Karl Lauterbach schlägt Impfstoff-Lieferungen nach Afghanistan vor

Während in Kabul immer noch Deutsche und Verbündete festsitzen, sorgt sich Karl Lauterbach um die Corona-Entwicklung im zukünftigen Emirat am Hindukusch. Er wartet mit einer ungewöhnlichen Forderung auf.

IMAGO / Political-Moments

Heute morgen habe ich mit dem Gedanken gespielt, eine Satire zum deutschen Versagen beim Afghanistaneinsatz zu schreiben. Dabei schwebte mir insbesondere so etwas vor wie „Ach, die deutsche Regierung hat das doch alles im Griff, bestimmt sind sie schon dabei, ein Impfteam nach Kabul zu schicken, wie bei der Flutkatastrophe. Und jeder, der das Angebot annimmt, bekommt eine Halal-Bratwurst.“ Aber ich habe mich dagegen entschieden, ich wollte nicht den Eindruck erwecken, die Lage dort für meine Meinung zur Corona-Frage auszuschlachten.

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Karl Lauterbach scheinen solche Gedanken völlig fremd zu sein – denn er schlägt genau das jetzt vor. Und so twitterte er heute (kein Scherz): „Der Impfstoff verfällt und kann nicht weitergeben werden. Hier brauchen wir eine schnelle unbürokratische Lösung. Der Impfstoff könnte zB nach Afghanistan gegeben werden. Dort liegt die Impfquote bei 2%.“

— Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) August 17, 2021

Ich habe schon erwartet, dass Karl Lauterbach versuchen wird, seine Expertise möglichst breit zu streuen, um sein Talkshow-Abo zu behalten – aber, dass er soweit geht… Er übertrifft die Phantasie der Satire um Längen.

Die Leute, die in Kabul aktuell um ihr Leben ringen, bieten die ideale Möglichkeit den alten Krempel, den wir in Deutschland nicht haben wollen, der jetzt in den Kühltruhen verrottet, loszuwerden, oder wie? So als könnte man den Menschen in der Not dort alles andrehen.

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Spaß beiseite, denn lustig ist an dieser Sache eigentlich gar nichts. Statt sich darauf zu fokussieren, die Menschen, die immer noch in Kabul festsitzen, zu retten, macht Lauterbach sich Gedanken über die Corona-Lage im zukünftigen Emirat. Ich glaube nicht, dass die AHA-Regeln und der Impfstatus, die größte Sorge derer sind, die sich in gottverlassenen Orten vor Terroristen verstecken.

Also vielleicht – nein, ganz sicher – wird es Zeit, dass Karl Lauterbach seinen Corona-Tunnelblick wieder abstellt, denn hier geht es um echte Probleme. Solche, auf die einen selbst Harvard nicht vorbereiten kann. Die Äußerung zeigt symptomatisch, wie unsere Maßstäbe verrückt wurden – und das ist wohl auch eine der Ursachen dieses Desasters. Denn diese Gesellschaft ist unfähig, echte Probleme in der Welt zu erkennen und zu lösen, sondern verliert sich stets im großen Ganzen und ganz Großen. Man macht sich mehr Gedanken über die „globale Pandemie“ und die „7-Tage-Inzidenz“ in vier Monaten, als über Menschen, die heute noch ermordet werden könnten, weil diese Regierung dabei versagt hat, sie zu evakuieren.

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