Babylon Berlin – Teil 2

Für die einen ist es der größte zusammenhängende rechtsfreie Raum nördlich der Alpen, für die anderen ein Sehnsuchtsort für Selbstverwirklichung, für Glücksritter aus aller Welt ein lohnendes Ziel. Alimente für alle. Geld ist relativ und dazu da, umverteilt zu werden. Nach einer bewegten Geschichte sind die alten einheimischen Berliner deren Verlierer.

IMAGO / Bernd Friedel

Wenn man darüber nachdenkt, was Berlin von Mombasa, Kairo oder Kalkutta unterscheidet, so fällt einem als erstes der gescheiterte Mietendeckel ein. Generell rangiert das Thema Mieten wie in allen Großstädten in der öffentlichen Aufmerksamkeit ganz oben. „Bezahlbares Wohnen für alle“ steht im Koalitionsvertrag, dann folgen Begriffe wie Warmmietenneutralität (bei permanent steigenden Energiepreisen besonders interessant), Richtsatzmiete und Generalmieter*innenmodell. Die Einführung des Mietendeckels machte Wohnen billiger und Wohnungen knapper. 10 bis 15 % des Bestandes waren von Mietsenkungen betroffen oder gesegnet – je nach Sichtweise. Gewinner waren häufig Professoren, die obere Beamtenschaft und gut situiertes grünes Wählerklientel in zentral gelegenen Altbauten, deren Mieten Dank dem Deckel um 30% oder mehr reduziert wurde.

Tatsächlich zeigte laut dem Verband der Immobilienwirtschaft (ZIA) ein Vergleich der gesetzlichen Mietobergrenzen mit dem Mietspiegel (der die ortsüblichen Mieten erfasst), dass das Potenzial für Mietreduktionen an teuren Lagen in Charlottenburg oder Zehlendorf viel grösser war als in den Plattenbauten von Marzahn-Hellersdorf.

Gedeckelt Wohnen

Geschichte einer Hauptstadt
Babylon Berlin - Teil 1
Dann gingen die Mietangebote zurück, nach Angaben von Immoscout24 um über 40 % im September 2020 im Vergleich zum Vorjahresmonat. Viele Mietwohnungen wurden in Eigentumswohnungen gewandelt. Investoren hielten sich zurück, auch die Wohnungsgenossenschaften. Das im Koalitionsvertrag ausgegebene Ziel – 20.000 neue Wohnungen pro Jahr – wird nicht erreicht. Berlin hat die mit Abstand meisten Bewerbungen um freie Wohnungen. Dafür dauert die Bearbeitung von Bauanträgen besonders lange, wofür die Pandemie als Grund angegeben wird. Ergänzend muss angemerkt werden, dass sich die Stadtverwaltung mit der Organisation einer Home-Office-Tätigkeit sehr schwer tut. Das hält den Regierenden Müller (SPD) allerdings nicht davon ab, mehr Home-Office-Zwang für die freie Wirtschaft zu fordern.

Große Vermieter wie der DAX-Konzern Deutsche Wohnen und der schwedische Anbieter Akelius stellten erhebliche Investitionen zurück, weil die rechtliche Unsicherheit die Planung erschwerte, ihre Mieteinnahmen sanken oder Modernisierungen sich wegen enger Limite für Mieterhöhungen nicht mehr rechneten.

Fazit: Menschen, die bereits eine vor 2014 gebaute Bleibe haben, profitierten vom Deckel. Neuzuzügler mit geringem Budget hingegen fanden noch schwerer eine Wohnung und mussten auf das teure ungedeckelte Segment ausweichen. Doch während Ökonomen ihre Warnungen vor Marktverzerrungen bestätigt sehen, fordern Miet-Aktivisten unbeirrt weitere Staatsinterventionen bis hin zu Enteignungen.
Die landeseigenen Wohnungsgesellschaften machten während der Deckelungsphase 900.000 Euro Verlust, sie fordern diesen von den Mietern nicht zurück. Ab Oktober (also nach den Wahlen) sollen die Mieten wieder angehoben werden.

Mit der Mistgabel im rot-rot-grünen Labor
„Aus sozialistischer Sicht ist Berlin eine Erfolgsgeschichte“
Die Mutter des Mietendeckels war übrigens Katrin Lompscher (Linke, vorher SED). Die ehemalige Bausenatorin, manche sagten auch Bauverhinderungssenatorin, wurde überregional bekannt durch die Berufung eines Staatssekretärs mit Stasi-Vergangenheit und Kontakten in die linksextremistische Szene. Das war selbst dem Regierenden Müller zu viel, er sorgte für dessen Entlassung. Lompscher selbst trat nach finanziellen Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Aufsichtsrats-Tantiemen im August 2020 zurück. Das Ressort blieb in linker Hand, der Geist erhalten und der Fall des Mietendeckels vor dem Verfassungsgericht trat absehbar und folgerichtig ein. Nun fallen Nachzahlungen an, bei denen der Senat einigen Mietern mit zinslosen Krediten helfen will. Konsequent wäre, die beteiligten Senatoren und Abgeordneten mit ihrem Salär zu beteiligen, sie wie in der freien Wirtschaft für Fehlleistung auch in finanzielle Haftung zu nehmen. Das ist bei der ausgeprägten und bewährten Berliner Selbstbedienungsmentalität nicht zu erwarten. Es gibt ja den Länderfinanzausgleich.

Berliner Luft

Natürlich möchte Berlin CO2-frei werden, die Kohle ist schon so gut wie weg. Die Kraftwerke Klingenberg und Reuter (alt) verbrennen keine Kohle mehr und bis 2030 soll sie überhaupt nicht mehr verwendet werden. Der Stromersatz kommt dann vor allem aus Erdgas und vermehrtem Import aus Brandenburg. Getreu dem Motto, den eigenen Vorgarten sauber zu fegen und die Herkunft von Importstrom nicht zu hinterfragen, nimmt man derzeit im Durchschnitt 30 Prozent Braunkohlestrom ins Netz auf – das CO2 bleibt ja in Brandenburg.

Eine Hauptstadt entleibt sich
Berliner Trio infernale: Lompscher, Behrendt, Schmidt
Der „Berliner Energietisch“ fordert unverdrossen eine Rekommunalisierung der städtischen Energieversorgung und dadurch eine „sozial gerechte, ökologisch nachhaltige und demokratisch kontrollierte“, so als sei die Versorgung mit Strom und Wärme zuvorderst eine Gerechtigkeitsfrage und von Mehrheitsentscheidungen geprägt. In der Tat wäre es sinnvoll, sich solidarisch zum Beispiel für geringere Strompreise einzusetzen und den Preistreiber Staat in Verantwortung zu nehmen. Das ist aber nicht das Ziel, es geht um die Vertreibung Vattenfalls als gewinnorientiertem Unternehmen, das auf dem Weg zum Wirtschaftssozialismus im Weg steht.

Der „Energietisch“ wird von 55 Organisationen getragen, darunter Attac, BUND und die Interventionistische Linke, auf die der Verfassungsschutz ein Auge hält. Damit hat niemand ein Problem, schließlich geht es ums Klima. Ein starkes Stadtwerk für den Klimaschutz wünschte man sich im Koalitionsvertrag 2016, sozusagen ein Klimastadtwerk. Darauf sind die Berliner Stadtwerke nun ausgerichtet und haben das Ziel, die Hauptstadt bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Man beachte, dass von Versorgung nicht die Rede ist. Auf dem Weg dahin preist man die eigenen Ökostromprojekte: Ein paar Windkraftanlagen im brandenburgischen Großbeeren, Solaranlagen auf Dächern an der Malchower Allee, auch auf der Polizeistation in der
Gallwitzallee. Berlin braucht, je nach Tages- und Jahreszeit, zwischen 800 und 2.000 Megawatt. Dafür reichen die Projekte natürlich nicht, aber man tut so, als könne man mit ein paar weiteren solcher Projekte die bunte Stadt ökologisch rein vollversorgen

Karlsruhe stoppt den Berliner Mietendeckel
Der Mietendeckel war nicht der einzige Verfassungsbruch von Rot-rot-grün
Mit den Finanzen klappt das bei den Stadtwerken bisher noch nicht so richtig, die Bilanz 2019 fiel abermals ernüchternd aus. Zu Buche stand ein Verlust von fünf Millionen Euro (nach 5,5 Millionen 2018). Aufgehübscht wurde das Ergebnis durch den Verkauf von Projektrechten für den Windindustriepark Albertshof an eine Tochtergesellschaft, was über einen Million einbrachte und den Verlust minderte. Die Verluste hatten natürlich Auswirkungen auf das Kapital, das bis zum Februar 2020 auf null zusammengeschmolzen wäre, wenn nicht der Senat 10 Millionen Euro nachgeschossen hätte. Laufen die Geschäfte so weiter, wird bald die nächste Geldspritze fällig und die Stadtwerke werden berlintypisch zum Fass ohne Boden.
Der „Tagesspiegel“ jubelt wiederum zeitgeistgerecht die Stadtwerke zum „Treiber der Energiewende“ hoch, ohne auf die wirtschaftliche Situation einzugehen. Unter Marktbedingungen würde zeitnah eher der Insolvenzverwalter jubeln.

Die juristischen Streitigkeiten um die Konzessionsvergabe für das Stromnetz, die der schwedische Staatskonzern Vattenfall bisher für sich entscheiden konnte, halten Berlin nicht davon ab, es weiter zu versuchen. Das wurde auch den sturmerprobten Wikingern inzwischen zu viel, sodass sie ihre Tochter Stromnetz Berlin GmbH der Stadt zum Verkauf anboten – inzwischen hat der Senat eingewilligt. Man möchte die „verfahrene Situation“ beenden, sagten die Schweden. Besser zurück zu den Elchen als Dauerzoff mit Rot-Rot-Grün. Das Stromnetz in Berlin ist gut in Schuss, ob es bei einer kommunalen Übernahme dabei bleibt, kann mit einem leichten Fragezeichen versehen werden. Einen Prozess um die Verstaatlichung des privaten Gasversorgers GASAG verlor der Senat ebenfalls. Dennoch will man am Ziel festhalten, die Planwirtschaft einzuführen.

Im Bereich der Wohnungswirtschaft zeichnet sich das Land jedenfalls nicht als kundenfreundlicher Unternehmer aus. Die „Gewobag“ als kommunaler Großvermieter ließ am Anfang dieses Jahres 200 Bewohner eines Hauses in Schöneberg tagelang ohne Heizung. Die mehrheitlich älteren Leute behalfen sich mit Kleidung nach dem Zwiebelprinzip und heißem Tee im Bett, während sich der städtische Vermieter in Schweigen hüllte. Ein Krisenmanagement gab es offenbar nicht. Dafür ist die Gewobag Finalist des „Deutschen Nachhaltigkeitspreises Transformationsfeld Gesellschaft & Fairness“. Dafür fröstelt man doch gern.

Grüner Links-Verkehr

Berliner Vorkaufspleite
Ein Untersuchungsausschuss sucht nach Gründen des Versagens um Florian Schmidt
Der gemeine Autofahrer ist der erklärte Feind des Senats. In Berlin zeichnet sich der Verkehr durch ein gewisses Chaos aus, was allerdings in Metropolen nicht ungewöhnlich ist. Neben dem üblichen Stau im Berufsverkehr, der aber auch aus vielfältigen Gründen zu anderen Tageszeiten eintreten kann, wirken Zweite-Reihe-Parker, Radfahrer und neuerdings übermütige E-Scooter-Fahrer als Katalysatoren.

Verkehrssenatorin Regine Günther als Grüne und mit einem Vorleben beim WWF (World Wide Fund For Nature) will die Weichen für die Zukunft stellen. Sie studierte zwar Geschichte, hat aber offensichtlich keinen Bezug zu ihr. Als 2019 zum 70. Jahrestag der Luftbrücke noch einmal Rosinenbomber in Tempelhof landen wollten, wusste sie dies zu verhindern. Ein Gedenken an den Kampf um die Freiheit des Westteils der Stadt ist für Grüne entbehrlich, es geht schließlich darum, diese klimaschützend einzuschränken. Sie redet gern Klartext: „Wir möchten, dass die Menschen ihr Auto abschaffen“ und gibt damit ein klares Ziel vor. Beruflich lässt sie sich in einem Tesla transportieren, den sie auch privat nutzt. Auf dem Fahrrad wurde sie von der Nachbarschaft noch nicht gesehen. Auch ihre Kollegen sind gleicher als die gemeinen Berliner. Zu einem „Fußgängergipfel“ im Juli 2020 fuhren die Senatoren mit 16 schweren Limousinen am Veranstaltungsort vor.¹

Der Staat gegen seine Polizei
Berlin: Diskriminierung durch das neue Antidiskriminierungsgesetz
Auch robuste Maßnahmen gehören zum Handwerkszeug der ideologisch gefestigten Verkehrssenatorin. Wo gehobelt wird, müssen Späne fallen. Für das Pflegepersonal an der Charitè, in Corona-Zeiten am Limit schuftend, sollten für die wenigen Parkplätze am Institut Parkgebühren eingeführt werden. Etwa 20 Euro pro Schicht und Auto hätte es der Stadt gebracht und den Beklatschten genommen. Der Klinik-Standort sei gut an den ÖPNV angebunden, hieß es von ihr. Das Risiko der Ansteckung im Job durch den Andrang im Bus noch zu steigern, zeigt eine fatale aber eben fundamentale grüne Weltsicht. Weibliches Personal meidet ohnehin auch in pandemiefreien Zeiten die Öffentlichen, zumindest abends oder nachts.

Im Berliner Mobilitätsgesetz von 2018 wimmelt es von hippem hochtheoretischem Vokabular wie Sharing, Inter- und Multimodalität und Modal Split. Mobilität in Berlin soll an allen Tagen des Jahres und rund um die Uhr gewährleistet werden. Immerhin. „Fußwege erfüllen eine wichtige Funktion“, druckt die Plattitüdenpresse der Verkehrssenatorin. Ziel ist die Vergraulung der Autofahrer und der größtmögliche Entzug dieses Teils der persönlichen Freiheit. Richtig ist, dass manche Bewohner in der Stadt ein eigenes Auto wohl nicht brauchen, aber die Entscheidung darüber will man zentralistisch treffen.

Vorrang soll der Fahrradverkehr haben, wogegen prinzipiell nichts einzuwenden ist. Wenn aber auf dreispurigen Ausfallstraßen wie dem Adlergestell eine komplette Fahrspur zum Radweg erkoren, aber kaum als solcher genutzt wird, tritt das eigentliche Ziel dahinter deutlich hervor: Den Autoverkehr so viel wie möglich zu behindern. Gescheitert ist inzwischen der Versuch, den ohnehin ungemütlichen südlichen Teil der Friedrichsstraße zur „Flaniermeile“ zu machen.

Linksextremismus
Die Selbstentlarvung des Andreas Geisel
Verkehrsstörungen in Berlin gibt es nicht nur bei der zeitweise nicht winterfesten S-Bahn oder durch permanente Zweite-Reihe-Steher, sondern auch durch die Verkehrsraum beanspruchenden Zwistigkeiten zwischen GroßfamilienTM oder MännergruppenTM. Die eine oder andere Nebenstraße ist dann halt mal dicht. Dort, wo die Straßen frei sind, nutzen gern Jungmänner hinter getönten Scheiben die freie Fahrt für kleine Rennen mit Kollateralschäden, teils auch als Menschenleben.
Hin und wieder ist die City von Treckern zugeparkt, wenn Bauern unzufrieden darüber sind, dass es zwar ein Hunde-Gassi-Gesetz geben soll, aber ihre Existenzen mehr denn je gefährdet sind.

Da Geld in Berlin eine untergeordnete Rolle spielt, kann der Senat auch die Variante einer 100-Prozent-batteriebetriebenen Busflotte in Erwägung ziehen. Ab 2030 will man 1.800 E-Busse betreiben und damit die Diesel von den Straßen verbannen. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass die Batteriebusse nur eine halbe Schicht schaffen und dann an die Dose müssen. Das würde die Zahl der anzuschaffenden Busse deutlich erhöhen. Zudem sind sie mit etwa 600.000 Euro fast dreimal so teuer wie konventionelle Diesel. Betriebsräte und Gewerkschaft lehnen die Anschaffung ab, solange die Refinanzierung der tariflich vereinbarten Lohn- und Gehaltserhöhungen durch den Senat nicht geklärt ist. Die BVG spricht von Mehrkosten bis 2035 von etwa 3 Milliarden Euro. Es gibt Fördermittel vom Bund und der Zahlungseingang über den Länderfinanzausgleich erfolgt zuverlässig. Aus dem Berliner Koalitionsvertrag geht hervor, dass Buntheit und Klimaschutz die obersten Ziele sind, Kosten sind dann relativ.

Der kalte Februar 2021 bekam den bereits vorhandenen E-Bussen nicht gut, naturgemäß mögen die Akkus die niedrigen Temperaturen nicht. Reihenweise fielen Fahrzeuge aus, die garantierten 130 Kilometer Reichweite bei minus 10 Grad wurden auch nicht erreicht. Zunächst schiebt man es auf Herstellungsmängel, das Grundproblem der reaktionär wirkenden Physik und Chemie wird bleiben.

Mit dem Umbau des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) leistet sich Berlin nun ein eigenes flughafenähnliches Projekt. Seit 2016 wird gebaut, der eingeplante Kostenrahmen von 3,9 Millionen Euro schien überschaubar, hat sich inzwischen aber verzehnfacht. Der Rechnungshof prangerte den Senat an, aber eine Weltstadtregierung trägt so etwas mit Fassung. Verantwortlich: die Verkehrssenatorin. Konsequenzen: keine.

Taxi nach Berlin

Universalrezept: mehr grüne Sozialarbeiter
Monika Herrmann hat die Unordnung für sich entdeckt
Im Koalitionsvertrag 2016 war als Ziel die „schnellstmögliche Fertigstellung des Flughafens BER“ angeführt. Nachdem dieses Ziel nun 2020 erreicht war, wird das Objekt noch viele Jahre wie ein Stein auf den Haushalten der Länder Berlin und Brandenburg wie auch des Bundes liegen. Immerhin wird jetzt geflogen. An den Sicherheitsschleusen erhielten Mitarbeiter zwar hin und wieder Stromschläge, aber ohne ein paar Kinderkrankheiten geht so ein Projekt nun mal nicht in Betrieb.

Kompliziert gestaltet sich die Organisation des Taxiverkehrs. Früher durften Brandenburger Taxis zwar Kunden nach Berlin-Tegel fahren, aber dort keine aufnehmen. Umgekehrt durften Taxis mit „B“-Nummer beladen zum Flughafen Schönefeld (Brandenburg) kutschen, aber dort nur ausladen. Tausende unökologischer Leerfahrten waren für den Senat kein Problem.

Für den BER handelten die Länder Berlin und Brandenburg nun aus, jeweils 300
Taxi-Konzessionen für die Aufnahme von Fahrgästen am Flughafen zu vergeben. Es startete ein Bewerbungsprozess und Konzessionen wurden zugeteilt, bis das Verwaltungsgericht den Riegel vorschob. Ein Kläger hatte erreicht, dass das Verfahren für nichtig erklärt wurde. Die bereits erteilten Konzessionen seien zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig. Nun wird jede einzelne Konzession erneut geprüft. Die Verkehrssenatorin hat für Bewegung in den Verwaltungsetagen gesorgt. Wie eine endgültige Regelung aussehen wird, ist unbekannt.

Alles öko, oder was?

Staatsanwälte: „Wir sind am Ende“
Rechtssystem in Berlin zusammengebrochen
Um die Klima-Ziele zu erreichen achtet Berlin auch peinlich genau auf eine umweltverträgliche Beschaffung. Zur Umsetzung hat die Verkehrssenatorin, die in Personalunion auch Umweltsenatorin ist, eine Verwaltungsvorschrift „Beschaffung und Umwelt“ erlassen, in der allerhand Verbote wie der Einsatz von Atomstrom und PVC enthalten sind. Da dies noch nicht ausreichte wurde zusätzlich ein fast 50-seitiger „Handlungsleitfaden“ verabschiedet. Von den Öko-Stilblüten kann man gar nicht genug bekommen, deshalb nur ein Beispiel:

„Für Arbeitsbekleidung und Bettwäsche adressiert es folgende ökologische Mindestanforderungen:
• Textilien mit mindestens 50% Baumwoll-Anteil müssen aus Baumwollfasern bestehen, bei deren Anbau der Einsatz stark umwelt- und gesundheitsschädlicher Pestizide ausgeschlossen wurde,
• das textile Endprodukt muss Grenzwerte für Formaldehyd, Schwermetalle, Nickel und Azofarbstoffe einhalten.“ . . .

Gehen wir mal davon aus, dass die Bettwäsche nicht in den Verwaltungsetagen zur Anwendung kommt. Gute Ökonacht allerseits.

Nomen est Omen

Ein steigender Bevölkerungsteil, wohl Folge der Binnenzuwanderung aus westlichen Bundesländern, bestimmt die progressive, realitätsferne, intellektuelle Sicht der gehobenen Bevölkerungskreise. Dies wird sichtbar an den Vornamen, die man dem Nachwuchs ungefragt ins Register schreiben lässt, was allerdings ein paar Wochen dauern kann. Vieles in der Stadt funktioniert nicht, die Gestaltung von Kindesbezeichungen hingegen blüht kreativ und ungebremst. Obi ², Channel, Lamborghini, Godlove trugen die Standesämter ein, auch Doppelnamen wie Jax-Brooklyn, Savannah-Kayla, Skylar-Melody, Issy-Fridericus oder schlicht Bam-Bam. Die Kinder in ihren Schulklassen werden schöne Spitznamen erfinden. Natürlich bildet sich auch die Zuwanderung an teils ungewöhnlichen Namen ab. Pascha heißt ein Kind beispielsweise oder Sultan (ein Mädchen). Auch „Djehad“ winkten die Standesbeamten problemlos durch.

Ick glob det nich

Selbst ist der Mann
Weil Stadt und Polizei versagen: Berliner tritt Dealern im Görlitzer Park mit Spraydose entgegen
Die alteingesessenen Berliner halten inzwischen die Stadt am Laufen und alimentieren ungefragt viele andere mit. Neben den zahlreich vorhandenen Spezialmenschen darf man die Mehrheit der gesetzestreuen, sehr sozialen, fleißigen und überwiegend gut gebildeten Berliner nicht vergessen. Der Urberliner ist warmherzig, auch wenn er es nicht so zeigen kann. Ein Besuch in einer Charlottenburger Eckkneipe ist immer ein Erlebnis. Der Fernseher hängt an der Decke und man leidet gemeinsam mit Hertha BSC.

In Köpenick wurde das Stadion der Eisernen von Freiwilligen bundesligatauglich umgebaut. Wo gibt es das sonst in dieser kommerzgetränkten Liga? Die Fangemeinde von Union gilt als kulturvoll und familiär, im Dezember wird nicht mehr gekickt, das Stadion ist trotzdem voll zum Weihnachtsliedersingen.
Mit niemandem kann man stundenlang so gemütlich über Fußball oder das Wetter sprechen, wie mit einem alten Berliner (m/w/d). Langweilig wird es nicht und wenn man dann nach Hause geht, glaubt man, ein Stück Familie verlassen zu haben. Leider ist dieser an Merkwürdigkeiten gewöhnte und im Alltag nicht verwöhnte Bevölkerungsteil mitsamt dem Umfeld am Schrumpfen.

Dass sich nach den Abgeordnetenhauswahlen 2021 die Stadtpolitik ändern wird, ist nicht zu vermuten. Nun gut, wie gewählt, so geliefert. Jede Regierung denkt zunächst an sich, das wird auch bei der nächsten so sein. Sollten die Grünen die Regierende Bürgermeisterin stellen, wovon auszugehen ist, wird zunächst ein Arbeits- und Postenbeschaffungsprogramm für die eigene Klientel einsetzen. Günstlingswirtschaft bei den Grünen ist heute in Rheinland-Pfalz und im sächsischen Justizministerium schon zu besichtigen. Berlin leistet sich 25 Staatssekretäre und ist damit Spitze unter den Bundesländern. Fünf davon wurden schon ausgewechselt, d.h. die Betroffenen in den einstweiligen Ruhestand versetzt (Verwaltungsjargon „Spaziergänger“) mit einem angesichts der Nichtleistung fürstlichen Gehalt. Bei 60 Milliarden Euro Schulden sind diese Peanuts vernachlässigbar. Die im September zu wählende Regierung wird wieder Staatssekretäre kostenpflichtig entsorgen müssen, denn neue Senatoren bringen neue Sekretäre mit.

Dem Morgengrün entgegen

Im grünen Landeswahlprogramm 2021 steht das Zielbild der mit einiger Sicherheit künftig dominierenden Partei: eine klimaneutrale und solidarische Stadt. Der „Klimanotstand“ gilt schon. Ob das reicht? Ein „Klimavorbehalt“ für alle Gesetze und Maßnahmen soll eingeführt werden. Ob das den Tausenden von Flaschensammlern hilft? Auch eine Stadt ohne Müll will man werden. Angesichts der vielen illegalen übelriechenden Sperrmüllabladeplätze ein hoher Anspruch. Zunächst will man diese Plätze dezentralisieren. Weiter sollen „Drogenkonsumräume“ geschaffen und „Null-Toleranz-Zonen“ für Cannabis abgeschafft werden. Zudem heißt es, Regenbogenhauptstadt zu bleiben und die queere Infrastruktur zu sichern. Vielleicht sollte man bei der allgemeinen Infrastruktur beginnen. Wer eine Stimmabgabe für die Grünen in Erwägung zieht, sollte zunächst etwas in ihrem Wahlprogramm schmökern. Das schützt vor Überraschungen.

Grüne haben oft Pech beim Nachdenken, dafür sind sie gut im Vorfühlen. Manchmal reden sie schon davor. Und so tappte Spitzenkandidatin Bettina Jarasch in die linke Identitätsfalle und gab auf ihrer Krönungsversammlung zu, als Kind davon geträumt zu haben, Indianerhäuptling zu werden. Nur weil sie sich zeitnah mit einer öffentliche Entschuldigung in den linksidentitären Staub warf, kam sie mit einem grünen Auge davon. Die Stelle im Video der Veranstaltung wurde entfernt. Stalin ließ Menschen von Gruppenfotos wegretuschieren, soweit sind die Berliner Grünen noch nicht.

Die Berliner hätten eine bessere jetzige und eine bessere künftige Regierung verdient. Aber gewählt ist gewählt, so ist das Leben. Freuen wir uns auf einen nächsten Koalitionsvertrag. Berlin bleibt eine bunte Stadt, in der das Leben täglich neu ausgehandelt wird und Gesetze nur hinweisenden Charakter haben. Das wirkt im ganzen Land. Das vereinigte Berlin ist heute wieder die Hauptstadt einer DDR – einer Deutschen Desolaten Republik.

„Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf“. Wer konnte ahnen, dass Honecker im August 1989 so viel Weitblick zeigen würde. Die Lacher sind verstummt. Der neue Klassenkampf heißt Klimakampf. Edle elitäre Weltretter kämpfen gegen tumbe Massen rückwärtsgewandter Klimaschädlinge. Wer wird am Ende siegreich sein? Vermutlich werden die Realitäten am längeren Hebel sitzen.
Liebe Berliner, ich komme immer wieder gern in eure Stadt. Und gern verlasse ich sie wieder, um mich in der Provinz zu erden. Rettet das Klima, ich mache dann später mit. Tschüß.


Dieser Beitrag entstand unter freundlicher Mitwirkung von Christian Rückert
http://www.rueckert-enerwa.de/

1 – BZ v. 10.7.20
2 – Die genannten Namen entstammen einem Beitrag der „Welt am Sonntag“ vom 24.1.2021, S. 13 („Mit Issi-Fridericus und Bam-Bam auf dem Spielplatz“)


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Kommentare ( 25 )

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Dorothe
2 Jahre her

Berlin hat auch etwas Gutes! Hier ist die menschenfeindliche Demokratie-Simulation deutlich erkennbar. Aber keine Sorge, der Rest der Republik wird sich auch noch in diese Richtung entwickeln, sollte im September RRG die Geschicke unseres einst schönen und prosperierenden Landes übernehmen.

Jan
2 Jahre her

Warum ist der Stadtstaat Hamburg eigentlich ein Geberland und Berlin auch 30 Jahre nach dem Mauerfall noch ein Zuschusskandidat im Länderfinanzausgleich? Keine andere Stadt ist so mit Geld und Goodwill überschüttet worden wie Berlin und hat in den letzten Jahrzehnten so viele Firmen aus anderen Regionen angezogen. Auch Hamburg wurde überwiegend von der SPD regiert, gerne auch mit den Grünen. Berlin hat offensichtlich ein Mentalitätsproblem.

AlNamrood
2 Jahre her

Die „alten Berliner“? Es ist nicht das erste Mal dass Berlin einen quasi rechtsfreien Raum für alle möglichen Degenerierten darstellt. Das war in den 20ern auch schon der Fall, mit den exakt gleichen Problemen wie extremer Armut, Prostitution, Pädophilie und Kriminalität auf allen Ebenen. Nein, die Stadt zieht dieses Verhalten und diese Leute offensichtlich an.

Joerg Mathes
2 Jahre her

Ich kam im Herbst 1989 nach Berlin und mein erster Eindruck war:Hier muss man, um etwas zu werden ,inkompetent sein und nichts können.Klaus Wowereit passte zum „Inkompetenzzentrum“ Berlin wie die Faust aufs Auge:an ernsthafter politischer Arbeit kein Interesse,nur Spass und Party im Kopf.Der wunderte sich über die Hässlichkeit des Kaufhauskomplexes „Alexa“-dabei befand sich dieser in unmittelbarer Nähe seines Amtssitzes. .In Berlin leben die grössten Spinner,die grössten Exzentriker,die grössten Paradiesvögel. In Berlin gibt es alles-ausser Arbeit!!Die Ortsvereine der SPD beispielsweise bestehen fast nur aus zugewanderten Akademikern aus den alten Bundesländern (Sozialwissenschaftlern,Politologen u.a.).Ohne abgeschlossenem Hochschulstudium bekommt man in der angeblichen „Arbeiterpartei“ SPD… Mehr

thinkSelf
2 Jahre her
Antworten an  Joerg Mathes

Wann wird dieser brandenburg-preussischen Provinzmetropole endlich einmal der Geldhahn zugedreht“
Wenn Bayern und Baden-Württemberg pleite sind. Und das ist bereits absehbar.

Eloman
2 Jahre her

Dazu sollte man aber erwähnen, dass das Personal von Hauptstadt-CDU und -FDP auch nicht gerade erste Garnitur ist, wenn man mal von Ex-FDPler Marcel Luthe absieht.

Teide
2 Jahre her

Ich schlage vor: 25 Cent pro Quadratmeter im Monat zahlt jeder Eigentümer oder Mieter, bei den Mietern muß der Vermieter einspringen, als Solidaritätszuschlag an die Berliner Mieter. 40 Millionen Wohnungen mit ca. 70 qm außerhalb Berlins zahlen ca. 700 Millionen für die Mietminderung der Nomenklatura in Berlin. Damit kann man die Mieten in Berlin nochmal um 350 Euro im Monat senken. Manche bekommen sogar Geld raus.

Werde ich mit dem Programm Bürgermeister von Berlin?

Könnte man auch auf einen Euro erhöhen. Eine Kugel Eis.

Last edited 2 Jahre her by Teide
PUH
2 Jahre her

Umgekehrt wird ein Schuh draus. Die Berliner, die diesen Irrsinn nicht mehr mitmachen wollen, kaufen eine Insel, wohin sie dem Moloch entkommen. Und drei Jahre später haben sie dort ein Flüchtlingsproblem: mit Deutschen, die in Schlauchbooten anlanden, auf der Flucht vor Annalenas Segnungen.

Texel
2 Jahre her

Das „Berlin Image“ lebt noch vom Aufbruch nach der Wende. Bin gerade bei den Indy500. „Berlin is great, I was there“. Wann? 2008. Ich: Don’t go back, it’s a Sh..thole now“.

mmn
2 Jahre her

Länderfinanzausgleich abschaffen! Politische Ämter an Praktikanten vergeben (funktioniert besser)! Aber auf Dauer ist alles sinnlos; der in Berlin am häufigsten vergebene Erstname für Neugeborene ist (in verschiedenen Schreibungen) Mohammed … Was an dieser Hauptstadt für Normalbürger anziehend sein soll, bleibt ein Rätsel.

Tesla
2 Jahre her

Was in Berlin passiert, ist nur ein Vorgeschmack dessen, was ganz Deutschland unter grün-rot-dunkelrot droht, sollte es für eine entsprechende parlamentarische Mehrheit reichen. Dann machen die aus Deutschland ein Groß-Berlin. Mit allem Drum-und-Dran.