Prof. Kepplinger: Medien haben in der Coronakrise schlecht kommuniziert

Nicht nur bei der Ausstattung der Gesundheitsämter haben sich in der Corona-Krise systemische Fehler gezeigt. Auch beim Umgang mit Informationen haben sowohl die Politik als auch die Medien versagt. So sind sachliche Diskussionen fast unmöglich geworden. Eine Analyse

IMAGO / Steinach

Der renommierte Kommunikationswissenschaftler Hans Mathias Kepplinger kritisiert die Kommunikation der Medien während der Coronakrise als einseitig. Sie habe sogar Widerstände gegen das Impfen aufgebaut und verstärkt, bemängelt Kepplinger in einem Gastbeitrag für das Monatsmagazin Tichys Einblick. Immer wieder seien die Kritiker der Coronaauflagen als Coronaleugner, Covidioten, Schwurbler und Rechtsradikale diffamiert worden, statt auf die inhaltliche Kritik der Demonstranten einzugehen.

Nach der Großdemo am 29. August 2020 in Berlin habe es keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Inhalten gegeben. Stattdessen habe man vorrangig über die kleine Zahl von Rechtsradikalen und Reichsbürger berichtet. „Die Folgerungen daraus waren politisch-publizistische Aufforderungen zur Distanz von Rechtsradikalen und Nazis und zur Solidarität mit der Mehrheit. Die Konzentration der Berichterstatter auf eine Gefahr durch Rechtsradikale verschaffte ihnen eine weit über ihre politische Bedeutung hinausgehende publizistische Bedeutung.“ Die Bezeichnung der Demonstranten in den Medien als Covidioten und Schwurbler „dürfte die Abwehrhaltung verstärkt und die geforderte Solidarität mit der Mehrheit zusätzlich blockiert haben“.

Das Vertrauen in die Medien sei auch dadurch erschüttert worden, dass die starke Belastung der Intensivstationen durch ungeimpfte Migranten lange Zeit verschwiegen oder runtergespielt wurde. „Das Thema wurde totgeschwiegen, bis es wegen der gegenläufigen Entwicklung sinkender Infektionszahlen und steigender Belastungen von Intensivstationen nicht mehr totgeschwiegen werden konnte.“ Durch das Totschweigen sei es jedoch versäumt worden, frühzeitiger für gezielte Impfungen in der Bevölkerung mit Migrationshintergrund zu werben. „Eine Diskussion über gezielte Impfungen von Migranten hätte gezeigt, dass ihr Schutz auch Deutsche ohne Migrationshintergrund vor Infektionen schützt. Das hätte vor allem Beschäftigten mit niedrig bezahlten Tätigkeiten geholfen, die eng mit Migranten zusammenarbeiten und oft in den gleichen Häusern leben, sowie unzähligen Schulkindern in Grundschulen mit ihrem hohen Anteil an Migrantenkindern.“ Mangels frühzeitiger Berichterstattung habe es diese Debatte jedoch nicht gegeben.


Der gesamte Beitrag in Tichys Einblick 04-2022 >>>

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Kommentare ( 47 )

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StefanB
2 Jahre her

Die Medien haben in der Vergangenheit nicht schlecht kommuniziert, sondern systemkonforme Propaganda gemacht – und daran hat sich bis auf wenige Ausnahmen (Alibi-Funktion) nichts geändert.

Mausi
2 Jahre her

„Eine Diskussion über gezielte Impfungen von Migranten hätte gezeigt, dass ihr Schutz auch Deutsche ohne Migrationshintergrund vor Infektionen schützt.“ Das Narrativ von Fremdschutz sollte doch nun inzwischen überholt sein. Selbst der eigene Schutz ist – milde ausgedrückt – wissenschaftlich nicht nachgewesen. Das erklärte Ziel war ja auch nicht die Debatte. Ziel war es, die Bevölkerung von Heute auf Morgen in den Pandemiemodus zu versetzen. Die öffentliche Debatte hätte bereits mit der WHO-Definition von „Pandemie“ beginnen müssen. Selbst wenn das RKI recht hat, mit seiner Aussage, auch nach der alten Regelung hätten wir eine Pandemie. Dann stellt sich die Frage, ob… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Mausi
Je me souviens
2 Jahre her

Die einseitige, zensierte, wissenschaftlich und per Recherchen errungene Erkenntnisse ignorierende Berichterstattung muss nach zwei Jahren wohl jeden aufmerksamen Interessierten und Objektivität Wahrenden zum Schluss kommen lassen, dass es letztlich nach dieser langen Zeit der Irrungen und Wirrungen lediglich noch zwei Motive geben kann, die erklären können, warum die Schalter und Walter in der hiesigen hohen Politik an ihrem (dilettantischen, wissenschaftliche Fakten und Methodiken missachtenden) Vorgehen weiterhin festhalten wollen: zunächst ist es die „anerzogene“ Unfähigkeit zum Eingeständnis, dass der zuvor eingeschlagene Weg sich als der falsche erwiesen hat – menschlich betrachtet: es steht der eigene Stolz im Wege, die Angst vor… Mehr

HeRo
2 Jahre her

Der Untergang Deutschlands ist für mein Dafürhalten als Ingenieur schon lange besiegelt. Wenn ich mir so anschaue, was meine Kollegen so herumkonstruieren, wird es mir größtenteils übel. Und ich bin nicht einmal gelernte Konstrukteur, habe aber an einer großen technischen Universität eine solide Grundausbildung darin genossen. Wir sind Land von Pseudo-Aktionen geworden, bei dem sich die politisch elitäre Kaste gegenseitig auf die Schultern klopft und die Bildungsminister eine geistige Dauer-Erektion bekommen, wenn Sie das Wort „Kohlefasern“, „Wasserstoff“ oder „Solarzellen“ hören. Allerdings ist bekannt, dass Dauererektionen der Potenz schaden. Schon vor zehn Jahren hat irgend so eine Beraterfirma für fünfstellige Beträge… Mehr

Maja Schneider
2 Jahre her

Gern wiederhole ich mich und behaupte nach wie vor, dass, wenn die Medien sich auf ihren Auftrag der kritischen Begleitung der Regierungsarbeit und ihrer Ausführenden besonnen hätte, die Situation in Deutschland eine ganz andere wäre. Aber sie sind gekauft worden, und zwar mit Zwangsgebühren, mit Kaminstunden für die Chefredakteure bei der Kanzlerin, mit großen Anzeigen im Auftrag der Regierung etc. So haben sie sich zu unkritischen Claqueuren, zu Erfüllungsgehilfen der Politdarstellergemacht und somit in der Tat zu „Lücken- und Lügenmedien oder ,anders ausgedrückt, zu Mainstreammedien entwickelt, die jederzeit bereit sind, medial genau die Stimmen zu vernichten, die eine andere Meinung… Mehr

Elki
2 Jahre her

Hauptsache, man hat als Professor an einer deutschen Uni nach bald 2 Jahren auch mal ein wenig Kritik an den Umgang der Medien im Zusammenspiel mit der Politik an „Corona-Maßnahmen“ geübt, sollte doch einmal das ganze Ausmaß bekannt werden. Keine Rede von den leider wenigen, wirklich mutigen Wissenschaftlern, die heute daher keine Professur mehr innehaben. In einer Zeitung in Österreich hatte ich erstmals von „Gratismut“ gelesen. Am besten weiter so im Hörsaal und 2015/16 ganz aus dem Gedächtnis streichen.

Klaus Kabel
2 Jahre her

Die sogenannten Qualitätsmedien haben nicht schlecht kommuniziert, sondern bewusst gelogen und die Bevölkerung aufgesetzt. Sie haben ihren Regierungsauftrag voll erfüllt.

Boris G
2 Jahre her

Seit Beginn der Pandemie meldet unser Lokalblatt täglich die „Corona-Zahlen“. Seit Wochen erfährt der Leser, dass innerhalb von 27 Monaten 57 Bürger der Stadt mit ihren 170 000 Einwohnern an/mit Corona verstorben sind. Dass im selben Zeitraum mehr als 4000 Bürger an etwas anderem als Corona zu Tode gekommen sind, war den Redakteuren nie eine Zeile wert. Und nur einmal wurde erwähnt, dass das Durchschnittsalter der Corona-Toten über 80 Jahre liegt.

Montgelas
2 Jahre her

„Medien haben in der Coronakrise schlecht kommuniziert“
Diese Schlagzeile stellt den Euphemismus des Jahres dar!

Magdalena
2 Jahre her

Was haben die Medien? Schlecht kommuniziert? So nennt man es also, wenn Fakten zurechtgetrimmt, Tatsachen verschwiegen, Andersdenkende diffamiert, Regierungspropaganda verbreitet und zur Hatz auf „Impf“gegner aufgerufen wird. Die Leitmedien sind zu Haltungs- bzw. Gesinnungsmedien verkommen. Von Pluralität und Vielfalt keine Spur, dafür ganz viel Einfalt und Relotionismus.