Berlin untersagt Demo gegen Corona-Maßnahmen

Die Berliner Versammlungsbehörde untersagt eine Demonstration linker Initiatoren gegen die Corona-Maßnahmen. Grund: "Querdenker" könnten sich unter die Demonstranten mischen und damit das Hygienekonzept verletzen. Die Veranstalter kritisieren, dass unter diesen Voraussetzungen gar keine friedlichen Proteste mehr möglich seien.

picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Die Berliner Versammlungsbehörde hat eine für den Samstag angesetzte Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen und die Impfpflicht untersagt. Ein Eilantrag der Organisatoren wurde ebenfalls abgeschmettert. Die Demonstration hatte sich explizit von Rechtsextremismus, Rassismus und „Querdenkern“ distanziert und ein Hygienekonzept samt Mundschutz und Abständen vorgestellt. Die Behörden begründeten die Absage mit der Befürchtung, „Querdenker“ könnten sich unter die Demonstration mischen und die Hygienemaßnahmen nicht einhalten.

Unter dem Motto #friedlichzusammen und #freieimpfentscheidung hatten die Organisatoren eine Demonstration am Brandenburger Tor für den Samstagnachmittag geplant. Angemeldet waren 2.000 Maßnahme-Kritiker, die vom Pariser Platz durch das Regierungsviertel ziehen wollten. Trotz des Verbots fanden sich am Samstagnachmittag mehrere hundert Personen am Brandenburger Tor ein, von denen die Polizei nur wenige Dutzend als Demonstranten ausmachte. Die Polizei kündigte an, dass Verstöße konsequent verfolgt würden, von der Personalienfeststellung bis zur Anzeige.

— Polizei Berlin (@polizeiberlin) December 18, 2021

Als Initiatoren gelten die Juristin Nicole Reese und die Schauspielerin Miriam Stein. In einer ersten Reaktion bedauerte Stein die Entscheidung in einem YouTube-Video. „Wir sind sprachlos. Wir haben versucht, alles richtig zu machen. Wir haben ein Hygienekonzept erstellt, wir haben den Dialog mit der Polizei gesucht, mehrfach die Teilnehmerzahl aktualisiert, wir haben Masken besorgt, wir haben Desinfektionsspray besorgt, das wir hätten verteilen können. Wir haben für Ordnerinnen gesorgt, die uns geholfen hätten, dass alles friedlich abläuft – und trotzdem dürfen wir nicht auf die Straße gehen“, sagte Stein. „Obwohl wir uns ganz klar von rechts distanziert haben, obwohl wir dazu aufgerufen haben, die Hygienemaßnahmen einzuhalten, obwohl wir alle aus der linken Ecke kommen, aus der Mitte der Gesellschaft, dürfen wir nicht auf die Straße gehen, für ein friedliches Miteinander, für eine freie Impfentscheidung, gegen die Spaltung, gegen die Diskriminierung von Ungeimpften.“

In einem Interview äußerten sich Reese und Stein gegenüber der Berliner Zeitung. Reese kritisierte die Entscheidung, die mit der möglichen „Kaperung“ durch Querdenker begründet werde, denn sie sehe es als Aufgabe der Polizei an, die Demonstranten genau davor zu schützen. Man sei „schockiert“ über die Untersagung. Die Unfähigkeit der Polizei, die Demonstration vor „Querdenkern“ zu schützen, ließe das Demonstrationsrecht ins Leere laufen. „Demnach könnte kein friedlicher Protest mehr stattfinden, sobald ein Dritter behauptet, diese Demo unterwandern zu wollen. Das wäre das Ende der Versammlungsfreiheit.“ Die Organisatoren fragten sich zudem, wieso eine AfD-Demo eine Woche vorher hätte stattfinden können, ohne dass man damals eine Unterwanderung von „Querdenkern“ befürchtet hätte.

Stein betonte, dass die Frage nach der Impfpflicht auch auf der linken Seite des politischen Spektrums eine Rolle spiele. „Es gibt so viele Linke, die sich auch ein anderes Pandemie-Management wünschen, die gegen Spaltung, und gegen die Impfpflicht sind, aber niemals auf eine sogenannte Querdenken-Demo gehen würden. Wir wollen zeigen, dass es sehr wohl noch rote Linien gibt, dass wir einige schon überschritten haben, und die Impfpflicht nicht wollen.“ Sie habe auch an den Aktionen #allesdichtmachen und #allesaufdentisch mitgemacht. „Ich habe dafür privat und beruflich viele Nachteile in Kauf nehmen müssen. Meine Sorgen wurden jedoch nicht ernstgenommen.“

In Berlin fanden am Samstag 13 Demonstrationen statt. Davon hatte nur eine die Maßnahmen der Regierung in der Corona-Krise zum Thema. Sie konzentrierte sich vor allem auf die Westberliner Innenstadt. Die Veranstaltung endete mit einem Autokorso.

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