Der faule Kernkraft-Kompromiss zu Lasten dieses Landes

Das war kein „Machtwort“ des Bundeskanzlers, sondern allenfalls ein verzweifeltes Bitten: Auch Olaf Scholz kann sich nicht durchringen, Deutschlands Energieversorgung zu sichern. Es ist ein fauler Kompromiss zu Lasten von Bevölkerung und Wirtschaft.

IMAGO / photothek
Statt zwei dürfen nun drei Kernkraftwerke laufen – sechs wären technisch in der Lage. Und: Das nur bis 15. April; auch neuer Brennstoff darf nicht eingesetzt werden.

Es ist ein fauler Kompromiss der schlimmsten Form.

Warum der 15. April? Glauben wir, dass der Osterhase uns Eier mit Gas und Wasserstoff bringt? Ernsthaft? Die Energiekrise wird im Frühjahr nicht beendet sein; LNG-Terminals werden bis dahin nicht fertiggestellt sein, Gaslieferverträge wird es bis dahin nicht geben, in Niedersachsen werden keine Gasvorkommen erschlossen sein und der Wind wird sich nicht erbarmen, ständig zu wehen. Auch die Sonne wird bis 15. April ihr Verhalten nicht ändern und sich weiter des Nachts vor den Solarpaneelen verbergen. Die Grünen werden sich ungläubig die Augen reiben, aber auch das erzeugt keine Energie, sondern nur Tränen. Bei anderen.

Rechnen wir anders herum. Drei Kernkraftwerke, so rechnet der frühere SPD-Umweltsenator Fritz Vahrenholt vor, könnten Strom für rund 10 Millionen Haushalte erzeugen; mit der Inbetriebnahme der bereits stillgelegten käme Strom für weitere 10 Millionen Haushalte dazu. Damit könnte in etwa die Hälfte der Bevölkerung dauerhaft, sicher und zuverlässig mit Energie versorgt werden.

Übrigens: Die Einsparungen für nächtliche Beleuchtung von Werbeanlagen spart gerade den Strom für eine Kleinstadt von 40.000 Einwohnern. Habecks Politik ist im Ergebnis eine Wiederholung von Lächerlichkeiten.

Das Fazit ist bitter.

Hier wurde mit Mühe ein fauler Kompromiss gezimmert, der bestenfalls einen kurzen Burgfrieden in der Koalition sichert, und vielleicht nicht mal den. Aber das Land und seine Menschen brauchen mehr, viel mehr. Sie brauchen eine sichere und bezahlbare Energieversorgung, und die Kraftwerke sind ein wesentlicher Teil davon, wenigstens ein erster Schritt. Aber auch der wird verweigert.

In ihrer Verbohrtheit drohen die Grünen mit Krach und Auszug. Auf ihrem Parteitag haben sie demonstriert, dass sie nicht fähig und nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Dass sie in den Klauen ihrer Ideologien gefangen sind, die wider besseres Wissen rücksichtslos von „verstopften Stromleitungen“ faseln und von Windrädern träumen oder andere Phantastereien verfolgen, die technisch nicht zur Verfügung stehen.

Dieser faule Kompromiss zeigt das deutsche politische System von seiner schlechtesten Seite. Da werden gesichtswahrende Sprechblasen für Ideologen gesucht – aber keine Lösungen für Probleme. Da werden Menschen wie Schachfiguren auf dem Brett hin- und hergeschoben – als ob das Land ein Brettspiel wäre, über das die Ricarda Langs, Jürgen Trittins und Robert Habecks nach Lust und Laune verfügen können. Der Bundeskanzler gibt sich als Schiedsrichter bei diesem Kindergeburtstag. Zwar spricht er vom „Leistungsbetrieb“, also die echte Stromproduktion statt lediglich grüner Bereitschaft. Aber es müßte neue Brennstäbe beschafft werden – und dafür ist es spät, zu spät.

Natürlich wird dieser faule Kompromiss nicht halten. Er wird diese Heizperiode nicht überleben. Er wird den 15. April nicht überleben. Aber leider geht es nicht um die Formelkompromisse der Politik. Es geht um das wirtschaftliche Überleben Deutschlands und das Wohlergehen seiner Bürger. Beides, Industrie und Bürger, finden keine Berücksichtigung mehr beim Gezanke einer Koalition, die die Realität aus dem Auge verloren hat und die allenfalls noch mit einem nervösen Augenzucken die Fakten schemenhaft wahrnehmen kann.

Beim rituellen Reigen der kindischen Regierung hat die FDP einen kleinen Gewinn erzielt und führt sich auf wie ein aufgeblähter Ochsenfrosch: Sie hat gekämpft, aber viel zu wenig erreicht. Meint sie, was sie zwischendurch sagt, kann sie nicht in dieser Regierung der Unvernunft bleiben.

Olaf Scholz ist der wohl führungsschwächste Kanzler, den Deutschland je erlebt hat.

Die Grünen sind beleidigt, weil der Kindergeburtstag Smarties statt Bounties geliefert hat, und diese Süßigkeit ist nicht vegan. Die Ampel hat sich blamiert.

Ich bleibe bei meiner Forderung.

Jetzt ist die Stunde des Parlaments und der Abgeordneten. Und zwar jedes Einzelnen.

Deutschland braucht eine offene, von den Fraktionen nicht beeinflusste und befohlene Abstimmung. Und zwar eine namentliche Abstimmung, damit wir wissen, wer der grünen Ideologie folgt und wer andererseits zu jenen Abgeordneten gehört, die Schaden vom Deutschen Volk abwenden wollen. Es muss sichtbar werden, wer zu seiner Verantwortung steht – oder sich der Realität verweigert und dafür den Wohlstand der Bürger opfert und ihr Leben gefährdet.

Nur so ist das Diktat der grünen Ideologen zu brechen – ohne faule Kompromisse, die in Hinterzimmern zu Lasten von Wirtschaft und Bevölkerung ausgekaspert werden. Und es wird sich zeigen, ob Friedrich Merz nur an seine Karriere denkt oder noch einen Rest Ehre besitzt: Nur gegen Kernkraftwerke zu votieren weil die AfD dafür ist – mit diesem Verhalten gesellt er sich zu den Grünen, deren Liebe er gewinnen will um Kanzler zu werden, vielleicht! Aber jetzt geht es nicht um Merz, sondern um Deutschland. Und vergessen wir nicht: Auch die FDP hat mehrheitlich gegen Laufzeitverlängerung gestimmt, aus ihrer Neigung zu Machtspielchen um des vermeintlichen Machterhalts willen. 

Deutschland befindet sich in einer existenziellen Krise. Jetzt können die Abgeordneten des Deutschen Bundestags zeigen, ob sie lediglich Marionetten ihrer Parteien sind, die ihre Zeit im Bundestag mit lächerlichen Modeschauen wie Ricarda Lang oder albernen Singspielchen wie ihre diversen Fraktionskolleginnen verbringen.  

Bislang hat der Deutsche Bundestag versagt und richtige Anträge niedergestimmt, weil sie von der angeblich falschen Seite kamen. Es gibt nur eine richtige Seite: die der Realität. 

Jetzt ist die Stunde des Parlaments. Oder die kommende Krise wird den Kindergeburtstag beenden, auf eine für alle Bürger dieses Landes verheerende Art und Weise, die sich niemand wünschen kann: durch eine existenzielle wirtschaftliche und soziale Krise.

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Kommentare ( 227 )

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HPM
1 Jahr her

Die Stromverknappung und damit die weltweit höchsten Strompreise in Deutschland müssen schnellstens behoben werden. Ansonsten wird der Exodus großer energieintensiver Branchen aus unserem Land (u.a. Metall, Chemie) unvermeidbar sein. Das bedeutet auch: Alle sechs noch betriebsbereiten Kernkraftwerke in Deutschland müssen dauerhaft wieder ans Netz geholt werden. Neben dem Ausbau der Erneuerbaren sollte die Kernenergie als unabdingbar notwendiger „Grundlast-Versorger“ weiterbetrieben und weiterentwickelt werden. Gas als geplanter Grundlastversorger ist als Rohstoff viel zu wertvoll und teuer, um weiter als Stromlieferant (der zudem klimaschädlich ist) verfeuert zu werden.

sunnyliese
1 Jahr her

Und vor allem die ganze Kernphysik an deutschen Hochschulen auf 0 gefahren…so dass keine neuen Entwicklungen mehr möglich sind, die überall realisiert werden und diese Risiken nicht mehr haben. Stattdessen haben wir über 200 Lehrstühle für Genderforschung…wir sind ein einziges Narrenhaus zum Fremdschämen geworden…auf den Weg in den die Bananenrepublick…unaufhaltsam…da bleibt nur noch auswandern…aber wohin? Wo haben diese duchgeknallten und woken Globalisten keinen Einfluss mehr?

Alliban
1 Jahr her

Es ist auch deswegen ein fauler Kompromiss, weil m.W. die drei Kernkraftwerke nur mit reduzierter Leistung betrieben werden können, da keine neuen Brennstäbe angeschafft werden. Ein symbolischer Akt halt, um zu zeigen, dass man dem Land Gutes tut und vermeintlich Probleme löst.

JamesBond
1 Jahr her

Was braucht es Kernkraft, wenn die Gasspeicher heute (am 15.11.) um mehr als 100% gefüllt werden können – gefühlt werden wir also Gas ohne Ende haben:

„ Mit historisch bislang nie erreichten Füllständen von über 100 Prozent platzen die deutschen Gasspeicher aus allen Nähten. „Proppevoll“, kommentiert Netzagenturchef Müller zufrieden. “

HPM
1 Jahr her

Die zukünftige Energieversorgung Deutschlands wird von naturwissenschaftlich weitgehend ahnungslosen Politikern im Rahmen einer staatlichen Planwirtschaft betrieben. Die einfache Devise lautet dabei offensichtlich: „Immer mehr vom Untauglichen muß doch irgendwann mal funktionieren“. Nach 20 Jahren Energiewende befinden wir uns jedenfalls in einer wirtschaftlich durch Energiemangel gekennzeichneten ernsten Krise. Und das wird aktuell durch den Ukraine Krieg nur früher demaskiert. 

Wolfgang M
1 Jahr her

Es gibt ein Land, dass kleine identische AKWs am Fließband herstellen will. Dazu braucht es nur ein Genehmigungsverfahren und wegen der lokalen Stromerzeugung kurze Stromleitungen. Darüber hinaus soll das AKW vorhandenen Atommüll weiter verarbeiten können. Der Rest strahlt nach der Weiterverwendung nur noch ein Hundertstel der Zeit des ursprünglichen Atommülls.
Unsere Politiker scheinen das Konzept noch nicht mal zu kennen. Und wenn doch, dann glauben sie nicht an die Vorteile.

Last edited 1 Jahr her by Wolfgang M
HPM
1 Jahr her

A propos grüne Klimaziele: Durch umfangreiche Nutzung der Kernenergie ist Frankreich EU-Meister in Sachen Reduktion der CO2 Freisetzung. In Deutschland hatte sich trotz 20 Jahren Energiewende am CO2 Ausstoß gar nichts getan und aktuell planen wir sogar wieder (notgedrungen) mit einer deutlichen Ausweitung der fossilen CO2 Freisetzung. Da hilft es auch nicht die grüne Hoffnung auf die ab 2030 „geplante“ neue Wende. Dagegen die Pläne in Frankreich: Noch in seiner jetzigen Amtszeit will Präsident Macron den Grundstein für ein neues Atomkraftwerk legen. Mit kürzeren Genehmigungsverfahren sollen zudem rascher neue Kernkraftwerke errichtet werden. Die Erneuerbaren sollen zudem gefördert werden in ihrer… Mehr

reconquistadenuevo
1 Jahr her

Der Blackout wurde nur verschoben. Um sechs Monate. So lange sollen drei Kernkraftwerke in Deutschland noch weiterlaufen. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz so gesagt – gegen die Grünen, die weniger wollten, und gegen die FDP, die mehr wollte. Und schon sprüht die Presse vor Superlativen: Von einem „Machtwort“ ist die Rede und davon, dass er „mit der Faust auf den Tisch“ gehauen hätte. Olaf Scholz, welch eine wackere Führungsfigur! In Wahrheit macht sich die von den Grünen klar dominierte Ampelregierung so oder so unser Land und unseren Wohlstand zur Beute. Denn egal, ob nun zwei oder drei Kraftwerke ein Viertel-,… Mehr

Ante
1 Jahr her

Scholz ist ein Gernegroß, gibt sich gerne listig, verbreitet die Aura der männlichen einlullenden Merkel. Das alles ist widerlich. Das ist kein Anführer. Seine Energiepolitik ist unbrauchbar, denn dieses Land braucht Atomstrom bis mindestens 2100. Also muss es darum gehen, neue AKW zu bauen und bestehende AKW zu modernisieren. Wenn Kohlestrom weg soll, wofür sich Gründe finden lassen, muss eine erprobte und stabile Alternative her. Wer so, wie BRD, nichts im Boden hat (Öl, Gas), dem bleibt nur Atomstrom um grundlastfähig zu bleiben. Grünes Getrommel für Erneuerbare ist sinnlos, denn Wind- und Solarstrom wird auf der Nordhalbkugel noch viele Jahrzehnte… Mehr

Giovanni
1 Jahr her

So hangelt sich die Ampel-Regierung durch die Legislaturperiode!!