Sechs bayerische Städte betteln Bund und Freistaat an – Söders „Rettungsschirm“: 4,7 Milliarden mehr

Die Kämmerer von sechs Kommunen in Bayern haben einen Appell an Bund und Land unterzeichnet. Sie fordern Hilfe, um ihre akute Finanznot zu lindern. Ansonsten drohe Handlungsunfähigkeit. Söders Ankündigung ist ein Tropfen auf den heißen Stein: „Unsere Kommunen bekommen 4,7 Milliarden Euro mehr“.

picture alliance / Geisler-Fotopress | Agentur Wehnert/M. Gränzdörfer
Markus Söder, Pressekonferenz in München, 21.10.2025

Den Kommunen droht „Handlungsunfähigkeit“. Deutschlandweit, aber auch im Freistaat Bayern. Die Kämmerer von sechs bayerischen Städten unterschiedlichster Größe schlagen nun parteiübergreifend Alarm: München (SPD-OB; 1,5 Millionen Einwohner), Nürnberg (CSU-OB; 529.500 Einwohner), Regensburg (SPD-OB; 151.400 Einwohner), Würzburg („grüner“ OB; 133.200 Einwohner), Ansbach (CSU-OB; 40.700 Einwohner) und Coburg (SPD-OB; 41.000 Einwohner).

„Uns steht das Wasser bis zum Hals“, sagt Finanzchef Christoph Frey von der 1,5-Millionen-Metropole München. Alle sechs Kämmerer sind sich einig: Ohne Hilfe von Bund und Freistaat droht den Kommunen die finanzielle Handlungsunfähigkeit.

Erst der Anfang
Jetzt kommt die Finanznot bei den Kommunen und damit direkt bei den Bürgern an
Die Landeshauptstadt München steht im Vergleich mit anderen Kommunen zwar noch relativ gut da. Allerdings sind mittlerweile alle Referate der Stadtverwaltung seit über einem Jahr zum Sparen verpflichtet. Sachmittel und Dienstleistungen werden gestrichen, freie Stellen nicht mehr besetzt. Zugleich müssten gewaltige Investitionen getätigt werden: im Schul- und Kitabau, im ÖPNV, im Wohnungsbau oder beim Klima- und Umweltschutz. All das ist nur durch weitere Schulden zu finanzieren.

Die sechs Kämmerer sind sich einig: Preissteigerungen insbesondere bei den Baukosten und die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst haben den städtischen Haushalt unter Druck gesetzt. Wörtlich schreiben sie: „Stark steigende Defizite im ÖPNV, bei städtischen Kliniken und steigende Kosten bei der wirtschaftlichen Jugendhilfe belasten den Haushalt“, heißt es in dem Schreiben. Dazu kommen die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen. Die Unterbringung in Hotels wird der Freistaat nicht mehr übernehmen.

Alle Städte leiden zudem unter dem Rückgang der Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Die schwächelnde wirtschaftliche Entwicklung spielt hier eine Rolle. Und die mit dem Investitionsbooster der Bundesregierung verbundenen verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen brächten das ohnehin schon in Schlagseite befindliche Boot des städtischen Haushaltes zum Kentern, sagt Münchens Finanzchef Frey.

Die sechs Unterzeichner des Appells verlangen für 2026 nach unverzüglichen Sofortmaßnahmen im Finanzausgleich, um die akute Not zu lindern. Außerdem soll eine größere Autonomie bei den kommunalen Einnahmen gewährleistet werden, etwa durch mehr Gestaltungsspielraum beim Erheben kommunaler Aufwandssteuern und Gebühren. Unter anderem geht es hier um die sogenannte Bettensteuer, die der Bayerische Landtag im Frühsommer 2025 verboten hatte. Für München bedeutet das einen Ausfall eines hohen zweistelligen Millionenbetrages pro Jahr. Die sechs Stadtkämmerer verlangen zudem eine Finanzierungsreform in den Bereichen Flüchtlings- und Integrationspolitik sowie Gesundheits- und Pflegevorsorge.

Ministerpräsident Söder kündigt einen „Rettungsschirm“ an

Derweil gibt Ministerpräsident Söder (CSU) den Macher. Exakt am gleichen Tag (30. Oktober), an dem die sechs Kämmerer ihren Appell in die Öffentlichkeit gegeben haben, verkündete Söder via Instagram wortreich:

„Bayerns Kommunen erhalten insgesamt 4,7 Mrd. Euro mehr! Wir spannen einen Rettungsschirm beim Kommunalen Finanzausgleich. Unsere Kommunen erhalten 2026 die FAG-Rekordumlage von 12,83 Mrd. Euro. Das ist ein Plus von 846 Mio. Euro im Vergleich zum Jahr 2025, also 7,1 Prozent. Hinzu kommen für die Kommunen Mittel aus dem Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes mit insgesamt 3,9 Mrd. Euro ab 2026 … Bayern investiert wie kein anderes Land in Kitas, Schulen, Krankenhäuser und den Wohnungsbau. Die Herausforderungen bleiben aber groß, insbesondere durch die steigenden Sozialausgaben in ganz Deutschland. Wir gehen das im Bund weiter entschlossen an mit einer Abschaffung des Bürgergelds und der klaren Begrenzung der Migration …“

Der nächste Griff in die Tasche
Bayern führt Wassercent ein
Naja: Abschaffung Bürgergeld? Bislang weiß man nur, dass die aktuell und jährlich hierfür aufgewendeten 47 Milliarden Euro anders benannt werden sollen. Begrenzung der Migration? In Deutschland leben derzeit 3,34 Millionen „Schutzsuchende“, in Bayern sind es 404.515. Kostenpunkt allein für den Bund: 28 Milliarden Euro.

Investitionen in Schulen, Kitas, Kliniken? Experten schätzen den Investitionsstau allein an bayerischen Schulen auf über zehn Milliarden Euro. Hat übrigens auch mit „Stadtbild“ zu tun!

Investitionen in Schwimmbäder hat Söder nicht genannt. Auch hier wäre einiges zu tun. In den letzten 18 Jahren seit 2007 wurden in Deutschland mehr als 370 Bäder geschlossen, weitere 670 sind von der Schließung bedroht. Die meisten Bäderschließungen gab es mit 102 in Nordrhein-Westfalen. 48 Bäder wurden in Bayern dicht gemacht, 46 in Hessen, 45 in Baden-Württemberg, 40 in Niedersachsen und 31 in Rheinland-Pfalz. Von der Schließung bedroht sind weiter 164 Bäder in Nordrhein-Westfalen, 104 in Niedersachsen, 74 in Bayern, 70 in Baden-Württemberg, 62 in Hessen und 43 in Rheinland-Pfalz. In den neuen Bundesländern wurden 27 Badeanstalten seit 2007 dauerhaft geschlossen, weitere 81 Bäder sind bedroht. Die Folge: Nur jeder zweite Jugendliche kann sicher schwimmen.

Jaja, das „beste Deutschland, das es je gab“ (Steinmeier 2020). Und: „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben!“ (CDU-Slogan 2017)


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Kommentare ( 83 )

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Siggi
15 Tage her

Und die linke Amadeu Antonio Stiftung bekommt mehr Steuergeld als im Vorjahr. Genau mein Humor.

Or
16 Tage her

In Gundremmingen hat die Regierung gerade eben bei einem funktionierenden AKW verbrannte Erde hinterlassen.

Also so schlecht kann’s Bayern wohl nicht gehen, wenn es in der Lage ist, Milliarden an Volksvermögen zu vernichten, auf Millionen an Wertschöpfung und Steuereinnahmen zu verzichten.

Donostia
16 Tage her

Stuttgart: gemäß den Angaben von Thomas Fuhrmann Finanzbürgermeister sinken die erwarteten Einnahmen aus der Gewerbesteuer von 523 Millionen Euro im Jahr 2024 auf nur noch 278 Millionen Euro in 2025. Die Deindustrialisierung kommt so langsam in den Finanzämtern der Städte an. Mit steigernder CO2-Armut steigt auch die reale Armut. Wenig CO2 bedeutet auch weniger Geld in den Taschen. Wo bleibt denn das versprochene grüne Wirtschaftswunder welches uns Olaf der Vergessliche versprochen hat? Oder müssen wir auf Friedrich den Verlogenen hoffen das es besser wird? Der wird Olaf dem Vergesslichen in Inkompetenz in nichts nachstehen. Ich vermute sogar, dass dessen Kanzlerschaft… Mehr

Kassandra
16 Tage her
Antworten an  Donostia

Das mit dem CO2 ist totaler Hoax – denn ohne das „Nutzgas“ wäre die Erde wüst und leer. Einer hat hier mal über Jahrtausende zusammengeschrieben, was für CO2-Stände bereits festgestellt wurden: Der Klimanutzen… Ordovizium: 4200ppm CO2, 16°C Silur: 4500ppm CO2, 17°C Devon: 2200ppm CO2, 20°C Karbon: 800ppm CO2, 14°C Perm: 900ppm CO2, 16°C Trias: 1750ppm CO2, 17°C Jura: 1950ppm CO2, 16,5°C Kreide: 1700ppm CO2, 23°C Paläogen: 500ppm CO2, 18°C Neogen: 280ppm CO2, 14°C Quartär (bis jetzt): 260ppm CO2, 11°C Wer eine Kausalität erkennen möge, der schreibe mir bitte. Zum Beispiel für die Werte von Perm und Jura. Oder auch Trias… Mehr

Mausi
16 Tage her

Man lese mal, was Hadmut aus dem Internet zu München zusammengetragen hat….

Und seine Anmerkungen zu Deutschlands Staatsanleihen und welche Institute sie halten.

Last edited 16 Tage her by Mausi
Privat
16 Tage her

Ich wünsche mir, das dieses dämliche Deutschland der dummen endlich Pleite geht, damit der ganze Irrsinn aufhört

Kassandra
16 Tage her
Antworten an  Privat

Dann fängt das alles erst richtig an – Sie werden schon sehen!
Woanders blicken sie länger schon durch und machen uns das auch noch überdeutlich:
„It seems like it is just a matter of time before there is civil war in Europe. If Europe tries to mass deport the fake refugees, they will burn down major cities. If Europe does nothing, they will be overwhelmed. No good solutions.“ https://x.com/WallStreetMav/status/1874625237519917358
 

woderm
16 Tage her
Antworten an  Kassandra

Genau das scheinen die Optionen zu sein – wie es Cueni schon 2016 beschrieben hat.

Guenther Adens
16 Tage her

Den Kommentatoren hier ist zuzustimmen.
Doch ein Gesichtspunkt kommt zu kurz:
Die Gehälter der Politschranzen und deren Gefolge;
Ich weiß, daß beispielsweise der Laberfachstudiumabsolvent und Taugenichts Lars Klingbeil 52.000 € monatlich auf sein Konto bekommt.
Was bekommen Söder und seine Politkumpanen monatlich wohl in ihr Portefolio?
Aber diese Heilige Kuh ist…….eben heilig.

Kassandra
16 Tage her
Antworten an  Guenther Adens

Wissen Sie, wie sich die Apanage für Klingbeil zusammensetzt? Weil „Diäten“ ja nur einen Bruchteil dessen ausmachen.

yeager
16 Tage her

So wird sich mit dem „Sondervermögen“ Zeit gekauft, damit die Talfahrt noch eine Weile weiter gehen kann. Der unvermeidliche Crash wird nur um so härter.
Politik nach dem Motto: „Nach mir die Sintflut“.

Egozentrik
16 Tage her

München total insolvent! Aber Olympische Spiele ausrichten zu wollen! Diesen Humor liebe ich!

Kassandra
16 Tage her
Antworten an  Egozentrik

Brot und Spiele.
Noch gibt es Brot – aber die Spiele, mit denen sie uns beschäftigen, liegen in der Ferne.
Spaß haben wir nur, wenn uns einer mit Messer fangen will – oder?

Chlorhahn
16 Tage her
Antworten an  Egozentrik

Mit diesem Trick ist München schon einmal 1972 erfolgreich gewesen und sich damals mit dem Geld anderer Bundesländer saniert. 1968-72 hate Bayern noch vom Länderfinanzausgleich profitiert

Last edited 16 Tage her by Chlorhahn
Logiker
16 Tage her

Landräte und Bürgermeister können wenig bis nichts verbessern – im Gegenteil, die Erhöhung der laufenden Kosten bei Personal, Energie und Bauvorhaben lassen weniger übrig als die Jahre zuvor. Abgesehen von ein paar ideologisch Auffälligen, wie z.B. Berlins Regierender Bürgermeister Wegner oder der Grüne in Hannover (auffälligerweise sämtlichst im Westen angesiedelt, da wo auch die 40 hässlichsten Städte gemäß einem Focus-Ranking liegen), können OBs und LR nur den Mangel verwalten und Löcher in Straßen und Dächern notdürftig flicken. Trotz Billionen Schuldenaufnahme. Frage: was wird mit dieser Kohle gemacht? Spricht noch jemand über Bildung? Schuld an der ganzen Misere sind Brüssel und… Mehr

Last edited 16 Tage her by Logiker
Dieter Rose
16 Tage her

München kannste abrechen. Mit dem Hauptbahnhof haben sie schon begonnen. Adelante!