Tichys Einblick
Sterbefallzahlen

Regierung will Gründe für die Übersterblichkeit lieber nicht wissen

Die Zahl der Todesfälle lag in Deutschland seit 2020 um 180.000 Verstorbene höher als erwartet. Ein Politikum. Offizielle Stellen suchen nun nach Gründen und finden am liebsten die Pandemie oder den Klimawandel.

Symbolbild - Städtisches Bestattungswesen Meißen GmbH, Krematorium am 14.01.2021

IMAGO / Christian Thiel

1,06 Millionen Menschen sind in Deutschland 2022 gestorben. Das hat das Statistische Bundesamt mitgeteilt. Damit sei die Zahl der Sterbefälle im Vergleich zu 2021 um 3,4 Prozent gestiegen – bei den Frauen (4,3 Prozent) stärker als bei den Männern (2,5). Aus der Statistik sticht der Dezember 2022 heraus. In dem sind 19 Prozent mehr Menschen gestorben als im Schnitt in den vier Jahren zuvor im gleichen Monat.

In den Corona-Jahren 2020 bis 2022 seien in Deutschland 180.000 Menschen mehr gestorben, als es zu erwarten gewesen sei. Das hat das Ifo-Institut jüngst berechnet. Überraschend für das Institut war, dass diese „Übersterblichkeit“ vor allem im vergangenen Jahr stattfand. Demnach habe es 2020 rund 39.000 Todesfälle mehr gegeben, als statistisch erwartbar waren. 2022 seien es aber 74.000 Todesfälle mehr gewesen – also fast doppelt so viele.

Das Erstaunliche daran: 2020 gab es in Deutschland noch keine Impfungen. Die schützen vor Infektionen – hieß es anfangs. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) behauptet das zwischendrin immer mal wieder, zumindest wenn er sich unbeobachtet fühlt. Impfungen schützen aber vor schweren Covid-Verläufen – heißt es immer noch. Doch trotzdem verdoppelte sich im Jahre drei der Pandemie die Zahl der „Übersterblichkeit“ nahezu im Vergleich zum impfstofflosen Jahr eins der Pandemie.

Der andere Gesundheitsnotstand
Die Übersterblichkeit, die nicht ins Narrativ passt: Lockdowns, Impfschäden, Nebenwirkungen
Wie kommt es zu diesem Widerspruch? Was steckt hinter der Übersterblichkeit? Das Statistische Bundesamt erinnert an die Alterung der Gesellschaft: Umso älter die Menschen im Schnitt seien, desto mehr von ihnen müssten statistisch gesehen sterben. Allerdings räumt das Amt ein, steige auch die Lebenserwartung. Sodass sich der Anstieg der Sterblichkeit um 3,4 Prozent eben nicht durch die allgemeine Alterung erklären ließe – zumindest nicht ausschließlich.

In seiner Suche macht das Statistische Bundesamt mit Erzählungen weiter, die sich mit den Erzählungen der Ampelkoalition decken: Die Sterbefallzahlen seien zwischen März und Mai hoch gewesen, da habe es ja noch eine Coronawelle gegeben. Auch in den Sommermonaten sei die Übersterblichkeit sehr hoch gewesen. Die waren sehr heiß. Das Amt sagt nicht Klimawandel – doch die Erklärung für alles steht unausgesprochen im Raum. Blieben die hohen Sterbefallzahlen im Herbst. Vor allem im Dezember. Da greifen die beiden Lieblings-Erklärungen der Ampel nicht. Weder Corona. Noch der Klimawandel.

Dieses mal tippt das Statistische Bundesamt auf die gemeine Hausgrippe: „Laut dem aktuellen Influenza-Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) wurde ab November ein Niveau bei Atemwegserkrankungen im Allgemeinen erreicht, das über dem Höhepunkt schwerer Grippewellen der Vorjahre lag.“ Auch die Zahl der Gestorbenen im Dezember 2022 mit mehr als 110 000 Fällen reiche über das von Grippewellen bekannte Ausmaß hinaus. Der Dezember war kalt. Was wir also bisher wissen ist, dass die Menschen sterben, wenn es kalt oder heiß ist.

Unerwartete Korrelation
Dringend aufzuklären: möglicher Zusammenhang zwischen Impfquote und Übersterblichkeit
Die unbefriedigende Datenlage zeigt ein Missverhältnis in der Politik auf: Die Regierungen Merkel und Scholz warern bereit, den Bürgern jede Last aufzuladen, um die Pandemie zu bekämpfen. Aber die beiden Kanzler taten nichts, um eine Datenmenge zu erhalten, die uns die Pandemie verstehen und diese wie vergleichbare Situationen künftig besser managen lässt. Beide Regierungschefs ließen ihre Gesundheitsminister Jens „Maskendeals“ Spahn (CDU) und Karl „absolute Killervariante“ Lauterbach in diesem Feld stümpern, ohne einzugreifen.

Bis heute unterscheidet Deutschland nicht zwischen Menschen, die tatsächlich an Corona gestorben sind oder an etwas anderem – zum Beispiel einem Autounfall – aber dabei mit dem Virus infiziert waren. Lauterbach argumentierte sogar, eine solche Statistik würde die Gefährlichkeit des Virus verharmlosen. Wenn Menschen Monate oder Jahre nach der Infektion an einem Herzinfarkt versterben, sei es wahrscheinlich, dass diese letztlich auch durch Corona gewesen seien – argumentiert der Prophet der Kirche zur Absoluten Killervariante. 95 Prozent der Deutschen seien mittlerweile gegen das Corona-Virus immunisiert, hieß es in einer Studie des Bildungsministeriums, über die TE zuerst berichtete. Hätte Lauterbach recht, würden demnach 95 Prozent aller Todesfälle durch Krebs, Herzinfarkte oder Autounfälle auf Corona zurückgehen – was für eine bösartige Seuche.

Die endgültigen Ergebnisse des Bildungsministeriums sollten bis Ende 2022 da sein – und stehen immer noch aus. Gleichzeitig erklärt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Davos, die Pandemie sei noch nicht beendet. Das lässt zwei Schlüsse zu: Entweder ist diese Regierung unfähig, solides Zahlenmaterial zusammenzutragen, um anhand dessen fundierte Entscheidungen zu treffen. Oder diese Regierung ist an solidem Zahlenmaterial nicht interessiert und will mit dem Stichwort Corona eine Politik nach Gusto betreiben. Wobei nur die Zahlen gesammelt werden, die der jeweiligen Politik den Anschein von Wissenschaftlichkeit verleihen.

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