Vom “Menschenfeind” zum Volksvertreter: Jan Böhmermanns Hetze entlarvt sich

Der Virologe Hendrick Streeck wird Drogenbeauftragter der Bundesregierung. Ein Volksvertreter. Einer, den der ZDF-Aktivist Jan Böhmermann vor nicht einmal vier Jahren aus dem Fernsehen verbannen wollte – wegen dessen “Menschenfeindlichkeit”.

picture alliance / NurPhoto | Ying Tang

Burkhard Blienert oder Sabine Bätzing-Lichtenthäler sind einer breiten Masse eher weniger bekannt. Der eine Sozialdemokrat ist, die andere Sozialdemokratin war mal Drogenbeauftragter der Bundesregierung. Ein Amt, in dem es vor allem darum geht, vor den Folgen des Alkohols zu warnen, Aufklärung gegen das Rauchen zu forcieren oder über neu auftretende harte Drogen und ihre Folgen zu informieren. Hendrik Streeck dürfte bereits vor dem Antritt dieses Amtes bekannter sein, als es Marlene Mortler (CSU), Daniela Ludwig (CSU) oder Christa Nickels (Grüne) nach ihrem Ausscheiden aus diesem waren.

Bekannt wurde der Virologe während der Pandemie. Streeck gehörte zu den wenigen, die sich öffentlich trauten, den Kurs der Allparteienkoalition aus CDU, CSU, SPD, Grünen und Linken zu kritisieren. Er bezweifelte den Sinn mancher Verbote und mahnte 2021, die Alten- und Pflegeheime besser zu schützen. In dem letzten Punkt nicht auf ihn gehört zu haben, gehört zu den wenigen Fehlern, die Angela Merkel (CDU) in ihrer 16 Jahre währenden Kanzlerschaft je eingeräumt hat. Den Sinn mancher Verbote bezweifeln mittlerweile selbst ehemalige Hardliner wie Karl Lauterbach (SPD) oder Markus Söder (CSU).

Streeck hat sich also als ein Experte erwiesen, der den Finger in die richtigen Wunden gelegt hat. Er sei “durchtränkt von Menschenfeindlichkeit”, warf ihm indes ZDF-Aktivist Jan Böhmermann vor. Öffentlich. Im September 2021. Während einer Podiumsdiskussion mit Markus Lanz. Den ZDF-Kollegen schulmeisterte Böhmermann bei der Gelegenheit: Er frage sich, warum solche Leute bei ihm säßen. Das täte Lanz nur, so Böhmermann, aus der Idee heraus, auch andere Meinungen zulassen zu müssen. Das sei “schwierig”, wegen der besagten “Menschenfeindlichkeit”, mit der Streeck “durchtränkt” sei.

Nach Böhmermanns Denunziation beim ZDF
Es reicht jetzt!
Jan Böhmermann läuft im ZDF unter Kabarett. Das ist einerseits eine Schutzbehauptung. Es erlaubt ihm, Menschen hart zu beleidigen oder gezielt ungeprüfte, falsche Informationen zu verbreiten – um sich später darauf zu berufen, das sei ja nur Satire gewesen und die dürfe bekanntlich alles. Andererseits steht Böhmermann symbolisch für das deutsche Kabarett wie für den gesamten Kultur- und Journalismusbetrieb in Deutschland.

Ihre Kritik gilt nicht mehr der Politik, zumindest nicht mehr den Regierenden. Sondern ihre Kritik richtet sich gegen die Kritiker dieser Regierenden – und sie ist völlig maßlos. Streeck hätte dann dann in seiner Bewertung der Pandemiepolitik nicht nur falsch gelegen, was der Studienabbrecher Böhmermann ohnehin nicht bewerten könnte. Sondern ein Kritiker der Regierung ist dann gleich von “Menschenfeindlichkeit durchtränkt”, darunter macht es der deutsche Kulturbetrieb nicht. Und solch einer müsse aus dem Staatsfernsehen ferngehalten werden. Wer ihn dennoch einlädt, wird dann von einem Scharfmacher wie Böhmermann öffentlich getadelt. Im deutschen Kulturbetrieb müssen die Reihen fest geschlossen sein. Wer ausschert, wird von Böhmermann an die Linie erinnert – wie jüngst das ARD-Magazin “Klar”.

Böhmermann lebt von Zwangsgebühren. Der Staatsvertrag rechtfertigt diese unter anderem mit der ausgewogenen Berichterstattung, zu der die öffentlich-rechtlichen Sender verpflichtet sind. Böhmermann hält diese Ausgewogenheit für “schwierig” und tadelt öffentlich Kollegen, die das anders sehen und handhaben. Das ist schon problematisch, wenn sich die vom ZDF-Clown gebrandmarkten Positionen tatsächlich als falsch erweisen.

Im Fall von Hendrick Streeck zeigt sich wieder mal, wie oft Böhmermann selbst inhaltlich falsch liegt. Trotz des eigenen Unfehlbarkeitsanspruchs, den der Scharfmacher in solchen Debatten für sich beansprucht. Vermutlich gerade wegen dieses Unfehlbarkeitsanspruchs. Streecks Kritik an der Pandemiepolitik hat sich im Nachhinein als richtig erwiesen. Aber erst zu einer Zeit, in der die Sprech- und Denkverbote von Wahrheitshütern wie Böhmermann an Bindekraft verloren hatten. Vorher verhinderten Scharfmacher wie Böhmermann eine Stärke der Demokratie: durch kritischen Diskurs die Regierenden zu kontrollieren und zur Prüfung ihres Handelns zwingen, um Fehlentwicklungen abstellen zu können.

Streeck selbst ist von der Politik anerkannt. Unter Kanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) gehörte er zu einer Expertenkommission, die Fehler der Pandemiepolitik aufgearbeitet hat. Für die CDU sitzt Streeck mittlerweile im Bundestag. Demnächst wird er als Drogenbeauftragter Teil der Regierung. Ein Volksvertreter. Einer, den ein Aktivist des Staatsfernsehens aus dem Fernsehen verbannen wollte. Vor nicht einmal vier Jahren. Ein Virologe, dem der Studienabbrecher Böhmermann sich erdreistete, wegen dessen Expertise “Menschenfeindlichkeit” vorzuwerfen.

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Kommentare ( 50 )

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Michaelis
1 Monat her

Das ist gut so mit Hendrick Streeck, ein sympathischer und kompetenter Mann, fern von ideologischer Verblendung!!! Solche Personalien ermutigen, während solche Leute wie der Kriegskanzler Merz eine reale und existenzielle Gefahr für Deutschland und seine Bürger sind!!!

U.S.
1 Monat her
Antworten an  Michaelis

Da findet man jede Menge islamische Drogen „Experten“ mit Jahrelang Drogen- und Waffenhandel im Umfeld von Bahnhof Berlin, HH, FFM, usw. (Polizeibekannte Namen, 28 Identitäten, mit eingedeutschten Personaldokumenten 🙉🙈🙊,)

Ombudsmann Wohlgemut
1 Monat her
Antworten an  Michaelis

Er hatte zwar die Missstände kurz und beschönigend angesprochen, aber auch regelmäßig wieder relativiert und Folge geleistet.
Nie war er richtig standhaft und bringt immer nur schwammige Anschuldigungen in Form von etwaigen Versäumnissen, um direkt im Anschluss wieder irgendeinen Schwachsinn zu behaupten wie „hatten keine andere Möglichkeit als die ergriffenen Maßnahmen“, obwohl schon die Ergebnisse, die veröffentlicht wurden, dem widersprechen und er auch stets beteuert, dass die Daten zum Infektionsgeschehen fehlten…

Reinhard Peda
1 Monat her
Antworten an  Ombudsmann Wohlgemut

Ich fand Ihn auch als Maul(wurf)held.

Anne
1 Monat her
Antworten an  Ombudsmann Wohlgemut

Volle Zustimmung! Der Virologe Hendrick Streeck spielte seinerzeit m. E. lediglich die Rolle eines Kubickis, Palmers bzw. Bosbachs. Er erwies sich somit nicht nur als Mitläufer, sondern als Stütze des Systems. Genau aus diesem Grund erhielt Herr Streeck auch mit dem Amt des Drogenbeauftragten der Bundesregierung eine Belohnung. Streecks Ehemann, Paul Zubeil, erhielt übrigens bereits 2021 unter Minister Spahn einen Posten im Bundesgesundheitsministerium.

Thors Hammer
1 Monat her
Antworten an  Ombudsmann Wohlgemut

Herr Streek wird jetzt für sein sowohl/als auch Verhalten belohnt. Er kann einem Fachmann wie Bakdi nicht das Wasser reichen. Er steht auf der Wissensstufe eines Lauterbach.
Daß aber der Böhmermann ein Studienabbrecher sein soll, war mir bislang neu. Aber dann würde er gut zu dem steinwerfenden grünen Exaußenminister, der Deutschland die politische Unschuld geraubt hat, passen.

Metric
1 Monat her

Streeck wurde doch schon als Gesundheitsminister gehandelt! Das wäre spannend gewesen, aber weil er da tatsächlich etwas entscheiden hätte können, ist er es nicht geworden; stattdessen dieser Frühstücksdirektorsposten als Symbolpolitik.

stets_bemueht
1 Monat her

Was im Artikel über Herrn Streeck nicht erwähnt wurde: er fiel schon sehr früh 2020 durch die Heinsberg-Studie auf. Medial bemerkenswert war, daß über die Kritik Drostens „unwissenschaftlich, da keine medizinische Normgruppe“ mehr diskudiert wurde, als darüber, daß man zum ersten mal einem Superspreaderevent auf den Grund gegangen ist, und daß, gemessen an der Anzahl der Infizierten in der Stadt, doch recht wenige im Kkh gelandet sind. Später in 21 erwähnte er, daß das UK einen wesentlich genaueren Überblick über das Infektionsgeschehen hätte, weil diese die Menge der Antikörper im Abwasser maßen. während D sich auf eine Hochrechnung durch positive… Mehr

Klaus Uhltzscht
1 Monat her

Ich empfehle jedem äußerstes Mißtrauen, ob ein Kader dieser BRD-Regierung gleichzeitig ein Volksvertreter ist. Ich gehe davon aus, daß alle Kaderentscheidungen mit M. abgestimmt sind; so auch diese.
Wenn Herr Streeck in das gewünschte Kaderprofil paßt, ist das schön für ihn; ansonsten ändert sich nichts.

AlexR
1 Monat her

Himmel hilf! Diese Flachpfeife macht sich nun wichtig!? Nein danke. Braucht niemand genauso wie die blonde Jette.

Warum bekommen solche Gestalten überhaupt in den ÖRR Gehör? Gehört diese gequirlte Sch.isse inzwischen zum Rundfunkrecht? Wohl kaum.

Michael M.
1 Monat her

Böhmermann ist weder Kabarett noch Unterhaltung, sondern einfach nur die personifizierte Dummheit und Ideologie und zwar jeweils in ihrer absoluten Reinstform.

Eddy08
1 Monat her

mit Ämtern stellt man Menschen ruhig und bringt sie auf Linie…ist so, war so und wird immer so sein

Maunzz
1 Monat her

Streeck war in den Hochzeiten der Pandemie ein unbequemer Wissenschaftler. Für Medizinwissenschaftler an sich war Corona eine Profilierungsplattform. Streeck blieb in diversen Komissionen. In Bundestag gewählt und nun Bundesdrogenbeauftragter zu werden ist eine späte Ehrung für einen bodenständigen Wissenschaftler. China blockt bis heute, die Wahrheit rauszurücken, woher das Virus kommt. Man kann annehmen, dass 2019/20 es politisch gewollt war, China und letztlich die USA nicht zu brüskieren, dass die Koryphäen unter Drosten und Fauci sich zu einer – ohne wissenschaftlichen Nachweis – verbreiteten Stellungnahme hinreissen liessen, dass das Virus von irgendwoher kam bzw. niedere Wirbeltiere großartige Wissenschaft in weit entfernten… Mehr

Anne W
1 Monat her

Also…ich gebe zu, den Artikel nur überflogen zu haben.

Streeck fand ich in der Covid-Zeit zu sehr komod und ohne wirkliche Kontour.
Einer, der stets „meinte“, aber nichts sagte.
Und sich noch weniger traute.

Nun soll er was werden??

Machtnix
1 Monat her

“Bekannt wurde der Virologe während der Pandemie. Streeck gehörte zu den wenigen, die sich öffentlich trauten, den Kurs der Allparteienkoalition aus CDU, CSU, SPD, Grünen und Linken zu kritisieren.“
Naja, immer schön mit angezogener Handbremse, deshalb jetzt auch der Platz am Futtertrog. Herr Prof. Dr. Sucharit Bhakdi war da stringenter!

Lehrer sind auch nur Menschen
1 Monat her

Hendrick Streeck ist ein Mitläufer gewesen, der nur sehr mässig Kritik geäußert hat, ganz nach dem Motto „wasch mich, aber mach mich nicht naß“….und eine Aufarbeitung hat es schon dreimal nicht gegeben, weshalb er in dieser Funktion bereits versagt hat… und was macht nun einen Virologen zum Experten für Drogen… auch nicht verständlich für mich….