Kosten für Bewohner von Pflegeheimen durchbrechen Schallmauern

Die Beiträge zur Pflegeversicherung steigen und steigen, die Heime befinden sich in einer Pleitewelle und gleichzeitig durchbrechen die Zusatzkosten für Heimbewohner gerade eine Schallmauer. Unter Karl Lauterbach ist das deutsche Pflegesystem dysfunktional geworden.

IMAGO / Bernd Elmenthaler

2.984 Euro. So viel müssen die Bewohner eines Pflegeheims oder ihre Angehörigen durchschnittlich an Zusatzkosten zahlen. Jeden Monat.

Das hat der Verband der Ersatzkassen mitgeteilt, zu dem unter anderem die TK und die DAK gehören. Zwei bemerkenswerte Schallmauern kommen damit in Reichweite: Die der 3.000 Euro an Kosten dürfte bald durchbrochen sein – angesichts des rasanten Wachstums. Im Vorjahr lagen die durchschnittlichen Kosten noch bei 2.687 Euro. Das entspricht einer Wachstumsrate von 11,1 Prozent.

Bleibt es bei diesem Tempo, dann liegen die Zusatzkosten für ein Pflegeheim in etwa zwei Jahren doppelt so hoch wie die deutsche Durchschnittsrente. Doch auf diese Schallmauer braucht niemand zu warten, damit der folgende Satz gilt: Für durchschnittliche Arbeitnehmer und Steuerzahler ist ein Pflegeheim im Alter nicht bezahlbar. Werden sie pflegebedürftig, dann werden sie auch finanzielle Pflegefälle. Genau diese Armut sollte die Pflegeversicherung bekämpfen. Eigentlich.

Und das alles, obwohl Karl Lauterbach bereits mehrfach die Abgaben zur Pflegeversicherung erhöht hat – und Arbeit somit teurer und weniger lukrativ gemacht hat. Der Beitrag liegt mittlerweile bei bis zu 4,2 Prozent. Der Gesundheitsminister hat bereits angekündigt – und ein Blick auf die Zahlen lässt auch nichts anderes vermuten –, dass die nächste Erhöhung nur eine Frage der Zeit ist. Egal, wer dann mit wem als Minister regiert.

Zu Lauterbachs Versagen gehört es, den Ländern schwere Pflichtversäumnisse zu gestatten. Die sind eigentlich dafür zuständig, den Bau und die Renovierung von Heimen zu bezahlen. Doch dafür wandten sie laut Ersatzkassen im Jahr 2022 nur 876 Millionen Euro auf. 4,4 Milliarden Euro kamen aus zweckentfremdeten Beiträgen der Pflegebedürftigen. Die Länder erfüllen also nicht einmal ein Fünftel ihrer Pflicht. Würden sie es tun, sänken die Zusatzkosten auf einen Schlag um durchschnittlich rund 500 Euro, teilt der Ersatzkassenverband mit.

Die Länder sanieren ihre Haushalte auf Kosten der Pflegebedürftigen – auch, um verlogene politische Erzählungen aufrechtzuerhalten. Etwa die von der unkontrollierten Einwanderung, die das Land gar nicht so stark belaste. Genau die haut aber bei den Ländern als Kostenpunkt zunehmend rein. Zum Ausgleich müssen andere herhalten. Nicht nur in den Pflegeheimen gehen die Länder so vor. Auch in ihren Zahlungen für Krankenhäuser sparen sie – was zu deren Insolvenzwelle führt.

Wie sein Vorgänger Jens Spahn (CDU) steht Lauterbach für den Ausbau von Leistungen. Die sind im Einzelnen durchaus wünschenswert. Wenn aber zum einen dadurch die Beiträge so hoch steigen, dass Arbeitsplätze in Deutschland verschwinden, und zum anderen die Pflege für Normalverdiener nicht mehr bezahlbar ist, dann müsste sich die Politik eigentlich die Frage stellen, ob sie daran noch festhalten will – und kann.

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Kommentare ( 74 )

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MachiavelliNiccolo
1 Monat her

Ich kenne niemanden den das aufregt. Wenn man dann erwähnt daß sie selber im Alter keine Rente mehr bekommen und das Pflegeheime vollkommen unbezahlbar sein wird kommt die Anwort. Ja so wird es wohl kommen, man kann ja nichts machen

thinkSelf
1 Monat her

Die nächste Wahl wird Mal wieder zeigen das das immer noch um Größenordnungen zu billig ist.

Nibelung
1 Monat her

Die Steigerungen belasten allenfalls jene die in Lohn und Brot stehen und bereit sind etwas zu leisten, während alle anderen bei minderen Einkünften ehedem vom Sozialamt unterstützt werden und der Haus -oder andere Vermögensbesitzer erst mal sein Eigentum versilbern muß um vielleicht am Ende, wenn er nichts mehr hat auch einen Zuschuß zu bekommen. Demzufolge hat auch das Karlchen keinen Einfluß auf das weitere Geschehen, es sei denn er verordnet eine wirkende Medizin, wo alle arbeiten müssen und auch die Beamten in sämtliche Zahlungen mit eingebunden werden sollten und das könnte wenigsten etwas ausgleichen und wer nicht bereit ist eine… Mehr

Der kleine Muck
1 Monat her

Glücklicherweise wird hier die gerade stattfindende Umwälzung der Bevölkerungsstruktur Besserung bringen. In arabischen Grossfamilienverbänden findet sich immer eine Möglichkeit zur innerfamiliären Pflege. Zur Not über weiteren Familiennachzug.

Sonny
1 Monat her

Genauso ist es. Mittlerweile vegetieren Hunderttausende, wenn nicht sogar Millionen alte und pflegebedürftige Menschen in ihren Wohnungen, mehr oder weniger in menschenverachtenden Umständen, vor sich hin. Angehörige trauen sich teilweise garnicht, Sozialhilfe (um mal das echte Wort für diesen Zustand zu benutzen) dafür zu beantragen, weil sie sich für die monetäre Hilfe „nackig“ machen und befürchten müssen, auch noch das letzte bißchen Ersparnis dafür zu verlieren, was einen gerade noch so über Wasser hält. In Deutschland alt zu werden ohne reich zu sein – da ist der absolute Notstand vorprogrammiert. Derweil das Steuergeld zig-milliardenfach (!) zum Fenster hinausgeschmissen wird. Und… Mehr

Last edited 1 Monat her by Sonny
thinkSelf
1 Monat her
Antworten an  Sonny

Niemand wird gezwungen Ersparnisse zu haben.

Kundenwohl
1 Monat her
Antworten an  Sonny

Das ist doch selbstverursacht. Früher war es üblich, dass Eltern Haus, Hof und Vermögen den Kindern überließen und dafür erhielten sie lebenslanges Wohnrecht, Essen und falls nötig, eine laienhafte Pflege und waren rund um die Uhr beaufsichtigt. Nach dem Krieg in den Wirtschaftswunderjahren war das nicht notwendig, die Kinder der Nachkriegszeit verdienten sich dumm und dämlich und sitzen mehrheitlich im Eigentum, bei fürstlichen Renten und Pensionen. Tja, und wer seinen Kindern nichts vererbt bzw rechtzeitig schenkt, der muss eben sehen, wo er bleibt. Die Kinder können ja nicht Vollzeit arbeiten, und daneben noch die Alten pflegen und für deren Verköstigung… Mehr

Or
1 Monat her
Antworten an  Kundenwohl

„Wer unter 100.000€ brutto verdient, muss ohnehin nicht für die Eltern aufkommen, wer mehr hat, dem gehts ohnehin phänomenal, der kann ja dann den Drittwagen verkaufen und statt Dubai mal im prekären Sylt urlauben.“

Wie kommt man auf so‘n schmales Brett. ? Von 100.000 Brutto bleibt Netto so viel nicht mehr übrig.

Petra G
1 Monat her

Nicht vergessen, am 23.02. wird gewählt…….

Dr. Rehmstack
1 Monat her

Genau gegen diese Ungeheuerlichkeit sind doch die Omas gegen rechts heute wieder auf den…. Straße gegangen, oder hab ich das missverstanden?

Dirk Plotz
1 Monat her

Warum gibt es überhaupt ein staatliches Pflegesystem? Menschen sind immer auf Pflege angewiesen, was eine beständige Nachfrage bedeutet. Ein privates Pflegesystem würde diese Nachfrage befriedigen. Wer dieses nicht bezahlen kann, muss eben bei der Familie anklopfen bzw. hätte beizeiten eine große Familie gründen sollen. Man sieht an all diesen staatlichen Systemen, Pflege, Rente, Gesundheit, dass diese bereits im Kern auf ein Scheitern angelegt sind, weil sie Eigenverantwortung überflüssig machen und Menschen von den Konsequenzen falscher Entscheidungen mit den Ressourcen von Menschen schützen wollen, die durch die Finanzierung von Dritten keine richtige Entscheidung mehr treffen können. Der Staat ist schuld, wie… Mehr

Dr. Rehmstack
1 Monat her
Antworten an  Dirk Plotz

Richtig, aber dann darf der sogenannte Vater Staat eben nicht bis zu 60 % vom brutto abschöpfen, um die Sozialsysteme zu „finanzieren“.

Or
1 Monat her

Könnte man nicht das Geld, was die Regierung für allerlei Schwachsinnsprojekte in der Welt verschwendet, nicht genau dafür verwerden ? Ich mein, letztendlich ist’s das Geld des Deutschen Steuerzahler.
Ist es denn so vermessen, daß ihm auch später SEIN Geld wieder zusteht ? Ich mein, nur so als Vorschlag an eine Regierung, für die der eigene Bürger mal nicht an allerletzter Stelle kommt.

Altchemnitzer
1 Monat her

Die Entwicklung der Pflegekosten korreliert offenbar mit der dem Wert des Goldes. Dieses, allerdings negativ, mit dem Wert des Euro. Noch Fragen?