Showdown bei der CDU – Highnoon kommt erst noch!

Das schlimmste an Merz ist für Merkel, dass er große Sympathien in der Partei genießt. Zu irgendetwas musste die Corona-Krise ja auch nützlich sein. So intelligent die Pfarrerstochter ist, so raffiniert und intrigant ist sie auch und, wenn es um die Macht geht, eiskalt.

imago Images/Star-Media

Zwei Ängste haben sich tief in Kopf und Herz Angela Merkels eingenistet. Zum einen ist da die Vorstellung, Friedrich Merz, den sie einst so erfolgreich ins Aus manövriert hatte, könnte als Rivale in den Ring zurückkehren. Merz ist alles, was die Frau aus dem Osten mit der alten konservativen Bundesrepublik eines Helmut Kohl verbindet, die ihr im Kern zutiefst zuwider war und ist. Mit einer Merz-Renaissance würde möglicherweise ihr gesamtes politisches Wirken als Parteivorsitzende der CDU in kurzer Zeit revidiert. Offen hatte sie schon zu ihrer Zeit als Generalsekretärin und noch vor der Spendenkampagne gegen den Altkanzler in internen Kreisen offenbart, dass sie die CDU in wesentlichen Feldern auf neue Gleise bringen wolle und nannte als eines der erstrebenswerten Ziele, die Emanzipation der Frauen in der DDR. Kurzum: Die Christdemokraten müssten einfach weg von den harten Themen, hin zu den weicheren Feldern der Gesellschaftspolitik.

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Ihre zweite große Sorge ist vergleichsweise banal, aber menschlich zutiefst verständlich. Noch in hundert Jahren sollen die Schüler in den Geschichtsbüchern lesen, dass das Kanzleramt länger in der Hand einer Frau war als jemals in den Händen eines Vertreters des anderen Geschlechts. Und der Name dieser Frau – Angela Merkel – und vor und nach ihr keine andere! Nur so ist es auch zu erklären, dass sie niemals ernsthaft einer Frau die in ihrer Amtszeit mehrfach zu vergebende Würde, den Einzug ins Schloss Bellevue als Bundespräsident, zu Teil werden ließ.

So intelligent die Pfarrerstochter ist, so raffiniert und intrigant ist sie auch und, wenn es um die Macht geht, eiskalt. Nur zwei Tage durfte sich ihre „Freundin“ Ursula von der Leyen in der Illusion wiegen, Bundespräsidentin zu werden. Gesagt oder sogar versprochen hatte ihr das niemand. Einzig ein mildes Lächeln der Kanzlerin in der Präsidiumssitzung der CDU bei ihrem Namen reichte der Bild-Zeitung aus am nächsten Morgen auf der Seite 1 zu verkünden, von der Leyen wird unsere neue Chefin. Wie sagt der Volksmund doch so schön: „Den frühen Vogel fängt die Katze.“ Und: „bingo, das wars“. Das Röschen aus Hannover verschwand wieder im Halbdunkel.

Nicht viel anders erging es der charakterlich redlichen Ministerpräsidentin aus dem Saarland. Annegret Kramp-Karrenbauer wurde zur Parteivorsitzenden gemacht und sodann auf den Schleudersitz des Verteidigungsministers gehievt. Einmal im Amt ließ Merkel ihre noch unerfahrene Neuerwerbung gleich mehrmals gegen die Wand laufen und ließ sie dabei mit vornehmer Zurückhaltung im Regen stehen. „Killing me softly“ hieß ein großer Hit in den siebziger Jahren. Das Schicksal AKK’s ist ein Beispiel dafür, wie sowas geht. Und schließlich kann auch niemand der Kanzlerin vorwerfen, sie habe es mit ihrer Herzensangelegenheit, der Beförderung von Frauen in höchste Ämter nicht wirklich ernst gemeint. Leider aber kam es wie so oft im Leben: „Am Ende gewogen und zu leicht befunden.“

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Jetzt vorausgesetzt es ist Angela Merkel wirklich ernst mit ihrem Rückzug, muss für die Bewahrung ihres Erbes und die Kontinuität ihrer Politik gesorgt werden. Niemand könnte dies später mehr als der nette und umgängliche Herr Laschet aus Nordrhein-Westfalen. Auch Spahn, einst einer ihrer ungeliebten Kritiker in der Partei, hat sich längst verwöhnt durch die Annehmlichkeiten und die ihm zugewachsene Macht zum treuen Mitwanderer im Merkel-Trott gewandelt. Röttgen, den sie schon einmal bei seinem Rauswurf aus dem Kabinett, eine bittere Lektion erteilt hat, dürfte die kühle Mecklenburgerin wohl eher als Leichtgewicht ansehen, der am Rande des Geschehens so mittrabt.

Wenn nur der Merz nicht wäre! Das schlimmste an ihm ist, dass er große Sympathien in der Partei genießt. Auch für die CDU gilt nämlich, was einst schon für die DDR galt: Als Bertold Brecht den SED-Bonzen nach dem niedergeschlagenen Volksaufstand vom 17. Juni 1953 vorschlug, sich doch gleich ein neues Volk zu wählen. Also konnte die Devise jetzt nur lauten, Zeit gewinnen. Zu irgendetwas musste die Corona-Krise ja auch nützlich sein. Luft genug, um Laschet als solchen Bezwinger mit täglicher ARD-, ZDF-und Bild-Präsenz aufzubauen. Merz, selbst ein erfahrener Krieger und mit allen Wassern gewaschen, hat das erkannt und ist mit voller Kraft in die Gegen-Offensive gegangen. Der Showdown an der CDU-Spitze, der für die Zukunft der Volkspartei CDU entscheidend werden könnte, hat begonnen. Doch bis Highnoon, dem finalen Endpunkt, dauert es noch ein wenig. Ein Krimi, wie wir ihn nicht einmal im amerikanischen Fernsehen sehen.

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Kommentare ( 60 )

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Olaf W1
3 Jahre her

Merz – der war mal brauchbar. Die Figur, die da heute antritt, ist ein Schatten seiner selbst, die alle Grundwerte und Eigenschaften aus der „Pre-Merkelschen-Ära“ über Bord geworfen hat und jetzt von Rachsucht zerfressen unbedingt loslegen will und dabei alles aufweicht und verkauft, was ihn einst zum bissigen Politiker machte. Daher ist es heute vollkommen egal, welche Marionetten an Merkels Fäden hängen…. Metz, Laschet oder sonst wer…. farbloser, gehorsamer Einheitsbrei.

Wolfgang Schuckmann
3 Jahre her

Dieser Beitrag ist der Beste, den ich zu diesem Thema je gelesen habe. Da muss man nichts mehr hinzufügen, das würde nur schmälern.
Vielen Dank und Tausend Like´s

Thorsten
3 Jahre her

Merz ist genauso ein „Bettvorleger“ wie Seehofer. In den entscheidenden Momenten hat er offene Machtkämpfe vermieden.
Und sei es den letzten, den er gegen die blasse und ungeschickte AKK beim letzten Parteitag wohl hätte gewinnen können.
Merkel ist auch Gefangene ihres eigenen Erfolges. Immerhin hat es niemand geschafft, sie auszumänovieren.

Es ist offensichtlich, dass die Amtszeit einer Bundeskanzlerin begrenzt werden muss. Die Machtfülle ist so groß, dass sie im Endstadium mehr dem eigenen politischen Macht- und Vermächtniserhalt dient, als dem Amtseid entspricht …

blackhero68
3 Jahre her

Das Aussitzen hat sie von Kohl – da kam allerdings ab und an noch was Vernünftiges rum. Bei Merkel …..

Amerikaner
3 Jahre her

Zeit gewinnen. Es ist dies die einzige Kernkompetenz der Frau Merkel. Zeit gewinnen. Es ist nie klar wofür, aber Zeit gewinnen, Zeit erkaufen, und dann Zeit verschwenden.

MariaundJosef
3 Jahre her

Die harmlose AKK ist seit Frühjahr von ihrem Posten zurückgetreten…und nichts ist passiert…Da kam der Kasner die Coronakrise gerade recht… Soll jetzt politisch alles stillstehen? In den USA findet sogar ein Wahlkampf statt…hätte sich Präsident Trump mal erdreisten sollen, die US-Wahlen zu verschieben. Die „ Mainstream“ Kollegen bei den entsprechenden Prints bzw ARD u ZDF hätten sich überschlagen vor Hetze gegen Präsident Trump..Die Kasner erlaubt sich diesen politischen Leerlauf mit der Arroganz einer Diktatorin( China läßt grüßen)..Die Zeit reicht ihr, um ihr SED-Regime „ made bei Bundesrepublik Deutschland“…aufzubauen..Lieber Gott im Himmel, lass endlich Hirn und Scham regnen…bei diesen dumpfbackigen, tumben… Mehr

Der Winzer
3 Jahre her

Bei allem Respekt, Herr Gafron: Soll der Beitrag Satire sein ? „Merz, selbst ein erfahrener Krieger und mit allen Wassern gewaschen, hat das erkannt und ist mit voller Kraft in die Gegen-Offensive gegangen.“ Wollten Sie einen Artikel über Donald Trump, Viktor Orban oder Matteo Salvini verfassen und mussten kurzerhand über den ‚Ladenhüter‘ Friedrich Merz schreiben? „Der Showdown an der CDU-Spitze, der für die Zukunft der Volkspartei CDU entscheidend werden könnte, hat begonnen. Doch bis Highnoon, dem finalen Endpunkt, dauert es noch ein wenig. Ein Krimi, wie wir ihn nicht einmal im amerikanischen Fernsehen sehen.“ UiUiUi – sollen wir vor dem… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Der Winzer
Antigruene
3 Jahre her

Ich würde mich freuen, wenn 2021 wieder ein paar charismatische Herren das Ruder übernehmen, die dieses Land mit Sinn und Verstand führen. Diesem Intrigantenstadl muss man endlich ein Ende setzen. Diese Weichei- und Frauen-Gleichstellungs-wirtschaft wird immer unerträglicher. Ohne Merz geht bei mir nix mehr….

Klaus Kabel
3 Jahre her

In 100 Jahren wird in ‚almania der Staatsgründerin Merkel gedacht.

Deutscher
3 Jahre her

Merz wird vom konservativen Spektrum völlig überschätzt. Er ist kein Hardliner, sondern Opportunist und würde als Regierungschef auch mit den Wölfen heulen, wenn es seinem Machterhalt dient.

Wem Deutschlands Interessen ein Hauptanliegen sind, der setzt auf eine starke Opposition statt auf eine schwache Regierung. Für ihn ist letztlich irrelevant, wer Kanzler ist, aber sehr relevant, wer die stärkste Oppositionsfraktion bildet.

Last edited 3 Jahre her by Deutscher
moorwald
3 Jahre her
Antworten an  Deutscher

Genau: das wichtigste in einem Parlament ist die Opposition. Denn nur sie ist der Garant für eine funktionierende Demokratie.