Brennendes Windrad in Bremervörde – Symbol einer Energiepolitik ohne Sicherheitsnetz

Wieder brennt ein Windrad, wieder kann die Feuerwehr nichts tun – und wieder gibt es keine Konsequenzen. In einem Land, das seine Energiezukunft auf tausende Windanlagen setzt, fehlen bis heute TÜV-Pflicht, Löschtechnik und ein zentrales Störfallregister – ein sicherheitspolitischer Offenbarungseid mit Ansage.

picture alliance / dpa | Guido Schulmann
Symbolbild brennende Windkraftanlage (hier Windkraftanlage bei Isselburg im Münsterland, 2016)

Am Donnerstagabend stand eine Windkraftanlage im Bremervörder Ortsteil Iselersheim (Niedersachsen) in hellen Flammen. Gegen 18:39 Uhr wurde der Notruf abgesetzt, als das Maschinenhaus der rund 65 Meter hohen Anlage bereits vollständig brannte. Die Feuerwehr konnte die Flammen aufgrund der Höhe nicht direkt löschen und konzentrierte sich darauf, herabfallende Trümmerteile zu kontrollieren, so hieß es in den Polizeimeldungen. Ein Rotorblatt stürzte ab, es gab keine Verletzten. Die Polizei vermutet einen technischen Defekt als Brandursache; die Anlage war seit 2003 in Betrieb.

Im Januar 2024 verursachte ein Brand einer Windkraftanlage zwischen Ganschendorf und Sarow einen Schaden von 1,5 Millionen Euro. Auch hier konnte die Feuerwehr das Feuer nicht löschen, sondern nur kontrolliert abbrennen lassen. Mit dem Ausbau der Windenergie in Deutschland steigt die Anzahl der Anlagen, was potenziell auch die Zahl der Zwischenfälle erhöhen könnte. Im ersten Quartal 2025 wurden über 4.000 Megawatt an neuer Windkraftleistung genehmigt, ein Rekordwert. Die durchschnittliche Genehmigungsdauer sank auf 18 Monate, was auf eine Beschleunigung der Verfahren hinweist.

Bei Bränden von Windkraftanlagen ist die Feuerwehr in der Regel machtlos – vor allem, wenn das Feuer im Maschinenhaus in über 100 Metern Höhe ausbricht. Der Fall in Bremervörde-Iselersheim zeigt erneut, warum die Feuerwehr meist nicht löschen kann: Das Maschinenhaus (Nacelle), in dem die Technik wie Generator, Getriebe und Transformator sitzt, befindet sich meist zwischen 80 und 120 Metern Höhe. Feuerwehrleitern reichen selten über 50 Meter hinaus. Selbst Wasserwerfer oder Wenderohre können in dieser Höhe nicht wirksam eingesetzt werden. Der Wasserdruck und die Windverhältnisse machen gezieltes Löschen unmöglich. Brennende Trümmer wie Rotorblätter oder Motorteile können abstürzen – deshalb muss die Feuerwehr großräumig absperren und kann nicht direkt an die Anlage heran. Sie kann lediglich Sperrzonen einrichten, Verkehrswege sichern und Personen fernhalten.

Ungeklärt, was passiert, wenn in einem sommerlich ausgetrockneten Wald herabfallende brennende Teile Felder oder Wälder entzünden.
Nach dem Brand einer Windkraftanlage in Bremervörde wird wiederum erneut ein schwerwiegendes Problem sichtbar: In Deutschland gibt es keine bundesweit verpflichtenden Sicherheitsüberprüfungen für Windräder – keine regelmäßige TÜV-Kontrolle, keine standardisierte Brandverhütung, keine zentrale Erfassung von Störfällen. Die gewaltigen Anlagen der Windindustrie in Deutschland sind nicht systematisch Überwachungs- oder prüfpflichtig. Sie gelten nach Baurecht als „privatrechtlich betriebene Energieanlagen“ und entziehen sich damit vielen Normen, die beispielsweise für Industrieanlagen, Aufzüge oder Fahrzeuge gelten. Anders als bei Autos oder Industrieanlagen gibt es für Windkraftwerke keine einheitliche Prüfvorschrift. Ob, wann und wie kontrolliert wird, entscheiden die Betreiber selbst. Auch automatische Löschanlagen sind nicht vorgeschrieben – obwohl Maschinenhaus und Generatoren brennbare Öle, hohe Temperaturen und starke elektrische Lasten vereinen.

Ein weiteres Problem: Es gibt kein zentrales Störfallregister. Brände, Flügelabbrüche, Turmeinstürze – all das wird nirgends systematisch erfasst oder veröffentlicht. Weder die Öffentlichkeit noch die Feuerwehr haben Zugriff auf ein bundesweites Sicherheitskataster.

Mit dem geplanten massiven Ausbau der Windenergie wächst das Risiko weiter – nicht nur für die Betreiber, sondern auch für Anwohner, Einsatzkräfte und Umwelt. Experten und Feuerwehren fordern seit Jahren eine gesetzlich geregelte Prüfpflicht für alle Windkraftanlagen. Passiert ist bisher: nichts. Es gibt nicht einmal Listen von Bränden oder gar von Unfällen mit Verletzten oder Toten. Die Windindustrie soll nach außen so sauber und weiß sein wie die Türme in der Landschaft – bevor sie anfangen zu brennen.

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