Martin Schulz: Die Rente der anderen

Das Rentenprogramm der SPD schaukelt am Rande der Lächerlichkeit herum - und der Kinderkram der Arbeitsministerin Andrea Nahles wird als Konzept verkauft. Hat die SPD das wirklich nötig oder wie unfähig ist Martin Schulz?

Nun hat der Bundestagswahlkampf die Rentenversicherung erreicht. Die SPD wirbt mit einem Spruch von Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles: „Mein Vater war Maurer und ist mit 73 Jahren gestorben. Wenn mir da einer mit Arbeiten bis 70 kommt, werde ich sauer.“

Man erschrickt, wenn man das liest. Erschreckend ist der radikale Subjektivismus, der zu Politik gemacht wird, die totale Individualisierung und Infantilisierung als Maßstab für das Gemeinwohl: Hat noch jemand eine Lebenserfahrung auf Lager, die jetzt als Gesetzesbegründung taugt? Wenn Nahles Senior 75 oder 78 Jahre alt geworden wäre, wäre dann die Verlängerung der Lebensarbeitzeit doch „ok“ und Tochter Andrea „nicht sauer“? Ist Politik so einfach?

Ist ihr „werde ich sauer“ eine passende Kategorie im Kindergarten oder in der Gesetzgebung? Man sieht eine mit dem Fuß aufstampfende Ministerin vor sich und ist irritiert.

Auf ähnlichem Niveau bewegt sich das Rentenprogramm der SPD, zu dem sich ihr Kanzlerkandidat Martin Schulz bekennt. Das Rentenvieau soll festgezurrt werden.

Zunächst kein schlechtes Ziel. Das auch von der SPD mitgetragene und von ihr miterfundene Konzept, wonach die Renten langsam abgeschmolzen werden, produziert zukünftige Rentnerarmut und verschlechtert das Verhältnis von Beitragszahlung zu zukünftiger Rente. Aber wie immer kommt es auf den Weg aus der Misere an. Längere Lebensarbeitszeit schließt Schulz mit Rücksicht auf Andrea Nahles und ihr „werde ich sauer“ kategorisch aus.

Damit macht er es der CDU leicht – Jens Spahn dazu:

Martin Schulz glaubt wohl, durch festes Augenzudrücken die Wirklichkeit einfach ausblenden zu können. Und so macht er billig weiter. Es ist ja so einfach.

Höhere Beiträge will er begrenzen: Bei schnell steigenden Beitragssätzen würde deutlich, dass diese Art von Sozialpolitik nur von der linken in die rechte Hosentasche umverteilt. Die Mehrausgaben von 24 Milliarden sollen daher zum Teil vom Steuerzahler kommen. Auf den Steuerzahler greift man gerne zu, das geht immer. Es ist die Art von Sozialpolitik, die den Sozialstaat zerstört, weil sie „Geldausgeben“ grundsätzlich als „Verbesserung“ darstellt.

Geradezu infam ist die zweite Geldquelle, die Schulz gefunden hat: Zukünftig sollen Selbständige in die Rentenversicherung einzahlen. Das bringt zunächst die Einnahmen – die Schulz für sein Wahlprogramm auch benötigt. Allerdings folgen auf Beiträge auch Rentenansprüche. Die werden dann ein Dutzend Jahre später fällig, wenn die Schulz-Beitragszahler zu Schulz-Rentnern werden. Das ist dann der Fall, wenn wegen der demographischen Entwicklung das Rentensystem endgültig aus dem Gleichgewicht gerät. Der Trick von Schulz wirkt problemverschärfend, weswegen seine „Rechnungen“ auch schon im Jahr 2030 enden – und ist übrigens alt. Mit sensationell günstigen Beiträgen für Selbstständige hat schon Helmut Schmidt die Rentenkasse künstlich aufgepolstert – und die nachfolgenden Renten seinem Nachfolger vererbt. Und mit diesem Trick zieht jetzt wieder Martin Schulz in die Wahl: Die Zeche wird bezahlt, wenn er längst in Pension ist.

Das Gespenst der Überalterung
Demografischer Wandel und Armutsmigration
Die SPD bleibt nicht nur die Antwort schuldig, wie die Finanzierung länger als ein paar Jahre gesichert werden soll. Warum wird eigentlich mit der Null-Zinsphase die Eigenvorsorge von Menschen bestraft, der Riesterrenten und Lebensversicherungen entwertet werden?

Wie entwickeln sich die Versorgungslasten für die Versorgungs-Migranten, die alle lebenslange Rentenansprüche für sich und ihre Familien mit dem Zauberwort „Asyl“ erhalten? Irgendein Plan oder glaubt er immer noch, dass arbeitslose Migranten das demographische Problem lösen könnten?
Und: Wie wird die Finanzierung der Pensionen gesichert? Denn das ist das nächste schwarze Loch der Sozialpolitik.

Die 1,25 Millionen Pensionäre kosten derzeit den Steuerzahler pro Jahr 40 Milliarden Euro – Tendenz in den kommenden Jahren um über 60% steigend – während für 20,9 Millionen Rentner lediglich 250 Milliarden Euro (Anmerkung: Gemäß der Deutschen Rentenversicherung 245,7 Milliarden Euro) zur Verfügung stehen. Der seit 30 Jahren berechnete und erwartete Anstieg der Pension wird dazu führen, dass auch die ins Feuer geraten werden. Natürlich wird es dann auch „kleine“ Pensionäre treffen, die Polizisten beispielsweise.
Aber offensichtlich blendet Schulz dieses Thema einfach aus.

Es soll ja um das Geld der anderen gehen. Nicht um sein eigenes. Da ist er ganz sicher und zukunftsfest.

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Kommentare ( 184 )

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alacran
6 Jahre her

Was man in der Rentenpolitik von Rot/grün, mit stiller Duldung durch CDU, zu erwarten hat hätte man spätestens nach der „Rentenreform“, besser Rentenbesteuerungsreform wissen müssen. „Sozial“ geht vor Recht und Geld holt man da, wo es zu holen ist! Eine m.E. unberechtigte Klage gegen die Besteuerung von Pensionen, die ja steuerfinanzierte Weiterzahlung von auf Ruhegehaltsniveau herabgesetzten Bezügen sind, hat man genutzt, um angesparte Renten maximal besteuern zu können. Man ist nicht einmal davor zurückgeschreckt, systemwidrig die Kapitalbasis zu besteuern, wenn ein Kapitalwahlrecht ausgeübt werden konnte! Natürlich hatten Klagen keinen Erfolg! In der „Jungen Freiheit“ hat Dimitrios Kisoudis zur Anmaßung des… Mehr

der schöne Karl
6 Jahre her

Meiner nicht bösartigen Meinung nach ist Schulz intellektuell überfordert. In jeder Hinsicht. Er denkt einförmig in einem Schwarz Weiß Schema. Wie öft hörte ich von ihm schon: Dies und das mit mir nicht. Zu intellektuell aufwendigen Kompromissen ist der Typ nicht in der Lage. Der kann das einfach nicht. Als die SPD ihn wählte, dachte ich bei mir: Wie können die das tun? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Mann hart aufsetzt. Scheinbar sind die von allen guten Geistern verlassen.

Medley63
6 Jahre her

Hach, der Maddin, der alte Schwerenöter, der hat ja jetzt ein Buch geschrieben. Ohja und zwar ein wahrliches Opus Magnum. Wurde auch so langsam Zeit, dass der ehemalige Buchhändler nun auch sein eigenen Bestseller, den er sich in qualvollen Stunden im unverdrossenen Kampf mit seinen Dämonen in seinem bescheidenen Arbeitsstübchen, in der ausgebauten 120 qm² Dachkammer seiner 24zimmrigen Jugendstilvilla mühsam abgerungen hat, in sein Interlübke-Mahagonieregal stellen kann. Die Lektüre nennt sich distinguiert-zurückhaltend: „Was mir wichtig ist!“ und hat einen -wie sollte es auch anders sein- roten Einband und passt farblich wunderbar zu den anderen fünf Büchern in der Regalreihe, mit… Mehr

Old-Man
6 Jahre her

Ein jeder,der noch seine Sinne beisammen hat,und trotzdem diesen roten Rotz wählt,der hat es nicht besser verdient! Die beiden Worte „geistiger Dünnpfiff“ beschreiben wohl treffend den Blödsinn von Nahles und Schulz! Ich warte mit Spannung und Vorfreude auf die nächsten geistigen Ergüsse dieser geistigen Tiefflieger. Das ein Jens Spahn so etwas treffend kommentiert,ist da nur noch eine Randnotiz. Die Sozen haben jegliche Realität,sofern sie die je hatten verloren! Die Grünen mit ihren absurden Ideen sind der passende Partner,die Linken sind das Krönchen des kruden Trios! Prognose zur BT-Wahl : SPD 19,5% Grüne 5,1% Linke 6,5% FDP 10,5% AfD 14,5% CDU-CSU… Mehr

John
6 Jahre her

Ich habe versucht diesen Artikel auf meiner Arbeitsstelle, einem Berliner Krankenhaus, zu diskutieren, die jüngeren Kollegen machen sich naturgemäß wenig Sorgen, die Älteren schon. Als angestellter Arzt zahle ich ja in ein Versorgungswerk ein und ich weiß, ich bin dadurch privilegiert. Herr Tichy, es geht durchaus die Sorge bei den sogenannten freien Berufen um, dass die kommende Regierung die Versorgungswerke plündern wird und man mit den angestellten Ärzten anfangen wird, bei den angestellten Anwälten (divide et impera) ist wohl schon so verfahren worden. Der Vorstoß von Martin Schulz zur Einbeziehung der Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung würde dazu passen. Wissen… Mehr

DerMichel
6 Jahre her
Antworten an  John

John, der „Gründerboom“ muss sozial abgesichert werden. Wenn das Geschäftsmodell, Abbruchunternehmer, Werbezettelverteiler u.s.w. nicht funktioniert, so müssen diese neuen Menschen zumindest im Alter abgesichert werden. Und da diese Menschen, so sie kiene sonstige Absicherung haben, dem Staat, bekannt als Hartz-4, zur Last fallen würden, und sich diese Zahlen im Bundeshaushalt nicht gut machen würden, werden diese Menschen einfach in die Sozialhaushalte transferiert.

Gerade in Berlin kann man doch den Gründerboom sehen. Der halbe Balkan ist doch zwischenzeitlich als „Gründer“ in Berlin unterwegs.

kvogeler
6 Jahre her
Antworten an  Lothar Finger

yes comment:
Das ist ein typisches Ergebnis deutscher Parteibuchversorgungsseilschaften.

Bernhard Freienstein
6 Jahre her

Das Existenzminimum für den einzelnen wird mit etwas über 1000 Euro angegeben. Der Hartz-IV-Satz liegt deutlich darunter, er liegt von Anfang an, seit über 10 Jahren, deutlich darunter. Das ist eine Schweinerei sondergleichen. Die „Agenda 2010“ war und ist eine schwer verbrecherische „Agenda“, was immer Roland Tichy dazu auch sagen mag. Sie hat Hunderttausende, ja Millionen Menschen ruiniert. Ein Staat, der Arbeitslosen gerade mal 410,- Euro in die Hand gibt, mit denen sie 30 oder 31 Tage auskommen müssen, ist ein abscheulicher und widerlicher Staat. Bei so wenig Geld kann man sich nichts leisten. Gleichzeitig läßt dieser ruchlose Staat es… Mehr

Market Observer
6 Jahre her

Warum werden Reiche immer reicher und dafür heftig kritisiert und warum kann der Staat nicht heute und in den nächsten 13 Jahren 50 Milliarden im Jahr gewinnbringend anlegen? Wenn es schon in der Vergangenheit versäumt wurde. Aus 150 Euro im Monat wird bei nur 4% Zinsen im Jahr nach 45 Jahren eine nette Rente von 1.190 Euro im Monat.
Geht nicht? Geht doch, Schulz kennt den Pensionsfonds für Brüssel-Technokraten in Luxemburg ganz genau. Der sorgt für die Zusatzrente von 6.000 Euro monatlich, zusätzlich zu der Normalrente von 6.900 EUR (nach 27 oder weniger Beitragsjahren).

Wolfgang Richter
6 Jahre her
Antworten an  Market Observer

Statt dessen wird der BundesMichel mit Konzepten nach Riester u. Rürup um seine Ersparnisse und Rediten gebracht. Nur die beiden Erfinder profitieren mittels ihrer hochdotierten Vorträge zum Thema, vor allem der Ex-IG-Metaller Riester auf seinen Touren durch die Seminarsäle der Versicherungskonzerne. Aber Sozen u. Gewerkschafter setzen sich natürlich nur völlig uneigennützig für die „hacht arbeitenden Menschen“ ein. Und deren Geld ist dann ja auch nicht wech, nur halt woanders.

markus marahrens
6 Jahre her

Der Name war, ist und bleibt eben Programm: schwachsinnigste partei deutschlands.

Eysel
6 Jahre her

„Man erschrickt, wenn man das liest. Erschreckend ist der radikale Subjektivismus, der zu Politik gemacht wird, die totale Individualisierung und Infantilisierung als Maßstab für das Gemeinwohl: Hat noch jemand eine Lebenserfahrung auf Lager, die jetzt als Gesetzesbegründung taugt?“ Das ist – immer wieder – das „Elend“! Das ist das „Post-Faktische“! Das ist der „Totschlag“! Nur: Wie dagegen vorgehen? Siehe: „WhenFactsBackfire Why worldview threats undermine evidence By Michael Shermer Have you ever noticed that when you present people ,vith facts that are contrary to their deepest held beliefs they always change their minds? Me neither. In fact, people seem to double… Mehr