Das Leben in Pflegeheimen ist nochmal deutlich teurer geworden

Karl Lauterbach hat die Beiträge zur Pflegeversicherung erhöht, um Bewohner von Pflegeheimen zu entlasten. Doch die müssen trotzdem mehr bezahlen als vorher. Nun fordern die ersten Verbände echte Reformen.

IMAGO

Trotz Lauterbachs Pflegereform: Die Eigenanteile, die Bewohner von Pflegeheimen zahlen müssen, steigen weiter. 2576 Euro im Monat müssen sie oder ihre Angehörigen aufbringen, um im ersten Jahr im Pflegeheim leben zu können. Das sind 165 Euro mehr als vor einem Jahr. Der Verband der Ersatzkassen, zu dem etwa die TK oder die Barmer gehören, hat die Kosten ausgewertet.

Im zweiten Jahr des Aufenthalts sinken die Kosten dann auf 2370 im Monat. Das sind wiederum 187 Euro mehr als noch vor einem Jahr. Im dritten Jahr müssen Bewohner oder Angehörige 2095 Euro monatlich bezahlen – 140 Euro mehr als vor einem Jahr. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat für Betriebe und deren Arbeitnehmer die Pflegeversicherung deutlich verteuert. Das rechtfertigte er mit höheren Zuschüssen, um die Eigenanteile in Pflegeheimen zu senken – die sind nun im Schnitt um deutlich über fünf Prozent gestiegen.

Der Verband der Ersatzkassen sieht die Länder in der Pflicht. Die hätten zugesagt, die Investitionskosten der Heime zu übernehmen. Also etwa für neues Mobiliar. Das würde die Bewohner im Schnitt um 485 Euro im Monat entlasten, sagt die Vorstandsvorsitzende des Verbandes, Ulrike Elsner. Bisher würden die Länder fünfeinhalb Milliarden Euro im Jahr einsparen, weil sie diese politische Zusage nicht einhielten.

Die Pflegegesellschaft Rheinland-Pfalz verlangt eine grundlegende Reform der Pflege. In der Gesellschaft sind die Anbieter der Heime organisiert. In einem Positionspapier haben die Verantwortlichen Vorschläge gemacht, mit denen die Pflegebedürftigen entlastet werden sollen: „Ein ‚Weiter so’ können wir uns nicht leisten“, teilt die Gesellschaft mit. Die Versorgungslage für die pflegebedürftigen Menschen werde zunehmend schwierig, auch weil sich viele Familien die notwendige Pflege nicht mehr leisten könnten. „Den Preissteigerungen der letzten Jahre stehen nur minimale Anhebungen der Leistungen aus der Pflegeversicherung gegenüber“, sagt die Vorsitzende der Pflegegesellschaft, Jutta Schier. Sie spricht sich ebenfalls dafür aus, dass die Länder die Investitionskosten der Heime übernehmen.

Die Gesellschaft setzt aber auch daran an, die Ausbildung zu reformieren. So will sie „mehr Hände für die Pflege“ gewinnen und gleichzeitig die Kosten senken. Der Staat soll den Trägern mehr Freiheit lassen, über die Qualität des Personals zu entscheiden. Etwa wenn es um die Aufnahme von beruflichen Quereinsteigern oder ausländische Arbeitskräfte geht. Außerdem sollen nicht mehr die Bewohner für die Ausbildung neuer Kräfte zahlen, sondern der Staat.

In den vergangenen Jahren hat das Gegenteil stattgefunden. Die Politik – vor allem sozialdemokratisch geführte Länder – betreiben eine Akademisierung des Berufes. In der Intensivpflege ist das auch sinnvoll. Aber gerade in der Altenpflege werden auch viele Kräfte für einfachere Aufgaben gebraucht. Diesen Mitarbeitern zu hohe Qualifikationen abzuverlangen, verteuert das System, fördert den Arbeitskräftemangel und hilft somit den Pflegebedürftigen nicht weiter.

Auch fordert die Pflegegesellschaft den Staat auf, die Regulierung runterzufahren. Zu welchen absurden Folgen diese Wut führt, zeigt ein Beispiel, das die Gesellschaft nennt: Oft ist unklar, ob Pflegebedürftige, die kurzfristig gepflegt werden, tatsächlich in ein Heim ziehen. Die Heime müssen trotzdem sofort für jeden Bewerber eine ausführliche, langfristige Pflegeplanung entwickeln. Verbessert sich die Situation der Betroffenen und ziehen sie nicht ein, haben die Betreiber diese Arbeit umsonst gemacht – und um eine zentral planende Bürokratie im Hause Lauterbach zu befriedigen. Über Umwege landen diese Kosten dann bei den tatsächlichen Bewohnern: 2576 Euro im Monat. Und bei Betrieben und Arbeitnehmern – mit höheren Beiträgen zur Pflegeversicherung seit vergangenem Sommer.

Ohnehin sei die bürokratische Umständlichkeit des Systems ein Problem, sagt die Pflegegesellschaft: „Viele Melde- und Antragsverfahren des Landes laufen parallel, verlangen teils inhaltsgleiche Angaben in unterschiedlicher Ausführlichkeit und Frequenz.“ Die Bearbeitung dieser Verfahren und Abfragen binde viele Ressourcen.

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Kommentare ( 39 )

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Nibelung
3 Monate her

Wenn man das Elend aus der Sicht eines Gesunden sieht ist diese Erkenntnis äußerst bedenklich, wer aber selbst darnieder liegt fühlt sich von dieser Thematik nicht mehr betroffen und dann können sich andere Gedanken machen, wie sie es regeln, denn Zeit hatten sie ja genug um darüber nachzudenken und was soll das ganze lamentieren, wenn man selbst schon einige Fälle in der eigenen Familie hatte und den letzten Zustand nur noch mit gläubigem Hintergrund überstehen konnte und gebetet hat. Anscheinend haben sie aber immer noch zuviel Geld für Asylanten und fremde Kriege, die uns im Prinzip nichts angehen und solange… Mehr

Autour
3 Monate her

Also bei 2500€ pro MONAT würde mich dann doch mal interessieren wofür das ganze Geld denn nun aufgewendet wird? Leider wird dies nie irgendwo dargestellt.
Für die Pfleger kann es ja nicht sein, denn es gibt ja anscheinend nicht genug, somit dürfte die Bezahlung nicht all zu üppig sein.
Also wer bekommt was und was ist mit dieser allgegenwärtigen absolut schwachsinnigen Dokumentation, die uns von den Amerikanern aufgedrückt und erzwungen wurde (es wird ja überall bis zum abwincken jeder Pups mitlerweile dokumentiert…)

gast
3 Monate her

Es gibt kein Leben in Pflegeheimen. Abgesehen von ein paar wenigen Jungen, gibt es da nur hinabsiechende Alte, denen man bei aller Qual noch den letzten Cent rausleiern will.

Ali Mente
3 Monate her

Hm, selbst für kriminelle Afrikaner und Araber zahlt der Staat über 7.000€ im Monat für die Unterbringung am Flughafen Tegel. Diese Menschen haben hier eigentlich gar nichts zu suchen, aber alte Menschen, die hier ein Leben lang gearbeitet haben, Kinder großzogen und das Land zu dem gemacht hatten, was es vor Merkel war, für die ist an ihren letzten Tagen natürlich kein Geld da. Das ist schon ein feiner Staat und eine tolle Regierung, pfui Teufel!

Birka von der Oder
3 Monate her

„… betreiben eine Akademisierung des Berufes. In der Intensivpflege ist das auch sinnvoll. Aber gerade in der Altenpflege werden auch viele Kräfte für einfachere Aufgaben gebraucht. Diesen Mitarbeitern zu hohe Qualifikationen abzuverlangen, verteuert das System…“ Ich bin examierte Altenpflegerin. Meine Ausbildung dauerte noch 3,5 Jahre, schloss mit der erweiterten Prüfung für die staatl Anerkennung und dem Examen ab. Wohlgemerkt, kein generalisierter Pflegeabschluss, sondern exklusiver Abschluss in der Altenpflege. Einer der größten Fehler neben der Bachelorisierung alter bewährter Diplom-Studiengänge war die Reform bezüglich der Ausbildungen der Pflegeberufe. Die Säuglingspflege ist und bleibt nunmal ein völlig anderes Feld als die Altenpflege und… Mehr

Alfonso
3 Monate her

„2576 Euro im Monat müssen sie oder ihre Angehörigen aufbringen, um im ersten Jahr im Pflegeheim leben zu können.“

Ich möchte mal gern wissen, wo es so „billige“ Pflegeheime gibt.

Wir müssen für unsere 93jährige Mutter an das Pflegeheim monatlich 3.659,22 EUR zahlen.

Das Pflegeheim erhält zusätzlich von der Pflegekasse noch 777,00 EUR monatlich.

In der Summe erhält das Pflegeheim also 4.436 EUR.

Da kann mir niemand erzählen, dass das Pflegeheim damit nicht ein sehr gutes Geld verdient.

Sämtliche Pflegeheime im Umkreis nehmen übrigens den gleichen Betrag.

Last edited 3 Monate her by Alfonso
Michaelis
3 Monate her
Antworten an  Alfonso

Völlig korrekt!!! Wo bleiben die Wahnsinnsgelder, die heute für „Pflege“ aufgebracht werden müssen – in Form von Versicherungsbeiträgen und von Zuzahlungen!!!!????

89-erlebt
3 Monate her

Ich bitte sie !!! Geld aus Steuern für unsere Alten – geht’s noch ?
Wollen sie etwa keine Radwege in Peru, grüne Kühlschränke in Kolumbien, Smart Cities in Indien …

Michaelis
3 Monate her

Ich weiß nicht was da abgeht, auch ich zahle inzwischen circa dasselbe für die PV wie für die KV. Irrwitzige Steigerungen bei der PV mittlerweile!! Von all dem werde ich persönlich wohl nichts haben – schneller Tod ohne längere Pflege irgendwo.
Aber Hauptsache den Pflegekräften geht’s einigermaßen, man muss ja die „dringend benötigten Arbeitskräfte“ auch angemessen entlohnen.
Dieses deutsche „Gesundheitssystem“ ist dermaßen krank, dass man sich schon glücklich schätzen muss, irgendwann endlich unter der Erde zu sein. Danke für die Güte und die Großherzigkeit, Vater Staat!!

A-Tom
3 Monate her

Das gesamte Gesundheits- und Pflegesystem in Dt. ist ein üppig gedeckter Tisch für Absahner.
Wer es auf die Spitze treiben will, der baut neben das Krankenhaus oder Pfegeheim noch ein kostenpflichtiges Parkhaus, in dem die Angehörigen ihre Fahrzeuge abstellen müssen, wenn sie den Kranken besuchen. Gleichzeitig besorgt man sich mit der Begründung, dass es sich bei Krankenhäusern und Pflegeheimen um Ruhezonen handelt, noch das entsprechende Parkverbot im umliegenden Areal beim zuständigen Kreis- oder Landesamt.

P. Pauquet
3 Monate her

Ich muss leider sagen, der Beitrag ist nicht der gut ausgearbeitet. So „einfach“ wie es hier geschildert wird, ist es nicht. So richtet sich der Pflegesatz grundsätzlich zunächst nach der Pflegestufe. Der Pflegesatz wird nach div. Regeln gesetzt, die jeder leicht „googeln“ kann. Richtig ist aber zunächst einmal ca. 2.500 € +. Das kann schnell mehr werden. U.A. je höher das Niveau der Anlage, desto teurer. … Wenn speziell gewünschte Anwendungen nötig sind, Zuschlag. Usw. Was Anderes, Wichtiges! Ab wann sind z.B. Kinder für ihre Eltern zum Heimaufenthalt zahlungpflichtig? Relativ simpel ab zunächst mal 100.000 € brutto (§ 94 Abs.… Mehr

Last edited 3 Monate her by P. Pauquet