„Wir haben die Lage falsch eingeschätzt“

Nicht nur der Außenminister – vermutlich schätzen die meisten Menschen im Westen die Lage in Afghanistan und anderen muslimisch dominierten Gesellschaften noch immer falsch ein. Hoffentlich nicht auch demnächst die im eigenen Land.

IMAGO/FutureImage

Heiko Maas hat in dieser Woche einen richtig klugen Satz gesagt: „Wir haben die Lage falsch eingeschätzt.“ Der Außenminister hat damit allerdings nur die Lage in Afghanistan gemeint.

Da hatte man 2001 gedacht, Afghanistan mal eben von den tyrannischen Taliban zu befreien; dann würden die Afghanen von ganzem Herzen und mit fliegenden Fahnen auf die Seite des Westens hinüberstürmen. Doch schon damals hat Deutschland die Lage falsch eingeschätzt. Die Afghanen sind tief in ihrer eigenen muslimischen Kultur verwurzelt. Mit dem säkularen Westen und mit einer Regierung in Kabul, die am seidenen Faden der ausländischen Kuffar-Besatzung hing, wurde die Mehrheit der Afghanen niemals richtig warm. Warum sollten sie also mit deren überforderter Armee ihr Leben riskieren, wenn die „Taliban“ (= „Islam-Lernende“) kommen, mit denen sie religiös und national zusammengehören? Die Taliban genießen mehr Rückhalt im Land, als wir Deutschen uns das vorstellen können.

„Die armen Frauen jetzt in Afghanistan“, schrieb mir eine Freundin. Doch ich befürchte, auch sie schätzt die Lage falsch ein. Ein großer Teil der afghanischen Frauen ist vielleicht sogar froh, wenn ihre Töchter jetzt wieder anständig verhüllt herumlaufen, weniger teuflische Musik hören und weniger westliche Flausen im Kopf haben. „Endlich wieder Zucht und Ordnung in unserem Land.“

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Auch ein großer Teil der Männer ist vielleicht erleichtert, dass wieder klar ist, wer Herr im Hause ist. Mit den 10 oder 20 Prozent Querdenkern nehmen die Taliban gerne den Kampf auf; das ist ja ihre göttliche Berufung, gegen das vermeintlich Böse mit (brutaler) Gewalt zu kämpfen. „Wir treten für die Rechte der Frauen und der Minderheiten ein, soweit sie mit der Scharia übereinstimmen“, betonen die Taliban. Das hört sich für muslimische Ohren sehr gut an; denn die Scharia aus Koran und klassischen Überlieferungen ist für Muslime „der Weg zur Oase in der Wüste“. Dieser Scharia-Weg ist in der gesamten muslimischen Welt unumstritten und steht selbstverständlich über den westlichen Menschenrechten. Lediglich die Interpretation dieses Weges ist unter Muslimen umstritten.

„Die Taliban sind noch im Mittelalter, die brauchen eine Reformation, eine Erneuerung von innen heraus“, so betont ein Kollege. Doch ich befürchte, auch er schätzt die Lage falsch ein. Die Taliban sind eine „Reformationsbewegung“. Genau wie Luther das Christentum zur Bibel und zu Jesus Christus zurückformen wollte, so wollen die Taliban den Islam zum Koran und zu Mohammed zurückformen (= reformieren). Da der große Prophet Mohammed für die Verschmelzung von Wirtschaft, Ethik, Kultur, Recht, Militär und Politik unter der Vorherrschaft der Religion steht, kommt genau das bei den Taliban heraus. Mehr muslimische Reformation als die Taliban geht nicht. Und das ganze fällt auf einen fruchtbaren Boden, der durch Jahrzehnte mehr oder weniger törichter ausländischer Besatzungen bestens gepflügt ist.

„Wir haben die Lage falsch eingeschätzt“, ein schonungsloses Resümee der deutschen Politik vor dem Scherbenhaufen in Afghanistan.

Vorwort zum Sonntag
Eine gleichnishafte Würdigung des Grünen Meisterwerks von Annalena Baerbock
Das sollte eigentlich eine schrille Warn-Sirene für den deutschen Michel sein, der es sich im vermeintlich besten Deutschland aller Zeiten bequem gemacht hat: „Oh wie ist das schön im paternalistischem Merkel-Matriachat! Energiewende, EU-Schuldenunion, Willkommenskultur, Rentensicherheit, Covid-Politisierung – lobet die alternativlose Politik, die alles so herrlich regieret. Bedenkenträger und konstruktive Kritik brauchen wir nicht!“

Nicht dass der ergebene deutsche Untertan einmal am Scherbenhaufen Deutschland mit Heiko Maas feststellen muss: „Oh, wir haben die Lage falsch eingeschätzt.“

„Die Angst meines Herzens ist groß; führe mich aus meinen Nöten!“ (Die Bibel in Psalm 25,17)

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 86 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

86 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
nhamanda
3 Jahre her

Die fast vollkommene Abwesenheit des Unmittelbaren in den dekadenten westlichen Wohlstandstands- und Wohlfahrtsgesellschaften wird zur unvermeidlichen Erkenntnis durch die Katastrophe führen. Da die unmittelbaren (in der Natur sekündlich vorhandenen) Probleme des Daseinskampfes in den meisten menschlichen Gesellschaften mehr oder minder verkleistert sind, übertüncht durch vielerlei großzügiger Rettungsmaßnahmen, sind sowohl die Antennen sie zu erkennen als auch die Kräfte sie zu meistern, verkümmert. Insbesondere grüne Naturmenschen sollten das eigentlich wissen. Aber sie sind nicht Aufklärer, sondern Brandbeschleuniger. Was wiederum darauf schließen lässt, dass sie von der tatsächlichen Natur keine Ahnung haben, sondern nur eine ideologisch konstruiertes Scheinwissen. Nach der Negierung von… Mehr

Dieter
3 Jahre her

Wenn man bedenkt, das ein „Präsident“, von westlicher Politik anerkannt und gedeckt mit Koffern voll Geld (angeblich ca. 165 Mio $) flieht,sollte man fragen: wie kann er sein Volk um diese Summe berauben, wer hat ihm geholfen und wer hat noch davon profitiert. Das ist das Oberhaupt eines Staates der 42 Jahre im Krieg gegen Besatzer hinter sich hat. Im Volke sind also mehrere Generationen herangezogen worden – von den Frauen und Müttern, welche jetzt „die armen“ sind. Aber diese haben ihre Söhne ja erzogen und zu dem gemacht was sie heute sind. Die Männer haben nur das gemacht, was… Mehr

Juergen P. Schneider
3 Jahre her

Das, was in Afghanistan im Namen des Islam mit den Frauen geschieht, wird uns in Deutschland als kulturelle Bereicherung verkauft. Jetzt auf einmal entdeckt die links-grüne Gesinnungsjournaille, wie rückständig doch der Islam ist. Wer dies in der Vergangenheit in Deutschland sagte, war islamophob. Selbst unser ÖRR wird jetzt zum Hort der „Islamophobie“. Die Probleme, die diese mittelalterliche Welteroberungsideologie mit sich bringt, werden in einem tausende Kilometer entfernten Land erkannt, im eigenen Land werden sie großzügig übersehen. Der Islam ist keine kulturelle Bereicherung sondern eine kulturlose Bedrohung.

Dieter
3 Jahre her

es gab da mal eine Aussage von julien Assange zu:
https://twitter.com/wikileaks/status/1427929346262642688?ref_src=twsrc%5Etfw

Julian Assange speaking in 2011: „The goal is to use Afghanistan to wash money out of the tax bases of the US and Europe through Afghanistan and back into the hands of a transnational security elite. The goal is an endless war, not a successful war“

zudem ist mittlerweile die Fentanylversorgung gesichert, so das es die Opiumfelder Afghanistans nicht mehr braucht. Siehe George Floyd..
es läuft nach Plan

Biskaborn
3 Jahre her

Die letzten beiden Absätze sind so prägnant, das muss man nicht ergänzen. Alle schimpfen auf die in der Tat unsägliche Frau Merkel und vergessen zu gern, das sie es nie allein geschafft hätte dieses Land so zuzurichten. Nein, nicht nur die Politik, die Wirtschaft, die Medien, Gewerkschaften, Kirchen NGO‘s haben tatkräftig, geradezu eifernd, mitgeholfen auf diesem Weg, nein vor allem ein komplett eingeschlafenes Volk war der größte Helfer Merkels!

SwingSkate
3 Jahre her

Die Lage in islamischen Ländern lässt sich schnell auf den Punkt bringen (das Muster ist immer das Gleiche): Sobald sich die Gelegenheit bietet wird die Religion die politische Macht übernehmen oder zumindest diesbezügliches Chaos schaffen. Warum dass intern so ist werden und müssen wir nicht verstehen, außer eben in der Außenwirkung als Strategie im Kampf gegen den Westen. Aber genau diesen Punkt betrachten unsere Kollaborations-Regierungen als Sakrileg und damit als undenkbar. Wer keine Taliban-Regierung in Europa will, sollte sich auf ein entsprechendes Sicherheitskonzept für die eigenen Länder konzentrieren – auch auf die Erwägung, dass Flüchtlingsströme vorsätzlich nach Europa gelenkt werden. 

Juergen Waldmann
3 Jahre her

Wir Schaffen das , Wir haben die Lage falsch eingeschätzt , Wir dachten , dass die Taliban noch Monate brauchen , Wir …. ?
Warum sagt nicht einer unser Politiker : Ich habe einen Fehler gemacht !!!
Mit dem einbeziehen der ganzen Politikerkaste , bzw sogar der gesamten Deutschen Bevölkerung , damit will man eigene Schuld auf alle abwälzen !
Zum Glück gibt es eine Alternative für Deutschland , die AfD .

bkkopp
3 Jahre her

Seit 2001 gab es für die Regierung jede Woche eine “ Lage „. Seit 2006 unter der Führung von Frau Merkel. Zu Afghanistan, die Mandatsverlängerungen und die Mittelzuweisungen an zivile Beteiligte, gab es mindestens jedes Jahr eine vorbereitete “ Lage „. Welche “ Lage “ wurde auch nur einmal richtig eingeschätzt ? Neben vielen anderen, auch zu anderen Themen, keine !

Peter Meyer
3 Jahre her

Die Demokratisierung eines muslimischen Landes funktioniert genauso wenig, wie die Integration der Muslime in Deutschland. Wenn die Muslime die Mehrheit (Überzahl) erreicht haben, wird die Scharia eingeführt. Auch in Deutschland. Man kann es bereits an den NoGo Areas in den Großstädten sehen. Und Merkel hat einen großen Anteil an dieser Entwicklung. Leider ist das deutsche Volk so gegen konservative Ideen indoktrieniert worden, dass es politisch keine Veränderungen geben wird. Es kann mit einer RRG Regierung nur noch schlimmer werden.