Die SPD benennt ihre Minister: fünf Bauernopfer, ein Gewinner und sein bester Kumpel

Die SPD beantwortet die offenen Fragen zu ihrem Regierungsteam: Erhält Saskia Esken ein Ministeramt als Trost? Findet Lars Klingbeil einen Menschen, der drei Quoten in sich vereint? Und gibt es Aufsteiger, von denen noch nie jemand etwas gehört hat? Zweimal Ja und einmal Nein.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler
Vorstellung der SPD-Bundesministerinnen und -minister, Berlin, 05.05.2025

Die Bundeswehr bläst an diesem Montagabend dem scheidenden Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Zapfenstreich. Unter anderem spielen sie auf seinen Wunsch „Respect“. Also liefert Scholz zu seinem Abschied doch noch den Respekt, den er zu Beginn seiner Amtszeit versprochen hat. Irgendwie. Auf den ersten Blick mag das kümmerlich wirken. Aber im Vergleich zu seiner restlichen Bilanz ist das schon wieder in den Top Ten. Die SPD scheint es auch so zu sehen: Nach der verlorenen Wahl sind es vor allem Scholz’ ehemalige Minister, die gehen müssen:

Hubertus Heil war Arbeitsminister. Doch obwohl die SPD dieses Haus behält, ist er weg. Das Innenministerium geht an die CSU, doch Nancy Faeser hätte stattdessen als Juristin auch Justizministerin werden können. Ist aber ebenfalls weg. Ebenso wie Bauministerin Klara Geywitz und die Ministerin für Entwicklungshilfe, Svenja Schulze.

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Die Bilanz der Vieren rechtfertigt ihre kalte Kündigung: Die eine hat Radwege in Peru gebaut, die andere viel weniger Wohnungen in Deutschland als vorher – obwohl sie viel mehr Wohnungen versprochen hatte. Heil hat mit dem Bürgergeld Arbeitsverweigerung in Deutschland sexy gemacht und damit den Städten und Gemeinden eine nie gesehene Verschuldungswelle beschert. Und Nancy Faeser hat sich für die Meinungsfreiheit eingesetzt. So erfolgreich, dass es in Deutschland zu Haft führt, wenn man Nancy Faeser öffentlich kritisiert. Den Vieren könnte die Bundeswehr einen Song von den Absoluten Beginnern spielen: „Geh bitte, sag keinem, dass du hier warst, geh bitte… geh bitte.“

Lars Klingbeil hat es erfolgreich geschafft, so zu tun, als ob er mit den Niederlagen bei der Europa- und Bundestagswahl nichts zu tun hat. Oder es war halt kein anderer mehr da, nachdem die Partei alle offensichtlichen Verlierer ausgemustert hat. Auf jeden Fall steigt der Parteivorsitzende zum Finanzminister und Vizekanzler auf. Klingbeil tritt damit also zum ersten Mal in die Fußspuren von Christian Lindner (FDP) und Robert Habeck (Grüne). Keine gute Quote erhält indes, wer darauf wettet, dass es nicht das letzte Mal bleibt.

Die zwei prominentesten Besetzungen in seiner Ministerriege sind keine Überraschung: Boris Pistorius bleibt Verteidigungsminister und Bärbel Bas wird Arbeitsministerin. Die ehemalige Präsidentin des Bundestags gilt als die neue starke Frau in der SPD. Die anderen Besetzungen sind vielleicht keine Überraschungen, rufen aber trotzdem verblüffte Reaktionen hervor. Im Sinne von: Wer ist das? Stefanie Hubig erhält die Justiz, Reem Alabali-Radovan die Entwicklungshilfe und Verena Hubertz das Bauministerium. Carsten Schneider wird Umweltminister.

Carsten Schneider könnten die Ostdeutschen kennen. Unter Scholz war er ihr Beauftragter. Was heißt, dass die SPD eine inklusive Partei bleibt, in der man mit einer schlechten Bilanz sogar befördert werden kann – zumindest, wenn man als enger Kumpel des neuen Vizekanzlers gilt.

Alabali-Radovan war vorher Integrationsbeauftragte. Und wenn es eine Erfolgsgeschichte unter Olaf Scholz gibt, dann ist das die Integration. Alabali-Radovan ist ein politisches Überraschungsei: Frau, aus dem Osten, mit Migrationshintergrund. Das sind gleich drei Quoten in einer. Und solange sie mit 35 Jahren noch als jung gilt, ist Reem Alabali-Radovan sogar ein Überraschungsei deluxe.

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Saskia Esken geht leer aus. Sie trägt genauso viel Schuld an den Niederlagen wie Klingbeil. Aber sie muss die Verantwortung übernehmen, während er den Lohn erhält. Verstehen werden das nur die Sozialdemokraten. Fünf Bauernopfer müssen reichen, um sich bei der Basis für die Niederlage vom Februar zu entschuldigen. Einer der Verlierer steigt indes auf – und nimmt seinen Kumpel mit nach oben. Sein bisheriger Generalsekretär Matthias Miersch übernimmt den Vorsitz der Fraktion.

Die Partei ist ein Machterhaltungsapparat. Das beweist Klingbeil mit den Besetzungen Hubig und Hubertz. Die stammen beide aus Rheinland-Pfalz. Dort finden im nächsten März die ersten wichtigen Wahlen nach der Regierungsbildung in Berlin statt. Baden-Württemberg dürfte die SPD schon aufgegeben haben. Alles, was nicht zu weit weg von der Zweistelligkeit ist, wäre dort schon für die Partei ein Erfolg.

In Rheinland-Pfalz gilt es aber, eine Staatskanzlei zu verteidigen, die seit 35 Jahren in der Hand der SPD ist. Dabei soll die schillernde Prominenz von Hubig und Hubertz helfen. Was zeigt, dass die einstige Arbeiterpartei den Kontakt zum normalen Volk nur noch dann herstellt, wenn es dem die Polizei und die Staatsanwaltschaft auf den Hals schickt, nachdem das Volk mal wieder gewagt hat, seine Meinung zu sagen.

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Kommentare ( 64 )

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Cimice
1 Monat her

Interessante Rede Söders heute in Berlin: Er wünsche sich, „dass wir als Demokraten nicht immer nur Angst haben und dass wir nicht immer nur hyperventilieren, wenn wir den Namen einer anderen Partei hören“. Gut regieren heiße auch, die Feinde der Regierung kleinzumachen, „kleinzuregieren“, so der CSU-Chef. … „CDU, CSU und SPD sind eine neue Verantwortungsgemeinschaft“, twittert CSU-Chef Markus Söder nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags. „Und der Vertrag bietet viel Grund für Optimismus. Wir wollen gemeinsam Volldampf für Deutschland machen und zeigen: Es geht nicht um die Parteien, sondern um unser Land.“ CDU, CSU und SPD sind eine neue Verantwortungsgemeinschaft? Echt… Mehr

Endlich Frei
1 Monat her
Antworten an  Cimice

Ach Söder. Der dreht sich doch wie ein Windrad. Viel heiße Luft, um morgen schon das Gegenteil zu erzählen. Dieser Luftikus hat seine Wahlklientel, nämlich jene, die bereit und willens sind sich ein auf ein anderes mal zum Narren halten zu lassen. Und davon gibt es leider viel in Bayern.

HarryDax
1 Monat her
Antworten an  Cimice

Wenn wir ein besseres DE hätten haben wollen, dann hätte die Union eine Koalition mit der AfD machen sollen und keine neue Mauern erstellen sollen.
Ach ja die Merkel und die Union haben ja für Migranten die Mauern entfernt und nun gibt es soviel Inländerfeindlichkeit bis ohne Ende!
Gute Nacht, Marie!

alter weisser Mann
1 Monat her
Antworten an  HarryDax

„hätte die Union eine Koalition mit der AfD machen sollen“
Um die CDU/CSU bei Merkel- und Ampelpoliltik zu halten muss man ihnen nichteinmal die Faeserschen Instrumente der VS-Geheimgutachten zeigen. Da bleiben die von selbst.

schwarzseher
1 Monat her
Antworten an  Cimice

Was Söders Überzeugungen ( Mehrzahl !!! ) betrift, so drehen die sich wie in einem Tornado mit rasanter Geschwindigkeit.

HarryDax
1 Monat her

Ich glaube das Helmut Schmidt (Ex Bundeskanzler SPD) sich nicht nur im Grabe umdreht, sondern vor Wut schäumen tut!
Der Mann wäre heute schon längst im Gefängnis, von seinen eigenen Leuten!

Endlich Frei
1 Monat her

Das Gute ist, dass alle Minister keine volle Legislaturperiode erfüllen und dadurch deutlich weniger Versorgungsansprüche erworben haben.
Besonders bei der klagewütigen Turbo-Einbürgerungsministerin Nancy Faeser, die den Knall ja komplett überhört hat, freut mich das. Bei Svenja Schulze freut mich es auch, nachdem sie uns mit männlicher Maskulinität in Ruanda beglückt, während hierzulande die Eingeborenen infolge Armutsrenten Flaschen sammeln.
Wehrmutstropfen: Leider werden der AFD nun zwei ihrer besten Wahlkämpferinnen fehlen.

Last edited 1 Monat her by Endlich Frei
Micky Maus
1 Monat her

Was kann man schon erwarten vom größten Lügner und Wählertäuscher der deutschen Politikgeschichte als Kanzler und jede Menge Demokratieheuschler im Gefolge? Und damit dies alles einen seriösen Anstrich erhält, durfte die Faeser schnell noch die AfD als Rääächtsextreme und Nazis einstufen und wieder freut sich das verlogene Pack!

Siggi
1 Monat her

Diese Koalition ist weder willens noch fähig, die Probleme zu beseitigen. Die „Damen“ habe ja schon klar gesagt, dass es weiter so geht und der Kampf gegen die AfD ebenfalls. Wie die Schuldenbremse, hat man Faeser noch schnell eingespannt, um der AfD einen mitzugeben. Und wie die alte Koalition wird auch sie daran scheitern und an der Migration. Die AfD, oder wie sie eventuelle einmal heißen wird, ist die einzige Partei, die das Elend beenden will und kann. Merz wird sich noch wundern, wie schnell er und Ungnade fallen wird, und damit sein Gruselkabinett.

H. Hoffmeister
1 Monat her

Wir sehen eine runderneuerte SPD-Darstellerriege und wissen doch – analog zu den Gesellen der Union – was kommen wird: grün-woke Politik mit viel Umverteilung, noch mehr Klima- und Migrationsideologie und ganz viel heisser Luft, alles zulasten der Leistungsträger und der künftigen Generationen.

Egozentrik
1 Monat her

Wie kann Friedrich Merz als Bundeskanzler verhindert werden? Ja, wie kann sogar die AfD einen Friedrich Merz als Kanzler verhindern? Es geht! Ein großer Teil der AfD-Abgeordneten müsste ebenfalls einfach (tatsächlich „einfach“, und nicht nur das heute übliche Füllwort!) Friedrich Merz als Kanzler wählen! Beim Ministerpräsident Kemmerich (FDP) hatte das ja auch geklappt! Und um die Wähler der AfD-Abgeordneten nicht zu enttäuschen, müssten diese ihre Argumentation vorbringen, nämlich einen Bundeskanzler Merz zu verhindern und ihn noch im Mai „auszumärzen“. Für diese Situation habe ich sogar eine CDU/CSU/SPD-Ausrede parat: „Alle Abgeordneten und die Bevölkerung müssen dennoch die Merz-Regierung akzeptieren. Da die… Mehr

Last edited 1 Monat her by Egozentrik
Riffelblech
1 Monat her
Antworten an  Egozentrik

Durchaus eine Idee mit einem gewissen Charme.

Alois Fischer
1 Monat her
Antworten an  Riffelblech

Nein, eine mit Rückgrat – aber leider mit Berufspolitikern statt Volksvertreter nicht zu machen. darum: AFD ist wirklich eine Alternative.

Epouvantail du Neckar
1 Monat her
Antworten an  Egozentrik

Ein Träumchen-wenn es denn nur so käme. Wer anderen eine Grube gräbt…..
Go AfD, go!

RiverHH
1 Monat her

Die Reste-Spezialdemokraten braucht kein Mensch mehr. Eine Splitterpartei ist das schon und wird hoffentlich sehr bald unter „Sonstige“ geführt.

Charly65
1 Monat her

Es ist schon wirklich eine große Erleichterung, Faeser, Baerbock, Habeck, Scholz und Lauterbach nicht mehr ertragen zu müssen, kann man nur hoffen, dass sich nicht mehrere Politiker im neuen Regierungsteam ähnlich negativ entwickeln, sonst muß ich wieder den Tag herbeisehnen, an dem das Drama endlich ein Ende findet, obwohl, wenn ich mir das so recht überlege, hat das Drama mit Merz und Klingbeil ja schon wieder begonnen.

Ludwig von Gerlach
1 Monat her

Was Herrn Klingbeil zum Finanzminister qualifiziert, weiß nur er selbst. Anders die designierte Justizministerin Dr. Hubig. Ihr auf Wikipedia wiedergegebener Lebenslauf ergibt zweifelsfrei, dass sie über alle notwendigen Qualifikationen für dieses Ministerium verfügt. Anders als ALB kommt sie nicht aus dem Völkerrecht, sondern hat in ihrer Jugend zwei bayerische Staatsexamina mit Noten erworben, die ihr den Eintritt in die bayerische Justiz ermöglichten. Wer Jurist ist, weiß, was das bedeutet. Harte Arbeit, hohe Intelligenz. Solche Leute braucht das Land.

murphy
1 Monat her
Antworten an  Ludwig von Gerlach

Wird das die politiche Liebesdienerei der 3. Gewalt, der Rechtsprechung ändern?

Brotfresser
1 Monat her
Antworten an  Ludwig von Gerlach

Harte Arbeit soll wohl stimmen! Der Habitus ist bei Juristen auch sehr wichtig.
Aber hohe Intelligenz? Ich sag’s mal mit Walter Hardwell White: „… not so much!“
Oder mit Thoma, wenn ich mich nicht irre: „Er war Jurist und auch sonst von mäßigem Verstande.“

Herr Rossi
1 Monat her

„Nancy Faeser als Justizministerin“! Da hätte sie sogar Heiko Maas übertroffen! Wie sagte Maas damals so SCHÖN: „Es gibt kein Grundrecht auf innere Sicherheit“! Da hatte er mal die Wahrheit gesagt!