Das Bündnis Sahra Wagenknecht war der politische Aufsteiger des Jahres 2024 – und droht nun der Absteiger 2025 zu werden. Laut einer aktuellen Umfrage scheitert die Frau von Oskar Lafontaine am Einzug in den Bundestag.
Es war eine Bombe, mit der eigentlich längst jeder gerechnet hatte – als Sahra Wagenknecht vor ziemlich genau einem Jahr die Gründung ihrer eigenen Partei bekanntgab. Bei der Europawahl holte das Bündnis Sahra Wagenknecht 6,2 Prozent. Ein Achtungserfolg. Im Herbst ging die Post dann richtig ab: Bei den drei Wahlen in den ostdeutschen Landtagen erreichte die junge Partei Ergebnisse, die dazu führten, dass ohne sie faktisch keine Regierungen mehr möglich waren. Das BSW war auf seinem Höhepunkt – von da an ging’s bergab.
Mit drei wichtigen Themen erreichte Wagenknecht während der Phase der Parteigründung Relevanz. Da waren zum einen ihre in Talkshows geäußerten Zweifel an der militärischen Unterstützung der Ukraine. Zum anderen sprach sich die Gründerin für eine vernünftige Einwanderungspolitik aus und für ein Ende der Cancel Culture. Also der Tendenz von Grünen, SPD, Linke, FDP, Union und ihrer Medien, abweichende Meinungen zu dämonisieren und deren Vertreter aus der Gesellschaft auszuschließen.
Nach den Wahlen im Osten musste Wagenknecht Farbe bekennen. Es genügte nicht mehr, in Talkshows gut auszusehen und sich klug anzuhören. Entscheidungen standen an. Zwar gelangen dem Bündnis einige Achtungserfolge: Ein Corona-Ausschuss hier, eine strengere Abschieberegelung dort. In der Russlandfrage trieb die junge Partei sogar die Ministerpräsidenten vor sich her, verwandelte etwa einen Mario Voigt (CDU) vom rechten Vordenker zum linken Nachläufer.
Doch wenige Monate später zeigt sich: Das alles waren für die Wähler des Bündnisses offensichtlich nicht die entscheidenden Fragen. Sie hatten sich für das BSW entschieden, weil sie einen Politikwechsel wollten und weil sie es leid waren, dass eine abweichende Meinung dazu führt, von linken Parteien und ihren Medien wie ein Aussätziger behandelt zu werden. Genau in dem Punkt lieferte Wagenknecht aber nicht.
Das BSW salutierte vor der Brandmauer und schloss jegliche Zusammenarbeit mit der AfD aus. Stattdessen schloss das Bündnis Koalitionen mit Wahlverlierern wie eben Voigt in Thüringen. Einig waren sich die alten und die ganz neue Partei nur in der Frage, wie die gut bezahlten Posten untereinander zu verteilen sind. Dann bekamen sie noch ebenso verschwurbelte wie bedeutungslose Resolutionen hin. Echte Antworten auf die Sachfragen aber haben die Christsozialdemowagenknechts für die kommenden Politiker-Generationen übriggelassen. In weniger als einem Jahr wurde somit aus der neuen Partei eine Altpartei.
Diese Entscheidung hat nun Folgen für das BSW. In Polarisierungen kommt es nicht mehr vor. Wer ein Weiter-So will, wählt Grüne oder SPD. Wer für alte Inhalte mit einem anderen Gesicht ist, entscheidet sich für die Union. Protestwähler ziehen zur AfD. Wagenknecht braucht in diesen Erzählungen eigentlich niemand mehr. Genau so wenig wie die Linke oder die FDP. Das bestätigt die jüngste Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer. Darin stehen alle drei Parteien bei 4 Prozent – und wären damit im 21. Bundestag nicht vertreten.
Wagenknecht sind die Themen ausgegangen. Seitdem die Amerikaner Donald Trump zu ihrem nächsten Präsidenten gewählt haben und ein Zurückfahren des amerikanischen Engagements in der Ukraine im Raum steht, sind auch die härtesten Befürworter der Unterstützung in Deutschland, Grüne und Union, vorsichtiger in ihrer Wortwahl geworden. Die einstige Chefin der Kommunistischen Plattform in der PDS hat damit ihre Rolle als Antipode verloren. Ebenso wie in der Frage der illegalen Einwanderung, in der mittlerweile sogar Robert Habeck (Grüne) und Nancy Faeser (SPD) vorgeben, sie wollten sie angehen.
Diese beiden Themen sind Wagenknecht weggebrochen. In der dritten Frage hat sich ihr Bündnis selbst ins Aus geschossen. Wie heiß die Frage der Ausgrenzung von Parteien und ihrer Wähler in Deutschland diskutiert wird, zeigte die von Links hysterisch geführte Diskussion über die Teilnahme von Alice Weidel (AfD) an einem Talk auf der Plattform X. Wagenknecht hat an der Brandmauer salutiert und sich den Altparteien angeschlossen – jetzt droht ihr Bündnis, an genau dieser Mauer zu zerschellen.
Innerparteilicher Streit hilft dabei auch nicht weiter. Mit dem Hamburger Landesverband steht Wagenknecht mittlerweile im offenen Konflikt. Auf der anderen Seite: Hat irgendjemand erwartet, dass Streit ausbleiben könnte? In einer Partei, in der Oskar Lafontaine der Einflüsterer der Gründerin, Vorsitzenden und Namensgeberin ist? Ein Mann, der schon zweimal seine Partei im Streit verlassen und neue Parteien aufgebaut hat, um sich an den ehemaligen zu rächen? Eben. Manches geht halt dann doch den Weg, der zu erwarten war.
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Eine Partei, deren Attraktivität auf einer einzigen Person beruht, ohne sich programmatisch deutlich von den bereits bestehenden zu unterscheiden, stößt – anders als die AfD – in keine Lücke.
Es besteht schlicht kein Bedarf.
Der Vorwurf des Artikels, das BSW sei an der „Brandmauer“ gescheitert, greift zu kurz. Wagenknechts Partei hat relevante Wahlergebnisse im Osten erzielt, wichtige politische Debatten angestoßen (Frieden) und so eine klare Alternative zu den Altparteien und alternativ zur AfD geschaffen. Die Analyse im Artikel unterschätzt zudem die politische Dynamik und Anpassungsfähigkeit des BSW und kritisiert das BSW zu Unrecht als gescheitert. Tatsächlich zeigen sich die wahren Widersprüche eher bei der AfD (trotz der aktuell guten Umfragen). Das könnte noch zu Verschiebungen zugunsten des BSW im Wahlkampfendspurt erweisen. Schwachstellen der AfD: 1. Weidels opportunistische Annäherung an die USA (Interview mit Musk);… Mehr
Sie arbeiten sich hier an der AfD ab und vergessen die Tatsache, dass die in den Bundesländern gewählten BSW-Funktionäre in keiner Weise den von Wagenknecht geweckten Erwartungen an diese Partei gerecht werden. Anstatt mit den Altparteien zu kungeln wäre die Bildung einer wirksamen Opposition angebracht gewesen. Das wäre eine wirkliche Hilfe im Wahlkampf um den Bundestag gewesen. So wissen die Wähler jetzt, dass mit dem BSW keine Veränderungen erzielt erreicht werden können.
Zum BSW: Sie werfen dem BSW vor, die Erwartungen nicht zu erfüllen, doch die wahre Herausforderung liegt in der extrem schwierigen politischen Landschaft, in der jede neue politische Bewegung agieren muss. Ein sofortiger Wechsel zur radikalen Opposition hätte dem BSW sicherlich Stimmen gekostet, und es wäre eine unüberlegte Strategie gewesen. Wagenknecht hat bewusst eine eher differenzierte Linie verfolgt, um nicht in die Falle von reiner Antihaltung zu tappen, wie es bei vielen anderen politischen Bewegungen der Fall ist. Die AfD hat sich zwar als größte Konkurrenz etabliert, doch die langfristige Strategie des BSW, bei den Wählern Vertrauen zu gewinnen und… Mehr
Nach dem unmöglichen, undemokratischen Verhalten bei der ersten Sitzung im Landtag von Thüringen gemeinsam mit der CDU und den Linken sind die bei mir durch. Das ist keine Politik im Interesse der Menschen. Das war weder sachorieniert noch irgendwie seriös. Und ein vernünftiger Politiksatz erst recht nicht.Null Unterschied zu den etablieren Parteien mit ihrer Brandmauer etc.
….Protestwähler ziehen zur AfD…… Genau die These der Altparteien! Um die Gründe der AFD- Wähler muss man sich nicht weiter kümmern – die haben ja keine – es ist ja nur Protest! CDU- und SPD- Wähler finden keine politische Heimat mehr, niemanden, der ihre Belange vertritt- außer eben der AFD! Herr Merz kann sich Herrn Habeck als Wirtschaftsminister vorstellen!? Lasst alle Hoffnung fahren! Unwählbar! Die desastöse Politik erreicht jetzt den Geldbeutel. Hausgemachte(!) Arbeitslosigkeit, Energiepreise – auch im Westen. Dort ist die „Fallhöhe“ sogar deutlich größer. Die Kassen sind schon leer- und die (ggf. bisher opulenten) Hauptsteuerzahlerfirmen brechen in vielen Kommunen… Mehr
Ja,und auf dem Parteitag werden jetzt alle als „Liebe Freundinnen und Freunde“ angesprochen. Die Zeit der Genossinnen und Genossen ist vorbei…..
Wagenknecht braucht in diesen Erzählungen eigentlich niemand mehr…das stimmt so nicht ganz! Viele protestwähler sind ja links und nicht rechts haben also ein problem aus protest die AfD zu wählen. Was ich als alter real-sozi „abstoßend“ fand war die einmischung (zu starke) in thüringen. Da kam mir als real-sozi direkt das lied der partei in den sinn „Die Partei, Die Partei, die hat immer recht.“ und DAS lehnen viele die politisch links stehen dann doch ab. Hier war auch stark der einfluss von Lafontaine zu erkennen und den lehnen viele im „linken lager“ ab.
Ganz ehrlich, wer benötigt denn noch eine erneut aufgewärmte SED mit holderem Antlitz um alte Gedanken besser verkaufen zu können, was in sich schon kontraproduktiv ist, wo wir doch schon zuviele der Merkel`schen Kopien in Schwarz-Rot-Grüner-Farbe besitzen, die alle noch um ihre Gunst buhlen, obwohl dieser Zug schon längst abgefahren ist und sie nur nach hinten blicken, weil sie die neue Aussicht fürchten wie die Pest. Die Zeit der geistig Rückständigen hat mit dem Wechsel von Biden zu Trump sein Ende gefunden und als Satrapen des Hegemons werden wir wohl oder übel mit den neuen Verhältnissen bald konfrontiert und leben… Mehr
Laissez-Faire-Führung funktioniert halt nicht auf Dauer und manchmal nur sehr sehr kurz. Siehe Ampel, wo es zumindest 3-Jahre gehalten hat.
Das ist die zweite Achillesferse unserer Parteiendemokratie mit Verhältniswahlrecht und repräsentativen Parlamenten: Nach Wahlen kann der Wille der Mehrheit der Wähler in Koalitionskungeleien außer Kraft gesetzt werden.
In den Schicksalsfragen wird nicht erst seit 2015 der Wille einer Mehrheit durch eine links-grüne Minderheit blockiert, was die Mehrheit frustriert.
Oskar und Sahra haben das leider nicht erkannt, Jürgen Kaube in der aktuellen FAZ schon: Nur Volksentscheide ala Schweiz können der frustrierten Mehrheit einen Ausweg aus diesem ernsten Demokratiedefizit bieten.
Für Volksentscheide ala Schweiz müßten wir jedoch sehr, sehr viel ändern. Kann ein Volksentscheid durch das BVG aufgehoben werden? Kann ein Volksentscheid durch den EuGH aufgehoeben werden? Kann ein Volksentscheid durch den EGMR aufgehoben werden? In alle völkerrechtlich verbindliche Verträge müßten Ausstiegklauseln eingebaut werden. Oder können die nicht mittels Volksentscheid angegriffen werden? Als Beispiel sei hier nur der EURO angeführt. Kann man zu ein und dem selben Punkt jedes Jahr eine Volksabstimmung starten? Wie wird das Quorum festgelegt? Auf welchen Ebenen, Gemeinden, Kreisen, Bundesländern, Bundesrepublik soll das möglich sein? Kann man nachträglich z.B. über den Betrieb des Flughafens FFM abstimmen?… Mehr
Diese Frage ist schon durch die Definition der Demokratie als „Herrschaft des Volkes“ beantwortet, ansonsten wäre klargestellt, dass das Land von den von Ihnen genannten Organisationen und nicht vom Volke und den von ihm gewählten Vertretern beherrscht wird
Da bin ich voll und ganz bei Ihnen. Ich will nur darauf aufmerksam machen, dass dafür in Deutschland noch sehr, sehr viel Handlungsbedarf herrscht. Die Schweiz, als Beispiel, hat kein BVG und kein EuGH. Da ist es schon wesentlich einfacher.
Glauben Sie, dass die alten Machteliten so einfach ihre Herrschaftswerkezuge einfach aufgeben? In diesem Zusammenhang will ich nur auf die „Standardargument“ Menschenrechte und die Würde des Menschen, die unseren Gerichten einen extrem weiten Handlungsspielraum einräumen, hinweisen.
Klar. Aber wer für etwas ist, findet Wege, wer es verhindern will, findet Gründe.
Ich würde mir anschauen und erklären lassen, wie es die Schweizer machen. Da klappt es gut, davon kann man lernen.
Da ich in Grenznähe geboren und aufgewachsen bin, und mich oft in der Schweiz aufgehalten habe, und mich für deren politisches System interessierte, ist mir die Funktionsweise sehr gut bekannt.
Volksentscheide sind Entscheide des höchsten Souveräns und kǒnnen auch nur von diesem wieder aufgehoben werden. Entsprechend eindeutig muss die Rechtsstellung. Auch die EU – eine bloße Organisation – hat sich dem zu fũgen und muss mit dem Ergebnis nationaler Volksumfragen umgehen. Ich sehe nur Vorteile.
Ich teile absolut Ihre Meinung. Nur der Kampf gegen die Etablierten, Stichwort Besitzstandswahrung, wird heftig. Und die Auswirkungen, gerade auch bei völkerrechtlichen Verträgen sind gewaltig. Nur darauf will ich aufmerksam machen.
Geht man davon aus, dass Sara Wagenknecht ihr Leben lang bekennende Kommunistin gewesen ist und dies auch niemals in Abrede gestellt hat, dass ihre Kontakte zu Russland besser sind als zu Amerika, dass ihr Mann Oscar Lafontaine in der Wolle gefärbter Anti Amerikaner ist, dass sich ihre eigentliche Partei durch eine völlig abwegige Politik bis zur Lächerlichkeit verzwergt hat und mit diesem Personal kein Blumentopf mehr zugewinnen war, dass sie sich einer rechten, aus ihrer Sicht auch rechts radikalen Partei, höchstens im Leninschen Sinne als nützlichem Idioten bedient, aber niemals diese als Mehrheit akzeptiert hätte, dass es ihr absolut klar… Mehr
Das BSW ist wohl auch gegründet worden, um der AFD Stimmen zu nehmen – ca. 10%-Punkte. So wäre jetzt die AFD in Ostdeutschland (OD) am „Ruder“. Aber Frau Wagenknecht und Herr Lafontaine sind und bleiben Zerstörer. Mal sehen, was jetzt in OD passiert.