Rache an Kurz scheint der SPÖ wichtiger als alles andere

Seine Mahnungen hat Bundespräsident Alexander van der Bellen wahrscheinlich in den Wind der ihm wohlbekannten Niederungen von Funktionären gesprochen, denen die Partei immer wichtiger ist als Land und Leute.

KHALED DESOUKI/AFP/Getty Images
Dass Sebastian Kurz die Koalition mit der FPÖ bildete, als die SPÖ drauf und dran war, das selbst zu tun, hat sie irgendwie verdrängt. Dass sie dadurch ihre seit ewigen Zeiten gewohnte Machtbeteiligung verlor, hingegen nicht. Dafür will sie Rache, da hat wohl kein anderer Gedanke eine Chance.

»Seit der Veröffentlichung des Ibiza-Videos habe er sich „bemüht, Stabilität zu schaffen und Österreich handlungsfähig zu erhalten“. Er habe vom Bundespräsidenten den Auftrag bekommen, die durch den FPÖ-Ausstieg frei gewordenen Ministerien neu zu besetzen. „Ich bin diesem Auftrag binnen 24 Stunden nachgekommen“, sagt Kurz. Über die Allianz, die sich nun im Nationalrat gegen ihn abzeichnet, sagt Kurz: „Es ist entlarvend, dass das Ergebnis der Ibiza-Enthüllungen dazu führt, dass sich nun eine Koalition zwischen Kickl und Rendi-Wagner bildet, um mich als Bundeskanzler loszuwerden.“« Meldet Kurier.at.

Zum Gerücht, er würde seiner Abwahl im Parlament zuvorkommen, indem er als Kanzler zurücktritt, habe Sebastian Kurz erklärt: „Das ist eine Unwahrheit, die in die Welt gesetzt wurde. Ich werde am Montag selbstverständlich im Parlament sein. Und ich werde jede Entscheidung des Nationalrats zur Kenntnis nehmen. Aber am Ende entscheidet die Bevölkerung bei den Nationalratswahlen im September.“

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sagte in einem Interview mit Die Presse und Bundesländerzeitungen, „die SPÖ müsse allein aus innerparteilichen Motiven den Misstrauensantrag gegen Kurz unterstützen.” Gefragt, ob es richtig sei, „Kurz per Misstrauensantrag zu stürzen”, antwortet Doskozil: „In der jetzigen Situation ist es insbesondere mit Blick auf die Parteiinterna richtig.”

Die Presse fragt noch einmal nach: „Aber es ist nicht klug in Bezug auf die Nationalratswahl. Weil die Wähler es möglicherweise anders sehen.”

Doskozil: „Die Bevölkerung wird es bis zu einem gewissen Grad anders sehen. Das ist für mich schon auch ein Widerspruch: Dass man einerseits stabile Verhältnisse will und dann beim Misstrauensantrag mitgeht. Es ist ein Widerspruch, den man erklären muss. Aber es gibt für die SPÖ mit einem starken Blick ins Innenleben keine andere Möglichkeit.”

Krone.at fasst zusammen: „Dass die Demontage des Kanzlers bei der Mehrheit der Bevölkerung wohl nicht so gut ankommt und die SPÖ Gefahr läuft, bei der Nationalratswahl im September die Rechnung dafür präsentiert zu bekommen, nimmt sie in Kauf. Ebenso, dass sie Kurz, den dann gestürzten Kanzler, möglicherweise zum Märtyrer macht. Es wird nicht überraschen, wenn sich der ÖVP-Chef als derjenige präsentiert, der für Stabilität sorgen wollte und der Opposition die Hand gereicht hat.”

Im Interview mit oe24.at formuliert Kurz die Wahlkampf-Melodie: „Das Ergebnis aus Ibiza ist offenbar, dass sich eine neue Koalition bildet aus Kickl und Rendi-Wagner, mit dem einzigen Ziel, mich abzuwählen. Ich werde jedes Ergebnis akzeptieren, aber eines ist schon klar: Am Ende des Tages entscheidet der Wähler. Und zwar im September.”


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Kommentare ( 55 )

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Ruud
4 Jahre her

Bei uns konservativen Wählern ist leider immer die Sehnsucht gross nach einem „guten Mann“, der unsere Meinung vertritt, vor dem sich aber auch niemand schämen muss, weil die linke Medienmeute ihn nicht all zu hart anfasst. Der letzte dieser Hoffnungsträger war Friedrich Märt, er wäre eine riesige Enttäuschung gewesen, wenn er denn gewählt worden wäre. Dann erinnere ich an Joachim Gauck, was haben viele der Konservativen Hoffnungen in ihn gesetzt, die nachher – auch ich sagte es voraus – auf bitterste Weise enttäuscht wurden. Allen Österreichern muss klar sein, dass ein Sebastian Kurz ohne FPÖ eine linksliberale Politik durchführen wird,… Mehr

Neusiedl
4 Jahre her

eine Sage aus dem Kongo für unseren Noch-Bundeskanzler: ein Skorpion spricht zu einem Flusspferd: Bring mich über den Fluss. Antwortet das Flusspferd: Ich bin ja nicht blöd. Du stichts mich und ich sterbe. Sagt der Skorpion: Du bist blöd. Wenn ich Dich steche, dann sterbe ich mit Dir. Flusspferd denkt nach und nimmt den Skorpion auf seinen Rücken. In der Mitte des Flusses sticht der Skorpion zu. Mit letzter Kraft röchelt das sterbende Flusspferd. „Jetzt hast du mich doch gestochen!“. Antwortet der absaufende Skorpion: Sorry, das ist meine Natur. Ich MUSSTE es einfach tun. (Das lieber Basti und meine liebe… Mehr

FlyingHorse
4 Jahre her

Der Artikel ist wenig erhellend. Die Rolle von Herrn Kurz als Saubermann und Gentleman sehe ich sehr kritisch. Wenngleich gerade in Deutschland die Sehnsucht nach einer solchen Figur groß ist. **

Mögliche und tatsächliche Hintergründe werden mir in diesem Interview anschaulicher:

https://m.oe24.at/oesterreich/politik/Kickl-ueber-Ibiza-Video-Verbindung-zu-BVT/381763805

Evelyn Beatrice Hall
4 Jahre her

Für Sozialdemokraten hege ich keinerlei Sympathie. Daß aber eine Oppositionspartei die Gunst der Stunde nutzt, eine ihr nicht genehme Regierung zu stürzen – wer wollte es ihr verdenken! „Staatspolitische Verantwortung“ und Ähnliches sind hier die falschen Kategorien. Schließlich stehen keine ausländischen Truppen einmarschbereit an der österreichischen Grenze, und auch die Donau ist nicht über die Ufer getreten, so daß Wien unter Wasser stünde. Hier wurde unter obskuren Umständen eine Regierung gestürzt. Diese Umstände werden in den nächsten Monaten aufzuklären sein. Ansonsten hat der Wähler das Wort.

humerd
4 Jahre her

Ja, so sind sie
– die SPÖ auf Rachefeldzug
-die Demokraten der Hillary Clinton geben keine Ruhe gegen Trump
– klein Martin Schulz begehrt wieder den Vorsitz
und alle gemeinsam sind schlechte Verlierer. Politik ist Nebensache, Posten, Rache und persönliche Befindlichkeiten stehen im Vordergrund.
Selbstverständlich alles nur für das land und das Volk, was denn auch sonst?

Ruud
4 Jahre her
Antworten an  humerd

Kurz ist in Wahrheit ein Merkelianer. Um den ist es nicht schade.

Monika
4 Jahre her

Ich habe mal die Leserbriefe zu dem Krone-Artikel überflogen. Also da kommt Kurz fast noch schlechter weg als die SPÖ, weil er Kickl entlassen hat, was die Leute wohl zu einem beträchtlichen Teil als überzogen wahrnehmen. Natürlich gab es auch viele Stimmen, die das Verhalten der SPÖ kritisierten. Aber das schien mir nicht unbedingt die Mehrheit zu sein. Es drängt sich der Verdacht auf, daß Kurz überzogen hat in der möglicherweise trügerischen Meinung, daß er so beliebt ist, daß er die Regierung jetzt schon ohne die FPÖ übernehmen könnte. Das scheinen aber viele Bürger anders zu sehen, dort wurde sein… Mehr

Hanspeter Moesch
4 Jahre her
Antworten an  Monika

@ Monika : Das, was Sie schreiben, nahm auch ich so wahr beim Lesen der Krone Leserkommentare. Dem ist so. Addieren Sie nun zusammen, was die Krone-Leserschaft in Bezug auf Kickl wahrnimmt und das, was hier im Artikel zur SPÖ steht, dann sieht es für S. Kurz doppelt schlecht aus. Der hingehaltene Köder mit dem Ibiza-Interview sollte politisch Strache treffen, das war einfach, aber das reichte der Video-Urquelle nicht: Der Strache-Köder sollte nebst Sebastian Kurz ebenso die AfD in Deutschland treffen. Deshalb wurde das Video nicht in Austria publik gemacht (was mit nur „Strache/Kurz“ naheliegender), sondern es wurde in Deutschland… Mehr

Britsch
4 Jahre her

Zeigt sich an dieser Reaktion vielleich wer wirklich hinter demVideo steckt?
Wenn es die SPÖ hinter dem Video steckt. wird das aber nie rauskommen,
denn für so etwas hat man seine Leute „Strohmänner“.

Thomas Hellerberger
4 Jahre her

Ich wage eine Gegenrede zum im Beitrag gesagten, auch wenn ich mich der Gefahr aussetze, dem Liebling der Liberalkonservativen, Sebastian Kurz, sinnbildlich ans Bein zu pinkeln. Aber: 1. Auch in Österreich wird der Bundeskanzler nicht vom Volk gewählt, sondern vom Parlament, also dem Nationalrat. Eine Direktwahl gibt es, rotweißrot, nur beim Bundespräsidenten, und beide direkt zu wählen machte auch keinen Sinn. Ein direkt gewählter Kanzler wäre, auch in Deutschland, machtpolitisch Bundespräsident und Kanzler in einem. 2. Somit ist Kurz nicht Kanzler des Volkes, sondern der Parteien der Koalition (oder der alleinregierenden Partei) die ihn trägt. Er wird sich daher, wie… Mehr

Evelyn Beatrice Hall
4 Jahre her
Antworten an  Thomas Hellerberger

Meines Wissens wird der Kanzler in Österreich nicht vom Parlament gewählt, sondern vom Bundespräsidenten unter Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse ernannt.

Old-Man
4 Jahre her

Was wird wohl passieren?
Ich glaube,egal was im Moment ansteht,im September wird Sebastian Kurz wohl mit der Möglichkeit einer absoluten Mehrheit rechnen können,denn die Bürger werden sehr schnell die „Hexenküche“ SPÖ kalt stellen.Ob er dann noch einmal die FPÖ braucht,wird sich zeigen.

Also Kopf Hoch Sebastian,wird schon alles gut!!

jboese2
4 Jahre her

Es hätte mich gewundert, von Sozialdemokjraten sowas wie Moral oder Ethik zu erwarten. Sozialdemokratie gehört so auf den Müllhaufen der Geschichte, und dort wird sie auch landen. Was Kurz betrifft, er ist ja noch jung und ein Rückschlag kann ganz lehrreich sein. Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt genießt….