Israel unterzeichnet Gas-Deal mit Ägypten

Israel und Ägypten besiegeln unter Trumps Regie einen Gasdeal, der weniger Markt atmet, vielmehr als Machtpolitik anmutet. Die Unterschrift ist das Ticket für das Treffen Trump–Netanyahu–al-Sisi in Florida – Energie als Hebel der Diplomatie.

IMAGO / ZUMA Press Wire
Netanyahu und al-Sisi 2017 in New York

Zum Jahresende lehrt der Nahe Osten eine anschauliche Lektion, wie eng Politik und Milliarden-Gas-Verträge miteinander verbunden sind. Auf Druck von US-Präsident Donald Trump hat Israel in diesen Tagen überraschend zügig einen 35-Milliarden-US-Dollar Gas-Deal mit Ägypten unterzeichnet. Die Unterschrift war eine Voraussetzung für das Dreier-Treffen Trump-Netanyahu mit Präsident As-Sisi nächste Woche in Florida. Gleichzeitig ist dadurch das durch den Ukraine-Krieg heikel gewordene Thema „Gas-Geschäft Russland-Europa“ mit dem Zwischenhändler Türkei neu aktiviert worden.

Israel spielt seit über einem Jahrzehnt bei der Energieversorgung am östlichen Mittelmeer eine zentrale Rolle. 2010 wurde in israelischen Hoheitsgewässern nach über 10jähriger Bohrzeit riesige Gasquellen gefunden, die sogar den Weltmarkt haben aufhorchen lassen. Die Quellen haben mit Leviathan und Tamar Namen aus der jüdischen Bibel bekommen.

Sie sichern seither nicht nur den eigenen Energie-Bedarf für die nächsten 40 Jahre, sondern haben Israel in die Lage versetzt, auch arabische Nachbarländer wie Ägypten und Jordanien mit Gas in großen Mengen mittels langfristiger Lieferverträge zu versorgen. Die Milliarden-Deals machen inzwischen einen nicht unerheblichen Teil im israelischen Staatshaushalt aus. Sie sind, seit Deal-Maker Trump in Washington am Ruder ist, erst recht ein wichtiges Sujet im nahöstlichen Ränkespiel, nach dem Gaza-Krieg vom 7. Oktober 2023 in besonderer Weise.

Ägypten, das mit rund 120-Millionen bevölkerungsreichste Land im Nahen Osten, braucht dringend eine gesicherte Energie-Versorgung, wenn sich Präsident Abd al-Fattah as-Sisi an der Macht halten will. Israel zögerte mit der Vertragsunterzeichnung, weil Ägypten vor, während und nach dem Gaza-Krieg eine Doppelrolle spielt. Die Lebensmittelversorgung läuft zwar, aber für den israelischen Geschmack unterhält Kairo zu viel Militär auf der Sinai-Halbinsel und baut zudem verdächtige Tunnels. Beides stellt aus der Sicht Jerusalems einen Verstoß gegen den Friedensvertrag aus dem Jahr 1979 dar, bei dem Sinai nach sechsjähriger Besatzung durch Israel infolge des Yom-Kippur-Krieges wieder ägyptisch wurde.

Außerdem hätte Israel gerne die Gaza-Südgrenze etwas offener, damit der Gaza-Bevölkerungs-Überdruck in Richtung Ägypten abnimmt. Genau das verhinderte der Machthaber in Kairo schon vor dem Gaza-Krieg, weil ihm seine blutigen Erfahrungen mit dem Wurzelgeflecht der Hamas-Terroristen, der Muslim-Bruderschaft, im eigenen Land vollauf reichen. Trump hat Netanyahu mit sanften Drohungen überzeugt, das Thema Sicherheit in Sinai zu verschieben.

Denn ohne As-Sisi ist die zweite Phase seines Gaza-Planes, ein geordneter Wiederaufbau des zerstörten Küstenstreifens, nicht in die Gänge zu bringen. In naher Zukunft sollen nicht nur wie bisher der Großteil der Lebensmittel für die geschundene Gaza-Bevölkerung über Sinai angeliefert werden, sondern alles, was kontrolliert zum Wiederaufbau notwendig ist. Sinai ist als Gaza-Vorratsraum für Lebensmittel, Baumaterial, Maschinen und ein international alles überwachendes Militär unabdingbar.

Damit wäre Einiges in trockene Tücher gehüllt, wenn der offen-agierende Israel-Feind in Ankara, Recep Tayyip Erdoğan, nicht aufgewacht wäre. Ihm gefällt offensichtlich nicht, dass die USA und Israel versuchen, ohne ihn die Dinge in der Nahost-Region langfristig zu regeln. Er sieht darin auch eine Konkurrenz für die Gas- und Öl-Pipelines, die durch sein Land in Richtung Europa verlaufen und erhebliche Summen in seinen Staatshaushalt fließen lassen. Das Geschäft ist seit dem Ukraine-Krieg vor allem in Europa anrüchig geworden, denn das Gas und das Öl stammen auch aus Russland.

Besonders beunruhigend ist für ihn das 10. Treffen der Ministerpräsidenten aus Griechenland, Kyriakos Mitsotakis und Zyperns Nikos Christodoulides mit Israels Benyamin Netanyahu in Jerusalem. Die drei Länder planen seit 15 Jahren den India-Middle East-Europe Economic Corridor (IMEC). Dieses Projekt ist nach Aussage Netanyahus eine Kombination aus Seewegen, Energiepipelines und Kabelverbindungen, die Asien und Europa über Israel, Zypern und Griechenland verbinden.

Griechenland will sich als „wichtiges Energiedrehkreuz im Süden Osteuropas etablieren und sieht sich als eine Plattform für verflüssigtes Erdgas, was sowohl für Zypern als auch für Israel sehr relevant sein wird“, ergänzte Mitsotakis. Ein derartiges Projekt benötigt militärischen Schutz, der von den „Israel Defence Forces“ garantiert wird. Israel betreibt in Griechenland Ausbildungseinrichtungen für Kampfpiloten und unterhält bereits ein Luftabwehr-System auf einer Insel in der Ägäis.

Christodoulides erklärte nur wenige Tage, bevor Zypern die Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union übernimmt, dass der Gipfel über die Symbolik hinaus von Bedeutung sei. „Unsere Anwesenheit hier ist substanziell“, sagte er und bezeichnete die Partnerschaft zwischen Zypern, Griechenland und Israel als „von strategischer Bedeutung, nicht nur für unsere drei Länder, sondern auch für unsere Region und darüber hinaus“.

Er weiß, wovon er redet. Die Türkei besetzt seit 1974 40 Prozent der Insel und hat dort 1983 die Türkische Republik Nordzypern (TRNZ) ausgerufen. Seit dem Gaza-Waffenstillstand und den Unruhen in Syrien versucht Erdoğan mit Drohgebärden Israel einzuschüchtern. Die regierungsnahe Tageszeitung Milliyet bezeichnete den Gipfel als „Achse des Bösen“, während Hurriyet das Treffen als „anti-türkische Allianz“ beschreibt. Laut Hurriyet „gingen die führenden Politiker Griechenlands und der griechischen Zyprer zu Netanyahu, weil sie durch anti-türkische Stimmung verbunden sind.“ Der israelische Premier hatte in Anspielung auf die untergegangene osmanische Herrschaft zuvor schon deutlich gemacht: „Denjenigen, die glauben, sie könnten ihre Reiche wiederaufbauen, sage ich: Vergesst es. Es wird nicht geschehen.“

Der Gipfeltermin Griechenland-Zypern-Israel in Jerusalem ist nicht zufällig. Denn zum Jahresende reist Netanyahu nach Mar-a-Lago, Trumps privatem Wohnsitz in Florida, wo er sich auch für seine IMEC-Pläne die Unterstützung der USA sichern will. Die Chancen dafür stehen gut. Denn sie passen nahtlos zu Trumps Real-Estate-Gaza-Konzept. Der 40-Kilometer lange Küstenstreifen am Mittelmeer könnte über Zypern und die Ägäis zu einem ertragreichen Tor Asiens nach Europa werden, an dem die USA beteiligt sein will.

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Kommentare ( 1 )

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Manfred_Hbg
2 Stunden her

Mhh, „seltsam“; so gut wie immer wenn ich etwas über die Türkei am lesen und hören bin, kommt mir der Obermuftie „Erdolf“ in den Sinn und bin am denken, „hoffentlich ist dieser Unruhestifter bald weg und das er durch einen besseren (CHP-?)Nachfolger ersetzt wird“.