Berlin hofft, Berlin bangt

Der bundesdeutsche Politbetrieb hat Schnappatmung, denn in den USA wird ein neuer Präsident gewählt. Eher pflichtschuldig werden hier und da auch noch ein paar nationale Nachrichten verbreitet. Doch eigentlich interessieren sich heute alle, Politik und Medien, nur für Washington.

picture alliance / Chris Emil Janßen | Chris Emil Janssen

Jetzt mal ehrlich: Langweilig ist auch in Berlin mit der Ampel gerade nicht. Nahezu stündlich gibt es neue Wasserstandsmeldungen über den aktuellen Zerrüttungszustand der rot-grün-gelben Ehe. Die Journalistenmeute der Hauptstadt bekommt im Moment von den berüchtigten „eingeweihten Kreisen“ genügend Zeugs durchgestochen, dass man damit locker Sondersendungen rund um die Uhr füllen könnte.

Trotzdem schweift der Blick der deutschen Polit-Berichterstatter vom vergleichsweise piefigen Regierungsviertel sehnsuchtsvoll über den Großen Teich, nach Washington. Denn da entscheidet sich in diesen Stunden bekanntlich, ob die Welt weiterexistiert oder doch untergeht: Harris oder Trump, Gut oder Böse, Himmel gegen Hölle – das hat doch nochmal einen ganz anderen Spannungsbogen als Habeck gegen Lindner und Scholz gegen alle.

„Live-Ticker“ ist sicher das Wort der Stunde. Keine, wirklich keine Nachrichtenseite kommt ohne dieses Stilmittel aus. Ursprünglich kommt das ja aus der Sportberichterstattung: Da sitzt dann ein Redakteur und haut den jeweils aktuellen Spielstand in die Tastatur. „Tooor für Bayern München“, „rote Karte gegen Dortmund“, „Wirtz muss verletzt ausgewechselt werden“.

Bei der US-Präsidentschaftswahl funktioniert das ganz ähnlich: „Trump hat in Florida gewählt“, „lange Schlangen vor den Wahllokalen in Pennsylvania“, „Biden verfolgt Wahltag im Weißen Haus“. (Joe Biden, zur Erinnerung, ist formal der amtierende Präsident der USA, auch wenn man nicht mehr genau weiß, ob er selbst das noch weiß.)

Etwa 260 Millionen Wahlberechtigte gibt es in den 52 Bundesstaaten. So ganz genau kann man das nicht sagen, weil die USA nur ein allenfalls notdürftiges Meldewesen haben. In manchen Staaten, zum Beispiel in Kalifornien, verlangen die Wahlhelfer von Menschen im Wahllokal grundsätzlich keinerlei Personaldokument, was das Zutrauen in die Integrität der Wahl durchaus schmälert.

80 Millionen US-Bürger haben ihre Stimme schon per Briefwahl abgegeben. Bei niedriger Wahlbeteiligung könnte das fast die Hälfte aller Stimmen ausmachen. Auch das sorgt nicht überall für Freude, weil Briefwahlunterlagen besonders anfällig für Manipulationen sind.

Die deutschen Medien stehen mit überwältigender Mehrheit fest an der Seite der Democrats. Das zwangsgebührenfinanzierte ZDF bringt als Titelgeschichte auf seiner Website ein Interview mit einem Republican, der für Kamala Harris wirbt: „Ich wollte nicht so ein Heuchler sein“.

Wenn es nach unseren selbsternannten Leitmedien ginge, müsste Donald Trump in den USA genauso verboten werden wie die AfD in Deutschland.

Doch beide sind bekanntlich nicht verboten, jedenfalls noch nicht, und so treibt die Ungewissheit über den Wahlausgang in Amerika den Journaktivisten in Deutschland reichlich Schweiß auf die Stirn. Könnte Er-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf womöglich doch gewinnen? Für diesen eigentlich ja undenkbaren Fall hat sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung vorsorglich schonmal eine Erklärung zurechtgelegt: „Wie Trump mit Fake-Wahlleuten Chaos stiften könnte“. Das schreiben die wirklich, ganz unironisch. Man fragt sich schon, wer es eigentlich zugelassen hat, dass eine einstmals zurecht angesehene Zeitung so herunterkommen konnte.

Von der Süddeutschen Zeitung dagegen erwartet man ja schon lange nichts auch nur halbwegs Vernünftiges mehr. Und so registriert man auch eher amüsiert, wie dort die offenbar reichlich aufgeregten sogenannten Kollegen einen Bürgerkrieg herbeizuschreiben versuchen: „Trumps Unterstützer hatten vier Jahre Zeit, sich auf diesen Tag vorzubereiten. Nun kann man in rechten Online-Netzwerken live beim Angriff auf das Getriebe der amerikanischen Demokratie zusehen.“

Zur Erinnerung: Für die Democrats kandidiert eine Frau, für die in den Vorwahlen der Partei noch nicht einmal eine Handvoll Menschen gestimmt hatten. Diese Aussage gilt allerdings nur, solange diese Hand keine Finger hat: Denn Kamala Harris hatte an den Vorwahlen gar nicht teilgenommen. Das allerdings empfinden sie in München offenbar nicht als „Angriff auf das Getriebe der amerikanischen Demokratie“.

Und dann die Zeit, ach herrje. Auch da ist man durchaus nervös und will offenbar mit Texten aus Deutschland noch verhindern, dass Du-weißt-schon-wer in Amerika womöglich doch gewinnt. „Kamala Harris wirft Donald Trump Vergeltungspläne vor“, meldet der „Liveblog US-Wahl“ aus Hamburg. Jetzt mal ehrlich, Leute: Was ist denn das für eine Nachricht, bitteschön?

Aber in dem Stil fahren halt die meisten größeren Medien ihren pathologischen und chronischen Anti-Trump-Kurs weiter. N-TV schreibt: „Trump überhöht sich in letzter Wahlkampfrede selbst“. Das hat mit einer Meldung auf einer Nachrichtenseite noch ungefähr genauso viel zu tun wie Bill Clinton mit ehelicher Treue.

Natürlich gibt es auch nicht wenige, die sich einen Trump-Sieg wünschen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán sagt: „Bringt Donald Trump zurück, und er wird uns Frieden bringen.“ So offen traut sich das im politischen Berlin nur die AfD. Und selbst in Brüssel, der Zentrale des EU-Imperiums, hört man von erfahrenen Diplomaten hinter vorgehaltener Hand, dass ein Präsident Trump die EU dazu zwingen würde, sich weniger auf Washington zu verlassen.

Sowohl in Brüssel wie in Berlin ist jedenfalls die Nervosität mit Händen zu greifen. Das wird auch noch viele Stunden so gehen. Die ersten Wahllokale in den Bundesstaaten Indiana und Kentucky schließen zwar schon um Mitternacht unserer Zeit. Die letzten vier – Idaho, Oregon, Washington und der bevölkerungsreichste Staat, Kalifornien – beenden die Wahl aber erst um 5 Uhr morgens.

Da ist also noch sehr, sehr viel Zeit zum ängstlichen Transpirieren und Fingernägelkauen.

Nur in Dixville Notch ist die US-Präsidentschaftswahl schon gelaufen. Das liegt daran, dass in dem winzigen Ski-Ort im Bundesstaat New Hampshire ganze sechs Wahlberechtigte leben. In Zahlen: 6. Wenn das Ergebnis von Dixville Notch auch nur ansatzweise den Wahlausgang in den ganzen USA abbilden sollte, dann wird es tatsächlich eine, pardon, sauspannende Nacht. Denn das Ergebnis lautet:

Drei Stimmen für Kamala Harris – und drei Stimmen für Donald Trump.

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Kommentare ( 15 )

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joly
1 Monat her

Erinnern wir uns an das was damals unter Trump mit dt. Regierungsmitgliedern passierte. Donald saß neben Angela und bemerkte sie nicht. Wie peinlich für die mächtigste Fingernägel-Kauerin der Welt. Und unser sich halb tot lachende Konfirmanden-Anzugträger als Außenminister wurde exakt auf dieses Niveau eines Konfirmanden geschrumpft – da half auch nicht die Ehe mit einer sexy Schauspielerin neben der er völlig verschwand. Ich bin sehr neugierig wie sich unser Kanzler o G so neben Trump machen wird. Ob er schon übt um eine bessere Figur wie Angy damals abzugeben. Wie wärs mit Telefonbücher zum drauf stellen, um größer zu wirken.… Mehr

DuMeineGuete
1 Monat her

Der bundesdeutsche Politbetrieb hat Schnappatmung, denn in den USA wird ein neuer Präsident gewählt. Eher pflichtschuldig werden hier und da auch noch ein paar nationale Nachrichten verbreitet. Doch eigentlich interessieren sich heute alle, Politik und Medien, nur für Washington. Sagen wir es mal so, es wird zumindest noch versucht, nationale Nachrichten zu bringen, nur gehen die vor lauter Panik nun gerne mal unter: https://www.spiegel.de/panorama/justiz/razzia-gegen-mutmassliche-neonazi-terrorgruppe-acht-festnahmen-a-f02db8c9-0388-4d60-a9c8-d95c8a3b6721 Interessant ist hier die Passage: Vorausgegangen waren nach SPIEGEL-Informationen umfangreiche Ermittlungen des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Verfassungsschutz. Demnach soll sich die Gruppe bereits 2020 gegründet haben.Unter den festgenommenen mutmaßlichen Terroristen befinden sich nach SPIEGEL-Informationen auch… Mehr

giesemann
1 Monat her

Drei Stimmen für Kamala Harris – und drei Stimmen für Donald Trump. Was ist denn das für eine Nachricht? Sorry. Wenn Trump gewinnt, dann müssen sich die Euros verstärkt mit den Russen arrangieren, und wenn die noch so nerven. Viel schlimmer aber: Der Einbruch des Islam/Daesh mit Raub und Mord – DAS wird Europa das Genick brechen: https://www.focus.de/politik/ausland/ajay-banga-in-hamburg-800-millionen-weitere-fluechtlinge-weltbank-chef-mit-duesterer-prognose_id_260374970.html – ein bisschen halsstarriger sollten die Europäer schon sein … . Denn sie sagen: „Wir werden immer mehr und beanspruchen Deutschland für uns.“ – „sie“, das sind die von den Euros selbst herbeigeredeten „Klimaflüchtlinge“. Bis wir auch Bangladesch sind. Die Bombe tickt:… Mehr

Nibelung
1 Monat her

Die können ruhig bangen die Sozialisten hierzulande, denn bei einem Wechsel ist nicht auszuschließen, daß da so manche Sauerei über bewußte Indisktretion offen gelegt wird, als späte Rache für persönliche fehlende Unterstützung, die man dem eventuellen Sieger verweigert hat und dann schon dadurch der Schaden immens wird, welche Korphäen die Deutschen an der Spitze haben. Da könnte so manches ins Spiel kommen, wie Wire Card, Warburg, die Pipeline-Sprengung und das Versagen, deutsche Steuergelder for Nothing in der Ukraine zum Fenster raus zu werfen und wir damit am Ende zwischen den Stühlen sitzen, während der neue im Weißen Haus seine Deals… Mehr

Siggi
1 Monat her

Und da man hinter vorgehaltener Hand selbstverständlich von einem Sieg Trumps ausgegangen ist, wurde der Rutte installiert. Weil er gut mit Trump kann.

MfS-HN-182366
1 Monat her

Eigentlich ist es mir egal, wer gewinnt. Die Wahl zwischen Pest und Cholera bringt nichts Gutes. Tendenziell war ich zeit meines Lebens für die Republikaner, aber diese sind mir von der Stange gegangen und ich habe bei den „Gringos“ keinen Ersatz gefunden.
Dennoch wünsche ich mir einen Wahlausgang zugunsten Trumps. Warum? Ich möchte sehen, wie unsere Negativ-Elite und die Pressehuren „Schaum vorm Maul“ haben. Das ist zwar keine ausufernde Freude, das ist nur Genugtuung.

BK
1 Monat her

Neben den in Dauerschleife laufenden Hitler Dokus sind die aktuell laufenden Anti-Trump Filmchen sehr auffällig. Falls er Präsident wird, hat »unsere Demokratie«, neben Putin, Xi und Netanjahu, einen weiteren Erzfeind, den es moralisch zu besiegen gilt. Da wäre die Merz Wahl im März der letzte Ausweg. Vielleicht kann er mit Larry Finks Hilfe noch etwas von dem Porzellan kitten, was so eifrig zerschlagen wird.

Alter Schwede2222
1 Monat her

Da kann ich nur hoffen, dass unsere Staatsmedien im laufe der Nacht und morgen früh vor lauter Wut in die Tischkante beißen werden.

Rob Roy
1 Monat her

Die Journos der Altmedien sind so vom Kamala-Fieber befallen, dass sie gar nicht merken, dass hier in Deutschland gar nicht mitgewählt werden kann.

Helfen.heilen.80
1 Monat her

Nicht nur die Washington Post hat ihr „endorsement“, also ihre Wahlempfehlung (für einen Kandidaten der Democrats) aufgegeben. Ich glaube kaum, dass Gewissensbisse der Grund sind. Im Land der freien Ökonomie ist es m.E. wahrscheinlicher, dass man es sich mit dem (vermuteten) Gewinnerkandidaten nicht verderben will. Zumindest dürfte die Annahme einer hohen Wahrscheinlichkeit zu Grunde liegen. Wäre Harris mit fliegenden Fahnen auf dem Weg ins Amt, hatte die Post diesen Schritt wohl kaum getan. Überdies reche ich mit einem eher archaischen Affekt bei den Amerikanern: in angespannten Zeiten von Krise, Kriegen und Unsicherheit wäre es psychologisch nicht von der Hand zu… Mehr