Golf-8-Werbespot von Volkswagen: Shitstorm gegen waidwunden Autokonzern

Der neueste Shitstorm gegen Volkswagen hat sich an einem Werbefilm entzündet, in den man Rassismus hineininterpretieren kann. Die Reaktion der Führungsebene zeigt: Das Selbstbewusstsein ist futsch.

imago Images

Kennen Sie diesen Loriot-Tränenlach-Sketch der sich um ein schief hängendes Bild dreht? Da nimmt es ein spießiger Pedant in einer ihm fremden Wohnung besonders genau und will ein schief hängendes Bild gerade rücken und das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Ganz gleich, was der gute Mann richtig machen will, er macht es nur schlimmer. Zum Schluss ist das fremde Zimmer ein einziger Trümmerhaufen.

Mitten in so einer Geschichte steckt das Unternehmen Volkswagen seit Dieselgate -jedenfalls was seine Außendarstellung angeht und diesen Volkswagen-Magnetismus gegenüber Shitstorms aus den sozialen Netzwerken. Wäre der Konzern nur ein einzelner Mensch, er wäre unter den Argusaugen seiner Umgebung sicher schon paranoid geworden.

Der neueste Shitstorm gegen Volkswagen hat sich an einem Werbefilm entzündet, den laut Medienberichten eine Agentur mit Mutterschiff in den USA für den neuen Golf 8 unter anderem zunächst für die Internet-Portale Instagram und Twitter gedreht haben soll.

Der nur wenige Sekunden lange Werbefilm könnte getrost an einem vorbeirauschen. Er unterscheidet sich kaum von vergleichbaren Produkten. Unspektakulär, ambitioniert, aber langweilig. Die immer gleiche urbane Umgebung, welche den Golf 8 als stadttaugliches Gefährt verkaufen will. Die Kameraführung, die Animationen, die Farben, die Anmutung, alles stromlinienförmig. Eben genau so, wie sich der typische Golf-Kunde sein neues tolles Leben mit dem neuen VW Golf nach der Vorstellung der Marketingabteilung des Konzerns vorstellt.

Denn die ist es ja, die diesen Film bei der Agentur beauftragt, abnimmt und veröffentlicht. Nebenbei bemerkt ist die Dichte von Agenturen im Wolfsburger Umfeld ganz besonders hoch: Wer da einen der dickeren Euro-Töpfe oder gleich mehrere abräumen möchte, der sucht die Nähe des Konzerns. Auch weitere Städte der Umgebung sind hier an dieses Bypass-System angeschlossen.

Nein, kein auffälliger Film, das beworbene Fahrzeug bewegt sich nicht einmal. Dafür kommt eine überdimensionale Hand von oben ins Spiel und stupst, schubst und schnipst dann schlußendlich einen Mann von der Straße in den Eingang eines Gebäudes. Naheliegend, dass sich diese Person nicht von seinem Fahrzeug trennen kann, den neuen Golf 8 kann er ja nicht mit ins Haus hineinnehmen. Da ginge sicher noch viel mehr Loriot.

Aber der Spaß ist sowieso vorbei, der Film im Giftschrank bei Volkswagen verschwunden. Also eigentlich. Aber das geht ja nicht, das Internet vergisst nichts. Warum aber ist es weg?

Der mutmaßliche Besitzer des Fahrzeuges in dem Filmchen, man erkennt es kaum auf dem Smartphone, ist dunkelhäutig ist. Wenn aber eine weiße Hand einen Schwarzen durch die Welt schubst und aus dem Bild schnipst, dann ist das Rassismus. Genau so jedenfalls sagt es der Shitstorm. Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann beschleunigt die Selbstkasteiung in Sekunden und macht sich die Kritik aus den Sozialen Medien sofort zu eigen: Das sei ein „rassistisches Werbevideo“, das jeden anständigen Menschen beleidige. „Wir schämen uns dafür und können es heute auch nicht erklären. Umso mehr werden wir dafür sorgen, dass wir diesen Vorgang aufklären.“

Wenn man es schnell abhandeln will, gibt es da allerdings kaum etwas aufzuklären und die Angelegenheit ist mit wenigen – zugegebener Weise zunächst provokant klingenden Sätzen – erledigt: Volkswagen und Hunderte von zuarbeitenden Werbeagenturen teilen auf eine Weise ein gemeinsames Denken, das meilenweit entfernt davon ist, etwa rassistisch zu sein. So weit entfernt, dass man einen erheblichen Vorsprung hat gegenüber beispielsweise dem gemeinen Instagram-Nutzer. Man käme nämlich überhaupt nicht auf die Idee, den Mann im Video irgendwie als unterdrücktes Wesen zu begreifen. So aber entsteht nun ein weißer – oder genauer: ein blinder – Fleck als Projektionsfläche für Rassismusjäger.

Jeder weiß es: Volkswagen hat eine lange Geschichte, die im düsteren Nationalsozialismus beginnt. Aber diese Firmengeschichte geht weiter um den Erdball als Botschafter der Werte des Westens, der Freiheit und des friedlichen Lebens in Vielfalt von Brasilien bis hinüber nach Südfafrika, wo Volkswagen heute rückblickend fast unbestritten als ein sanfter Riese im Kampf gegen Apartheid verstanden wird. Selbstredend findet, wer sucht, auch hier die Nadel im Heuhaufen.

Aber weiter ins Hier und Jetzt des Konzerns: Aktuell wird Volkswagen bis in den hintersten Winkel und das letzte Hinterzimmer des Konzerns von einem Ethik-Inspektor und seinem hundertköpfigen Team überwacht – ausgestattet mit allen nur möglichen Rechten. Das ist das Ergebnis eines Deals mit dem US-amerikanischen Justizministerium rund um die Verfahren zur Dieselgate-Affäre. Besagter Oberwächter heißt Larry Thompson. Er ist ein von der US-Regierung in Wolfsburg eingesetzter „Aufpasser“, wie es die Automobilwoche korrekt formuliert hat. Erstaunlicherweise findet sich diese Tätigkeit nicht einmal auf Thompsons Wikipedia-Seite, obwohl dort eigentlich jedes Detail einer Vita vermerkt ist.

Erzählen Sie dem Bürger auf der Straße von dieser schon Jahre andauernden Rundumüberwachung von Volkswagen durch die US-Regierung, würden Sie von nicht wenigen für einen Spinner und Verschwörungstheoretiker gehalten. Ethik beim Rassismus-Verdächtigen wird also von Larry Thompson überwacht. Und der wird noch über Jahre in Wolfsburg vor Ort sein, denn beispielsweise das System des Whistleblowers, dass im Konzern eingeführt werden sollte, will einfach nicht funktionieren: Der bestens bezahlte deutsche VW-Arbeiter und Angestellte macht das nicht mit. Hier wird niemand diffamiert, schon gar nicht der eigene Betrieb. Ethik versus Nibelungentreue?

Aber das ist noch nicht alles. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass in dem, Slogan des Videos das diffamierende Wort „Neger“ (heute meist als N-Wortchiffriert) auftauchen würde. Warum? Weil aus den Buchstaben des Slogans „Der neue Golf“ tatsächlich dieses Wort zusammengebastelt werden kann. Also dann, wenn man hier ähnlich verquer investigativ vorgeht, wie Aluhut-Träger mit dem Erscheinungsjahr des Orwell Buches „1984“ (1948), das in Bezug auf 1984 genau so lange zurück liegt, wie 1984 von 2020. Ja, solche mystischen Zahlenspiele werden tatsächlich von Menschen als bedrohlich empfunden.

Aber wen interessiert so etwas genau? „Der neue Golf“ beinhaltet übrigens ebenso den Begriff „Fogel“ und hier könnte man sich dann die Frage stellen, warum Volkswagen Vogel mit F schreibt und was da nun wieder für eine düstere Botschaft dahinter stecken könnte. Etliche weitere Worte sind enthalten, versuchen Sie es einmal selbst.

Aber lustig ist das alles überhaupt nicht. Denn wer dort absichtsvoll das „N-Wort“ gelesen haben will, der macht sich schon selbst eines tief verwurzelten Rassismus verdächtig.

Halten wir also fest: Das Reflektieren von möglichem Rassismus im Alltag führt doch in seiner Überspitztheit erst zu einem sichtbar gewordenen real existierenden Rassismus. Dass es hier nun ausgerechnet Volkswagen trifft, wirkt vollkommen absurd. Fast so absurd, wie der sofortige Kniefall der ihrer Werte entwurzelten Führungsebene (Achtung hier ist das Wort „Führer“ enthalten). Das Selbstbewusstsein ist futsch. Das Produkt böse, es ist ein Jammer.

Volkswagen ist auch in Sachen Migrantenanteil ein Musterbetrieb. Der Anteil türkischstämmiger Mitarbeiter schlägt sich auch im Betriebsrat deutlich nieder.

Ein Volkswagen-Mitarbeiter, der dort fast vierzig Jahre tätig ist, erzählt gegenüber TE:

„Bei Volkswagen kann man sich eigentlich viel erlauben ohne rausgeschmissen zu werden. Von Alkoholmissbrauch bis zur Arbeitsverweigerung ist Belehrung und Schulung die Abstrafung. Aber jeder Mitarbeiter hat eines verinnerlicht: Rassismus und Sexismus führt gnadenlos ohne jedwede Vorwarnung zum sofortigen Rauswurf.“

Zuletzt ist auch der Frauen- neben dem Migrantenanteil im Betriebsrat enorm. Diese Minderheitenstärke bestimmt längst maßgeblich die Leitlinie des Konzerns. Die Mehrheit des Betriebsrats scheint sich sogar darüber zu freuen, dass der Aktivismus der Minderheiten hier so erfolgreich ist. Insbesondere seit der Betriebsratsskandale um Huren und Co und seitdem die Gefolgschaft zur SPD aufgekündigt wurde, hin zum Co-Management mit sattem Führungsboni.


(Der Autor war über ein Jahrzehnt in einer Werbeagentur mit Hauptkunden Volkswagen-Konzern tätig, zuletzt als Cheftexter für ein Volkswagen-Magazin der automobilen Oberklasse von Volkswagen)

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Kommentare ( 56 )

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56 Comments
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AnSi
3 Jahre her

VW – kommt mir nie ins Haus. Punkt.

Zabka
3 Jahre her

Die Geschichte verweist vor allem auf eins: auf das Elend des zeitgenössischen Journalismus. Einer empört sich – in dem Fall ein Felix Edeha https://twitter.com/FelixEd93/status/1262833851807797249 –, die „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland“ empört sich mit und anderntags empören sich alle von Flensburg bis Passau, Rassismus!!!, ohne einen weiteren Gedanken aufs Thema zu verschwenden. Bei Felix Edeha, muss man dazu wissen, handelt es sich um einen RBB-Jungreporter, selber braunhäutig, Teil der ARD-Linksradikalentruppe „Y Kollektiv“, die vor allem die Sendeformate „funk“ und „Rabiat“ beliefert, also das, was die Öffentlich-Rechtlichen sich unter „jung“ vorstellen, immer auf der Suche nach dem Nazi von nebenan (u.a.… Mehr

Onan der Barbar
3 Jahre her

Es gibt nichts, in das man nicht irgendetwas hineininterpretieren kann. Schwarzer im Bild = Rassismus. Kein Schwarzer im Bild = Rassismus. Für Frauen, Homos, Behinderte, Großmütter mit Zungenpiercing etc. gilt mutatis mutandis dasselbe. Man nennt das Double Binding, Catch-22 oder Höllengesetz (Eliphas Levy). Der VW-Konzern sollte sich der Einsicht stellen, dass er und seine Produkte im Deutschland des Jahres 2020 politisch einfach nicht mehr erwünscht sind, und an diesem Punkt einhaken, anstelle irgendwelchen Werbeagenturen die Schuld zu geben. Wobei ich sagen muss, dass mir einerseits flau im Magen wird, wenn ich an die wirtschaftlichen Reperkussionen denke, andererseits eine gewisse mephistophelische… Mehr

Schwabenwilli
3 Jahre her

….. und was da alles hinein interpretiert wurde „Nager“ V-Power“ „Rassismus“ ………

Wenn die Führung von VW auch nur für zwei Cent Verstand gehabt hätte, hätte sie die Vorwürfe einzeln auseinander genommen und widerlegt.

So hat man sich kriecherisch, widerlich bei Leuten entschuldigt ( und damit eine Schuld eingestanden die es nie gab) die sowieso niemals einen VW kaufen oder fahren würden.

Ich habe 35 Jahre lang VW Autos gefahren, seit 2015 nie mehr.

Alt-Badener
3 Jahre her

Wen wundert das? Wir leben schließlich in Deutschland. Aber nicht vergessen: Im besten Deutschland das es je gab, bis es dann glücklicherweise abgeschafft oder aufgelöst wurde. Weshalb existiert denn dieser völkische Name noch? Entsetzlich, Volkswagen. Wer hat denn diesen Konzern nochmal gegründet? Wenn ich es mir recht überlege ist es ein Unding, dass dieser völkische Konzern noch besteht. Zumindest gehört der schreckliche Namen schnellstens geändert (jetzt aber Zynismus aus).

Biskaborn
3 Jahre her

VW ist mittlerweile ein Konzern der jegliche Selbstachtung und ein gesundes Selbstbewusstsein dem links-grünen Opportunismus geopfert hat. Einfach nur peinlich was die Führungsriege mittlerweile dort abliefert. Das sage ich als VW Fahrer.

H. Priess
3 Jahre her
Antworten an  Biskaborn

Volkswagen-Ein Spiegelbild unserer Gesellschaft!

spectrum380780
3 Jahre her

Mir völlig egal. Seit Volkswagen sich erniedrigt hat, die sozialistische, gegenüber Deutschen rassistische und diskriminierende Regierungspolitik (die nebenbei bemerkt das Unternehmen „VW“ nebst aller Beschäftigten lang- oder schon eher mittelfristig ins Grab befördern wird) den Kunden zwangsweise aufzuzwingen, kaufe ich keine Produkte dieses Konzerns mehr. Und das nach knapp 40 Jahren Kundentreue. Zwei Fahrzeuge hat VW dadurch schon verloren. Das empfehle ich allen treuen Käufern. Es gibt nämlich noch einen andere Aha-Effekt, denn andere Hersteller schaffen es mühelos Autos herzustellen, an denen nichts klappert…

PM99
3 Jahre her

Noch vor wenigen Jahrzehnten hätte man über solche irren Vorwürfe gelacht und dem guten Mann, sollte er weiter seinen Verfolgungswahn ausleben, einen guten Arzt empfohlen. Heute praktiziert man selber Irrsinn. In keinem Land der Welt, die USA vielleicht ausgenommen, werden „Benachteiligte“ wie Schwarze, Homosexuelle oder Frauen so hofiert und bevorzugt wie in Deutschland. Und je mehr sie bevorzugt werden, um so lauter plärren sie, das sie diskriminiert würden. Ein Land, das solchen Schwachsinn mitmacht, versinkt im Chaos und ist dem Untergang geweiht. Viel Spaß dabei!

Mausi
3 Jahre her

Die Konzerne sollten schnellstens von Frau Merkel lernen. Eigentlich hatten sie ja lange genug Zeit. Aussitzen ist die Devise.

Hoffnungslos
3 Jahre her

Sitzt in der PR Abteilung von VW ein grünes U-Boot?