempeln.
Gallina sagt nicht, dass praktisch 100 \% der Indios und ein grosser Teil der „Mestizos“ ihn gewaehlt haben und heute immer noch hinter ihm stehen.
Die selbsternannte Madame Jeanine Anez Praesine hat keinerlei jurisitsche Legitimation.
Tip: Wer die Welt nur durch die dicke ideologische Brille sieht: <Gut= Westen, Schlecht= RU,China, Cuba, etc) versteht nichts

StefanH
4 Jahre her

Sososo, sich mal eben ’ne verfassungswidrige weitere Amtszeit zu genehmigen und dann auch noch die Volksabstimmung darüber für nichtig zu erklären und dann auch noch eine Wahl entgegen der verfassungsmäßigen Bestimmungen im Hinterzimmer auszukungeln ist also juristisch legitimiert?!

Die “ selbsternannte Madame Jeanine Anez Praesine“ ist die juristisch eindeutig laut Verfassung Boliviens legitimierte Übergangspräsidentin Boliviens. Können Sie in diversen Originalquellen nachlesen, falls Sie des Spanischen mächtig sind.

Die Völker Südamerikas haben überwiegend die Schnauze voll von dem linken Dreck, nicht mehr und nicht weniger.

Beste Grüße aus Uruguay!

Paul Pimmel - der Herr des Kosmos
4 Jahre her

Stimme Ihnen auf der Basis meiner eigenen geschäftlichen Kontakte nach Lateinamerika zu. Allerdings sind in diesem Forum die Leute vom Treiben der europäischen Grünofanten und Kulturmarxisten (verständlicherweise) dermaßen vergrätzt, dass alles, was links des seligen Herrn Dr. Kohl steht, Buhrufe erntet und am Ende sogar eine Restitution der finsteren 60er Jahre, als der Militärputsch die normale Form des Regierungswechsels in Lateinamerika war, noch mit Beifall begrüßt würde.

intelligence-watchdog
4 Jahre her

genau dies ist der Punkt hier. Die Leser verstehen nicht, das Latinamerica, Africa und Asia nicht die EU oder Germanisthan ist.
Sie ignorieren die Zeiten der 60/70 Jahre, von in 3/4 der Latin American Laender blutige Militaerregime regierten, welche allein in Argentina 30,000 Verschwundene entsorgt wurden, in Chile der Putsch von Pinochet tausende gefoltert und ermordet wurden, ….dies alles im vom Pentagon durchgesetzer DOKTRIN DER NATIONALEN SICHERHEIT.
Militars und Grossgrundbesitzer und ihre hier darf man wirklich sagen Rechtsextremen Politiker haben eine Verelendung der Massen bewirkt, deshalb haben viele einfache Latinos den ‚SOCIALSMO‘ als Heilsbringer gesehen, ….was er nat. nicht war.

Umkehr
4 Jahre her

Es ist also demokratisch ein Referendum zu ingnorieren in dem die Bevölkerung sich gegen eine Änderung der Verfassung ausgesprochen hat, die nur dazu dienen sollte, Morales eine weitere Amtszeit zu ermöglichen, die vomVolk nicht gewollt war. Was das „Beste für das Volk“ ist entscheidet immer noch das Volk, und nicht Herr Morales. Und noch schnell eine „Verschwörungsgtheorie“ von Kirche , Polizei, Medien,Militär ect nachschieben. Warten Sie doch erst einmal ab, ob sein Nachfolger das nicht besser macht. Und klar , alles ist eine „anti-demokratische Mentalität“ was nichts links ist.

intelligence-watchdog
4 Jahre her
Antworten an  Umkehr

Herr umkehr war offensichtliche nie in Bolivia oder Peru!

Umkehr
4 Jahre her

Herr Umkehr war auch nicht in Nord Korea. Aber er hat auch hierzu eine Meinung. Nach Ihrer Logik kann fast NiemandeineMeinung zu den Verhältnissen in einem anderen Land haben , der nicht selbst da war. Das sind dann wohl 95 % aller. Ziemlich verschroben!

nomsm
4 Jahre her

Ich schon. Und Sozialisten haben viele dieser Länder zugrunde gerichtet

Enrico Stiller
4 Jahre her

Warum in die Ferne (nach Bolivien) schweifen, wenn das Schlechte liegt so nah? Bei uns sind Polizei und Militär weit überwiegend lammfromm und demokratisch. Sogar unter einem zunehmend undemokratischen System. Man grummelt nur unwillig. Wenn die Bevölkerung hinter der Ent-Demokratisierung steht, ist ein Putsch unwahrscheinlich. Sulla ist im Text als Beispiel für einen rechtzeitigen Rücktritt genannt. Nun ja. Dieser Massenmörder war ein Reaktionär, der die Macht der römischen Patrizier und ihres politischen Arms, des Senats, gegen populare Bestrebungen sichern wollte. Alle Ämter, wie das Tribunat, das die Repräsentation unterer Gesellschaftsschichten ermöglichten, schwächte er. Insofern (!) ist er eine Parallele zur… Mehr

schukow
4 Jahre her
Antworten an  Enrico Stiller

Rom war Republik, niemals Demokratie. Insofern sollte man die Leute ab den Maßstäben ihrer Zeit messen. Und Mord gehört zum politischen Geschäft, ob nun bei Sulla oder bei Obama.

zaungast
4 Jahre her

Zuerst freut es einen, dass ein abgewrackter Politiker aus dem Amt entfernt werden kann. Doch dann wird man melancholisch und fragt sich: warum nur in Bolivien?

J. Werner
4 Jahre her

Morales müsste Amorales heißen. Leider haben hierzulande noch reichlich romantische Vorstellungen von diesem ehemaligen Coca-Bauernführer mit dem großen Ego. An Skrupellosigkeit kaum zu übertreffen, gilt er für unsere Linksgrüne Schickeria als der edle „Vorzeige“-Indigene. An diesem gefärbten Image ist so gut wie alles unwahr und aufgehübscht. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Mal sehen, wie lange es sich dieser „Moralist“ in seinem Exil mit dem mitgenommenen Vermögen gemütlich machen kann. Bolivien kann aufatmen, von dieser Figur befreit zu sein, und einer besseren Zukunft entgegen gehen.

Waton2
4 Jahre her

Leider geht es in Chile gerade genau andersrum. Und Lula ist auch wieder draussen…

Snakebite
4 Jahre her

Mal kurz war „Off-Topic“: „Als der Sozialist einen Lithium-Deal mit Deutschland einfädelte“ Etwa das Lithium, das wir für unsere E-Auto-Akkus brauchen? Und das (natürlich 100% klimaneutral) nach Deutschland transportiert wird um dann Akkus für E-Autos zu produzieren (wieder 100% klimaneutral)? Und das, damit die Klimahüpfer dann zu 100% klimaneutral mit dem E-Auto zur nächsten FFF-Demo kutschiert werden können? Und dieses (100% klimaneutrale) Lithium wird sogar sozialistisch abgebaut? („den eigenen Staatskonzern bevorteilte“) Super! „aber die Anwohner vom Wohlstand ausschloss, nahm die Opposition das dankbar als Wahlkampfhilfe auf.“ Diese böse rechtspopulistische Opposition! Dabei haben sich Gretas Jünger doch so auf das klimaneutrale… Mehr