Der Mietendeckel war nicht der einzige Verfassungsbruch von Rot-rot-grün

Das Bundesverfassungsgericht hat den Mietendeckel in Berlin für nichtig erklärt, weil dem Land dafür die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Es ist nicht das erste Mal, dass Rot-rot-grün die Verfassung gebrochen hat, weil für die drei Parteien die egalitäre Ideologie über dem Grundgesetz steht.

picture alliance/dpa | Uli Deck

Die Begründung des höchsten deutschen Gerichtes: Regelungen zur Miethöhe für frei finanzierten Wohnraum fallen in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit. Auf diesem Gebiet sind die Länder zur Gesetzgebung nur befugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat (Art. 70, Art. 72 Abs. 1 GG). Da der Bundesgesetzgeber das Mietpreisrecht in den §§ 556 bis 561 BGB abschließend geregelt hat, ist für die Gesetzgebungsbefugnis der Länder kein Raum. Da der Berliner Mietendeckel ebenfalls die Miethöhe für ungebundenen Wohnraum regelt, ist es insgesamt nichtig.

Hans-Joachim Beck, ehemaliger Vorsitzender Richter am Finanzgericht Berlin und heute Rechtsexperte beim Immobilienverband IVD, kommentiert dies so: „Jeder Jurist dürfte aufatmen, unabhängig davon, wie er politisch zu der Entwicklung der Mieten in Berlin steht. Denn damit hat das BVerfG mit klaren Worten der eigentlich sehr eindeutigen Rechtslage des Grundgesetzes Geltung verschafft und allen Versuchen eine Absage erteilt, die Regelungen zu verbiegen, nur um zu einem politisch gewünschten Ergebnis zu gelangen. Im Nachhinein ist man entsetzt, wie viele Juristen und teilweise sogar Richter sich dazu hergegeben haben, durch wortreiche Kunststücke die Rechtslage so sehr zu verunklaren, dass das Gegenteil dessen herauskam, was eigentlich offensichtlich ist.“

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Man muss es klar sagen: Rot-rot-grün bedeutet Verfassungsbruch. Das sollte jeder im Auge behalten, weil die reale Gefahr einer Grün-rot-roten Regierung nach den Bundestagswahlen besteht. Es ist nicht das erste Mal, dass Rot-rot-grün die Verfassung gebrochen hat, weil für diese drei Parteien die egalitäre Ideologie über dem Recht und dem Grundgesetz steht. Ein weiteres Beispiel sind die sogenannten Paritätsgesetze mit Zwangsquoten, die in Thüringen und Brandenburg beschlossen – und von den Landesverfassungsgerichten gekippt wurden. Im Fall des Mietendeckels war es glasklar, dass das Gesetz schon deshalb verfassungswidrig ist, weil eben die Gesetzgebungskompetenz beim Bund und nicht beim Land liegt. Rot-rot-grün hat in diesem Fall vorsätzlich Recht gebrochen. Das ist ein Riesenskandal – der jedoch mit Sicherheit von den Medien nicht als solcher dargestellt wird.

Aber Vorsicht: Wenn Grün-rot-rot nach den Bundestagswahlen an die Macht kommen sollte, dann haben sie die Möglichkeit, einen Mietendeckel bundesweit einzuführen. Alle drei Parteien, SPD, Grüne und Linke, haben das schon angekündigt. Vermutlich wird dieser Mietendeckel nicht ganz so krass ausfallen wie in Berlin (wo Vermieter sogar gezwungen wurden, vertraglich vereinbarte Mieten wieder abzusenken), aber mit Sicherheit würde eine Regierung von Grünen, SPD und Linken einen bundesweiten Mietendeckel beschließen.

Danke an Marco Buschmann

Es ist vor allem der Initiative eines Mannes zu verdanken, dass das Gesetz gekippt wurde: Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion hat sich von Anfang an dafür eingesetzt, dass Abgeordnete der FDP dagegen klagen. Und er hat Abgeordnete der CDU/CSU überzeugt, mitzumachen, was nicht ganz einfach war. Denn die Union hat immer Angst, als „Vermieter-Partei“ dazustehen und hat ja deshalb auch die Mietenbremse – und ihre Verschärfung und Verlängerung – beschlossen. Es war eine tolle Leistung von Buschmann, 284 Abgeordnete ins Boot zu holen. Auch derjenige, der sonst der FDP kritisch gegenübersteht, sollte diesmal „Danke“ sagen. Denn ohne dieses abstrakte Normenkontrollverfahren hätte es sehr viel länger gedauert, bis Karlsruhe das Gesetz irgendwann gekippt hätte.

Mieter sind die Opfer des Verfassungsbruchs

Da der Mietendeckel von Anfang an unwirksam ist, sind die Vorschriften des BGB in Kraft geblieben. Soweit Vermieter die Miete zum 1. März 2020 auf die Stichtagsmiete zum 18.6.2019 abgesenkt haben und soweit sie die Miete zum 1. Dezember 2021 (oder zum 23.11.2021) auf die Kappungsgrenze abgesenkt haben, müssen die Mieter die Miete nachzahlen. Vermieter sollten jedoch auf die Situation der Mieter Rücksicht nehmen und ihre Mieter darüber informieren, dass sie zum nächsten Fälligkeitstermin wieder die vertraglich vereinbarte Miete zahlen müssen und ihnen den Betrag nennen, den sie nachzahlen müssen. Für die Nachzahlung sollten Vermieter ihren Mietern eine angemessene Frist von mindestens zwei Wochen einräumen.

Da es nicht die Schuld der Mieter ist, habe ich meinen Verwalter heute angewiesen, meinen Mietern eine Frist von einem Jahr einzuräumen. Es wäre schön, wenn andere Vermieter – sofern sie sich das leisten können – dies auch tun.

Hans-Joachim Beck meint: „Der Senat von Berlin ist moralisch verpflichtet, allen Mietern, die Schwierigkeiten haben, diese Nachzahlung fristgerecht zu leisten, einen entsprechenden Betrag zur Verfügung zu stellen. Denn nicht die Mieter, sondern der Senat von Berlin ist schuld an den Problemen, weil er sich ‚mutig’ über die Rechtslage hinweggesetzt und ein Chaos angerichtet hat.“

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Kommentare ( 62 )

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akimo
3 Jahre her

Klagt irgendjemand auf Schadensersatz?

Albert Pflueger
3 Jahre her

Das Gericht hat aus formalen Gründen den Mietendeckel verworfen. Da andere Punkte nicht Klagegegenstand waren, hat es sich dazu nicht geäußert. Völlig gegen die Rechtsordnung ist der Eingriff in bestehende Vertragsverhältnisse, die unter Einhaltung der bei Vertragsschluß geltenden Gesetze zustande gekommen waren. Inhaltliche Fragen sind natürlich nicht justiziabel. So ist schon die Diagnose falsch: Das Problem sind nicht die gestiegenen Mieten, die sind lediglich Knappheitsindikator. Das Problem ist die Zuwanderung in die Städte, bei gleichzeitiger restriktiver Zuteilung von Bauland, zu exorbitanten Preisen, und damit verbundenem Rückgang von Baugenehmigungen in Berlin. Wie man einem Mangel an begehrten Wohnungen dadurch abhelfen will,… Mehr

DerElfer
3 Jahre her

Rot, Rot und Grün. Sind das nicht die, die die Antifa unterstützen, sich aus allen öffentlichen Töpfen bedienen, um ihre Parteifreunde mit lukrativen Posten u. Altersversorgungen zu versorgen, sich um die deutsche Kultur einen Dreck scheren, Recht u. Ordnung aussen vor lassen, massiv Kriminalität importieren u. Drogen fördern und dann der AfD Verfassungsfeindlichkeit vorwerfen?

Albert Pflueger
3 Jahre her
Antworten an  DerElfer

Ja, die sind das. Die erteilen auch gern Rede- und Demonstrationsverbot. Die sind nicht gegen Unterdrückung, die wollen nur nicht selbst unterdrückt werden!

Reimund Gretz
3 Jahre her

„Gold und Betongold“ (Immobilien, Grundstücke) wird das einzigste sein was dem Normalbürger bleibt, wenn sie die Währungen an die Wand gefahren haben. Spekulativ bleiben noch die Digitalwährungen die sie schon am installieren sind. (Bitcoin usw.) Alle ANDEREN werden alles verlieren und mit nichts dastehen!!!

Albert Pflueger
3 Jahre her
Antworten an  Reimund Gretz

So gesehen, wird sich für allzuviele nichts weiter ändern….

Atom
3 Jahre her

Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, daß (verfassungs)rechtliche Grenzen welche mit gutem Grund dem Rechtssetzer binden von diesem gerne übergangen werden, auch wenn alle passablen Juristen aufzeigen, daß der beabsichtigte Rechtsnorm die Rechtswidrigkeit „auf der Stirn geschrieben steht“.
So ist es heute, leider.

Marco Mahlmann
3 Jahre her

Die AfD hat im Bundestag ein Normenkontrollverfahren anzustrengen versucht. FDP und Union haben dagegen gestimmt. Danach hat Buschmann denselben Antrag gestellt, und da haben sich einige Befürworter gefunden. Wollen Sie uns wirklich dieses kindische Verhalten von FDP und Union als vorbildlich verkaufen, Herr Zitelmann?

trafo
3 Jahre her

Lasst den Berliner Senat den Schaden bezahlen. Und zwar alles und auf einmal. Verklagt sie alle wegen Unfähigkeit bis sie in ihren eigenen Aktenbergen ersaufen. Es trifft keine Armen. Dummheit schützt vor Strafe nicht, hört unsereiner schnell mal… Offenbar gibts im Elfenbeinturm die „Knastkarte“ wie beim Monopoly… aber nicht nur eine sondern ein ganzen Stapel. Solche Stümper…fürchterlich. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, das es für diese Figuren offenbar nur ein „Spiel des Lebens“ ist, hier mal bissel verbieten, dort mal was fordern, hier kritisieren, da verurteilen… immer fürstlich entlohnt dabei und niemals existenzielle Ängste. Für die meisten dürfte… Mehr

Andreas aus E.
3 Jahre her

Eine Klatsche für RRG ist immer erfreulich.
Unabhängig von der konkreten Rechtslage geht aber völlig unter, was nicht einziger, wohl aber wichtiger Grund für die Misere ist, also hohe Mieten wegen hoher Nachfrage: Das ist natürlich die Massenzuwanderung, welche nicht allein RRG befördert, sondern ganz wesentlich die Merkel-Union. Incl. der Werteunion übrigens, die wählte stets mit.

Fulbert
3 Jahre her

„Laut einer Erhebung des Immobilienverbandes BFW Berlin/Brandenburg mussten etwa Mieter für eine 171 Quadratmeter große Altbauwohnung in Wilmersdorf vor Eintritt des Mietendeckels 2619 Euro Miete zahlen, danach waren es nur noch rund 1483 Euro. Geringverdiener, die häufig in Stadtteilen wie Neuköln, Rummelsburg oder Mariendorf wohnten, würden hingegen kaum durch das Gesetz entlastet, so die Analyse des BFW.“ Ich habe stets die Ansicht vertreten, dass es bei dem Berliner Mietendeckel vor allem darum ging, in erster Linie Politikern, deren Mitarbeitern nebst Familien und sonstigen Günstlingen sowie in zweiter Linie den zahlreichen Beamten verschiedenster Ämter und Behörden in der Hauptstadt günstig attraktiven… Mehr

Albert Pflueger
3 Jahre her
Antworten an  Fulbert

Genau das habe ich auch gedacht! Gerade die Luxuswohnungen, die von Leuten angemietet worden waren, die z.B. als ehemalige EU-Beamte mit einer üppigen Pension von 120 T€ ausgestattet sind, gern mal 200 Quadratmeter für zwei Leute, wurden massiv verbilligt. Gerade die, für die zwei Bäder Standard sind und nur feinste Lagen in Frage kommen, haben am meisten profitiert. Da wurden Mietern Vorteile zugeschustert, die mehr Einkommen haben, als der Vermieter, zu dessen Lasten.
Ein weiterer Effekt: Sinkende Steuereinnahmen. Vermieter müssen eingenommene Mieten schließlich hoch versteuern. Aber wozu gibt es den Länderfinanzausgleich?

rbayer
3 Jahre her

in einem rechtsstaat gemäß meiner – zugegeben laienhaften und vielleicht auch naiven – vorstellung würde man die politiker, die dieses verfassungswidrige gesetz verabrschiedet haben, zu kasse bitten – und zwar selbstverständlich hinsichtlich ihrers privatvermögens. meines wissens haften geschäftsführer von gmbhs im rahmen ihrer tätigkeit seit 01.04.2020 sogar verschuldensunabhängig. wieso gilt das nicht auch für politiker?

Franck Royale
3 Jahre her

Wie wäre es denn, wenn die großen und kleinen Vermieter die Nachzahlungen zwar alle einsammeln, damit aber eine schlagkräftige NRO gründen – mit dem Ziel, liberale Werte, eine freie Marktwirtschaft und Wohneigentum für jeden in diesem Land und besonders in Berlin zu fördern, und mit Kampagnen und Klagen gegen das sozialistische, verfassungsfeindliche Treiben von RRG vorzugehen.