Nach dem Scheitern von Wilders könnte in den Niederlanden nun wieder eine linksliberale Koalition regieren. Was wird sich in Den Haag ändern?
picture alliance / ANP | Koen van Weel
Die Niederländer haben gewählt und eine relativ kleine linksliberale Partei, D66, zur größten Partei im Parlament gemacht. Der Vorsitzende von D66, Rob Jetten (38 Jahre jung), wird voraussichtlich der nächste Ministerpräsident der Niederlande.
Der „Rechtspopulist“ Geert Wilders, der mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) bei den Parlamentswahlen vor zwei Jahren noch mit Abstand die meisten Stimmen bekam, erhält zwar genauso viele Sitze im Parlament wie Jetten, aber eine Regierungsbeteiligung kommt für ihn nicht mehr in Frage. Die meisten anderen Parteien wollen nicht – oder nicht mehr – mit Wilders gemeinsam regieren.
Nach Wilders’ Wahlsieg im Jahr 2023 kam es nach langen, mühsamen Verhandlungen in Den Haag zu einer Regierung mit der PVV als größter Partei, aber ohne Wilders als Premierminister. Premierminister wurde ein parteiloser Spitzenbeamter, Dick Schoof. Zwei Koalitionsparteien hatten ein Veto gegen Wilders als Premierminister eingelegt. Die Medien und die linke Opposition bezeichneten die Regierung dennoch spöttisch als „Wilders-I“.
Dieses Kabinett war nicht von langer Dauer. Es scheiterte im vergangenen Sommer bereits nach elf Monaten, weil Geert Wilders selbst seine Unterstützung zurückzog – vor allem aus Unzufriedenheit mit der Asylpolitik. Er wollte die strengste Asylpolitik Europas einführen, doch laut Wilders – und da hat er nicht ganz Unrecht – wurde sein Migrationsminister sowohl von Beamten und Beratungsgremien als auch von Politikern der Koalitionsparteien behindert.
Was Wilders möglicherweise die Tür verschloss, war der Kabinettsbeschluss vom vergangenen Frühjahr, sich nicht an einem Manifest von neun europäischen Ländern zu beteiligen, in dem die Asylpolitik des Europäischen Gerichtshofs in Straßburg kritisiert wurde. Wilders beklagte, dass die Niederlande, anstatt Vorreiter einer strengeren Asylpolitik zu sein, zum Nachzügler geworden seien.
Da Wilders die Regierung fallen ließ, wurden Neuwahlen notwendig, die am 29. Oktober stattfanden. Schon vorher stand fest, dass Wilders höchstwahrscheinlich nicht wieder an der Regierung beteiligt sein würde, selbst wenn seine PVV erneut die größte Partei werden sollte. Entscheidend dabei ist, dass Wilders auch 2012 – als seine Partei die damalige Minderheitsregierung unter Rutte „tolerierte“ – bereits einmal die Regierung zu Fall gebracht hatte. Die Linken – einschließlich der D66, die nun den Premierminister stellen wird – wollten ohnehin nie mit Wilders regieren, zuvor hatten auch die Christdemokraten der CDA davon Abstand genommen, nun war auch die Geduld der Liberalen der VVD (der Partei des bisherigen Premierministers Mark Rutte, jetzt Generalsekretär der NATO) aufgebraucht.
Die fehlende Aussicht auf eine erneute Regierungsbeteiligung bescherte Wilders am vergangenen Mittwoch eine schwere Wahlniederlage: von 37 auf 26 Sitze (genauso viele wie der Sieger D66, aber wahrscheinlich mit etwas weniger Stimmen). Wilders bleibt natürlich relativ stark in der Zweiten Kammer – dem niederländischen Parlament –, eine Regierungsbeteiligung ist vorerst jedoch nicht möglich.
Wer wird dann in den Niederlanden regieren? Neben der D66 von Rob Jetten wird höchstwahrscheinlich wieder die CDA regieren. Die christdemokratische Partei verlor in den letzten Jahren die Unterstützung ihrer traditionellen Anhängerschaft, feierte aber mit einem als sympathisch empfundenen jungen Vorsitzenden, Henri Bontenbal, ein bemerkenswertes Comeback. Er hat Gemeinsamkeiten mit Rob Jetten, und die beiden verstehen sich gut. Die wiederauferstandene CDA ist unter Bontenbal zu einer Art D66 mit einem Hauch von Christentum geworden.
Die Linksliberalen von D66 und die etwas verjüngte CDA werden mit ziemlicher Sicherheit den Kern der neuen niederländischen Regierungskoalition bilden, wahrscheinlich ergänzt durch die etwas rechtsgerichteten Liberalen der VVD. Um eine Mehrheitskoalition zu ermöglichen, muss dann zwischen der kleinen rechten Partei JA21 und der grün-roten Fusionspartei GroenLinks/PvdA gewählt werden.
Eine Regierung aus dem rechten Lager scheint dann die größten Chancen zu haben, auch wenn dies vor allem für die progressive Anhängerschaft des linksliberalen Wahlsiegers D66 schwer zu akzeptieren sein dürfte. Ihr Sieg würde dann mit einem Kabinett gekrönt, in dem sie sich möglicherweise nicht wohlfühlen. Wie so oft in der Geschichte würde D66 dann bei den nächsten Wahlen von den Wählern abgestraft werden.
Die rot-grüne Fusionspartei GroenLinks/PvdA befindet sich unterdessen in einer Krise (und wird auch aus diesem Grund wahrscheinlich nicht Regierungspartei). Die niederländischen Sozialdemokraten der Partij van de Arbeid blicken auf eine stolze Geschichte zurück, mussten aber im 21. Jahrhundert bereits mehrere schmerzhafte Niederlagen verkraften. Deshalb suchte man vor einigen Jahren Unterstützung in einer Fusion mit „GroenLinks”, die nie den Durchbruch schaffte.
Diese Fusion von Grün und Rot wurde bisher zu einem Debakel, das zum Teil auf das Konto des Parteivorsitzenden Frans Timmermans geht. Timmermans kam vor zwei Jahren aus Brüssel – wo er als Vizepräsident der Europäischen Kommission für den „Green Deal” verantwortlich war –, in der Hoffnung und Erwartung, als Vorsitzender der neuen Fusionspartei Ministerpräsident der Niederlande werden zu können. Bereits 2023 führte dies zu einer Enttäuschung: Geert Wilders gewann die Wahlen, nicht Frans Timmermans.
Nun, am 29. Oktober 2025, wurde das Debakel der Fusionspartei noch größer: Obwohl die Regierung Schoof („Regierung Wilders“) als chaotisch und nicht funktionsfähig galt, gelang es Oppositionsführer Timmermans nicht, die Wähler zu überzeugen. Er griff Wilders ständig an, gewann mit dieser Strategie aber keine Sitze hinzu.
Die neue linke Fusionspartei verlor diese Woche erneut ein Fünftel ihrer Sitze und wurde nun nur viertstärkste Kraft. Timmermans trat innerhalb einer Stunde nach Schließung der Wahllokale als Vorsitzender zurück. Die Sozialdemokraten und die Grünen haben sich nicht gegenseitig geholfen, sondern geschwächt, wobei die Partei mit der längsten Geschichte – die PvdA – der größte Verlierer zu sein scheint.
Und wer ist Rob Jetten, was für eine Partei ist D66 und was bedeutet das Wahlergebnis? Jetten ist relativ jung, homosexuell – er heiratet nächstes Jahr seinen argentinischen Freund – und gilt seit seiner Schulzeit in der südlichen (und überwiegend katholischen) Provinz Nordbrabant als „unbändig ehrgeizig“, was sich auch in seinem Wahlkampf der letzten Wochen widerspiegelte. Unterstützt von Sponsoren aus der IT-Branche und mit deutlich mehr Energie als die meisten seiner Konkurrenten stieg er im Laufe des Oktobers in den Umfragen vom sechsten auf den ersten Platz.
Ein Risiko für Jetten könnte sein, dass seine Partei als typische Elitepartei wahrgenommen wird: hochgebildet, wohlhabend, mit wenig Interesse an den Sorgen „normaler” Bürger und oft einer regierungsfreundlichen Haltung. Es ist eine Partei von Kosmopoliten und Europhilen, die großes Interesse an der Welt, aber nur wenig an ihren direkten Mitbürgern haben.
Jetten hat zwar versucht, die progressive Agenda von D66 und die herrische Haltung seiner Parteikollegen zu mäßigen. Obwohl dies größtenteils als kosmetischer Schachzug – also als Wahlkampf-Marketing – zu betrachten ist, ist es nicht ausgeschlossen, dass D66 auf diese Weise etwas mehr als bisher zu einer Volkspartei werden kann. Das ist auch notwendig, um breite Unterstützung in der Bevölkerung zu erhalten. Allerdings birgt dies eine Gefahr: So volksnah ist D66 nämlich gar nicht.
Haben die Niederländer bei den letzten Wahlen nun eine große Wende vollzogen? Kaum. Der Gewinn von Jetten kam vor allem – wenn auch nicht ausschließlich – durch den Verlust von Timmermans zustande. Der Gewinn der CDA resultierte vor allem aus Rückkehrern, die zuvor zu neuen, aber CDA-ähnlichen Parteien gewechselt waren. Und der Verlust von Wilders wurde auf der rechten Seite durch den Gewinn kleinerer rechter Parteien ausgeglichen. Es hat sich also viel verändert, aber insgesamt bleibt die niederländische politische Landschaft so, wie sie war.
Vielleicht wird sich das Ergebnis der niederländischen Wahlen am stärksten auf die Außenpolitik auswirken, die ja zunehmend Chefsache ist – auch im Koalitionsland Niederlande. Jetten ist sehr europhil, während die Niederlande in den letzten Jahrzehnten oft etwas euroskeptisch waren. Jetten unterstützt – wie übrigens auch die meisten anderen Parteien – die Ukraine voll und ganz gegen Russland. Israel gegenüber steht Jetten deutlich kritischer als frühere niederländische Regierungen. Er sagt nun, er wolle in der Asylpolitik härter durchgreifen („das darf man nicht der extremen Rechten überlassen“), doch ob das mehr bedeutet als die strikte Einhaltung des europäischen Migrationspakts, der nächstes Jahr in Kraft tritt, ist keinesfalls sicher.

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Neue Regierung, alte Probleme. Es ist wie bei uns, keiner löst das Migrationsproblem. Mit jedem unqualifizierten, kulturfremdem, koranaffinen Migranten schaden wir unserer Gesellschaft, insbesondere die Zukunft unserer Nachkommen. Es wird ein ganz, ganz böses Erwachen und schwere innere Konflikte geben, bis hin zu Bürgerkriegen. Die invasiven, gewaltbereiten Migranten werden uns den Dschihad erklären.
Zitat 1: „Dieses Kabinett war nicht von langer Dauer. Es scheiterte im vergangenen Sommer bereits nach elf Monaten, weil Geert Wilders selbst seine Unterstützung zurückzog – vor allem aus Unzufriedenheit mit der Asylpolitik“ > Mal abgesehen davon, dass ich von Wilders (PVV) verlorene Wahl etwas überrascht bin weil ich der Meinung war, dass ich gelesen hatte das Wilders laut den Umfragen auf Gewinnerkurs war, so kann ich dann auch mit Blick auf obiges Zitat und Wilders zurückgezogene Unterstützung nur sagen: richtig so, besser gar nicht regiert als schlecht regiert. _ _ _ _ _ _ Zitat 2: „Ein Risiko für… Mehr
Der Mainstream ist ganz happy – jetzt hat sich dieser Jetten mit SEINEM PARTNER der Öffentlichkeit präsentiert. Na wenn das nichts Berauschendes ist, was denn sonst??!!
Mit Jetten wird es wieder grünen in den Niederlanden. Die „Stickstoffkrise“, in Deutschland beinah unbekannt, wird wieder stärker in die Tagespolitik rücken und die dazugehörige Politik mit Verboten und Gängelungen die Landwirte auf die Palme bringen. – Es gibt viele Probleme jenseits der Migration, die Wilders kaum angefaßt hat. Auch die Teuerung ist eines davon. Wer, wie ich, in den Grenzgebieten lebt, weiß, was die Lebenshaltung in den Niederlanden inzwischen kostet. Man sieht es an langen niederländischen Autokolonnen vor deutschen Tankstellen und an der Überflutung deutscher Supermärkte mit Niederländern, die dort am Wochenende körbeweise Lebensmittel einkaufen. Von all dem scheinen… Mehr
Es wird, leider auch hier, insinuiert, Wilders treffe irgendeine Schuld am Scheitern von Regierungen unter PVV-Beteiligung. Tatsächlich war es ja schon extrem unfair, Wilders 2023 nicht den MP-Posten überlassen zu haben. Das Ende der “Mitte-Rechts-Koalition” war bedauerlich, hatte aber vor allem mit der Weigerung der anderen Partner zu tun, eine neue Asylpolitik zu betreiben. Der Sieg der D66 ist hingegen eine Eintagsfliege ohne Bedeutung, zumal die Linke praktisch verschwunden ist. Jetten wird kein einziges Problem lösen, und irgendwann werden wiederum Neuwahlen ausgerufen.
Glaube nicht das der linke Gewonnen hat, Wahlbetrug! Wer wählt schon links? Niemand! Bitte nochmal auszählen!
Niederlande nach der Wahl….ich wette eine schwarz-blaue regierung würde hier nicht mal 6 monate halten. Die „rechten“ haben keine ausdauer und dann verhalten sie sich wie kleine trotzige kinder.
Das ist das eine. Eine Koalition benötigt immer Kompromisse. So eine professionelle politische Arbeit würde ich der AFD auch nicht zutrauen. Zumindest den aktuellen Personal. Wie Brandner, Storch, Höcke, Kram, usw . Unvorstellbar!
Zitat: … nun war auch die Geduld der Liberalen der VVD (der Partei des bisherigen Premierministers Mark Rutte, jetzt Generalsekretär der NATO) aufgebraucht. Den Satz verstehe ich nun wirklich nicht! Welche Geduld? Die Niederländer haben überwiegend konservativ gewählt, weil sie die Nase voll haben von grünem Irrsinn und linken kollektivistischen Experimenten und vor allem ungeregelter Massenmigration und der sie begleitenden hohen Kriminalität. Und Wilders wollte liefern, aber Behörden, Presse, NGOs und Gerichte sind mittlerweile links-grün verdorben und sabotieren jeden Politikwechsel. Will der Autor insinuieren, dass die anderen Parteien letztlich nie etwas an dieser irren Migrationspolitik ändern wollten und Wilders‘ Fehler… Mehr
“ Behörden, Presse, NGOs und Gerichte sind mittlerweile links-grün verdorben“
Ob verdorben das richtige Wort ist?
Jedenfalls größtenteils oder komplett unterwandert, sie bestimmen den öffentlichen Raum. Aber das war schon immer das Problem der Konservativen, man kriegt das Maul nicht auf. Und der vorlaute rotgrünlinkeislamische Matsch treibt sie vor sich her wie eine Herde Schafe.
PVV der große Verlierer,D66 die großen Gewinner , immer wieder schön wie jedes Lager seine eigene Blase hat. Sicher hat die PVV Stimmen verloren ,aber ist sie auch der große Verlierer ? Ich denke eher nicht,denn wenn ich mir die Karte anschaue, sehe ich immer noch eine blaue Niederlande der PVV und der Abstand zwischen PVV und D66 ist auch eher marginal. Interessant ist dagegen der Zuwachs bei den Christ-Demokraten der CDA.Währenddessen die Masse nicht weiß wohin nun wirklich, fangen scheinbar immer mehr schon mal an zu beten. Die D66 hat das gleiche getan wie hierzulande zuletzt die CDU,nämlich einen… Mehr
Das Wilders verliert war abzusehen. Die Erwartungshaltung war zu hoch. Und was hat er bezweckt in der Regierung? Das gleiche wird hier mit der AFD passieren. Viele denken wenn die mal an der Macht sind wird Milch und Honig fließen und werden bitter enttäuscht. Das ist der Lauf der Dinge….
Diesen Karren aus dem Dreck zu ziehen, wird auch die AfD überfordern. Denn sie braucht einen Partner, wenn überhaupt, der den ganzen Schlamassel maßgeblich mitverursacht hat. Sie kann die Weichen auf Gesundung stellen, aber das wird dauern, wenn überhaupt noch.
Richtig. Und der Wähler wartet nicht.
Wilders ist ja keine AfD, sondern Maistream ohne Migration. Wilders und Schoof waren vielmehr Corona-Hardliner, haben also mit Freiheit eigentlich wenig im Sinn. Die niederländische Alternative ist viel mehr im FvD anzutreffen.
Das Problem der Wähler ist man denkt wenn ich Partei xyz mit ihren Versprechungen wähle werden meine Wünsche erfüllt, sobald jedoch Koalitionen fpr eine Regierung gebildet werden müssen ist es vorbei. Folglich müsste die AfD due absolute Mehrheit haben um wirklich Änderungen vornehmen zu können.
Richtig. Egal welche Parteien in einer Koalition sind. Es gibt immer Kompromisse. Das hat aber auch seine Vorteile….
Da mögen sie recht haben, aber was ist die Schlussfolgerung? Gleich die linken wählen!
Haha, ja kann man machen in der Hoffnung das der Laden noch schneller absäuft.
Ansonsten, selber in die Politik einsteigen oder mit seiner kleinen Wählerstimmen abwarten oder ganz oder teilweise den Rückzug in ein Land seiner Wahl antreten.
Schlussfolgerung für mich jedenfalls, mit dem geruhsamen Lebensabend wird das nichts mehr.
Wer noch bis drei zählen kann wird so nicht denken. Das Chaos, welches die derzeit regierenden Parteien bevorzugen, wird nicht durch eine Wahl, wenn diese überhaupt stattfindet, zu beseitigen sein.
Ach, Apfelmännchen hat hier wieder mal die Weisheit mit Löffeln gefressen. So wie mit der Bemerkung an anderer Stelle, dass Frauen in der BRD immer noch und für alle Ewigkeit benachteiligt seien. 😂🤣