Die Ampel steckt in der Krise – Friedrich Merz aber auch

Die Union schafft es nicht, vom Niedergang der Koalition zu profitieren. Das liegt auch an der Person des angriffsscheuen Oppositionsführers. Mehr als die Hälfte der Deutschen sieht ihn nicht als Kanzlerkandidat 2025.

IMAGO / Political-Moments
Friedrich Merz, Deutscher Bundestag, Berlin, 12. Mai 2023

Die Ampel-Koalition steht so schlecht da wie noch nie seit ihrem Start: Die Grünen stecken samt der spät erzwungenen Entlassung von Habecks Wirtschafts-Staatssekretär Patrick Graichen in ihrer tiefsten Krise seit ihrem Regierungsstart. Kanzler Olaf Scholz sieht sich offenbar vor allem als Vermittler zwischen den Koalitionspartnern. Als Inhaber der Richtlinienkompetenz tritt er so gut wie gar nicht hervor – und das, obwohl der wachsende Unmut über die Politik der Grünen immer stärker auf seine Partei abfärbt. Der FDP wiederum fällt es schwer, sich der Mittelschicht als nützliche politische Kraft darzustellen.

In keiner der vergangenen drei Sonntagsfragen erreichte die Ampel noch eine Mehrheit. Bei Infratest dimap (12. Mai) stand die SPD bei 18, die Grünen bei 16 und die FDP bei 8 Prozent. Kantar maß am 13. Mai 18 Prozent für die Kanzler-Partei, 17 Prozent für die Grünen und ebenfalls 8 für die Freidemokraten. Und INSA sah die SPD am 15. Mai immerhin noch bei 20, die Grünen aber nur noch bei 14, 5 und die FDP bei 8,5 Prozent. 

Grüne Spezl-Wirtschaft
Der Graichen-Trauzeugen-Skandal oder Bewerbungsverfahren in Habecks Würstelbude
Filz-Affäre, Einbruch bei den Wählern, wachsende Unmut über das von gut 80 Prozent der Deutschen abgelehnte Heizgesetz und die Weigerung, bei der Migrationspolitik umzusteuern – das alles müsste eigentlich der größten Oppositionskraft und vor allem Oppositionsführer Friedrich Merz entgegenkommen. Aber genau das passiert nicht.

In den genannten Sonntagsfragen erreicht die Union gerade zwischen 28 und 29 Prozent. Dazu kommt: in CDU-Partei- und Fraktionschef Merz sehen nicht allzu viele überhaupt den natürlichen Herausforderer für 2025. Die Zahlen einer entsprechenden Umfrage von Civey, durchgeführt vom 5. bis zum 16. Mai, müssen auf den Sauerländer niederschmetternd wirken. Dort meinten nur 22 Prozent der Befragten, Merz solle bei der nächsten Bundestagswahl „auf jeden Fall“ als Kanzlerkandidat antreten. Weitere 12,1 Prozent fanden, er solle „eher“ als Spitzenmann in den Wahlkampf ziehen. Dagegen sagten 39 Prozent, Merz sollte auf keinen Fall die Union in den Wahlkampf führen.  Weitere 12,1 Prozent denken, er sollte es eher nicht tun. Die Zahlen bedeuten nicht, dass die Befragten, die ihn als Kandidaten sehen, ihn auch wählen würden – sondern nur, dass sie den Unionspolitiker für den natürlichen Anwärter halten. Mehr als jeder zweite hält den CDU-Chef also als ungeeignet für diese Rolle. 

Das liegt vermutlich auch daran, dass sich Friedrich Merz in der Frage eines Habeck-Graichen-Untersuchungsausschusses nicht so äußerte, wie man es von einem angriffslustigen Oppositionsführer erwartet. Ein Ausschuss, meinte er, sei ein „mögliches Mittel“. Zurückhaltender geht es kaum. In der Öffentlichkeit schien es so, dass CSU-Chef Markus Söder den CDU-Vorsitzenden in dieser Frage drängen musste.

Affäre um Patrick Graichen
Friedrich Merz hält Robert Habeck an der Macht
Merz‘ Hauptüberlegung scheint immer noch darin zu bestehen, die Grünen als potentiellen Koalitionspartner zu betrachten, und deshalb nicht zu hart anzufassen. Dummerweise handelt es sich bei seinem Favoriten um die Kraft innerhalb der Ampel, die am heftigsten unter Beschuss steht, und deren Politik sich am stärksten gegen Hausbesitzer und überhaupt die Mittelschicht richtet – also das bisherige Kernklientel der der Union. 

Was potentielle Unionswähler von einer CDU-Werbestrategie halten, die sich gegenüber den Grünen so weit wie möglich öffnet, zeigten sie gerade in Bremen. 

Möglicherweise rechnet Merz auch gar nicht mehr damit, sich in der Kanzlerkandidaten-Frage gegen die jüngeren Konkurrenten Markus Söder und Hendrik Wüst durchzusetzen. Nur: dann stellt sich erst recht die Frage, was er in Berlin bis 2025 noch bewirken will.

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Kommentare ( 79 )

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Busdriver
11 Monate her

Ich hatte Merz mal für einen Hoffnungsträger gehalten.Einen, der die Merkel Fehler benennt und sich und die CDU in Gegenrichtung steuert. Das passiert aber nicht und offensichtlich kann sich Merz auch nicht gegen die verbliebenen Merkelanhänger in der Partei durchsetzen. Es sollte eine Abstimmung der Basis geben- nicht der Delegierten, wer die Partei anführen soll.

Mindreloaded
11 Monate her

Sorry, aber Merz war und ist schon immer eine Luftnummer. Die Ampel fleht ja gerade darum von der Opposition „abgewatscht“ zu werden. Angenommen CDU würde eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht mehr ausschließen dann würde dieses verlinkste und verkorumpierte Land tatsächlich noch eine Chance haben!

Last edited 11 Monate her by Mindreloaded
Nibelung
11 Monate her

Einmal Transatlantiker, immer Transatlantiker und man sollte nicht vergessen wie sie sich alle verdingt haben und Namen wie Merz, von der Leyen und Röttgen sind doch Synonym für eine wundersame Auferstehung, wenn man ihren Abgang betrachtete und sie dann an anderer Stelle wie Phönix aus der Asche wiedergeboren wurden und das hohe Lied der US-Freundschaft als Dauerzustand aufrecht erhalten, was man auch mal hinterfragen könnte. Das sind die klassischen Anzeichen, für fremde Einflüsse, die alles verwerten, wenn es ihren Interesssen hilft und während sich Merkel von einer Last oder unliebsamen Begleiterscheinungen befreien wollte, wurde auch sie korrigiert mit dem leisen… Mehr

Farbauti
11 Monate her

Es kann nicht mehr ganz solange dauern, bis Deutschland die dicke Breitseite bekommt. Merz geht genausowenig wie Merkel ging, nur jetzt wissen es ein paar Leute mehr. Da ansonsten nichts nennenswertes zu wählen da ist müßte die Afd langsam vorwärts kommen. Gerne sähe ich wenn die Wähler von den neu erfundenen Kleinstparteien lassen würden, die Demokratie kann nur abgeschafft, aber nicht neu erfunden werden. Vielleicht besinnen sich einige mal auf Erfahrungswissen, am besten was das gesamte Leben angeht.

what be must must be
11 Monate her
Antworten an  Farbauti

Das muß aber sehr schnell gehen: im Jahr 2029 haben die Moslems ihre Mehrheiten beieinander: schon mal was von „exponentieller Geburtenentwicklung“ gehört? Dazu kommt: heiraten mit 17 (Halbierung der Generationendauer) und Familiennachzug (Faeser), mindestens das 4fache der bereits Anwesenden nochmal dazu. Die islamischen Stimmen der Nun- bzw. Neudeutschen sind solange bei SPD und Grünen geparkt, den Verrätern und Türöffnern. Diese Parteien werden dann über Nacht verschwinden. Kenner wissen das alles seit einem Jahrzehnt.

Axel Fachtan
11 Monate her

Da ist halt keiner, der das Format eines Ludwig Erhard hat. Da ist halt keiner, der vor den Ratten und Schmeißfliegen warnt. Nur noch weichgespültes transatlantisches Personal, das hier nichts reißen und nichts retten wird. Ein grüner Baumknutscher wie Söder. Ein Hendrik Wüst, der für ? gar nichts ? steht und dessen Ministerin mit Landesmitteln fleisch- und fischfrei Mensas fördert, weil ja Weizenkleie teurer ist, als Schnitzel. Ein Friedrich Merz, der durch Blackrock vermögend geworden ist und nichts zur Aufklärung der Nordstreamsprengung beizutragen hat. Ein Norbert Röttgen als völlig betriebsblinder Propagandist der Amerikaner. Und dann auch immer noch dieser Spahn,… Mehr

Elki
11 Monate her

Ich sehe mir das Foto an und sehe einen Merz von der CDU, der etwas daher redet, daß offenbar keinen der weiter auf diesem Foto zu sehenden Politiker interessiert, der eine sieht in eine Mappe, die Anderen sehen auf ihre Smartphones, keine Ahnung, was der Rest im Parlament so treibt und wie viele dieser hochbezahlten Politiker überhaupt anwesend sind und sich für diese Rede interessieren. Mir scheint, Hauptsache, Jeder macht seine Tagesarbeit und freut sich vermutlich auf das Sitzungsende und Freizeit nach der „anstrengenden Polit-Arbeit“.

Max und Moritz
11 Monate her

Da die CDU gar nichts lernt, wird sie Wüst aufstellen. Und damit hinter oder maximal auf Höhe der AfD landen. Sei ihr gegönnt. Merz ist einfach nur noch eine tragische Figur. Ein dummer August, wie er in der Literatur beschrieben wird. Es ist unglaublich, wie man die Zeichen der Zeit nicht erkennen kann und dass es längst überreif ist für ein Zurückschlagen des Pendels nach rechts. Anstatt sich in Hinterzimmern mit der AfD zu treffen und Koalitionen, Möglichkeiten, Duldungen und Bedingungen auszuloten, wird nibelungenhaft an den grünen Orks als Partner für die Machtübernahme im grünen Reich Utopia festgehalten. Weil man… Mehr

Howard B.
11 Monate her

Merz ist Chef einer der Mitglieder der Parteienoligarchie. Wie könnte er den transatlantischen Herrschaften widersprechen. Welche asnderen Akzente könnte er setzen, ohne die üppigen Futtertröge für die zu versorgenden Personen (m/w/d) leer vorzuzufinden? Ein Blackrock-Vertreter (m/w/d) als Chef – Was soll dies werden? Man muss nicht über jedes Stöckchen dieser medial wirksam inszenierten Demokratieshow springen. Macht ihr mal weiter, Partei-Oligarchen. Ich gehöre der größten Wählergruppe an. Bei 5% Wahlbeteteilung gehen dann vielleicht doch dem einen oder anderen die Augen auf, ob irgendetwas an dem System nicht stimmen könnte. Dann gibt es eine Enquete-Kommission und es ändert sich: Wohl nichts.

Last edited 11 Monate her by Howard B.
CIVIS
11 Monate her

Zitat: „Die Ampel steckt in der Krise – Friedrich Merz aber auch“

Fazit: Friedrich Merz hat keinen Ar… in der Hose !

  • Einerseits schlecht, weil wir so -rein theoretisch- die Grünen niemals loswerden
  • Andererseits gut, weil wir uns so eine tiefgrün lackierte CDU samt ergrüntem Merz in einer Regierung ersparen
  • Da helfen nur noch 50% der einzig verbleibenden „Alternative“ !
Last edited 11 Monate her by CIVIS
Peter Pascht
11 Monate her

Friedrich Merz ist eine chrakterschwache Person mit Null Führunsgfähigkeiten, weil er keine Werte und kein Wertekonzept hat, für sein eigenes Leben, keine Wahrhaftigkeit, was den meisten Politikern anhaftet, wie auch Olaf Scholz. Beide Opportunisten und Populisten per Exellence. Das erklärt bez. Merz, warum ihn eine SED-Null wie Merkel herumschubsen konnte, ohne das er sich zur Wehr gesetzt hat. Friedrich Merz ist definitiv die falscheste oportunistische Besetzung als Parteichef der CDU, genauso wie dies auch Merkel mit ihrem verlogenen SED-Oportunismus und SED-Populismus war. Es erklärt auch bez. Scholz, warum ihn die Grünen nach belieben rumschubsen können, weil auch er wie Merz… Mehr