Merz und Klingbeil geben klassische Medien auf

CDU, CSU und SPD wollen ihre Macht durch die Einschränkung der Meinungsfreiheit absichern. Doch einen Verbündeten im Kampf um die Köpfe geben sie offensichtlich auf: die klassischen Medien.

Picture Alliance – Collage: Tichys Einblick

Eine Idee hat sich durch zwei Bundesregierungen gezogen: die klassischen Medien mit Steuergeld pampern. Sowohl Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch ihr Nachfolger Olaf Scholz (SPD) wollten die Verleger mit Millionen versehen. Zuletzt war von jährlich 220 Millionen Euro die Rede, die in einem Stufenplan in wenigen Jahren auf über 600 Millionen Euro anwachsen sollten. Doch aus diesem Plan ist nichts geworden. Sowohl die Ampel als auch davor die letzte Koalition aus Union und SPD haben ihr Vorhaben nicht umgesetzt.

Die jeweiligen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Peter Altmaier (CDU) sind an dem Schlüssel gescheitert: Sie konnten nicht erklären, warum manche Blätter als schützenswertes Kulturgut gelten sollten, die „unsere Demokratie“ verteidigen – und andere eben nicht. In den letzten Entwürfen des Wirtschaftsministeriums sollten sogar Anzeigenblätter vom Steuerregen profitieren. Gratisprodukte, die den Briefkasten – oft unerwünscht – verstopfen. Die in redaktionellen Beiträgen lokale Geschäftsleute abfeiern, deren Anzeige dann wenige Seiten entfernt abgedruckt ist.

Habeck und Altmaier konnten nicht erklären, warum wer Geld erhalten sollte und wer nicht. Für unabhängige Journalisten indes ist es einfach, die Idee dahinter zu beschreiben: Medien, die genehm über die Regierungen berichten, sollten Steuergeld erhalten – kritische Medien nicht. Das so offen zuzugeben, haben sich indes selbst die Erfinder von „Sondervermögen“ oder „Kampf gegen Hass und Hetze“ nicht getraut. Auch haben sie kein Framing gefunden, das über dieses Ziel hinwegtäuscht.

„Potsdam“ und die Folgen
Demolierte Medien – und offene Fragen zur Rolle von Politik und Geheimdienst
Die neue Regierung hat dieses Ziel offensichtlich komplett aufgegeben. Im Koalitionsvertrag der Parteichefs Friedrich Merz, Markus Söder und Lars Klingbeil finden sich die Subventionen nicht mehr. Im Papier der Arbeitsgruppe stand noch, dass der Bund die Mehrwertsteuer auf Presseprodukte streicht. Doch in den aktuellen Entwurf des Koalitionsvertrags schaffte es diese Idee nicht mehr. Sehr zum Verdruss der klassischen Verleger.

Ihr Interessenverband, der BDZV, reagierte mit einer beleidigten Pressemitteilung. Deren Ton ist verräterisch. Das Deutsch der deutschen Verleger hat nichts mit dem journalistischen Ton zu tun, den etwa der Sprachpapst Wolf Schneider seinen Schülern und Lesern predigte. Es ist ein ebenso hohles wie totes Sprachgetöne, wie es in den Publikationen von Diktaturen üblich ist: „Wer äußere und innere Sicherheit, wirtschaftliche Stabilität, soziale Gerechtigkeit und den Erhalt unserer Demokratie sichern will, braucht ein stabiles Mediensystem.“

Doch nicht nur der Ton des BDZV ist verräterisch. Auch der Inhalt: „Die Presse… bietet Orientierung, ermöglicht konstruktiven Diskurs und hält unsere Gesellschaft zusammen. Wir sind systemrelevante Demokratieversicherung – jeden Tag.“ Eine „systemrelevante Demokratieversicherung“. So definiert sich nicht die Vierte Gewalt, die der Regierung kritisch auf die Finger schaut. So biedern sich Verleger an die Politik als deren Helfershelfer an, um von einer Billion Euro Schulden wenigstens ein paar Krümel abzubekommen.

Alles „Prawda“ – oder was?
SPD will „vertrauenswürdige“ Medien staatlich fördern
Genau darin sind die Gründe zu finden, warum Merz, Söder und Klingbeil die klassischen Medien und ihre Verleger als Verbündete aufgegeben haben. Oder sie zumindest nicht mehr subventionieren wollen. Trotz des Billionen schweren Schuldenregens. Durch den „Haltungsjournalismus“ sind die Produkte so vorhersehbar wie die Prawda oder das alte Neue Deutschland geworden: Lob und Verständnis für die Regierung, „investigativen Journalismus“ gegen die Opposition. Tageszeitungen sind zu einem Ritual für alte Menschen geworden. Sterben die, fällt wieder ein Abo weg. Jedes Jahr gehen pro Titel auf diese Weise zwischen drei und zehn Prozent der Auflage verloren.

Die Einheitspartei aus SPD und KPD hat auf das Neue Deutschland gesetzt. Die Koalition aus SPD, CSU und CDU will Neue Medien fördern. Wie das „Journalistenkollektiv“ Correctiv, das für die „dreckige Lüge“ vom Potsdamer Geheimtreffen verantwortlich ist und seine Version von der „Wahrheit“ gerne mal als Theaterstück anlegt. Solche Gruppen sollen laut den Ideen von Merz, Söder und Klingbeil leichter Spenden erhalten können.

Correctiv musste weite Teile seiner Berichterstattung zum Potsdamer Treffen nach Gerichtsurteilen revidieren. Trotzdem übernimmt der Staatsfunk weiter dessen Erzählung. Das lässt auf die Medienpolitik der neuen Regierung schließen. Wer „Lügen“ oder „Hass oder Hetze“ verbreite, solle behindert, wenn nicht gar verboten werden, wie Politiker von Union und SPD offen drohen. Womit eben nicht Correctiv gemeint ist, sondern echte Medien, die tatsächlich unabhängig und eben kritisch über die Regierung berichten. Denn was „Lüge“, „Wahrheit“ oder „Hass und Hetze“ sind, definiert unter einem Kanzler Friedrich Merz der Staat – und damit die Regierung. Nicht mehr die Vierte Gewalt. Deren Bosse, die Verleger, dann trotz Schuldenregens austrocknen zu lassen, ist da letztlich nur konsequent.

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Kommentare ( 47 )

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Europafriend
24 Tage her

„Wir sind systemrelevante Demokratieversicherung“ … Das Einzige, was an diesem Satz stimmt ist das Wort „systemrelevant“. Behaltet „eure“ Demokratie; Für unsere Demokratie sorgen wir selber – das Volk.

Rob Roy
24 Tage her

Die neue Regierung hat dieses Ziel offensichtlich komplett aufgegeben.

Alles, was zum Schaden der Bürger ist oder zum Nutzen der Parteien, wird bestenfalls zurückgestellt, aber niemals aufgegeben.
Ob Zwangsimpfung, Vorratsdatenspeicherung, digitaler Euro, Klimaabgaben, Bürgeridentifikationsnurmmern usw., selbst wenn höchste Gerichte das alles abschmettern, wird fleissig weiter dran gearbeitet. Selbst dann wenn der Bürger mal aufmuckt und eindeutig sagt, dass er das nicht möchte.

Last edited 24 Tage her by Rob Roy
Herbert
24 Tage her

Wir Ossis hatten es schon in der Schule gelernt:
Das Recht ist das Machtinstrument der herrschenden Klasse!
Unsere Brüder und Schwestern werden es nun auch lernen müssen.

Juergen P. Schneider
25 Tage her

Die Systempresse hat sich selbst überflüssig gemacht. Ihre regierungshörige links-grüne Meinungsmache hat die Leserschaft vergrault. Wer aber keine Reichweite mehr hat, wird im Medienzirkus für das links-grüne Parteienkartell irgendwann irrelevant. Dumm gelaufen.

Koeller
25 Tage her

Ich weiß nicht, ob es ein Zeichen ist oder ob ich es mir nur einbilde, aber ich habe den Eindruck, daß einige der etablierten Zeitungen ( Welt, Focus) ihre regierungsunkritische Berichterstattung etwas drosseln. Herr Porschardt, der neue Welt – Herausgeber schlägt Töne an, die man in dieser Form , jedenfalls von ihm, vor einem Jahr noch nicht gehört hat. Außerdem hat er ein sehr kritisches Buch veröffentlicht und gibt in Medien Interviews , die als „umstritten“ gelten. Er vergisst natürlich nicht die AfD zu “ kritisieren“ aber in einem normalen Rahmen. Das erstaunt mich schon. Beim Focus ist es Herr… Mehr

Lizzard04
25 Tage her

„Denn was „Lüge“, „Wahrheit“ oder „Hass und Hetze“ sind, definiert unter einem Kanzler Friedrich Merz der Staat – und damit die Regierung.“ Da kann er bereits auf die „saubere und umfängliche Vorarbeit“ einer Nancy Faeser aufbauen. Als ob das was Neues wäre! Aber vermutlich wird es weiter auf die Spitze getrieben, um die eigentlich GG garantierte freie Meinungsäußerung endgültig in den Lokus zu spülen! Um so schlimmer und perfider die Unterdrückung der Meinungsfreiheit voranschreitet, um so lauter schreien die gleichen Leute, dass all ihre „Demokratiefördermaßnahmen“ der Wahrung derselbigen dienen, fein nach dem Motto: Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei!

Peter Pascht
25 Tage her

„Habeck und Altmaier konnten nicht erklären, warum wer Geld erhalten sollte und wer nicht.“ ? Na das ist doch infach 😉 Die „Guten“ bekommen Taschengeld 😉 und „Bösen“ bekommen kein Taschgengeld. War doch schon bei SED-Merkel „die gute kommunistische Moral“ „Correctiv musste weite Teile seiner Berichterstattung zum Potsdamer Treffen nach Gerichtsurteilen revidieren.“ Denn der Bericht von Correctiv ist nur eines, ein schäbiger und dreckiger Missbrauch eines Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Deswegen von mir kein Pardon und kein Verzeihen. Aus meiner Sicht muss Correctiv dafür vor Gericht stehen, denn voyeuristischer Missbrauch von Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist genau so schäbig wie… Mehr

Kaltverformer
25 Tage her

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SPD ihr Medienimperium so einfach in die Freiheit entlässt.

Kassandra
24 Tage her
Antworten an  Kaltverformer

Bezmenov meint, wenn die Indoktrination erst einmal sitzt, kann sie nicht mehr gelöscht werden:
„They are Programmed differently.“: https://x.com/WallStreetMav/status/1912751629947806135
Damit könnten sie das Geld, dass sie in ihre Schreibereien stecken, dann anders investieren. Fragt sich halt nur wo? Aber da USAID ausfällt brauchen sie wohl viel Geld, um die entstandenen Löcher sowohl hier als auch im Ausland zu stopfen, um die linke „Struktur“ aufrecht zu erhalten.

Kaltverformer
24 Tage her
Antworten an  Kassandra

Schon, aber ich kenne Sozialisten nur als eindimensional denkende Strategen.
Das würde bedeuten, dass sie dann auf „NGO´s“ setzen, oder?

Albert Pflueger
25 Tage her

Das ist erstaunlich, ich hatte fest darauf gesetzt, daß sich die SPD ihr Presseimperium vom Steuerzahler auskömmlich finanzieren lassen würde. Wenn das die Mitglieder merken, könnten dem Merz wieder neue Zugeständnisse abgepreßt werden. Oder vielleicht verschwindet er auch in der Versenkung.

Kassandra
24 Tage her
Antworten an  Albert Pflueger

Weiß man denn, wie viele ihr Abo inzwischen aufgaben und wie viele sich überhaupt noch über Tageszeitungen informieren wollen?
Wie die Wähler sterben denen doch auch die weg, die solches noch zum Frühstück lesen wollen – oder?

Endlich Frei
25 Tage her

Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) griff die AFD scharf an und fordert: „Wir müssen alles dafür tun, dass wir die AfD wieder kleinbekommen.“

Nein Herr Poseck: Nicht die AFD muss man „kleinbekommen“. Die eigene Politik ist es, die man „kleinbekommen“ muss. Nur das ist der Weg, alles andere ist Wählerverdummung, Meinungsverbot und Demokratie-Bekämpfung.

Last edited 25 Tage her by Endlich Frei