Mit „America First“ trifft Trump traditionelle Allianzen. China, Russland und Indien nutzen die Gelegenheit, um auf dem Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit ihre eigene Vision einer multipolaren Weltordnung zu präsentieren. Eine Allianz gegen die USA ist jedoch in weiter Ferne.
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Während sich die USA angesichts ihrer Zollpolitik mit immer mehr Ländern anlegen, erarbeitet sich China weltweit weitere Verbündete. Das Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) bot diese Woche eine Gelegenheit, Chinas Führungsanspruch in Asien und darüber hinaus zu demonstrieren. Gleichzeitig wenden sich die USA immer mehr von internationalen Abmachungen ab und schlagen einen protektionistischen Weg ein.
Angesichts von Konflikten und Handelsstreitigkeiten rief Peking auf dem jüngsten SOZ-Gipfel zu Einigkeit auf. Die Welt erlebe derzeit Veränderungen wie seit einem Jahrhundert nicht mehr, mit deutlich zunehmender Instabilität und Unsicherheit, sagte Staats- und Parteichef Xi Jinping in der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin.
Das Gipfeltreffen am Montag gewann durch die Teilnahme von Indiens Premier Modi, der zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder chinesischen Boden betrat, an Brisanz. Seine Anwesenheit wurde als deutliches Signal an die USA unter Trump gewertet, nachdem dieser die US-Zölle auf indische Waren von 25 auf 50 Prozent erhöht hatte – 25 Prozent davon als Strafe für den Import russischen Öls. Diese Ankündigung kam überraschend, da die USA Indien jahrelang umworben hatten.
In Washington wird Indien über Parteigrenzen hinweg als asiatisches Gegengewicht zu Peking gesehen. Peking erhofft sich nun, Indien im Zuge des Zollstreits aus dem Orbit der USA zu ziehen. Als Zeichen sich bessernder Beziehungen forderte Xi bei seinem spektakulären Treffen mit Modi eine engere Zusammenarbeit mit Indien. China und Indien seien Partner, keine Rivalen, sagte er zu Modi. Beide Länder stellten füreinander Entwicklungschancen und keine Bedrohung dar.
Neben Modi gehörte Russlands Präsident Wladimir Putin zu den prominentesten Gästen auf dem SOZ-Gipfel in Tianjin. Die strategische Partnerschaft zwischen China und Russland hat sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs weiter vertieft. Beide Länder sehen sich durch die wirtschaftliche und währungspolitische Vormachtstellung der USA und des US-Dollars bedroht. Putin lobte auf dem Gipfel Chinas und Indiens Vermittlerrolle im Ukraine-Krieg. Modi sprach bei seinem Treffen mit Putin von einer „speziellen Beziehung“ zu Russland.
Seit Ausbruch des Krieges beliefert China Russland mit Gütern, die sich für zivile, aber auch für militärische Zwecke einsetzen lassen. Damit unterstützt China die russische Rüstungsindustrie. Seit dem Ukraine-Krieg wurde Moskau gewissermaßen zu Pekings Juniorpartner degradiert. Dadurch hat China seinen Einfluss in Eurasien kontinuierlich ausweiten können. Die SOZ-Gruppe bezeichnete Putin als „starken Motor für die Etablierung eines echten Multilateralismus“, welche „die überholten eurozentrischen und euro-atlantischen Modelle ersetzt“.
China strebt ein Sicherheitsbündnis in Asien an
China buhlt schon lange um mehr Einfluss im Globalen Süden und präsentiert sich mit Investitionsinitiativen wie der „Neuen Seidenstraße“ als Alternative zu westlichen Partnern wie den USA oder der Europäischen Union. In die Karten spielt der SOZ-Gruppe um Führung Chinas dabei nicht zuletzt das angespannte Verhältnis vieler Staaten zu den USA im Streit um Zölle.
Die SOZ ist grundsätzlich ein Sicherheitsbündnis. Sie wurde vor 24 Jahren als Organisation zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gegründet. Mittlerweile gehören ihr zehn Staaten an, darunter die Gründungsländer Russland, China und Kasachstan sowie Indien, Pakistan, der Iran seit 2023 und Belarus seit 2024. Die Organisation stellt somit eine Art Gegengewicht zu westlichen Sicherheitsvereinbarungen dar.
China versucht, mithilfe der SOZ-Staaten ein neues regionales Sicherheitskonzept ohne Beteiligung westlicher Mächte zu entwickeln. Viele Beobachter in Peking glauben, dass der Sturz Assads durch Islamisten in Syrien oder die Errichtung des Trump-Korridors im Südkaukasus Teil einer westlichen Strategie zur Destabilisierung der Nachbarländer sei. Xi hat mehrfach vor der Anzettelung der sogenannten „Farbrevolutionen” in den Mitgliedsstaaten gewarnt. Bereits auf der SOZ-Tagung im vergangenen Jahr hatte er die Mitgliedsstaaten dazu aufgerufen, sich gegen den Einfluss ausländischer Mächte zu verbünden.
China befürchtet vor allem eine Rebellion separatistisch-islamistischer Bewegungen in der Provinz Xinjiang, in der muslimische Minderheiten leben. Chinesische Hardliner spekulieren, dass westliche Geheimdienste in dieser strategisch wichtigen Region Unruhe stiften wollten, möglicherweise, um China zu schwächen. Vor diesem Hintergrund betrachtet die Führung in Peking den Aufbau einer regionalen Sicherheitsarchitektur in Asien als Grundlage für die Umsetzung ihrer Machtambitionen und versucht, die Nachbarländer in ihr Sicherheitskonzept zu integrieren.
Bruchlinien innerhalb der SOZ
Doch wie belastbar ist ein SOZ-Bündnis, das sich als Alternative zur westlichen Sicherheitsarchitektur versteht? Wie geeint ist die Staatengemeinschaft, die China hinter sich versammelt? Hinter der Fassade der Geschlossenheit zeigen sich Bruchlinien, die sich nur schwer beseitigen lassen. Die SOZ ist zerrissen, da sich dort Kriegsgegner wie Indien und Pakistan gegenüberstehen.
Der jüngste Krieg der Mitgliedsländer Pakistan und Indien hatte Kooperationen im Sicherheitsbereich der SOZ weiter geschwächt. China unterstützte Pakistan im jüngsten Kaschmir-Krieg gegen Indien militärisch. Auch China und Indien nähern sich gerade erst wieder an. Dies könnte sich jedoch ändern, sobald Indien und die USA sich wieder näherkommen. Als aufstrebende Weltmacht kann sich Indien einem strategischen Wettbewerb mit China im Pazifik nicht mehr entziehen. Auf dem Gipfel sprach Modi von einer „multipolaren Welt und einem multipolaren Asien“. Damit richtet sich Indien auch weiterhin indirekt gegen eine chinesische Dominanz und grenzt sich von Peking ab.
Eine Vertiefung der Beziehungen zwischen China und Russland wiederum hängt auch davon ab, ob Moskau einen Deal mit Trump über die Ukraine aushandeln kann. Trump möchte Russland von China abkoppeln. Moskau wiederum versucht, einen Balanceakt in seinen Beziehungen zu den USA und China zu vollbringen. Die SOZ ist somit kein Verteidigungsbündnis nach NATO-Vorbild. Der Organisation fehlt auch ein institutioneller Rahmen für tiefgreifende Änderungen in Eurasien und für die Entwicklung eines gemeinsamen Sicherheitskonzepts.
Gemeinsam gegen Westen: Abschlusserklärung der SOZ
Die gemeinsame SOZ-Erklärung richtete sich dieses Jahr eindeutig gegen die USA. In der Abschlusserklärung ihres Gipfels in Tianjin haben sich China, Russland, Indien und andere eurasische Staaten klar gegen „unilaterale Zwangsmaßnahmen, auch wirtschaftlicher Art“, ausgesprochen. Zudem verurteilten die 26 Mitglieder und Beobachter der Organisation die Luftangriffe Israels und der USA auf den SOZ-Mitgliedsstaat Iran „auf das Schärfste“. Bis zuletzt hatte Indien eine Verurteilung der US-Angriffe jedoch nicht mitgetragen. Und die Symbolik der neuen Partnerschaften gegen den Westen endet diese Woche in Asien nicht mit der Abschlusserklärung des SOZ-Gipfels:
Anschließend treffen Putin, Xi und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un in Peking aufeinander. Anlass ist eine gigantische Militärparade zum 80. Jahrestag der Kapitulation Japans am Ende des Zweiten Weltkriegs. Peking will mit der Militärparade jedoch nicht nur an das Kriegsende vor achtzig Jahren erinnern. Bei solchen Anlässen geht es auch immer darum, den Nationalismus der 1,4 Milliarden Chinesen zu schüren. Xi möchte den Jahrestag zudem nutzen, um Chinas Souveränitätsansprüche gegenüber Taiwan zu untermauern und die Stellung Chinas als alternative Führungsmacht zu den USA unter den Entwicklungsländern zu stärken.


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Nach 50 Jahren Investitionstätigkeit im China, begreift der Westen langsam, dass die Kommunisten Großmachtambitionen haben. Jetzt muss man im Westen nur noch verstehen, dass man keinen Krieg mehr gewinnen kann und diese verheerende Verliererserie bereits im Koreakrieg begann. Der globale Süden kann 100 Mal mehr Männer schicken, als man im Westen Freiwillige finden würde.
So wie die USA bei allem was sie tun erst einmal an eigene Vorteile denkt, Denken auch diese Staaten zuerst einmal an eigene Vorteile und bauen Ihre unabhängigkeit von den USA in der Welt weiter aus. Es gibt etliche Staaten die sich von den USA bevormundet fühlen und sich umorientieren wollen. China ist zwischenzeitlich wirtschaftlich weltweit so vernetzt, daß ein Großteil der Welt ohne diese Wirschaftsleistung von China nicht auskommt.. Indien das zumindest hier in Deutschland eher unbemerkt aggiert sollöte man auch nicht vegessen, genau so wenig wie Russland mit seinen Rohstoffen. Andere gehören natürlich auch bereuits zu „diesem Lager“.… Mehr
Ich persönlich halte Jeden, der da fordert Russland müsse den Krieg verlieren und deshalb solle man der Ukraine möglichst viele modernste Waffen liefern, für gegen die Nato gerichtete Leute. Wahrscheinlich eher dumm wie sozialistisch. Damit schließe ich die extremistische Strack -Zimmermann durchaus ein, denn diese hat mehrfach erklärt 300 Millionen Amerikaner töten zu wollen. Gut, die hat das nur indirekt gefordert, indem diese forderte Russland müsse in der Ukraine zur Kapitulation gebracht werden. Aber niemand auf dieser Welt kann die USA auslöschen. Weder der Osterhase noch der Weihnachtsmann und China mit seinen (nach SIPRI) 600 Atomsprengköpfen auch nicht. Das kann… Mehr
Also die USA nennen China einen „systemischen Gegner“, ThinksThanks erarbeiten Strategiepapiere wie China besiegt werden kann, Trump und Nachfolger erlassen immer mehr Sanktionen und Zölle mit der klaren Ansage die Entwicklung Chinas zu stören, gegen Russland wird ein heisser Stellvertreterkrieg geführt, die USA unterstützen mit Geld, ISR (Aufklärung und Zieldaten), mit Planung und Waffen die Ukraine aber klar, es ist China und Russland die „Front gegen den armen Westen“ machen???
Ich glaube der Autor sollte sich nochmal etwas genauer in die Matrie einarbeiten.
Russland und China haben die Rohstoffe und einen deutlichen (!) Brainpotential Vorsprung vor dem Westen. Damit ist eigentlich die langfristige Weltordnung geklärt.
Das liegt an der Metrik. In Dollar-nominiert sind westlichen Wirtschaften groß. Das sind aber Fantasywerte.
Was näher an der Wahrheit liegt ist die Kaufkraftparität. Dort liegt Russland vor Deitschland.
Noch besser ist es das realen Produktionvolumen und Energieproduktion zu vergleichen.
Der Westen, insbesondere die EU wird wirtschaftlich ausgehungert werden. Russland hat ein Abkommen mit China über den Bau einer xxl Gaspipeline unterzeichnet. Das billige russische Erdgas, das früher in die EU ging, geht bald nach China. Die EU kastriert sich selbst und kauft stattdessen das mehrfach teurere US Flüssiggas, von dem sie auch noch existentiell abhängig sind.
Die seltenen Erden, Uran….genau. Adieu. Der Westen hat Russland konfrontativ in die Arme von China getrieben. Damit ist der Westen nicht mehr Herr seiner selbst, auch nicht militärisch.
Die EU wird zu den Gehörnten zählen und Deutschland dabei an erster Stelle, weil wir es nicht verstanden haben eine eigenständige Politik zu betreiben und uns durch die US-Demokraten in Stellung gegen Rußland bringen ließen, anstatt von der BRICS zu partizipieren, wo andere schlauer sind und eine ausgewogene Politik zu betreiben um nicht durch den Rost zu fallen. Im übrigen hat sich doch der Westen ebenso mies verhalten, indem man bei den Siegesfeiern hierzulande die Russen ausgeschlossen hat, die maßgeblich dazu beigetragen haben das Nazi-Regime zu besiegen und sich nun aufregen, der Osten würde gegen sie moblisieren, was lediglich die… Mehr
„Beide Länder sehen sich durch die wirtschaftliche und währungspolitische Vormachtstellung der USA und des US-Dollars bedroht.“
Die G7, also viel mehr als die USA , haben 33% weniger GDP als die BRICS. Der US-Dollar verfällt, die sog. exklusiven Güter wie Mikroprozessoren entwickelt China selber. China hat eine maximal stabile Währung ohne Inflation.
Die Vormachtstellung der USA ist längst vorbei. Das Jahrhundert der USA ist vorbei. Aus und vorbei. Wer sich nicht an Asien orientiert wird zum Entwicklungsland.
Ich glaube nicht das China gegen den Westen mobilisiert. Das sähe dann anders aus! Nein, China reagiert auf Trumps Drohungen und Bombardierung des Iran und formuliert innerhalb der Brics deren gemeinsame Forderungen.
Alles Gesellschaften mit sinkender Bevölkerung.
Weshalb sollten die versuchen, sich mit immer weniger Volk weitere Ländereien anzueignen?
Video showing how the demographic decline has gone from being a European problem from the 1970s to becoming a global problem from the 1990s. This is currently one of the world’s most serious problems. https://x.com/visegrad24/status/1962918235105309144
Moin,
„Die strategische Partnerschaft zwischen China und Russland hat sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs weiter vertieft.“
„Trump möchte Russland von China abkoppeln.“
TE sollte vielleicht mal seine Weltzeituhr zwischen 30 und 5 Jahren nach vorne stellen und an der Rotationsachse neu sortieren.
Wer verrückt genug ist, in China Urlaub zu machen, braucht bei 14 Tagen eine Woche um sich sicher zu sein, nicht auf einem anderen Planeten zu verweilen.
LG
Die alten Römer wussten schon, warum sie das Gebiet der Türkei Kleinasien und nicht Kleineuropa genannt haben
Das was ich so unter Asien verstehe ist ganz sicher nicht die Türkei.