Den ÖRR verkleinern – in England geht das

Die britische BBC soll in Zukunft abgespeckt werden und BBC-Journalisten sollen den „Bias“ (Linksdrall) beenden, sagt der neue Direktor. Wir Deutschen können davon nur träumen. Von Claudia Hansen.

shutterstock/Willy Barton

Es sind überraschend deutliche Ansagen, die der neue BBC-Generaldirektor Tim Davie macht: Die öffentlich-rechtliche British Broadcasting Corporation muss kleiner werden. Davie spricht von Einschnitten von bis zu 20 Prozent in ihr Programm. Und noch etwas macht er klar: BBC-Journalisten dürfen nicht länger „ihre persönliche Agenda“ verfolgen und sollen „frei von politischem Bias“ sein. Sie sollten nicht mehr – meist linke – Parteilichkeit zeigen, sondern neutral sein.

Der Linksdrall der BBC ist vielen Briten und der Regierung schon seit langem ein Dorn im Auge. Zuletzt gab es einen Riesenstreit um die Weigerung der BBC, bei der „Last Night of the Proms“ die patriotischen Lieder „Rule, Britannia!“ und „Land of Hope and Glory“ zu spielen. Die Briten hielten das überwiegend für einen lächerlichen Kotau vor der Political Correctness oder vor Black Lives Matter-Aktivisten. Nach wütenden Protesten musste der britische Sender zurückrudern, die Lieder werden nun in der Royal Albert Hall gespielt.

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Auch die BBC wird mit einer Zwangsgebühr finanziert, sie liegt bei 157,50 Pfund. Das sind etwa 175 Euro und damit weniger als der deutschen GEZ-Zwangsbeitrag von noch 210 Euro und ab 2021 über 220 Euro, wenn alle Länderparlamente zustimmen. Deutschland hat im internationalen Vergleich größerer Länder das mit Abstand teuerste öffentliche Rundfunksystem.

Vergleicht man die BBC inhaltlich mit ARD und ZDF, dann erscheint der britische Rundfunk weniger links-grün gefärbt als der deutsche ÖRR. Während der Jahres des Brexit-Streits war zwar klar, dass der Sender den Brexit ablehnt, viele Talkrunden besetzten die Rundfunkmacher einseitig mit Europhilen. Einige Comedy-Programme sind stramm links (vergleichbar der Heuteshow, nur weniger peinlich), aber die BBC-Reporter und Moderatoren müssen sich insgesamt doch mehr bemühen, ihre persönliche, ideologische Einstellung zurücktreten zu lassen.

Ein Georg Restle (WDR Monitor), der verächtlich über „Neutralitätswahnsinn“ spricht und ganz offen mit seiner linken Haltung hausieren geht, wäre in Großbritannien undenkbar. Ein Restle wäre dort nach einer Flut von Beschwerden sehr bald weg von der Mattscheibe der Öffentlich-Rechtlichen. Der WDR oder der HR wurden nicht umsonst lange als „Rotfunk“ bezeichnet. Die BBC ist gesetzlich auf Neutralität verpflichtet und sie gibt wenigstens noch vor, diesen Auftrag ernst zu nehmen.

Jetzt spürt die BBC zudem verstärkten Druck der Regierung Johnson: In der Downing Street sitzt Dominic Cummings, Chefberater von Boris Johnson, der offen für ein Ende der Zwangsbeiträge wirbt und die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auf ein Abo-Modell umstellen würde.

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Zudem stehen zwei neue private Fernsehsender in den Startlöchern. Murdoch plant zum Jahresbeginn einen Kanal „News UK“ und der frühere BBC-Journalist und konservative Regierungsberater Robbie Gibb hat „GB News“ angekündigt. Gibb nennt die BBCwet woke“ (also Waschlappen mit linker PC-Ausrichtung)

Die BBC erhält aus den Gebühren derzeit pro Jahr knapp 4 Milliarden Pfund. Das ist nur etwa halb soviel wie ARD und ZDF, die von den deutschen Gebühren-Micheln schon mehr als 8 Milliarden Euro im Jahr einkassieren. Zwar ist auch die BBC aufgebläht, doch so ein ultrateures und kaum noch durchschaubares ÖRR-Geflecht wie in Deutschland leisten sich die Briten nicht.

Und schon ein oberflächlicher Blick zeigt, dass die BBC-Nachrichten und Dokumentationen und der World Service meist besser gemacht sind als die deutschen, eher provinziellen ÖRR. Die bald hundert Jahre alte BBC ist moderner als ARD und ZDF. Und sie nimmt die Zuschauer und Zuhörer ernster, sie liefert weniger Betreuungs- und Bevormundungsprogramm.

Tim Davie hat der BBC mit ihren mehr als 20.000 Angestellten jetzt eine ultimative Warnung zukommen lassen: „Wir haben kein unabdingbares Existenzrecht“, sagte er zwei Tage nach seiner Amtsübernahme in einer Rede in Bristol. Deutsche Zwangsabgabenzahler können nur davon träumen, dass ARD und ZDF sich so selbstkritisch ihren Auftrag reflektieren.

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Kommentare ( 51 )

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fatherted
3 Jahre her

Logisch ginge das….aber wie auch die Verkleinerung des Bundestages oder die Zusammenlegung von Bundesländern….wäre das ja mit massiven Pöstchen und Versorungsverlust verbunden. Da müssten viele, die frei gesetzt würden, ja wieder richtig arbeiten gehen….also so 40 Stunden die Woche und sich dabei auch noch anstrengen….mit dem Ergebnis einer Micker-Rente. Nein…das geht nicht….und das wird auch im kleinen nicht geschehen. Allein wer das Existenzrecht von Spartensendern wie ONE oder ZDF NEO, Taggeschau 24 oder ZDF INFO oder Phoenix auf denen permanent Wiederholungen aus Regionalprogrammen oder sonstige Konserven laufen, in Frage stellt, wird sofort als rechter Ketzer, der die „Meingungsfreiheit“ beseitigen will,… Mehr

blackhero68
3 Jahre her

Das Existenzracht haben ARD und ZDF auch nicht, aber Zwangsbeatmung und künstliches Koma halten den Kadaver über Wasser. Da hilft auch der vermeintliche Versuch mittels Streaming Netflix paroli zu bieten nicht weiter. Wer schaut dieses verwesende Programm denn auch noch an, außer meiner Generation (52) plus? Ich bin schon lange draussen. Ein Wechsel wie bei der BBC (die mir auch in alter Form immer noch besser gefiel als die GEZ-Leichen) ist bei uns (noch) nicht zu erwarten. Dazu muss erst ein Regierungsschwenk wie in GB kommen und das wird bei unserer vollbetreuten Trottelgesellschaft noch ein Weilchen dauern. Also schön weiter… Mehr

Moses
3 Jahre her

Bei uns wird sich diesbezüglich nichts ändern. ÖRR sind starke Krücke und Unterstützung für den Machterhalt für Merkel und seine Regierung.

Thorsten
3 Jahre her

Es ist also offensichtlich: Wahlen funktionieren.

non sequitur
3 Jahre her

Beschämend war, dass die Little Britain Comedians David Walliams und Matt Lucas selber den Kotau vor der Woke PC gemacht haben und sich für ihr „Blackfacing“ entschuldigt haben.
Zumindest ist John Cleese von den Monties noch nicht eingeknickt.

Karl Napf
3 Jahre her

Süß, das die Mitarbeiter vor der Kamera denken das sie Journalisten sind.
Da aber Journalisten nicht Nachrichten machen sondern nur berichten, sind die ÖRR Vögel doch nur meinungsmachende GEZ-Schlampen.

H. Priess
3 Jahre her

„Wir haben kein unabdingbares Existenzrecht“ Oh was wäre es schön unseren Wegelagerern vom ÖRR das mal laut sagen zu können und sie sich nicht mit einem Staatsvertrag raus reden könnten.

Bremsenschaedel
3 Jahre her

Auch die BBC wird mit einer Zwangsgebühr finanziert, sie liegt bei 157,50 Pfund. Da muss ich widersprechen. Im August wäre die Verlängerung der TV licence wieder fällig gewesen. Wir haben nicht mehr verlängert. Wer nicht BBC anschauen will, muss auch nicht zahlen. Die haben zwar auch ein eher kompliziertes Regelwerk wann der Betrag trotzdem zu zahlen ist (z. B. live streaming), aber das ist vergleichbar mit der alten deutschen GEZ-Phrase „zum Empfang bereithalten“. Uns sogar dieses Regelwerk soll auf den Prüfstand. Man kann also sehr wohl boykottieren ohne dass man in den Knast kommt. Wir haben es gemacht. Viele andere… Mehr

Roland Pressler
3 Jahre her

Wenn hier im Artikel behauptet wird, daß „Die BBC […] gesetzlich auf Neutralität verpflichtet [ist]“, dann befällt mich ein gar heftiges Déjà-vu. Da muß es in meiner Vergangenheit eine Zeit gegeben haben, daß ich derartiges gelesen habe, daß genau dieses, nur ein wenig verklausulierter, auch als Arbeitsgrundlage gültig für den hiesigen „ÖRR“ sei. Nun gut, ich könnte zwar recherchieren und die Sache ausgraben, aber heute Abend ist mir einfach nicht nach Märchenstunde zumute. Also lasse ich es gleich ganz!

Zabka
3 Jahre her

Was denn nun: Einerseits fordert Tim Davie, der neue BBC-Generaldirektor, dass BBC-Journalisten nicht länger „ihre persönliche Agenda“ verfolgen und „frei von politischen Bias“ sein sollen, andererseits ist die BBC laut Autorin Claudia Hansen „weniger links-grün gefärbt als der deutsche ÖRR“. Tatsache ist, dass sich die BBC schon vor acht Jahren einer peinlichen Untersuchung wg. linker Voreingenommenheit („liberal bias“) stellen musste, die „BBC Trust“, das inzwischen aufgelöste Aufsichtsgremium, in Auftrag gegeben hatte, Ergebnis (laut „Daily Telegraph“): „The BBC has deep liberal bias, executive admits“ und: „The BBC is twice as likely to cover left-wing policy proposals than those that are right-wing,… Mehr