Das Bildungsniveau in Deutschland sinkt seit geraumer Zeit dramatisch. Teil des Problems ist die zunehmende Zentralisierung. Und natürlich: Ideologie. Der Ruf nach mehr Digitalisierung der Bildung ist nichts anderes als das. Die Reduzierung der Komplexität der Welt auf die Entscheidung zwischen 0 und 1 wird den Bildungsstand jedenfalls nicht heben. Von Konrad Adam

In Deutschland wird Bildung immer weiter zentralisiert – Donald Trump will das zentrale Bildungsministerium der Vereinigten Staaten dagegen auflösen. Er handelt damit im Geiste der Verfassung, die wesentliche Kompetenzen, darunter die für Schulen und Hochschulen, den fünfzig Gliedstaaten überlassen wollte. Bei den Funktionären, Lobbyisten und Interessenvertretern, die von den Zuwendungen aus Washington so lange und so gut gelebt hatten, stößt er damit natürlich auf Empörung. Besitzstände werden eben verteidigt, überall auf der Welt.
In Deutschland besonders hart. Die Lobbyisten sitzen in Berlin, weshalb ihnen die Zentralgewalt nicht stark genug sein kann. Das Grundgesetz hatte es anders vorgesehen: „Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht“, so steht es tatsächlich in der Verfassung, bis heute. Aber was gilt die Verfassung in einem Lande, in dem der Kanzler/die Kanzlerin einen rechtmäßig gewählten Ministerpräsidenten aus dem Amt jagen darf?
Nein, die Verfassung gilt nicht mehr. Die Länder haben ihre Zuständigkeiten Stück für Stück an den Bund verhökert, immer nach demselben Muster, dem Tausch von Macht gegen Geld. Rahmenkompetenz hieß der Begriff, unter dem die Zentralgewalt immer weiter vorgerückt ist, bis in die Klassenräume. Mit welchem Erfolg, davon hat PISA berichtet, die internationale Vergleichsstudie, bei der die deutschen Schüler so schlecht abgeschnitten hatten.
Das war vor mehr als zwanzig Jahren, lange Zeit vor der von Frau Merkel, Frau Baerbock oder Frau Faeser betriebenen Öffnung der Landesgrenzen für Fachkräfte aus aller Welt. Inzwischen sind wir auf diesem Weg ein gutes Stück vorangekommen, und der Erfolg kann sich sehen lassen: Die Zahl der Schulabbrecher ist abermals gestiegen, steigt offensichtlich weiter. Auch wer den Schulabschluss erreicht, kann allerdings nur unvollkommen lesen oder rechnen; um vom Sprechen zu schweigen. Denn die Sprache darf in einer multikulturellen Gesellschaft wie der deutschen keine Rolle mehr spielen. Wer in Deutschland darauf besteht, Deutsch zu sprechen, ist Rassist.
Für das Versagen der Staatsschule gibt es ein untrügliches Zeichen: das Aufblühen der Nachhilfe-Industrie. Firmen mit Namen wie Schülerhilfe, Lernigo oder TutorSpace sind in allen größeren Städten vertreten und erreichen Umsätze in Milliardenhöhe, mit steigender Tendenz. Das Grundgesetz sieht Privatschulen nicht gern, erlaubt sie allerdings, soweit sie hinter den Lehrplänen der öffentlichen Schulen nicht zurückbleiben und, wie es dann weiter heißt, eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht befördern. Genau das tut die Nachhilfe-Industrie jedoch, denn leisten können sich den teuren Spaß ja nur Eltern, bei denen das Geld locker sitzt.
All das im Namen einer auf Gleichheit, auf Chancengleichheit eingeschworenen Staatsschulpolitik. Sie plant und plant, am Alltag aber immerzu vorbei. Dennoch gilt es als unerhört, die Abschaffung eines Ministeriums zu fordern, das von der Wirklichkeit so weit entfernt ist wie der Mond von der Erde. Union und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, den Bereich Bildung und Schule aus dem bisherigen Ministerium, das zum Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt umgebaut werden soll, herauszulösen und dem Familienministerium anzugliedern.
Auch Friedrich Merz, der doch sein Kabinett verkleinern wollte, ändert also nichts, sonst käme er ja mit der Bildungslobby überkreuz, und das wagt er nicht. Oberste Vertreterin der Bildungslobby, Frau Simone Oldenburg, Präsidentin der Bildungsministerkonferenz, hat soeben erst ein neues, zentral geplantes Maßnahmepaket zur sprachlichen Qualifizierung von Kindern und Jugendlichen angekündigt: Zentral, das ist und bleibt die Crux der deutschen Bildungspolitik.
Gewiss, im Grundgesetz steht’s anders. Dort werden Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern genannt „und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“. Doch Eltern sind gefährliche Leute, gefährlich deshalb, weil sie, indem sie sich für ihre Kinder abrackern, die gesellschaftliche Ungleichheit befördern. Und das ist, wie wir aus den Handbüchern der schwarzen Pädagogik wissen, nicht nur gefährlich, sondern kriminell. Christopher Jencks, der Herold der Chancengleichheit, hat daraus die fällige Konsequenz gezogen, als er meinte, dass der Staat, um wahre Gleichheit herzustellen, die Eltern entmündigen müsse. So wird es also wohl auch weitergehen. Die genauen Zahlen aus Merzens und Klingbeils Selbstermächtigungsgesetz waren noch nicht bekannt, als sich die Interessenvertreter zu Wort meldeten und wie aus einem Munde „Digitalisierung!“ riefen – Interessenvertreter nicht etwa von Firmen wie Lenovo, Google oder Microsoft, sondern von staatlich besoldeten Lehrern, die Vorsitzenden des Philologenverbandes, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und so weiter.
Modern wie sie sind (oder sein wollen), plädieren sie für eine neue Form von Bildung, für Bildung ohne Inhalt. Die Schüler sollen lernen, dass es auf alle Fragen eine Antwort gibt, die sich auf die Entscheidung zwischen Null und Eins, zwischen Ja und Nein reduzieren lässt. Was dazwischen liegt, ist unklar, zweifelhaft, umstritten, und was umstritten ist, das ist des Teufels. So die Weisheit, die uns der Computer verspricht, eine Weisheit, die Maschinen tatsächlich besser vermitteln können als lebendige Menschen. Deswegen fordern die Verbände statt besserer Lehrer mehr Laptops. Die Tatsache, dass immer mehr Schüler nicht ausreichend lesen und schreiben können, wird ignoriert.
Information heißt das moderne Hieb- und Stichwort. Information ist alles, auch Bildung ist Information, die Bibel genauso wie der Porno-Streifen, die Lyrik genauso wie das Morse-Alphabet. Dass es da Unterschiede gibt, dass Bildung in der Fähigkeit bestehen könnte, diese Unterscheide zu entdecken, zu beurteilen und zu bewerten, ist für die Handwerker der Bildungsindustrie Hekuba. Wie können wir beides zugleich sein, equal and excellent too?, hatten sie seinerzeit gefragt, als es mit der Bildungsgesamtplanwirtschaft in großem Stile losging. Sie haben so lange geplant und gewirtschaftet, bis die Bildung im Computer verschwand. Und von der Gleichheit genauso wenig übrig ließ wie von der Exzellenz.
Dr. Konrad Adam ist Journalist, Publizist und ehemaliger Politiker der AfD. Er war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefkorrespondent und Kolumnist der Tageszeitung Die Welt in Berlin.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Ich kann nicht erkennen, daß eine bundeseinheitliche (Grund-)Bildung schaden könnte. Trotzdem sollte man nicht ständig z.B. Amerika als Maßstab für das eigene Verhalten heran ziehen. Amerika ist ein Siedlungs- und Einwanderungsland! Deutschland ist und war das noch nie! Deutschland ist nämlich bei allen Fassetten und vor allem ehrlich betrachtet eher ein Auswanderungsland. Ich habe daher vornehmlich ein Problem damit, daß es in Deutschland zum Volkssport geworden ist, Verantwortung hin- und her zu delegieren, um selber keine mehr übernehmen zu müssen. Und das selbstverständlich auch noch bei voller Bezahlung. Nö, Leute, so wird das nichts mehr. Und was Laptops betrifft: Computer… Mehr
Sehr geehrter Herr Adam, ein einheitlicher Lehrplan für das ganze Land ist Realität in Frankreich und er war es auch in der DDR. Wenn man umzieht oder 2 Wohnsitze zum Sommer und Winter hat oder Kuren oder gesundheitliche Rehabilitationsaufenthalte, können dadurch Schüler wie Lehrer problemlos die Schule wechseln. Und weil überall die selben Prüfungsfragen gelten, gibt es auch keine Akzeptanzprobleme für Schulabschlüsse. Das soll schlecht sein? Im Gegenteil, das ist sinnvoll, vernünftig, effizient und bewährt sich in Frankreich seit vielen Jahren und hat sich auch in der DDR bestens bewährt. Dass die Schüler in der DDR ein sehr gutes Bildungsniveau… Mehr
Ach Gott schon wieder in DDR-Bildungsniveau Invalide.
Ja, das Vermitteln von Wissen hatte in der DDR hohen Standard.
Aber „Bildungsniveau“ ist etwas anderes. Das gab es nicht.
Tja, es fing schon, wann war das noch, so Ende der 70iger an, als neben den Gymnasien auch plötzlich KGS oder IGS wie Pilze aus dem Boden schossen. Damals erzählten schon meine Eltern, wie damit das Abitur verwässert wird. Da sei es einfacher…Und als im Deutschunterricht nicht mehr die Grammatik in die Benotung einfloß…kann mich an Diktate von Kumpels erinnern, meine Fresse…Wie konnte es sein, daß meine Generation Abitur machen konnte, ohne ab der 11.Klasse noch Deutsch zu haben. Die Jugend heute: wichtig ists, auch bis in die Morgenstunden mit dem versch…enen Smartphone tippend und mit dem Kopp nach unten… Mehr
Es ist bekannt, dass Bindung zwingende Voraussetzung für Bildung ist, das bedeutet, dass das Kind im Rahmen einer intakten Familie, vor allem mit Blick auf die stabile Mutter-Kind-Bindung, sicher gebunden sein muss, womit die Grundlage gelegt wird, dass sich neuronale Netze im kindlichen Gehirn ausbilden können, die Bildung ermöglichen! Durch die heutzutage praktizierte Fremdbetreuung durch die sogenannte „Kita“ fehlt die familiäre Bindung respektive die sichere Mutter-Kind-Bindung, sind Kinder gestresst, das den Aufbau neuronaler Netze behindert, wodurch Bildung verunmöglicht wird (https://www.psychologie.uzh.ch/dam/jcr:6b8c6370-f44c-4655-9a3e-b3e06f45ddf7/231124_Stefanie%20Stahls%20Aussagen%20im%20Faktencheck_%20Schadet%20die%20Kita%20einem%20Kind_%20_%20STERN.de.pdf)! Daraus ergibt sich der Umstand, dass es an Bewusstsein mit Blick auf das eigene Selbst und die Umwelt ermangelt, wodurch… Mehr
Der Artikel ist gelinde gesagt larmoyanter Nonsense. Ich kann nicht erkennen welche These der Autor nun überhaupt vertritt. Selbstverständlich lässt sich Bildung auf 0 und 1 reduzieren, in den Naturwissenschaften geht es gar nicht anders. Und genau diese Eindeutigkeit hat man im Bildungssystem bekämpft. Deshalb haben wir heute „Schreiben nach Gehör“ und sonstige Willkür.
Ich verstehe nicht wie man von der Verfassung schreiben kann wenn wir keine haben, sondern ein Grundgesetz.
Es gibt noch viele andere Gründe für den allgemeinen Bildungsverfall:
Quoten statt Eignung.
Überspezialisierung in der Ausbildung.
Die Verschulung der Universität.
Das stark gesunkene Niveau der Tagespresse.
Das Fehlen guter Vorbilder.
Der fehlende Wille zur Erziehung der Kinder.
Fehlender Leistungswille und Disziplin.
Die Verflachung des kulturellen Lebens, gerade der Künste.
Die Überbetonung von Formalien, statt Inhalten; der Zwang zur Normierung.
Bildung ist weit mehr, als nur Wissen…
So, so, – der Computer ist also an allem schuld.
Man glaubt, dass der Autor den Artikel bereits vor mehr als 20 Jahren geschrieben hat:
Kein kritisches Wort über die Inklusion und dass nur jeder zweite Schüler überhaupt Deutsch kann.
Auch keins über das permanente Verstoßen gegen den Beutelsbacher Konsens und die damit verbundene Indoktrination der Schüler, die sie nur noch zu Konsumenten herab stuft, ohne sie anzuleiten, Dinge von mehreren Seiten zu betrachten, sich eine eigene Meinung zu bilden, in Diskurs zu gehen und auch mal kritische Positionen zu vertreten.
Das Problem ist nicht die Technik, nicht die Laptops, nicht 1 oder 0. Das Problem ist auch nicht so sehr die Zentralisierung. Das Problem ist die mangelnde Wißbegierde der Schüler. Die KI wird mal als Schreckgespenst, mal als Damoklesschwert, mal als Pflichtübung für die Schulen dargestellt. Mancher Lehrer kontert damit, daß die KI ein Werkzeug ist, dessen Handhabung der Mensch beherrschen muß. Der Staat gibt Geld, um die Schulen zu digitalisieren. Klar kann man sagen, daß funktionierende Toiletten Priorität haben sollten. Man sollte m. E. sagen, daß Geld für Toiletten und Gerätschaften da wäre, wenn es nicht für linksgrünen Tinnef… Mehr
„… Lernbereitschaft und Lernfähigkeit …“ auch der Lehrer! Die sind mittlerweile Lichtjahre entfernt von dem, was mal ihre Aufgabe war. Ihr Wissen lässt auch oft zu wünschen übrig, und Alles ist „durchseucht“ von Gesinnung, Politik und persönlichen Befindlichkeiten. … Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.
Die Entwicklung des Unterrichtsstoffes an Hand von Lehrbüchern, habe ich von erinnerter Schulzeit über die Beobachtung einer Zwischenzeit von ca. 20/25 Jahren bis zu den eigenen Kindern verfolgt.
Eine Katastrophe!
„All das im Namen einer auf Gleichheit, auf Chancengleichheit eingeschworenen Staatsschulpolitik.“
Nicht auf Chancen- sondern auf Ergebnisgleichheit. Gegen Chancengleichheit ist nichts einzuwenden.